Acta Pacis Westphalicae III A 3,4 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 4. Teil: 1646 - 1647 / Maria-Elisabeth Brunert

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A Der Fürstenrat Osnabrück vom Frühjahr 1646 bis zum Herbst 1647

Der vorliegende Band enthält die Protokolle von 22 Sitzungen des Für-stenrats Osnabrück sowie einer Re- und Correlation der Osnabrücker (Teil-)Kurien und eine Notiz über vier Sitzungen, die in Münster unter Beteiligung der sonst in Osnabrück votierenden Reichsstände abgehalten wurden. Er umfaßt den Zeitraum vom 7. Mai 1646 bis zum 30. September 1647 und damit mehr als sechzehn Monate, in denen die Reichskurien, anders als in der vorangehenden und der folgenden Beratungsphase, nur sporadisch zusammengerufen wurden, um über ganz unterschiedliche Fra-gen ihr Votum abzugeben. In den vorangegangenen drei Monaten hatten sie nach intensiven Beratungen ein Gutachten zu allen Punkten erstellt, die Kaiserliche, Schweden und Franzosen im künftigen Friedensvertrag geregelt wissen wollten. Da nicht in allen Fragen eine Einigung möglich gewesen war, hatten die Reichskurien den Kaiserlichen am 27. April 1646 in Osnabrück uneinheitliche Bedenken mit beigelegten Sondervoten überge-ben; am 28. April war dasselbe in Münster geschehen . Nun war es Sache der kaiserlichen, schwedischen und französischen Gesandten, den Frie-densvertrag auszuhandeln, die Reichsstände über die Beratungsergebnisse zu informieren und gegebenenfalls (wenn es zum Beispiel um Änderun-gen der „Fundamentalgesetze“ des Reichs ging) ihre Zustimmung zu den Verhandlungsergebnissen einzuholen. Als weitere Beratungsgegenstände kamen Fragen und Probleme hinzu, die erst jetzt an die Diplomaten in Münster und Osnabrück herangetragen wurden. Im Ergebnis sind die Reichskurien und damit auch der Fürstenrat Osnabrück im Editionszeit-raum mit Themen ganz unterschiedlicher Wertigkeit konfrontiert wor-den: Zu den Fragen, die umstrittene, wichtige Punkte des künftigen Friedensver-trags betrafen, gehörte die sogenannte Causa Palatina, in der es im Kern um die Restitution der Heidelberger Linie der Wittelsbacher ging und, damit verbunden, um die Frage, ob Maximilian von Bayern die Rechte und Ter-ritorien behaupten konnte, die er während des Dreißigjährigen Krieges hinzugewonnen hatte. Auch die Exemtion Basels bzw. der Schweizer Eid-genossenschaft vom Reich ist zu den wichtigen Beratungsgegenständen zu rechnen, desgleichen einige Probleme, welche die Zessionen im Elsaß und in Lothringen an Frankreich mit sich brachten. Die Frage des Marburger

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Erbfolgestreits war im Kern zwar nur eine Auseinandersetzung zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt, doch hatte dieser Konflikt kriege-rische Ausmaße angenommen und trug zur Instabilität des Reiches bei, so daß eine Schlichtung des jahrzehntelangen Streits im allgemeinen Interesse lag. Ein Beratungsthema, das der Fürstenrat Osnabrück als nicht so wich-tig einstufte, stand mit den spanisch-niederländischen Verhandlungen im Zusammenhang und betraf den umstrittenen Rechtsstatus der Herrschaft Boxtel in Brabant. Auch die Versorgungsansprüche des ehemaligen Magde-burger Administrators Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg, die dieser aufgrund einer Regelung des Prager Friedens gegenüber dem Erz-stift Magdeburg geltend machte, waren von untergeordneter Bedeutung. Als die Stadt Herford im Spätsommer 1647 durch kurbrandenburgische Truppen besetzt wurde und ein Hilfeersuchen an die Reichsstände richtete, waren sich diese nicht einmal einig, ob dies ein Vorgang sei, über den der Friedenskongreß beraten sollte. Das Problem, wie Sicherheit und Unter-halt des Reichskammergerichts während des Kriegs gewährleistet werden könnten, war insofern von Bedeutung, als allen Reichsständen und dem Reich insgesamt daran gelegen sein mußte, daß diese wichtige Reichsinsti-tution auch und gerade in schwierigen Zeiten in ihrem Bestand gesichert blieb. Bei diesem Thema, das während des Editionszeitraums der häufig-ste Beratungsgegenstand des Fürstenrats Osnabrück war, bezogen sich die Gesandten immer wieder auf die Kriegslage und die dadurch entstehen-den Belastungen. Aber auch bei den anderen Themen waren sie in ihrem Votierverhalten zumindest indirekt von der militärischen und politischen Lage beeinflußt:

I. Die militärischen und politischen Rahmenbedingungen

Das Jahr 1646 verlief, ohne daß es zu einer größeren militärischen Kon-frontation zwischen den kaiserlichen (und bayerischen) Truppen auf der einen Seite und den Armeen der Franzosen und Schweden auf der ande-ren gekommen wäre. Die Schweden waren bereits Mitte Februar 1646 von Böhmen aus Richtung Westen aufgebrochen. Südlich ihres Marsch-weges folgten ihnen im März die Kaiserlichen unter Erzherzog Leopold Wilhelm, um einen Durchbruch nach Süden zu verhindern. Die Schweden schwenkten nach Oberhessen und Westfalen ein, um die in Westfalen ste-henden Reichstruppen zu schädigen. Die Kaiserlichen schlugen zunächst bei Staffelstein im Bambergischen ihr Hauptquartier auf, zogen von dort Ende Mai den Main hinauf, lagerten in den folgenden Monaten bei Hanau und Aschaffenburg und unternahmen von dieser Basis aus auf der Suche

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nach Fourage immer größere Streifzüge

S. [Nr. 132 Anm. 30] . Die Wetterauer Ges. wiesen am 5. April 1647 im FRO auf die schweren Schäden hin, die durch diese Truppenbewegungen im vorangegangenen Sommer entstan-den waren (s. ebenda, bei Anm. 30).
. Am 10. Juni 1646 trafen Kaiser-liche und Schweden bei Gießen in einem Scharmützel aufeinander, dem keine größere Bedeutung zukam . Schweden wartete mit immer größerer Ungeduld darauf, daß die Franzosen ihre Hauptarmee verstärkten, um in einem gemeinsamen Sommerfeldzug nach Oberdeutschland durchzubre-chen

APW II C 2, XXXVI; Tischer, 275f.
. Frankreich maß jedoch den militärischen Aktionen auf dem katala-nischen und italienischen Kriegsschauplatz zunächst übergeordnete Bedeu-tung bei

APW II B 3/1, XXXIV–XXXVII.
und beließ in den ersten Monaten des Jahres 1646 seine im Elsaß, in Lothringen und im Kurtrierischen liegende Armee unter Turenne auch deshalb im Linksrheinischen, weil es bei den gleichzeitigen Verhandlungen über seine Satisfaktion (zu Recht) mit bayerischer Unterstützung rechnete und diese nicht durch eine gemeinsame militärische Aktion mit den Schwe-den gegen den Kaiser aufs Spiel setzen wollte. Auf der anderen Seite zögerte auch Bayern, immer darauf bedacht, sich das französische Wohlwollen in der Pfalzfrage zu erhalten, den Kaiserlichen die erbetene Truppenhilfe in Westfalen zu gewähren, während es den Kaiser zu einer politischen Einigung mit Frankreich drängte

Immler, Kurfürst, 309–312 (auch zum folgenden).
. Erst nachdem Kurfürst Maximilian in der zweiten Junihälfte 1646 klargeworden war, daß ein Friedensschluß mit Frankreich nicht unmittelbar bevorstand, sandte er alle seine Trup-pen zur Unterstützung der Kaiserlichen nach Norden. Aufgehalten durch eine Diversion nach Luxemburg, überschritt Turenne nun endlich, von den Schweden dringend erwartet, am 15. Juli 1646 bei Wesel im Herzog-tum Kleve den Rhein. Kaiserliche und Bayern hatten die Zeit, die sich durch das lange Zögern der Franzosen ergeben hatte, nicht zu ihrem Vor-teil nutzen können, sondern mußten sich am 16. Juli aus dem verwüsteten Oberhessen, das ihnen keine Nahrungsmittel mehr bot, in ihre Ausgangs-stellungen am Main zurückziehen

Ruppert, 142; s. auch [Nr. 132 Anm. 30] .
. So war der Weg frei für die Vereini-gung der französischen mit der schwedischen Armee, die am 10. August im Oberhessischen vollzogen wurde. Erzherzog Leopold Wilhelm rech-nete damit, den vereinigten Armeen den Weg in den Süden verlegen zu können; doch gelang den Schweden und Franzosen der Durchbruch, so daß sie Ende August 1646 südlich der kaiserlich-bayerischen Armee stan-

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den. Ungehindert zogen sie durch hessen-darmstädtisches Territorium und Schwaben der Donau zu. Hingegen rückten Kaiserliche und Bayern in einem großen Bogen von der Wetterau durch Thüringen und die Ober-pfalz auf Regensburg vor. Leopold Wilhelm konnte zwar am 12. Okto-ber 1646 das belagerte Augsburg entsetzen, doch gelang es den Schweden und Franzosen, Anfang November den Lech zu passieren und in Bay-ern einzufallen. Nur der Wintereinbruch hinderte die Verbündeten, sich im Kurfürstentum festzusetzen. Sie gingen wieder über den Lech zurück und bezogen im Oberschwäbischen Winterquartiere

Höfer, 54.
. Nachdem vor allem Kurfürst Maximilian den Oberbefehlshaber Leopold Wilhelm wegen seiner Strategie kritisiert hatte, demissionierte der Erzherzog am Ende des Jahres und wurde zunächst durch Gallas ersetzt, der aber bald erkrankte und am 25. April 1647 in Wien verstarb. Bereits am 17. April 1647 wurde Holzappel gen. Melander das Kommando über die kaiserliche Hauptarmee übertra-gen, die im Februar 1647 in Sulzbach in der Oberpfalz ihr Hauptquartier hatte, das dann nach Budweis/České Budĕjovice zurückgenommen wurde. Fast die ganze kaiserliche Armee wurde disloziert und in die kaiserlichen Erb- und Kronlande verteilt, um sich regenerieren zu können

Immler, Kurfürst, 322; Höfer, 60f; zum ksl. Feldmarschall Peter Melander (eigentlich: Eppelmann), (seit 1641) Reichsgf. zu Holzappel (1589–1648 V 17), von April 1647 bis zu seinem Tod Oberbefehlshaber der ksl. Hauptarmee, s. Geisthardt; Höfer, 44–51; Croxton/ Tischer, 130.
.
Schon während des Anmarsches der feindlichen Armeen auf Bayern hatte Kurfürst Maximilian dem Kaiser gedroht, sich notfalls mit Schweden und Franzosen zu verständigen

