Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert
III. Die Abreise Trauttmansdorffs und anderer Gesandter im Jahr 1647
Eine wichtige Zäsur in den fast siebzehn Monaten des Editionszeitraums ist die Abreise Trauttmansdorffs am 16. Juli 1647. Eine zwingende Notwen-digkeit, gerade zu diesem Zeitpunkt den Friedenskongreß zu verlassen, gab es nicht. Vielmehr wollte Trauttmansdorff einerseits ein Zeichen setzen, daß der Kaiser zu weiteren Konzessionen nicht bereit sei, und andererseits aus privaten Gründen heimkehren, weil er sich krank fühlte und seine Ange-legenheiten regeln wollte
. Als er abreiste, lag eine Zeit intensiver Ver-handlungstätigkeit hinter ihm und auch hinter Volmar, der von Anfang Januar bis zum 31. Mai 1647 in Osnabrück weilte und im Frühjahr dort die Verhandlungen leitete, während sich Trauttmansdorff in Münster auf-hielt
S.
APW C 2/2 778 Z. 2f, 844 Z. 12; zur Rolle Volmars s. künftig
APW II A 6, Einleitung Teil B Kapitel I (Die ksl. Gesandtschaft).
. Am 29. März 1647 begannen die kaiserlich-schwedischen Verhand-lungen, die Ende Mai mit der Herausgabe des sogenannten
Instrumen-tum Trauttmansdorffianum (
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[1647 V 29]) endeten
. Volmar und die Schwe-den begaben sich daraufhin Anfang Juni nach Münster, um dort noch vor der seit längerem angekündigten Abreise Trauttmansdorffs zusam-men mit den Franzosen den Friedensschluß zustande zu bringen
. Auch
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[scan. 68]
die sonst in Osnabrück weilenden evangelischen Gesandten begaben sich nach Münster und nahmen im Juni und Juli 1647 viermal an den dortigen Fürstenratssitzungen teil
S. die Notiz über die Sitzungen am 17. und 27. Juni sowie am 3. und 10. Juli 1647 in Nr. 137.
. Trotz aller Anstrengungen gelang der Durch-bruch nicht, da die Trauttmansdorffschen Friedensentwürfe (
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[1647 V 29] und das am 12. Juni 1647 ausgehändigte Gegenstück, die substantiell identi-schen
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1647 VI 12, ohne Nennung des Papstes und mit Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte bzw.
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1647 VI 12, mit Nennung des Papstes und ohne die Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte
) weder von Schweden noch Franzosen noch von Katholiken und Protestanten als Ganzes akzeptiert wurden und niemand sich vor Beendigung des Sommerfeldzugs festlegen wollte. Beson-ders für Schweden, das im Begriff war, in Böhmen einzufallen, bestand kein Anlaß zu überstürzten Konzessionen
Ruppert,
316; zu den ksl.-frz. Verhandlungen kurz vor und nach Trauttmansdorffs Abreise s.
Tischer,
288f.
.
Neben Trauttmansdorff, der nach mehrfachem Aufschub und letzten, ver-geblichen Verhandlungen schließlich am Abend des 16. Juli aus Münster abreiste
S. APW
III C 2/2 869 Z. 1–7; APW
II A 6 Nr. 181.
, verließen auch auf reichsständischer Seite eine Reihe von Ge-sandten den Kongreß im Laufe des Jahres 1647. Richtersberger war im Hinblick auf den Fürstenrat Osnabrück der wichtigste, weil er dort das Fürstenratsdirektorium geführt hatte; er reiste wahrscheinlich mit Trautt-mansdorff oder wenigstens zur selben Zeit ab
Richtersberger ist zuletzt für den 14. Juli 1647 in Münster bezeugt, als er und der Bam-berger
Ges.
Göbel sich voneinander verabschiedeten (Heinrich
Dietz, 438). Bereits am 5. April 1647 hatte Milagius (Anhalt) den Kongreß verlassen, dessen Votum künftig Heher führte, der
Ges.
Sachsen-Weimars und -Gothas (s.
[Nr. 132 Anm. 28] ). Im Sommer 1647 verabschiedete sich der Salzburger Primarges. Zauchenberger (
[Nr. 139 Anm. 10] ); einer der beiden verbleibenden Salzburger
Ges.
, Motzel, verließ den
WFK
Anfang September 1647 (
[Nr. 140 Anm. 8] ). Die Wetterauer Gf.en wurden nach der Abreise ihrer
Ges.
Geißel und Heidfeld am 13. September 1647 durch Wesenbeck vertreten (
[Nr. 141 Anm. 22] ). Der Magdeburger Krull verließ Osnabrück mit seinem Gesandtschaftssekretär Werner Ende September 1647; hier blieb nur ein Kanzlist zur weiteren Berichterstattung zurück (
[Nr. 143 Anm. 2] ). Diese Abberufung war sicherlich (auch) dadurch motiviert, daß das Est. gemäß der Entschädigungs-Vereinbarung von 1647 II 19 (s. Anm. 27) nach dem Tod des dama-ligen
Adm.
s an Kurbrandenburg fallen sollte, so daß die Motivation, eine teure Gesandt-schaft auf dem
WFK
zu unterhalten, gesunken war. – Aus den Reihen der Kfl. verließ der kursächsische Primarges. Pistoris im Juni 1647 den WFK. Das hatte für den
FRO
eine gewisse Bedeutung, da Kursachsen am hennebergischen Votum beteiligt war (s.
[Nr. 138 Anm. 48] ; vgl. auch Nr. 140 bei Anm. 15, Nr. 142 bei Anm. 61).
. Nicht Unzufriedenheit mit der diplomatischen Tätigkeit war der Grund für die vielen Abberufungen; vielmehr wurden die Gesandten nach langer Abwesenheit wieder in ande-rer Funktion gebraucht. Meist hatten sie (wie Trauttmansdorff) selbst auf
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ihre Abberufung gedrängt. Ihre Abreise ist also nicht als Zeichen zu wer-ten, daß die betreffenden Reichsstände nicht mehr an einen Friedensschluß glaubten. Die Friedensverhandlungen gingen zweifellos langsamer voran, seitdem der kaiserliche Prinzipalgesandte den Kongreß verlassen hatte. Sie stagnierten aber nicht völlig, sondern konnten noch im Spätherbst 1647 mit dem kaiserlich-französischen Vorvertrag vom 11./14. November 1647 einen wichtigen Erfolg verzeichnen
.