Immler, Kurfürst, 317.
. Die kaiserlichen Bemühungen waren dem-entsprechend in den folgenden Monaten darauf gerichtet, Bayern von einer solchen Trennung abzuhalten. Trauttmansdorff forcierte seine Anstrengun-gen auf dem Kongreß, um möglichst bald und noch vor seiner seit länge-rem geplanten Abreise den Friedensschluß zu erreichen. Um Bayern zu beruhigen, ließ er die Reichskurien am 16. und 28. März 1647 über die Pfalzfrage beraten und ein Gutachten erstellen

S. Nr. 129 und 131, besonders [Nr. 131 Anm. 16] .
. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kurfürst Maximilian (ebenso wie sein Bruder, Kurfürst Ferdi-nand von Köln) jedoch schon durch die Ulmer Waffenstillstandsvereinba-rungen mit Frankreich und Schweden (sowie Hessen-Kassel) vom Kaiser getrennt. Infolge des Waffenstillstands wurde die französische Armee unter Turenne zum Einsatz in den Spanischen Niederlanden abberufen. Auf ihrem Weg dorthin verheerte sie hessen-darmstädtisches und Kurmainzer

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Territorium , so daß dieser Truppenabzug zunächst einmal nur eine Ver-lagerung der Kriegsverwüstungen bedeutete.
Nachdem die Schweden überraschend ihr Winterquartier verlassen und am 4. Januar 1647 Bregenz erobert hatten, unternahmen sie einen Vorstoß nach Süden an Vaduz vorbei bis zum Paß nach Graubünden und erreich-ten damit die südlichsten Orte, die sie je berührten. Sie drangen jedoch nicht weiter vor, sondern belagerten die Seefestung Lindau, nachdem sie bereits am 10. Januar Langenargen und am 12. Februar die Mainau hatten einnehmen können. Als der Abschluß des Ulmer Waffenstillstands immer wahrscheinlicher wurde, hob Wrangel die Belagerung (aber noch nicht die Blockade) Lindaus am 6. März auf und wandte sich zurück

S. [Nr. 130 Anm. 17] . Der Würzburger Ges. wies im FRO am 27. März 1647 darauf hin, daß sich seit Herbst 1646 der Krieg und die dadurch hervorgerufenen Beschwerden besonders im Fränkischen und Schwäbischen Reichskreis verschlimmert hätten (s. ebenda, bei Anm. 17).
. Nach Bekanntwerden des Waffenstillstands verließ die schwedische Hauptar-mee Oberschwaben und erreichte Ende März/Anfang April Franken. Sie bewegte sich nunmehr langsam durch bambergisches und brandenburg-kulmbachisches Territorium auf Böhmen zu. Gestützt auf die Versorgungs-basis Franken, wollte Wrangel die Widerstandskraft des Kaisers in dessen Erbkönigreich endgültig zermürben

Höfer, 74f; [Nr. 136 Anm. 11] (zu den Zahlungen des Hst.s Würzburg an die Schweden); [Nr. 139 Anm. 30] (zu den Kontributionen im Fränkischen Reichskreis).
. Um sich den Weg nach Böhmen zu öffnen, nahmen die Schweden am 18. Juli 1647 nach fast einmona-tiger Belagerung Eger/Cheb ein. Die Kaiserlichen gaben am 8. August wegen Pulver- und Proviantmangels einen Rückeroberungsversuch auf

Höfer, 79; [Nr. 139 Anm. 30] .
. Die Schweden wurden besser versorgt, da die Reichsstände im Fränki-schen hohe Kontributionen zahlen mußten. Auch Reichsstände außerhalb des Fränkischen Reichskreises hatten die Schweden zu beliefern, so z. B. Anhalt, das neben Kontributionen trotz schlechter Ernte Lebens- und Fut-termittel an sie abgeben mußte . In den folgenden Wochen operierten Kaiserliche und Schweden in Nordböhmen, ohne daß es zu einer Entschei-dungsschlacht kam

Ruppert, 316; Höfer, 80–92.
. Der erneute Anschluß Kurkölns und Kurbayerns an den Kaiser im August bzw. September/Oktober 1647 hatte nur insofern militärische Auswirkungen, als die Schweden ab Ende September Böhmen verließen

Erst Mitte Oktober stieß der bay. Sukkurs zur ksl. Armee ( Ruppert, 315). – Kf. Ferdinand von Köln hatte am 15. August 1647 den Waffenstillstand mit Schweden und Hessen-Kassel gekündigt (Joachim F. Foerster, 296ff; Höfer, 83); Kf. Maximilian kündigte ihn erst auf, nachdem er die Bedingungen für seinen erneuten Anschluß an den Ks. ausgehandelt hatte (zum ksl.-bay. Rekonjunktionsrezeß von 1647 IX 2, vom Ks. 1647 IX 7 in Pilsen und vom Kf.en in München ratifiziert, mit Zusatzabkommen von 1647 IX 23, in neuer Fassung vom Ks. 1647 X 12 in Prag und X 17 vom Kf.en in München ratifiziert, s. Kapser, 49–54; Albrecht, Maximilian, 1073f).
; in den Osnabrücker Fürstenratsprotokollen wird die neuerli-

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che Verbindung der Kurfürsten Maximilian und Ferdinand mit dem Kaiser nicht mehr erwähnt.

II. Die wichtigsten Verhandlungen von Mai 1646 bis September 1647

Der Fürstenrat Osnabrück beriet im Editionszeitraum nicht kontinuierlich über die Themen, die gerade zu den Hauptverhandlungsgegenständen in den beiden Kongreßstädten gehörten. Vielmehr wurde er gar nicht mit allen befaßt, so daß einige von ihnen nur am Rande oder überhaupt nicht in seinen Beratungen vorkamen. Das allgemeine Kongreßgeschehen wurde selbstverständlich in der Hauptsache von den zentralen Verhandlungen zwischen Kaiserlichen, Schweden und Franzosen geprägt, die in der einen oder anderen Weise auch die Beratungen des Fürstenrats Osnabrück beein-flußten. Deshalb ist das allgemeine Kongreßgeschehen gleichsam als Folie zu betrachten, vor dem sich die Beratungen des Fürstenrats Osnabrück vollzogen.

1. Die französische Territorialsatisfaktion

In der Zeit vom Frühjahr 1646 bis zum Herbst 1647 gehörten die fran-zösischen und schwedischen Satisfaktionsforderungen zu den wichtigsten Verhandlungsgegenständen. Die kaiserlich-französischen Verhandlungen hatten bereits begonnen, bevor die Reichsdeputierten den Kaiserlichen am 27./28. April 1646 die Bedenken der Reichsstände übergeben hatten. Die Reichskurien sprachen darin unterschiedliche Empfehlungen für diese Verhandlungen aus: Vor allem der Kurfürstenrat drängte auf Eile und befürwortete Verhandlungen noch vor dem Sommerfeldzug. Ein Teil des Fürstenrats empfahl, es bei dem bisherigen Angebot (den „Bistümern“ und Reichsstädten Metz, Toul und Verdun sowie den Festungen Pine-rolo und Moyenvic) zu belassen; ein anderer Teil aber empfahl in realisti-scher Einschätzung der Lage, daß die Kaiserlichen die Verhandlungen mit Befragung der Betroffenen fortsetzen sollten, falls Frankreich das bishe-rige Angebot nicht für ausreichend erachte. Der Städterat empfahl darüber hinaus, daß Frankreich die Gebiete, die ihm (möglicherweise) zu zedie-

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ren seien, vom Reich zu Leben nehmen möge

S. im einzelnen APW III A 3/3, XCIIf.
. Damit war eine wichtige Frage angeschnitten, denn schon am 17. Mai 1646 stellte Trauttmansdorff in mündlicher Verhandlung die Übertragung des zu zedierenden Besitzes in voller Souveränität in Aussicht . Bereits am 14. April hatte er den Fran-zosen das Ober- und Unterelsaß einschließlich des Sundgaus unter dem Titel einer Landgrafschaft des Elsaß angeboten

Tischer, 258–290 (auch zum folgenden).
. Das Haus Habsburg hatte bei einer Zession zu voller Souveränität den Vorteil, Frankreich aus der Gemeinschaft des Reiches und damit auch aus der Wahl des Römischen Königs herauszuhalten, während Frankreich im Gegenzug darauf verzich-tete, Reichsstand (mit all den damit verbundenen Pflichten und Rechten) zu werden. Zeitweilig bemühten sich die Franzosen, das Souveränitätsan-gebot dahingehend zu interpretieren, daß damit alle Rechte des Reichs im Elsaß und im Sundgau einschließlich der Dekapolis gemeint seien. Doch setzte sich bereits im Juni 1646 in der französischen Gesandtschaft die Ansicht durch, daß die Forderung nach Souveränität über die Immedi-atstände aufzugeben sei, um die Reichsstände nicht zu düpieren. In den weiteren kaiserlich-französischen Verhandlungen ging es daher auch um Schutzklauseln für die Reichsunmittelbaren, und zwar einerseits im Elsaß und andererseits im Bereich der lothringischen Städte und Bistümer Metz, Toul und Verdun. Hier war zudem strittig, welcher Bereich mit den Städten zu zedieren sei: die Hochstifte oder die (größeren) Diözesen. In den kaiser-lich-französischen Satisfaktionsartikeln vom 13. September 1646 wurde die Formulierung episcopatuum districtus gebraucht, die beides bedeu-ten konnte. Diese Artikel, die nicht unterzeichnet wurden und als befri-stetes Agreement theoretisch nur siebzehn Tage gelten sollten, enthielten auch die Zusage zur Zession der rechtsrheinischen Festung Breisach, auf der die Franzosen unnachgiebig bestanden hatten. Die Satisfaktionsarti-kel wurden weder veröffentlicht noch in den Reichskurien beraten. Daher wurden sie erst im Juni 1647 mit dem kaiserlichen Entwurf für den Frie-den mit Frankreich

KEIPM3 1647 VI 12, ohne Nennung des Papstes und mit Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte bzw. KEIPM4 1647 VI 12, mit Nennung des Papstes und ohne die Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte, praes. 1647 VI 12 (s. zu den beiden Versionen des Vertragsent-wurfs [Nr. 138 Anm. 11] ).
offiziell bekannt, der allerdings umfangreichere und präzisere Garantieklauseln für die im Elsaß und in Lothringen betrof-fenen Reichsunmittelbaren enthielt, während der französische Gegenent-wurf vom Juli 1647 ( FEIPM1 1647 VII 20, ohne Nennung des Papstes und mit kirchenrechtlich bedenklichen Klauseln

Praes. 1647 VII 20 (s. [Nr. 138 Anm. 3] ).
) die Schutzklauseln der Septemberartikel

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beibehielt, in anderen Punkten aber weitergehende Forderungen stellte. Diese wurden von den Kaiserlichen zurückgewiesen; dann stagnierten die kaiserlich-französischen Verhandlungen, nachdem Trauttmansdorff den Kongreß am 16. Juli 1647 verlassen hatte. Sie wurden erst Anfang Novem-ber 1647 und damit außerhalb des Editionszeitraums dieses Bandes wieder in Gang gebracht. Zuvor hatten die Reichskurien über drei strittige Fragen ihr auf den 25. September datiertes Gutachten abgegeben

S. unten bei Anm. 109.
.

2. Die schwedische Territorialsatisfaktion

Über die schwedische Territorialsatisfaktion verhandelten Kaiserliche und Schweden bereits Anfang Mai 1646, also vor Beginn des Editionszeit-raums

S. [Nr. 122 Anm. 25] . Zu den in der schwed. Replik von 1646 I 7 publizierten schwed. Satisfaktionsforderungen s. APW III A 3/3 [Nr. 112 Anm. 7] .
. Sie kamen langsamer als erhofft zum Ziel, weil Schweden auf seiner Forderung nach Pommern bestand und Kurfürst Friedrich Wilhelm sich weigerte, seinen auf dem Erbweg erworbenen, rechtmäßigen Anspruch auf Pommern aufzugeben. Da der Kurfürst bei niemandem, nicht einmal bei den protestantischen Reichsständen, den nötigen Rückhalt fand, mußte er sich schließlich (gegen anderweitige Entschädigung) mit einem Teilver-zicht abfinden, indem er Vorpommern mit Stettin und den Odermündun-gen an Schweden verlor. Durch sein monatelang hinausgezögertes Nachge-ben machte er den Weg frei für kaiserlich-schwedische Verhandlungen, die zum Satisfaktionsabkommen vom 18. Februar 1647 führten. Das Abkom-men sah unter anderem vor, daß Vorpommern und das Fürstentum Rügen sowie das Erzstift Bremen, das Hochstift Verden und das mecklenburgi-sche Wismar an die Krone Schweden fielen und diese Reichsstand wurde. Es wurde ergänzt durch einen kaiserlich-kurbrandenburgischen Rezeß vom 19. Februar 1647, der die Entschädigung Kurbrandenburgs regelte

Zum Satisfaktionsabkommen s. [Nr. 136 Anm. 27] . Text der Vereinbarung über die Entschä-digung Kurbrandenburgs, Osnabrück 1647 II 19: Meiern IV, 328 f (vgl. später Art. XI IPO). Zu den Einzelheiten s. Repgen, Hauptprobleme, 423ff. Zur Bedeutung s. Tullner, 55ff: Die territoriale mittelelbische Konstellation wurde langfristig verändert, da Kurbran-denburg das frühere Hst. Halberstadt als weltliches Fürstentum und die (1680 realisierte) Anwartschaft auf das in ein Hgt. zu verwandelnde Est. Magdeburg erhielt.
. Der Fürstenrat Osnabrück war an diesen Verhandlungen als Teilkurie nicht beteiligt, während der Kurfürstenrat in Münster, zum Teil unter Beteili-gung der dortigen Teilkurien, in der zweiten Jahreshälfte 1646 einige Male

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über die Pommernfrage beriet

Brunert, 166 Anm. 60. Re- und Correlationen sollten eigentlich zeitgleich in beiden Kon-greßstädten vorgenommen werden; doch kam es immer wieder zu Unregelmäßigkeiten und als deren Folge zu Klagen über einseitige proceduren (s. Nr. 134 bei Anm. 71).
, ohne daß es (soweit die Protokolle erken-nen lassen) zu einer Beschwerde der Osnabrücker Reichsstände über die einseitigen Beratungen in Münster gekommen wäre.

3. Die Pfalzfrage

Ein weiterer Schwerpunkt der Verhandlungen betraf Amnestie und Resti-tution. Hier konnte das schwierigste Problem, die Pfalzfrage, im wesentli-chen bis zum August 1647 gelöst werden

Repgen, Hauptprobleme, 420f. Zu den von Ksl., Schweden und Franzosen ausgefertig-ten und bei den Mediatoren hinterlegten Schriftsätzen mit der Vereinbarung über die Pfalzfrage vom August 1647 s. APW III B 1/1, XLIIIf Anm. 7; Text der vom schwed. Gesandtschaftssekretär unterzeichneten, auf 1647 VIII 1/11 datierten Urkunde: ST VI.1,1, 164–167.
. Der pfälzische Kurprätendent Karl Ludwig sollte zwar nicht, wie er forderte, in das gesamte Erbe seines verstorbenen Vaters, des „Winterkönigs“, wiedereingesetzt werden, doch würde er als Kurfürst, ausgestattet mit einer neuen, achten Kur, nach Hei-delberg zurückkehren können, während Maximilian von Bayern die ihm übertragene fünfte (pfälzische) Kur behalten konnte und zudem endgültig die Oberpfalz zugesprochen erhielt. Die Reichskurien hatten dazu am 10. April 1647 ihr Gutachten abgeliefert, nachdem der Fürstenrat Osnabrück vornehmlich über die Frage beraten hatte, ob eine achte Kur eingerichtet werden solle

S. unten S. LXXI–LXXV.
.

4. Die Gravamina ecclesiastica

Zeitgleich mit den Verhandlungen über politische Fragen beschäftigten sich Kaiserliche und Schweden sowie Corpus Catholicorum und Corpus Evangelicorum mit Fragen des Reichsreligionsrechts. Dabei sind verschie-dene Phasen zu unterscheiden: Von Mai bis November 1646 fungierten die Kaiserlichen, vor allem Trauttmansdorff, als Vermittler zwischen Pro-testanten und Katholiken. Eine neue Phase begann im Februar 1647. Nun verhandelte Trauttmansdorff bei mehr oder weniger starkem Widerstand des Corpus Catholicorum mit den Schweden, die sich ihrerseits mit einem Teil des Corpus Evangelicorum abstimmten. Doch auch damit kam man nicht zum Ziel, zumal im Corpus Catholicorum die kompromißunwilligen

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Reichsstände dominierten. Das Gutachten des Corpus Catholicorum vom 7. Oktober 1647 verwarf alle seit dem Sommer 1646 durch die Kaiserlichen eingeräumten Konzessionen an die Protestanten

Wolff, 157–171; Ruppert, 319; Repgen, Hauptprobleme, 414f. Das Ga. des CC bezog sich auf die ksl. Gesamtfriedensentwürfe vom Juni 1647 ( KEIPM3 1647 VI 12, ohne Nennung des Papstes und mit Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte bzw. KEIPM4 1647 VI 12, mit Nennung des Papstes und ohne die Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte sowie KEIPO4 [1647 V 29]). – Zu den Verhandlungen im Februar und März 1647 s. auch [Nr. 129 Anm. 27] .
. Die nächste Verhand-lungsphase begann erst im November 1647. Im Fürstenrat Osnabrück spiel-ten die Gravaminaverhandlungen insofern keine Rolle, als die Verhand-lungsergebnisse nie referiert oder auch nur erwähnt wurden. Allerdings forderten die evangelischen Gesandten gelegentlich, daß die Gravami-naverhandlungen vorrangig geführt werden sollten. Auch fehlte hin und wieder ein Gesandter, weil er ihnen den Vorzug vor einer gleichzeitigen Sitzung des Fürstenrats einräumte

S. unten Anm. 66; [Nr. 144 Anm. 7] .
. Man sieht daran, welch hohen Stel-lenwert die evangelischen Gesandten diesen Verhandlungen beimaßen.

III. Die Abreise Trauttmansdorffs und anderer Gesandter im Jahr 1647

Eine wichtige Zäsur in den fast siebzehn Monaten des Editionszeitraums ist die Abreise Trauttmansdorffs am 16. Juli 1647. Eine zwingende Notwen-digkeit, gerade zu diesem Zeitpunkt den Friedenskongreß zu verlassen, gab es nicht. Vielmehr wollte Trauttmansdorff einerseits ein Zeichen setzen, daß der Kaiser zu weiteren Konzessionen nicht bereit sei, und andererseits aus privaten Gründen heimkehren, weil er sich krank fühlte und seine Ange-legenheiten regeln wollte

Ruppert, 274 Anm. 626.
. Als er abreiste, lag eine Zeit intensiver Ver-handlungstätigkeit hinter ihm und auch hinter Volmar, der von Anfang Januar bis zum 31. Mai 1647 in Osnabrück weilte und im Frühjahr dort die Verhandlungen leitete, während sich Trauttmansdorff in Münster auf-hielt

S. APW C 2/2 778 Z. 2f, 844 Z. 12; zur Rolle Volmars s. künftig APW II A 6, Einleitung Teil B Kapitel I (Die ksl. Gesandtschaft).
. Am 29. März 1647 begannen die kaiserlich-schwedischen Verhand-lungen, die Ende Mai mit der Herausgabe des sogenannten Instrumen-tum Trauttmansdorffianum ( KEIPO4 [1647 V 29]) endeten

S. ebenda.
. Volmar und die Schwe-den begaben sich daraufhin Anfang Juni nach Münster, um dort noch vor der seit längerem angekündigten Abreise Trauttmansdorffs zusam-men mit den Franzosen den Friedensschluß zustande zu bringen

Ruppert, 294.
. Auch

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die sonst in Osnabrück weilenden evangelischen Gesandten begaben sich nach Münster und nahmen im Juni und Juli 1647 viermal an den dortigen Fürstenratssitzungen teil

S. die Notiz über die Sitzungen am 17. und 27. Juni sowie am 3. und 10. Juli 1647 in Nr. 137.
. Trotz aller Anstrengungen gelang der Durch-bruch nicht, da die Trauttmansdorffschen Friedensentwürfe ( KEIPO4 [1647 V 29] und das am 12. Juni 1647 ausgehändigte Gegenstück, die substantiell identi-schen KEIPM3 1647 VI 12, ohne Nennung des Papstes und mit Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte bzw. KEIPM4 1647 VI 12, mit Nennung des Papstes und ohne die Klauseln, an denen der Hl. Stuhl aus kirchenrechtlichen Gründen Anstoß nehmen konnte

Zu den Unterschieden s. [Nr. 138 Anm. 11] .
) weder von Schweden noch Franzosen noch von Katholiken und Protestanten als Ganzes akzeptiert wurden und niemand sich vor Beendigung des Sommerfeldzugs festlegen wollte. Beson-ders für Schweden, das im Begriff war, in Böhmen einzufallen, bestand kein Anlaß zu überstürzten Konzessionen

Ruppert, 316; zu den ksl.-frz. Verhandlungen kurz vor und nach Trauttmansdorffs Abreise s. Tischer, 288f.
.
Neben Trauttmansdorff, der nach mehrfachem Aufschub und letzten, ver-geblichen Verhandlungen schließlich am Abend des 16. Juli aus Münster abreiste

S. APW III C 2/2 869 Z. 1–7; APW II A 6 Nr. 181.
, verließen auch auf reichsständischer Seite eine Reihe von Ge-sandten den Kongreß im Laufe des Jahres 1647. Richtersberger war im Hinblick auf den Fürstenrat Osnabrück der wichtigste, weil er dort das Fürstenratsdirektorium geführt hatte; er reiste wahrscheinlich mit Trautt-mansdorff oder wenigstens zur selben Zeit ab

Richtersberger ist zuletzt für den 14. Juli 1647 in Münster bezeugt, als er und der Bam-berger Ges. Göbel sich voneinander verabschiedeten (Heinrich Dietz, 438). Bereits am 5. April 1647 hatte Milagius (Anhalt) den Kongreß verlassen, dessen Votum künftig Heher führte, der Ges. Sachsen-Weimars und -Gothas (s. [Nr. 132 Anm. 28] ). Im Sommer 1647 verabschiedete sich der Salzburger Primarges. Zauchenberger ( [Nr. 139 Anm. 10] ); einer der beiden verbleibenden Salzburger Ges. , Motzel, verließ den WFK Anfang September 1647 ( [Nr. 140 Anm. 8] ). Die Wetterauer Gf.en wurden nach der Abreise ihrer Ges. Geißel und Heidfeld am 13. September 1647 durch Wesenbeck vertreten ( [Nr. 141 Anm. 22] ). Der Magdeburger Krull verließ Osnabrück mit seinem Gesandtschaftssekretär Werner Ende September 1647; hier blieb nur ein Kanzlist zur weiteren Berichterstattung zurück ( [Nr. 143 Anm. 2] ). Diese Abberufung war sicherlich (auch) dadurch motiviert, daß das Est. gemäß der Entschädigungs-Vereinbarung von 1647 II 19 (s. Anm. 27) nach dem Tod des dama-ligen Adm. s an Kurbrandenburg fallen sollte, so daß die Motivation, eine teure Gesandt-schaft auf dem WFK zu unterhalten, gesunken war. – Aus den Reihen der Kfl. verließ der kursächsische Primarges. Pistoris im Juni 1647 den WFK. Das hatte für den FRO eine gewisse Bedeutung, da Kursachsen am hennebergischen Votum beteiligt war (s. [Nr. 138 Anm. 48] ; vgl. auch Nr. 140 bei Anm. 15, Nr. 142 bei Anm. 61).
. Nicht Unzufriedenheit mit der diplomatischen Tätigkeit war der Grund für die vielen Abberufungen; vielmehr wurden die Gesandten nach langer Abwesenheit wieder in ande-rer Funktion gebraucht. Meist hatten sie (wie Trauttmansdorff) selbst auf

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ihre Abberufung gedrängt. Ihre Abreise ist also nicht als Zeichen zu wer-ten, daß die betreffenden Reichsstände nicht mehr an einen Friedensschluß glaubten. Die Friedensverhandlungen gingen zweifellos langsamer voran, seitdem der kaiserliche Prinzipalgesandte den Kongreß verlassen hatte. Sie stagnierten aber nicht völlig, sondern konnten noch im Spätherbst 1647 mit dem kaiserlich-französischen Vorvertrag vom 11./14. November 1647 einen wichtigen Erfolg verzeichnen

Tischer, 288ff.
.

IV. Die Beratungen des Fürstenrats Osnabrück von Mai 1646 bis September 1647

1. Das häufigste Beratungsthema: Sicherheit und Unterhalt des Reichskammergerichts

In zehn von 22 Sitzungen beriet der Fürstenrat Osnabrück über die Sicher-heit und vor allem über den Unterhalt des Reichskammergerichts. Die mei-sten Reichsstände trugen wegen ihrer kriegsbedingten Finanznot nur wenig oder gar nichts zum Unterhalt des Gerichts bei. Das Thema war nicht neu, sondern bereits 1640/41 auf dem Regensburger Reichstag und 1643/44 auf dem Frankfurter Reichsdeputationstag Beratungsgegenstand gewesen. Es war nie beabsichtigt, Bestimmungen zum Unterhalt des Reichskammer-gerichts in die Friedensverträge aufzunehmen. Insofern befremdet es, daß sich der Fürstenrat Osnabrück fast in der Hälfte seiner Sitzungen aus-schließlich oder partiell mit diesem Thema befaßt hat

Das RKG war ausschließliches Thema in den Sitzungen vom 11. und 27. Juni, 27. September und 18. Oktober 1646 sowie vom 27. März, 5. April, 1. Juni und 28. August 1647 (Nr. 123–126, 130, 132, 136, 139). Außerdem war es eines von mehreren Beratungsgegenständen am 7. Mai 1646 und am 14. September 1647 (Nr. 122, 141). Ferner gehörte es zu den Themen der FR-Sitzung am 27. Juni 1647, die in Münster unter Beteiligung der sonst in Osnabrück votierenden Rst. stattfand (s. Nr. 137). Zu den früheren Beschlüssen des Regensburger RT und Frankfurter RDT zum RKG s. [Nr. 122 Anm. 66] , 67.
, zumal sich das Grundproblem trotz aller Beratungen und Beschlüsse nicht änderte: Die Reichsstände zahlten das Kammerzieler nur unvollständig und schulde-ten daher mehr oder weniger große Summen. Andere Finanzierungsarten (wie eine außerordentliche Judenkopfsteuer) waren schon vor dem Frie-denskongreß vorgeschlagen, aber nicht realisiert worden; eine praktikable Lösung fanden auch die Diplomaten des Friedenskongresses nicht. Den-noch waren die bisweilen redundant erscheinenden Beratungen zumindest aus Sicht des Reichskammergerichts nicht nutzlos: Trotz der kriegsbeding-ten Engpässe konnte das Gericht durch seine dauernden Beschwerden und

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die dadurch provozierten Beratungen auf dem Friedenskongreß zumindest einige Reichsstände zu gewissen Zahlungen bewegen, so daß die Einnah-men nicht völlig versiegten. Auch blieb das Gericht den Reichsständen als eine schützenswerte Reichsinstitution dauernd präsent. Zwar scheint die drohende Ankündigung des Gerichts, es sehe sich durch den Personalman-gel, der durch die unsichere Lage in Speyer und die Finanznot hervorge-rufen würde, zur Selbstauflösung gezwungen, im Rückblick übertrieben zu sein. Sie war jedoch nicht völlig aus der Luft gegriffen, wie das Bei-spiel jenes Johann Niclaß Lindenmayr zeigt, der sich 1643 um eine Stelle in Prag beworben hatte, weil er den schlechten Verhältnissen in Deutsch-land und besonders jenen am Rhein entkommen wollte

S. [Nr. 125 Anm. 8] . Johann Niclaß Lindenmayr ist vermutlich mit dem RKG -Pfennigmeister von 1647 Johann Lindemair identisch (s. ebenda).
. Die Bewer-bung Lindenmayrs zeigt, wie wenig attraktiv in Kriegszeiten ein Wohn-ort war, der in der Nähe einer bedeutenden Verkehrsader lag. Obwohl Speyer bereits seit Herbst 1644 französisch besetzt war, konnte das Reichs-kammergericht seine Funktionen mehr oder weniger ungestört erfüllen, da es einen Schutzbrief erhalten hatte, so daß es sich nur über befürchtete oder eingetretene Verstöße gegen diesen Schutzbrief beklagen mußte

S. [Nr. 123 Anm. 2] ; Nr. 139 bei Anm. 9.
. Da auch anderswo die kriegsbedingten Belastungen groß waren und manche Reichsstände stärker davon betroffen wurden als Speyer und das Reichs-kammergericht, reagierten einige von ihnen schließlich gereizt auf die ständigen Klagen, zumal das Gericht nicht davor zurückschreckte, säumi-gen Reichsständen harte Strafen (wie die Reichsacht) anzudrohen, auch wenn diese (wie Anhalt) glaubhaft machen konnten, daß ihre schlechte Zahlungsmoral kriegsbedingte Ursachen hatte

Anhalt wurde die Reichsacht angedroht (s. [Nr. 122 Anm. 75] ). Als Beispiel für Kritik am RKG s. das Votum Sachsen-Weimars, -Gothas und -Eisenachs vom 28. August 1647 (Nr. 139 bei Anm. 25).
. Die Übersendung eines Verzeichnisses mit den säumigen Reichsständen wirkte ebenfalls nicht in jeder Hinsicht positiv auf die Zahlungsmoral, da jeder Schuldner auf diese Weise erfuhr, wer noch größere Rückstände hatte als er selbst

S. Nr. 132 bei Anm. 18 und [Nr. 130 Anm. 42] ; zum Verzeichnis mit den säumigen Rst. n s. [Nr. 130 Anm. 4] .
. Insge-samt gelang es dem Reichskammergericht aber, durch seine wiederholten Beschwerden für seine Sicherheit und seinen Unterhalt zu sorgen, indem es bei den Reichsständen das Bewußtsein dafür wachhielt, daß es alß ein edtles kleinoht des Heyligen Römischen Reichs conserviret unnd erhalten

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werde[n müsse]

S. in Nr. 123 das Votum Mecklenburg-Schwerins und -Güstrows, Punkt [1].
. Auf der anderen Seite waren auch die vielen Beratun-gen der Reichskurien über die Nöte des Gerichts nicht nutzlos: Wenn man die Beschwerden, vor allem die Finanznot, schon nicht abstellen konnte oder wollte, so gab man den Kameralen immerhin das Gefühl, daß man ihre Beschwerden ernst nahm und ihnen abzuhelfen suchte, wenn dieses Engagement letztlich auch nicht effektiv war.

2. Beratungsthemen von allgemeiner Bedeutung

a. Causa Palatina

Im Frühjahr 1647 hatte der Fürstenrat Osnabrück Gelegenheit, zum schwierigste[n] aller Amnestieprobleme

So Dickmann, 400; ähnlich Repgen, Hauptprobleme, 420.
, der Pfälzischen Frage, Stel-lung zu nehmen. In monatelangen Vorbereitungen hatten die kurbaye-rischen Gesandten sich bemüht, von den auswärtigen Mächten und den Reichsständen die Zustimmung zu der von Kurfürst Maximilian gewünsch-ten Lösung zu erhalten: Es sollte eine neue, achte Kur errichtet werden, und zwar für die pfälzische (Heidelberger) Linie der Wittelsbacher, während er und seine Deszendenz die fünfte Kurwürde, die ihm 1623 öffentlich übertragen worden war, behalten wollte. Am schwierigsten war es gewe-sen, Schweden davon abzubringen, daß die Heidelberger Linie vollständig nach dem Stand von 1618 zu restituieren sei

Albrecht, Maximilian, 1025f.
. Als die Pfalzfrage Ende August 1646 in den Reichskurien zur Beratung anstand, war dies mit Rücksicht auf Schweden unterblieben. Damals hatten die schwedischen Gesandten gefordert, daß die Beratung aufzuschieben sei, bis die Frage mit ihnen verhandelt worden wäre . Als sie nun, am 16. März 1647, im Fürstenrat Osnabrück vorgenommen wurde, erinnerte das Österreichische Direktorium an die beabsichtigte Beratung vor fast sieben Monaten und verknüpfte damit die Erwartung, daß inzwischen alle die Sache reiflich erwogen hätten und damit gut vorbereitet seien. Tatsächlich trugen vier (katholische) Gesandte schriftlich ausgearbeitete Voten vor

Österreich, Würzburg, Hildesheim, Pfalz-Neuburg. Vielleicht kannten sie die Proposition wenigstens in ihren Grundzügen bereits vor der Sitzung (s. dazu auch die übernächste Anm.). Hildesheim votierte detailliert und im Sinne der ksl. Proposition; Pfalz-Neuburg erinnerte an seine eigenen Nachfolgerechte in der Pfälzer Kur und übergab zwei darauf bezügliche Schriftsätze (s. [Nr. 129 Anm. 74] , 76). Zum öst. und würzburgischen Votum s. unten.
, die sie später

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den Protokollanten zur Verfügung stellten; andere (evangelische) Gesandte aber behaupteten, unvorbereitet, da nicht instruiert, zu sein, so daß sie ihr Votum suspendieren müßten. Einerseits war zwar seit Monaten bekannt, daß es zu einer Beratung in den Reichskurien kommen würde, andererseits aber wird in der Tat nicht vorhersehbar gewesen sein, daß sie gerade zu diesem Zeitpunkt angesetzt werden würde; auch war die genaue Fragestel-lung der Proposition nicht bekannt gewesen. Die Beratung war von den Kaiserlichen im Hinblick auf die befürchtete Separation Kurfürst Maximi-lians durch Abschluß eines Waffenstillstands mit Frankreich und Schweden gewählt worden, um Kurbayern doch noch an der Seite des Kaisers zu hal-ten

Wie Anm. 11.
. Die den Direktoren erst spät am Vorabend zugestellte Proposition wurde in der Sitzung verlesen, ohne vorher diktiert worden zu sein

Die späte Zustellung der Proposition ist im Protokoll des SRO erwähnt (s. APW III A 6, 462 Z. 30). Wahrscheinlich stand die Absicht dahinter, den Ges. keine Gelegenheit zu langen (kritischen) Stellungnahmen zu geben.
. Sie war umfangreich, da sie zunächst die lange Vorgeschichte, beginnend mit dem geächteten Pfalzgrafen Friedrich, aufrollte und Bedingungen nannte, unter denen die (männlichen) Nachkommen Friedrichs die achte Kur und die Unterpfalz erhalten sollten. In einem kurzen letzten Absatz wurden die Reichskurien um die Zustimmung zur Schaffung einer achten Kur gebe-ten, ohne daß an dieser Stelle ausdrücklich gesagt wurde, für wen diese bestimmt sein sollte . Damit wurden die Reichskurien in ihrer Gesamt-heit ausschließlich um die Zustimmung zur achten Kur gebeten, was den Intentionen Kurfürst Maximilians entsprach; seiner Ansicht nach waren nämlich für alle anderen damit zusammenhängenden Fragen nur Kaiser und Kurfürsten zuständig

Albrecht, Maximilian, 1028.
. Dem entsprach freilich nicht die Auslegung der Proposition im ersten (österreichischen) Votum durch den Fürstenrats-direktor Richtersberger: Die Proposition betreffe erstens die Tatsache, daß der Kaiser es bei der Übertragung der (fünften) Kur und der Oberpfalz auf Bayern belasse; zweitens bitte der Kaiser um Zustimmung zur Errichtung der achten Kur unter den Bedingungen, die in der Proposition genannt seien

S. Nr. 129, öst. Votum, erster Absatz. Vgl. die fast gleichlautende Formulierung durch das Kurmainzer Reichsdirektorium im KFR am 16. März 1647 (APW III A 1/1, 732 Z. 3–10). Zu den Bedingungen s. [Nr. 129 Anm. 8] .
.
Wie sich herausstellte, war dazu keine Zustimmung der Mehrheit zu erhal-ten. Nachdem Pfalz-Lautern in Aussicht gestellt hatte, daß Pfalzgraf Lud-

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wig Philipp verhoffentlich eine achte Kurwürde für Bayern bewilligen würde, ohne darauf einzugehen, daß die Proposition vielmehr eine achte Kur für die Heidelberger Linie vorsah

S. Nr. 129, Votum Pfalz-Lauterns.
, Salzburg

Salzburg hatte schon vor der Sitzung angegeben, ohne Instruktion zu sein. Trauttmansdorff und die kurbay. Ges. hatten die Salzburger vergeblich zu überreden versucht, in Münster zu votieren, um den Protestanten nicht das Schauspiel kath. Uneinigkeit zu liefern. Immler (Kurfürst, 383) vermutet, daß Salzburg wegen Differenzen in Kontributions- und Salzan-gelegenheiten nicht zum Vorteil Kf. Maximilians votieren wollte. Vielleicht spielten auch noch andere Gründe mit. Jedenfalls haben die Salzburger Ges. am oder unmittelbar vor dem 14. März versucht, die Ksl. davon abzuhalten, die Causa Palatina in den Reichskurien proponieren zu lassen (APW III C 2/2, 826 Z. 24f).
und dann auch Mag-deburg ihre Voten suspendierten und sich dem die anderen evangelischen Gesandten ganz oder teilweise anschlossen, sah sich das Österreichische Direktorium zum Eingreifen gezwungen. Es unterbrach den Gesandten Braunschweig-Celles (Langenbeck) und erläuterte, daß es dieses Mal vor-nehmlich um die Frage „an“ ratione octavi electoratus gehe

S. 130 Z. 24f.
. Richtersber-ger beschritt damit einen Weg, der durch einige der vorangehenden Voten, begonnen beim Würzburgischen, vorgezeichnet war: Der Würzburger Gesandte Vorburg hatte mit vielen geschichtlichen rationes zu begründen gesucht, daß die Schaffung einer achten Kur und damit eine Änderung der in der Goldenen Bulle von 1356 niedergelegten Normen zulässig sei, zu den übrigen Punkten aber keine Stellung bezogen. Der Gesandte Sachsen-Wei-mars, -Gothas und -Eisenachs (Heher) hatte, auf diesem Weg fortschrei-tend, präzisiert: Es gehe zur Zeit nur abstractive um die Einführung der achten Kur, während das concretum noch nicht in die Umfrage gekommen sei

S. 128 Z. 14, 20.
. Damit war die Gefahr gebannt, sich genau und detailliert darüber äußern zu müssen, ob und in welchem Umfang und zu welchen Bedin-gungen die Heidelberger Linie restituiert werden sollte. Gerade für die Protestanten waren das Fragen, die man nicht beantworten wollte; denn es war klar, daß eine vollständige Restitution nach dem Stand von 1618 (wie die Heidelberger Linie sie anstrebte) nicht realisiert werden konnte. In der Beratung ging es jetzt gleichsam nur noch um das theoretische Problem, ob eine Änderung der Goldenen Bulle möglich sei, und zwar in diesem Fall durch die Schaffung einer achten Kur. Auf Wunsch Braunschweig-Celles wurden die Wörter et abstractive nachträglich in den Text des Mehrheitsbe-schlusses eingefügt, um dies hervorzuheben

S. 142 Z. 29f.
. Die Möglichkeit, eine neue, achte Kur einzurichten, wurde in diesem Beschluß bejaht. Über alle kon-

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kreten Fragen sollten die Kaiserlichen, Schweden und Franzosen mit Betei-ligung der Betroffenen verhandeln, wobei zur Bedingung gemacht wurde, daß die Ergebnisse dieser Verhandlungen den Reichskurien mitgeteilt und von ihnen ratifiziert werden sollten.
Die besondere Bedeutung dieser Beratung war den Reichsständen bewußt, weshalb die üblichen Proteste wegen der Präzedenz vorgetragen wurden. Pfalz-Zweibrücken vermerkte ausdrücklich, dies geschehe, weil ein actus solennis vorgenommen werde

S. 138 Z. 11.
. Über den Stellenwert der Pfälzer Frage waren die Meinungen geteilt: War sie nach Auffassung des Österreichi-schen Direktoriums ein brunquel aller motuum gewesen

S. 100 Z. 35. Zur Auffassung des Ks.s s. die Geheiminstruktion Trauttmansdorffs von 1645 X 16, Punkt [7] (APW I.1, 443 Z. 13).
, was der Auf-fassung des Kaisers entsprach, der sie als origo huius belli ansah, so waren für die Evangelischen die Gravamina die vornembste uhrsach und [der] rechte brunquel dieses leidigen, so lang gewärten krieges

S. 107 Z. 37f.
. Entsprechend forderten sie, die Gravaminaverhandlungen vorzuziehen oder zumindest gleichzeitig mit der Pfälzer Frage zu behandeln

S. dazu vor allem das Votum Sachsen-Altenburgs vom 16. März 1647. Obwohl die Behand-lung der Gravamina bereits vom Magdeburger Krull gefordert worden war, trat erst Thumbshirn als Sprecher der Evangelischen auf (S. 127 Z. 10–13). Besonders scharf for-derte Lampadius, daß die Gravaminaverhandlungen vorgezogen werden müßten, da die causa Palatina nur ein privatwerck sei (s. Nr. 129, Votum Braunschweig-Grubenhagens).
.
Die reichsständische Beratung der Pfälzer Frage wurde durch die gleich-zeitig am 28. März 1647 in Münster und Osnabrück abgehaltene Re- und Correlation beendet

S. Nr. 131 und APW III A 1/1 Nr. 114.
. Es war die einzige im Editionszeitraum gleichzei-tig in beiden Kongreßstädten vorgenommene Re- und Correlation, was die Bedeutung der Causa Palatina unterstreicht. Der in Münster ausgearbei-tete Entwurf eines Reichsgutachtens war wiederum nicht diktiert worden, so daß er erst in der Sitzung durch Verlesen bekanntgemacht wurde. Er enthielt auch die particularitäten der Pfälzischen Frage, weshalb einige Mitglieder des Fürstenrats Osnabrück darüber nun doch eine Beratung wünschten, obgleich der Österreichische Direktor zu verstehen gab, daß es nur darum gehe, ob man dem Entwurf zustimme oder nicht

S. 173 Z. 30f.
. Es war der Sachsen-Altenburger Thumbshirn, der ein klares Wort sprach: Über die Einzelheiten würde man länger als vier Wochen beraten und sich doch nicht einigen können; also solle man das Gutachten so, wie es sei, mit dem Vermerk übergeben, daß die Osnabrücker Gesandten ihre Erinnerungen

[p. LXXV] [scan. 75]

dazu nicht beigebracht hätten

S. Nr. 131, Votum Sachsen-Altenburgs, Punkt [I].
. Im Gutachten stand, dem Vorschlag nicht ganz entsprechend, daß die Mehrheit der Protestanten in Osnabrück zwar einverstanden sei, wenn die achte Kur in abstracto um des Friedens willen eingeführt werde, daß sie es aber dem Kaiser, den Schweden und Fran-zosen überließen, die Bedingungen und Vorbehalte dazu auszuhandeln . Pfalz-Lautern beantragte einen Zusatz, der besagen sollte, daß auch einige Katholische dieser Meinung gewesen seien. Damit muß das Würzburger (und Baseler) Votum gemeint gewesen sein . Der Zusatz wurde nicht ergänzt, doch ist die Beobachtung Pfalz-Lauterns dennoch bemerkenswert, da sich hier die Anfänge einer überkonfessionellen Gruppierung abzeich-nen, die pragmatisch das Mögliche tat, das Unmögliche beiseite ließ und zielstrebig auf den Frieden zuarbeitete. Im Herbst 1647 formierte sich diese „dritte Partei“ und half 1648 maßgeblich mit, daß der Friede endlich zustandekam. Zu den wichtigsten Mitgliedern gehörten auf der einen Seite Kurmainz/Würzburg und auf der anderen Seite Sachsen-Altenburg

S. APW III A 3/5, XLVI, besonders Anm. 13.
.
Das Reichsgutachten in der pfälzischen Sache wurde Trauttmansdorff am 10. April 1647 übergeben . In den nächsten vier Monaten gelang es tatsächlich, in den wesentlichen Punkten der Pfalzfrage zu einer Verein-barung zu kommen

Zur Vereinbarung vom 11. August 1647 s. Anm. 29.
. Im Fürstenrat Osnabrück ist die Causa Palatina im Editionszeitraum nicht mehr zur Sprache gekommen.

b. Exemtion Basels und der Schweizer Eidgenossenschaft

Während die Causa Palatina ihren Ursprüngen nach mit dem Dreißigjähri-gen Krieg in engstem Zusammenhang stand, hatte die in Artikel VI des IPO (bzw. in § 61 IPM) ausgesprochene Exemtion der Stadt Basel und der übri-gen Orte der Schweizer Eidgenossenschaft nichts mit dem Krieg zu tun. Aus unscheinbarem Anlaß, nämlich dem Überfall auf einen Weinhändler, der aus Schlettstadt nach Basel verzogen war und aus Unzufriedenheit mit einem Urteil des Basler Stadtgerichts an das Reichskammergericht appel-liert hatte, erwuchs der Versuch des Reichskammergerichts, Basel seiner Rechtsprechung zu unterwerfen. Dieser Versuch hatte wiederum zur Folge, daß besagter Artikel dem Friedensvertrag einverleibt wurde. Mit ihm erhielt die Schweizer Eidgenossenschaft im reichsrechtlichen Verständnis

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die libertas ab Imperio, aber keine Souveränität im Bodinschen und damit modernen Sinn. Immerhin wurde ihr nach heutiger Interpretation eine irgendwie geartete Unabhängigkeit vom Reich zugesprochen

Jorio, Nexus Imperii, 143f.
. Als sich die Reichskurien 1647 mit dem Basler Exemtionsbegehren beschäf-tigten, konnten sie die geschichtlichen Konsequenzen nicht überblicken. Doch schon damals, als der Fürstenrat Osnabrück sich am 5. Februar 1647 zum ersten Mal mit der Sache befaßte, zeichnete sich ab, daß das Exemtionsgesuch des Basler Gesandten Wettstein weitreichende Folgen haben würde. Frankreich hatte sich bereits eingeschaltet , und es stand zu befürchten, daß sich auch Schweden der Sache annehmen und diese Aufnahme in den Friedensvertrag finden würde

So das Öst. Direktorium (s. Nr. 127 bei Anm. 20).
. Die Gesandten waren sich der Relevanz bewußt, zumal mindestens zwei über besondere Sach-kenntnisse verfügten: Thumbshirn verwies auf Staatsrechtsliteratur zum Thema Exemtion, die ja bekannt sei

S. Nr. 127 bei Anm. 34.
, und Heher erinnerte sich an einen älteren, vergleichbaren, noch nicht abgeschlossenen Rechtsfall eines Base-ler Juristen, der an das Reichskammergericht appelliert hatte

S. Nr. 127 bei Anm. 36.
. Ihnen wie auch den anderen Gesandten (einschließlich des bayerischen) schien es bedenklich, sich ohne spezielle Instruktion über eine solch wichtige Frage zu äußern, so daß beschlossen wurde, den vom Kaiser angeforderten Bericht des Reichskammergerichts abzuwarten und auch selbst einen Bericht anzu-fordern

S. Nr. 127 bei Anm. 41.
.
Dieses Beratungsergebnis entsprach weder den Intentionen der kaiserli-chen Gesandten noch jener des Österreichischen Direktors, noch dem aus Münster vorliegenden Beschluß der dortigen Reichsstände. Um Weiterun-gen zu vermeiden, wollten diese dem Kaiser raten, er solle dem Reichs-kammergericht befehlen, aufgrund eines von Basel angeführten Privile-gium de non evocando aus dem Jahr 1433 die Stadt und ihre Bürger nicht mehr vorzuladen. Das laufende Verfahren, das der Weinhändler angestrengt hatte, sollte durch einen gütlichen Vergleich beigelegt wer-den

S. Nr. 127 bei Anm. 16.
. Im Reichsgutachten, welches das Kurmainzer Reichsdirektorium in Münster aufsetzte, fand die Osnabrücker Minderheits-„Meinung“ nur in der Form Berücksichtigung, daß eingangs die Bedenken aufgezählt wur-den, die dagegen sprachen, der Stadt Basel in ihrem Gesuch um Exemtion

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vom Reichskammergericht zu willfahren . Diese Empfehlung wurde den-noch ausgesprochen, und zwar mit dem Vermerk, daß der Beschluß dazu im Kurfürstenrat einhellig, im Fürsten- und Städterat mehrheitlich gefal-len sei. Der Entwurf dieses Reichsgutachtens wurde am 23. Februar 1647 im Fürstenrat Osnabrück wohl nur deshalb ohne größere Diskussionen akzeptiert, weil Thumbshirn, Carpzov und Heher nicht an der Sitzung teilnahmen und Lampadius als einziger anwesender braunschweigischer Gesandter mit seinen Bedenken und Änderungsvorschlägen nicht durch-drang

S. Nr. 128 bei Anm. 11 und 14.
. Das Salzburgische Direktorium resümierte trotz des nicht völlig zustimmenden braunschweigischen Votums, daß man in effectu einig sei

S. Nr. 128, letzter Absatz.
. Thumbshirn und Heher beschwerten sich in der übernächsten Sitzung, daß das Gutachten ausgefertigt, erst danach diktiert (bekanntgemacht) und nicht mehr zur Abstimmung gebracht worden sei

S. Nr. 130 bei Anm. 25. Am 14. September 1647 kam Thumbshirn noch einmal darauf zurück und monierte, daß dieses Reichsga. ohne vorherige Re- und Correlation ausgefertigt worden sei (s. Nr. 141 bei Anm. 31).
. Thumbshirn mißbil-ligte die dem Kaiser empfohlene Exemtion Basels und befürchtete Nach-ahmer, die ebenfalls aufgrund eines alten Privilegs die Exemtion anstreben könnten, so daß entlich dem Römischen Reich weinig überbleiben

S. Nr. 130 bei Anm. 29.
.
Der Fürstenrat Osnabrück wurde im August und September desselben Jah-res erneut mit der Baseler Sache befaßt. Es ging dabei aber nicht mehr um eine wie auch immer geartete Exemtion Basels oder der Eidgenossenschaft, sondern nur um die Frage, ob die Reichskurien an das Reichskammerge-richt schreiben sollten, damit dieses endlich gemäß der schon im Vorjahr ergangenen einstweiligen Verfügung des Kaisers seine Maßnahmen gegen Basel bzw. seine Bürger und Waren einstelle

S. Nr. 140 und Nr. 141, zweite Umfrage.
. Ende Mai 1647 war es nämlich aufgrund des kammergerichtlichen Mandats vom Juni 1646 zur Konfiskation von Baseler Handelsware gekommen, was eine Beschwerde des Baseler Gesandten Wettstein bei den Kaiserlichen zur Folge gehabt hatte. Diese hatten daraufhin das Kurmainzer Reichsdirektorium ersucht, einen Beschluß der Reichskurien zur Ermahnung des Reichskammerge-richts herbeizuführen . Es konnte in dieser Beratung gar nicht mehr um den künftigen Status Basels gehen, da sich inzwischen die Franzosen der Sache Basels, die zu einer der gesamten Schweizer Eidgenossen gewor-

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den war, tatkräftig angenommen hatten, indem sie einen entsprechenden Artikel in ihren Friedensvertrags-Entwurf vom Juli 1647 aufgenommen hatten. Die Kaiserlichen waren der Ansicht, daß ein solcher Artikel nun nicht mehr zu verhindern sei; auch zwischen ihnen und Wettstein hatten deswegen schon (weitgehend einvernehmliche) Verhandlungen stattgefun-den. Es stand somit (vorbehaltlich der kaiserlichen Entscheidung) fest, daß der Friedensvertrag einen Artikel wegen Basel bzw. der Eidgenossenschaft enthalten würde; nur einige Einzelheiten, die aber bei der Beratung im Fürstenrat nicht zur Diskussion standen, waren noch nicht festgelegt .
Diese Entwicklung war durch das Ausbleiben der kaiserlichen Resolution auf das Reichsgutachten vom Februar 1647 gefördert worden. Der Kaiser hatte die Angelegenheit angesichts differierender Ansichten des Reichshof-rats und seiner Gesandten verschleppt

Ruppert, 306.
. Da es im Fürstenrat Osnabrück nur noch um das vorgeschlagene Mahnschreiben an das Reichskammerge-richt ging, verlief die Beratung am 30. August 1647 ruhig und war sicher-lich schnell beendet, zumal einige Gesandte fehlten

Bayern war nicht vertreten; von den Braunschweiger Ges. war niemand da; Sachsen-Lauenburg wurde durch Württemberg vertreten (s. Nr. 140).
. Bemerkenswert ist eigentlich nur das Magdeburger Votum wegen seiner Realitätsferne: Krull war nach Lektüre eines reichskammergerichtlichen Berichts zu dem Ergebnis gekommen, daß die Behauptung des Gerichts, Basel unterstehe seiner Jurisdiktion, fundiert und dessen Vorgehen somit rechtens sei. Des-halb schlug er vor, die Kaiserlichen sollten Wettstein die Argumente des Reichskammergerichts vorhalten und diese auch der Stadt Basel und der Schweizer Eidgenossenschaft mitteilen. Er zweifle nicht, daß sie dabey woll acquiesciren würden

S. Nr. 140, letzter Satz des Magdeburger Votums.
. Da er aber angab, nicht instruiert zu sein, wurde dieser „unvorgreifliche“ Vorschlag anscheinend nur als private Mei-nungsäußerung gewertet und bei der einhelligen Beschlußfassung, die den vorgeschlagenen Brief guthieß, nicht berücksichtigt.
In der nächsten Sitzung, am 14. September 1647

S. Nr. 141. – Im Juli 1648 wurden die Reichskurien nochmals mit der Exemtion der Eidge-nossenschaft befaßt (s. künftig in APW III A 3/6).
, ging es hauptsächlich um einzelne Formulierungen des nunmehr als Entwurf vorliegenden Mahn-schreibens an das Reichskammergericht, und damit war die Beschäftigung des Fürstenrats Osnabrück mit dieser Thematik zunächst beendet. Basel und die Schweizer Eidgenossenschaft hatten zu diesem Zeitpunkt allerdings noch keine Gewißheit, daß der Artikel über ihre Exemtion tatsächlich dem

[p. LXXIX] [scan. 79]

Friedensvertrag inseriert werden würde. Erst wenige Tage nach dem 14. September 1647 erhielt Wettstein die erbetene schriftliche Zusage der kai-serlichen Gesandten, daß der vereinbarte Artikel in den Friedensvertrag aufgenommen werde, falls die immer noch ausstehende Resolution des Kai-sers bis zum Vertragsschluß nicht eintreffe. Ähnliche Erklärungen erhielt er am 29. September und 10. Oktober von den Franzosen und Schweden. Das monatelang erwartete Exemtionsdekret des Kaisers traf am 6. Novem-ber 1647 in Westfalen ein und wurde Wettstein am 7. ausgehändigt. Den dreizehn Orten der Eidgenossenschaft wird darin die geforderte Exemtion bewilligt, indem bestätigt wird, daß sie (gemäß reichsstaatsrechtlicher Ter-minologie) ein „freier und ausgezogener Stand“ seien

Zu diesem Begriff, der die Exemtionsfreiheit oder „libertas ab Imperio“ bezeichnet, s. Dickmann, 438; zu den ksl., frz. und schwed. Erklärungen über die Aufnahme des Art.s in den Friedensvertrag, zum Dekret des Ks.s und den weiteren Verhandlungen s. Viehl, 202–205, 242–247; Ruppert, 307–310; Stadler, 69f; [Nr. 140 Anm. 10] .
. Das Dekret war auf den 16. Mai 1647 zurückdatiert. An diesem Tag hatte der Reichshofrat sein Gutachten über das Exemtionsgesuch abgegeben. Die Datierung lag damit vor der Auslieferung des französischen Vertragsentwurfs mit seiner (andersartigen) Fassung des Artikels, wie der Kaiser in seinem Begleitschrei-ben an seine Gesandten erläuterte. Auf das Reichsgutachten, über das am 5. und 23. Februar 1647 im Fürstenrat Osnabrück beraten worden war, wird nicht Bezug genommen. In ihm war, wie oben gezeigt, nur von der Stadt Basel und der Exemtion aufgrund eines mittelalterlichen Privilegs die Rede gewesen, und doch war es einem Teil der Reichsstände, an ihrer Spitze Thumbshirn, bereits höchst bedenklich erschienen. Indem Wettstein die Unterstützung Schwedens und vor allem Frankreichs erhalten hatte, war es ihm gelungen, ein viel weitergehendes Dekret zu erlangen.

c. Französische Territorialsatisfaktion

Der Fürstenrat Osnabrück nahm sich, wie die anderen (Teil-)Kurien, der drei Fragen an, die nach Auslieferung des französischen Vertragsentwurfs vom 20. Juli 1647 ( FEIPM1 1647 VII 20, ohne Nennung des Papstes und mit kirchenrechtlich bedenklichen Klauseln bzw. FEIPM2 1647 VII 20, mit Nennung des Papstes und ohne kirchenrechtlich bedenkliche Klauseln) zwischen Kaiserlichen und Franzosen kontrovers waren. Die erste Sitzung des Fürstenrats Osnabrück, die diesem Thema gewidmet war, wurde am 17. August 1647 abgehalten, nachdem das Kurmainzer Reichsdirektorium erst am Vorabend und nur mündlich die Proposition mitgeteilt hatte. Dieses Verfahren mag gewählt worden sein, weil nur zwei Punkte von den kaiserlichen Gesandten für die Proposition vorgesehen waren : erstens die von ihnen seit Beginn des

[p. LXXX] [scan. 80]

Friedenskongresses geforderte und von den Franzosen abgelehnte Zulas-sung des Herzogs von Lothringen; zweitens die Frage der reichsständischen Lehen der an Frankreich zu zedierenden Hochstifte Metz, Toul und Ver-dun

Der frz. Vertragsentwurf sprach von den „Diözesen“ Metz, Toul und Verdun (s. [Nr. 138 Anm. 5] ).
. Der dritte Punkt beruhte auf einem Gesuch der Dekapolis und besonders Colmars, die Reichskurien möchten sich für die Erhaltung ihrer Reichsunmittelbarkeit einsetzen, die sie bedroht sahen, falls Kaiser, Reich und das Haus Habsburg, wie im französischen Vertragsentwurf vorge-sehen, die Reichslandvogtei Hagenau über die Dekapolis an Frankreich abtraten . Sie argwöhnten mit Recht, daß die Kaiserlichen sich nicht allzu nachdrücklich für ihre Belange einsetzen würden. Gegen ein solches Enga-gement sprach, wie Nassau und Volmar am 1. Oktober 1647 dem Kaiser erläuterten, daß ein Teil dieser Reichsstädte erst den Schweden und dann den Franzosen thür und thor aufgethan

APW II A 6 Nr. 241, dritter Absatz.
. Vor allem wollten die Kaiserli-chen verhindern, daß das Haus Österreich den Franzosen statt der gefor-derten Landvogtei etwas anderes zedieren müsse. Es war also nicht im Sinne der Kaiserlichen, daß Kurmainz eigenmächtig das Hilfeersuchen der Dekapolis in den Reichskurien proponieren ließ. Im Fürstenrat Osnabrück vertrat am 17. August 1647 niemand den kaiserlichen Standpunkt in dieser Frage. Österreich war nach der Abreise Richtersbergers

S. Anm. 41.
nicht mehr ver-treten, Bayern fehlte, und Salzburg schloß sich der Mehrheit an. So kam es in allen drei Fragen zu einhelliger Beschlußfassung: Erstens sollte der Her-zog von Lothringen, sofern er (für einige kleine Teile seines Territoriums) Reichsstand war, in den Frieden eingeschlossen werden. Zweitens sollten jene Reichsstände (unter ihnen Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Veldenz

S. Nr. 142 bei Anm. 54.
und einige gräfliche Häuser), die Lehen von Metz, Toul und Verdun innehatten, bei deren Zession an Frankreich ihren immediaten Status nicht verlieren. Den französischen Gesandten sollten die Rechtsverhältnisse erläutert wer-den; dann würden sie von selbst von ihren anders lautenden Forderungen ablassen. Drittens sollte sich eine Reichsdeputation bei den Franzosen für die Dekapolis verwenden

S. Nr. 138, Ende des Protokolls.
.
Das Beratungsergebnis ging an das Kurmainzer Reichsdirektorium, das aufgrund der Beschlüsse aller (Teil-)Kurien ein Reichsgutachten entwarf, das den (Teil-)Kurien vorgelegt wurde. Bei der Beratung im Fürstenrat

[p. LXXXI] [scan. 81]

Osnabrück am 18. September 1647

S. Nr. 138.
stellte sich heraus, daß der Entwurf bei ähnlicher Zusammensetzung dieser (Teil-)Kurie wie am 17. August einhellig abgelehnt wurde. Es fanden sich nämlich eine ganze Reihe von Abweichungen vom eigenen Beratungsergebnis, außerdem Punkte, die im Fürstenrat Osnabrück gar nicht vorgekommen waren. So fehlte bei Punkt 1 die Einschränkung, daß der Herzog von Lothringen nur insoweit in den Frieden eingeschlossen werden solle, als er (für wenig bedeutende Teile sei-nes Territoriums) Reichsstand war, ferner die zweite Einschränkung, daß seinetwegen der Friede nicht aufgehalten werden solle; beides stand in der Correlation des Fürstenrats als einem Teil der Reichsbedenken vom April 1646, auf das der Fürstenrat Osnabrück in seinem Beschluß vom 17. August 1647 Bezug genommen hatte

S. [Nr. 138 Anm. 17] und 51 sowie 142 Anm. 7.
. Auch wurde ein Vergleich zwischen dem Herzog von Lothringen und dem Württemberger Herzog gezogen, der von Eberhard III. von Württemberg als Beleidigung empfunden werden mußte . Bei Punkt 3 fanden sich Erwägungen für den Fall, daß Frank-reich bei seiner Forderung hinsichtlich der Dekapolis bleiben werde . Der Unmut über das Kurmainzer Reichsdirektorium war allgemein und gipfelte in Erläuterungen Braunschweig-Celles, daß dieses keine potestas dictatoria habe

S. Nr. 142 bei Anm. 46.
. Alle Votanten forderten, daß die seit geraumer Zeit unterbliebenen Re- und Correlationen wiederaufgenommen werden soll-ten, um ein derartiges Vorgehen des Reichsdirektoriums künftig zu unter-binden. Tatsächlich war im Editionszeitraum nur bei der Beratung über die Pfälzische Sache eine regelrechte, zeitaufwendige Re- und Correlation in beiden Kongreßstädten vorgenommen worden

S. Nr. 131 (Protokoll des Osnabrücker Verfahrens).
. Das Salzburgische Fürstenratsdirektorium stellte die Änderungswünsche in einem eigenen Schriftsatz

Extract deren in den abgelegten votis beschehenen erinnerungen (s. Nr. 142, Ende des Protokolls).
zusammen, den es mit dem Beschluß vom 18. September 1647 an das Kurmainzer Reichsdirektorium weiterreichte. Die Kurmain-zer arbeiteten den größten Teil dieser Änderungswünsche ein, scheinen dann aber gezögert zu haben, das ausgefertigte, auf den 25. September 1647 datierte Gutachten bestimmungsgemäß den kaiserlichen Gesandten durch Deputierte übergeben zu lassen. Dies geschah nämlich erst am 28. September, nachdem die Kaiserlichen das erbetene Gutachten angefordert

[p. LXXXII] [scan. 82]

hatten

S. [Nr. 142 Anm. 3] und 66.
. Dieses nahm sich der Immediatstände an, und zwar sowohl der elsässischen Reichsstädte als auch jener Reichsunmittelbaren, die durch die Zession von Metz, Toul und Verdun an Frankreich betroffen waren. Für die Franzosen war es daher „schlicht ärgerlich“

Tischer, 289. Das Kurmainzer Reichsdirektorium hatte eine Formulierung, die nach Thumbshirns Meinung hart klang, nicht gestrichen (s. [Nr. 142 Anm. 18] ). Zweifellos hat sie zu dem negativen Urteil der Franzosen beigetragen.
. Auch die Kaiserlichen haben zumindest das reichsständische Engagement für die Dekapolis nicht begrüßt

S. oben bei Anm. 98.
. Beide einigten sich über die reichsständischen Bedenken hin-weg am 11./14. November 1647 in einem Vorvertrag, der wesentlich auf die im September 1646 vereinbarten Satisfaktionsartikel zurückgriff

Tischer, 290.
.

d. Hessen-kasselsche Satisfaktionsforderungen und Marburger Erbfolgestreit

Am 7. Mai 1646 und damit in der ersten Sitzung, die im vorliegenden Band dokumentiert ist, wurde der Fürstenrat Osnabrück mit den hessen-kasselschen Satisfaktionsforderungen konfrontiert: Die Landgräfin hatte ihre (schon am 7. Januar 1646 zusammen mit der schwedischen Replik vorgelegten) Forderungen spezifiziert und, wie sich herausstellte, stark erweitert, da sie eine umfangreiche territoriale Satisfaktion auf Kosten geistlicher Reichsstände verlangte . Der Fürstenrat Osnabrück wieder-holte mehrheitlich den früheren Beschluß vom 14. März 1646, nach dem die Kaiserlichen die Verhandlungen über die hessen-kasselschen Forderun-gen mit Zuziehung der Betroffenen führen sollten. Nur Österreich und Bayern hatten dafür plädiert, die Forderungen der Landgräfin als unbe-rechtigt zurückzuweisen. Bayern hatte auf die kaiserliche Duplik vom 1. Mai 1646 verwiesen, in der zu lesen stand, daß man Hessen-Kassel wegen seiner Kriegskosten und Kriegsschäden nichts schuldig sei . Sach-sen-Lauenburg hatte hingegen zu bedenken gegeben, daß die von Öster-reich angeführten Gründe gegen eine Anerkennung der hessen-kasselschen Forderungen zwar erheblich seien, es aber nun darum gehe, die Friedens-verhandlungen voranzutreiben, so daß verhandelt werden müsse

S. Nr. 122, erste Umfrage. Zum Beschluß des FRO von 1646 III 14 s. ebenda, Anm. 17.
. So war es in der Tat; denn Hessen-Kassel hatte die Unterstützung Schwedens und Frankreichs, wobei Frankreich allerdings die Forderung nach Kir-

[p. LXXXIII] [scan. 83]

chengut ablehnte

Bettenhäuser, 73.
. Auch Trauttmansdorff sah, daß man mit der strikten Ablehnung der landgräflichen Forderungen nicht weiterkam, und begann, Hessen-Kassel sowohl in der Entschädigungsfrage als auch in dem Streit um die Marburger Erbfolge vorsichtig entgegenzukommen. Im Februar 1647 machte er ein erstes Angebot für die Restitution der von Hessen-Kas-sel besetzten Gebiete und schlug in der Marburger Erbfolgefrage einen Vergleich vor, obgleich er betonte, daß die Rechtslage im Erbfolgestreit eindeutig für Hessen-Darmstadt spreche

Ruppert, 286; Bettenhäuser, 71 (dort auch zu den Einzelheiten des ksl. Vorschlags zum Vergleich in der Marburger Erbschaftsfrage).
. In dem vorgeschlagenen Ver-gleich war unter anderem vorgesehen, daß Hessen-Darmstadt ein Gebiet mit einem jährlichen Ertragswert von 20 000 fl. an Hessen-Kassel abtre-ten sollte. Schweden und Hessen-Kassel lehnten diesen Vorschlag zwar ab, reduzierten aber ihre Forderungen. Sie schlugen vor, daß Hessen-Darm-stadt zwei Teile der Marburger Erbschaft erhalten solle und Hessen-Kas-sel einen; der vierte Teil (mit Amt und Stadt Marburg) sollte auf eine bestimmte Weise unter beiden aufgeteilt werden

Zu den Einzelheiten s. Bettenhäuser, 71f.
. Hessen-Darmstadt lenkte nun insofern ein, als es bereit war, gegen eine Entschädigung durch das Reich bestimmte Herrschaften und Ämter an Hessen-Kassel abzutre-ten

Eventualerklärung Hessen-Darmstadts, s. d. (= Beilage C zum Memorial Hessen-Darm-stadts an die Reichskurien, diktiert 1647 IV 15, s. [Nr. 133 Anm. 3] ).
. Nachdem es das Angebot dessen, was es abzutreten bereit war, noch ein wenig erweitert hatte, wandte es sich am 11. April 1647 an die Kaiser-lichen mit der Bitte, sie möchten ein Reichsgutachten über den Marburger Erbfolgestreit anfordern und mäßigend auf die Gesandten Hessen-Kassels einwirken. Dementsprechend kam das hessen-darmstädtische Memorial in dieser Sache mitsamt einer Reihe von Beilagen ebenso wie eine hessen-kas-selsche Gegenvorstellung am 29. April 1647 in Münster und am 3. Mai 1647 in Osnabrück in die Reichskurien

Die Beratung des FRO ist dokumentiert in Nr. 133.
. Das Ergebnis der Beratung kann Hes-sen-Darmstadt nicht befriedigt haben, denn die Gesandten in Münster und Osnabrück waren sich darin einig, daß Kaiserliche, Franzosen und Schwe-den sich weiterhin um einen gütlichen Vergleich bemühen sollten (wie sie es bisher schon vergeblich getan hatten). Ebenso war man darin einig, daß die von Hessen-Darmstadt geforderte, durch das Reich aufzubringende Entschädigung abzulehnen sei. Es wurde auch noch einmal erwähnt, daß es sich eigentlich um einen „Partikularstreit“ handle

S. das Votum Salzburgs in Nr. 133 und dazu [Nr. 129 Anm. 88] .
. Da aber Schweden

[p. LXXXIV] [scan. 84]

und Frankreich nicht nachließen, Hessen-Kassel zu unterstützen, mußte der Friedenskongreß sich der Sache annehmen. Es gelang jedoch nicht, den Erbfolgestreit vor der Abreise Trauttmansdorffs beizulegen, obwohl die Verhandlungen weitergeführt wurden und sich auch die nun in Münster versammelten Reichsstände der Sache erneut annahmen

Die Kurien tagten am 3. und 10. Juli 1647 (unter Beteiligung der sonst in Osnabrück votierenden Rst. ), s. Nr. 137 bei Anm. 7 und 8.
. Es gelang über-haupt nicht, auf dem bisherigen Weg zu einem Ergebnis zu kommen. Die Kaiserlichen verwiesen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt schließlich im Juli 1647 auf den Weg direkter Verhandlungen. Es dauerte noch Monate, bis schließlich, im April 1648, in Kassel eine Einigung zustande kam, durch die der Erbstreit im wesentlichen zugunsten Hessen-Kassels entschieden wurde

Dickmann, 466f; Ruppert, 295.
. Auch über die Satisfaktionsforderungen Hessen-Kassels wurde erst 1648 entschieden.

e. In eigener Sache: reichsständische Rechte

Ein Beratungsgegenstand, der die Reichsstände einerseits direkt betraf, andererseits aber nicht zu den wirklich umstrittenen Themen des Frie-denskongresses gehörte, waren die Rechte der Reichsstände. Am 10. Mai 1647, während einer Phase intensiver kaiserlich-schwedischer Verhandlun-gen, beriet der Fürstenrat Osnabrück über die kaiserlichen und schwedi-schen Textvorschläge für die später in Artikel VIII IPO fixierten Rechte

S. Nr. 134. Über den Stellenwert der allgemeinen politischen Rechte der Rst. innerhalb der Verhandlungsgegenständen des WFKs. Repgen, Hauptprobleme, 410ff.
. Die Kaiserlichen hatten einer Reichsdeputation am 1. Mai 1647 drei ent-sprechende Schriftsätze mit der Aufforderung ausgehändigt, darüber ein Gutachten zu verfassen. Sie und auch die Schweden wollten erst dann weiterverhandeln, wenn das reichsständische Gutachten vorlag

S. [Nr. 134 Anm. 4] und S. 242 das Votum Anhalts.
. Bereits am 29. April 1647 hatten die Schweden dem Corpus Evangelicorum ihren Textentwurf ausgehändigt und um baldige Stellungnahme gebeten. Die Evangelischen hatten diese aber nicht abgegeben, sondern am selben Tag lediglich beschlossen, die Schweden um Fortsetzung ihrer Verhandlungen mit den Kaiserlichen sowie darum zu bitten, daß über die Punkte, über die sie keine Einigung erzielen könnten, in den Reichskurien beraten werden sollte. Seit sie den Schweden dies am 30. April mitgeteilt hatten, waren sie ohne offizielle Nachricht über die kaiserlich-schwedischen Verhand-

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lungsfortschritte . In Münster hatten Kurfürstenrat und (Teil-)Fürstenrat bereits am 6. Mai beraten, der Städterat Münster seine Beratungen aber an diesem Tag noch nicht abschließen können. Auch der Städterat Osnabrück beriet noch am 21. Mai 1647 über die Sache . Referiert wurden die Bera-tungsergebnisse aus Münster im Osnabrücker Fürstenrat nicht. Nur der österreichische Gesandte Richtersberger, der das Direktorium führte, gab am 10. Mai 1647 an, daß er bereits in Münster votiert habe, und zwar in dem Sinne, daß es bei dem Textentwurf der Kaiserlichen bleiben solle. So votierten auch Bayern und Freising, dieses aber nur, weil es keine Spe-zialinstruktion hatte und sich in solchen Fällen immer Bayern anschließen sollte. Salzburg war zu einigen Punkten nicht instruiert, nahm zu ande-ren Stellung und schloß sich jedenfalls nicht Österreich und Bayern an. Würzburg blieb bei seinen Ausführungen größtenteils im Allgemeinen und gab der Hoffnung Ausdruck, daß sich Kaiserliche und Schweden über die Unterschiede in ihren beiden Textvorschlägen zur Zufriedenheit der Reichsstände verständigen würden. Von den Evangelischen ging nur Sach-sen-Altenburg, das in dieser Sitzung (in Abwesenheit Magdeburgs) das erste evangelische Votum führte, die Schriftsätze Punkt für Punkt durch, wobei es teils an dem kaiserlichen Textentwurf, teils aber auch an dem ausführlicheren der Schweden, der eine Reihe thematisch nicht zugehöriger Punkte enthielt, Kritik übte

Ein bemerkenswertes Detail: Thumbshirn wollte (in Kritik an dem schwed. Textentwurf), daß die Rst. in ihrer Freiheit (libertate) und nicht in ihren Freiheiten (libertatibus) bestätigt würden (s. S. 228 Z. 18f), wie es später in Art. VIII,1 IPO = § 62 IPM auch geschah.
. Eine Reihe von Reichsständen schloß sich dem mehr oder weniger an. Das Votum Braunschweig-Celles brachte den Umschwung: Langenbeck machte darauf aufmerksam, daß Kaiserliche und Schweden gerade zur selben Zeit miteinander verhandelten. Man solle doch ihr Verhandlungsergebnis abwarten. Bis dahin suspendierte er, ebenso wie die meisten folgenden Votanten, sein Votum. Heher erinnerte (für Anhalt votierend) zwar daran, daß die Kaiserlichen die Stellungnahme der Reichsstände erwarteten; Thumbshirn sekundierte (in seinem Henne-berger Votum), doch die Mehrheit stimmte Braunschweig-Celle zu und wollte das Resultat der kaiserlich-schwedischen Konferenz abwarten. Bei dieser Zusammenkunft ging es allerdings um ganz andere Themen, wie eine Deputation des Corpus Evangelicorum spätestens am Nachmittag erfuhr . Dennoch hat der Fürstenrat Osnabrück darauf verzichtet, in einer weiteren Sitzung jenen, die ihr Votum suspendiert hatten, Gelegen-

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heit zur Stellungnahme zu geben. Offensichtlich zog die Mehrheit vor, Kaiserlichen und Schweden die Verhandlungen zu überlassen. Exponen-ten dieser Mehrheit waren die Gesandten Braunschweig-Lüneburgs (hier also einmal uneins mit den fürstlich Sächsischen), aber auch Würzburg tendierte in diese Richtung, die sich behauptete. Es hat jedenfalls im Editi-onszeitraum im Fürstenrat Osnabrück keine Beratung über die Rechte der Reichsstände mehr gegeben.

3. Weitere Beratungsthemen

a. Die Versorgungsansprüche Markgraf Christian Wilhelms von Brandenburg

Markgraf Christian Wilhelm von Brandenburg, ehemaliger Administrator des Erzstifts Magdeburg, hatte 1632 im Vertrauen auf kaiserliche Gnade und die Sicherstellung eines standesgemäßen Lebens auf das Erzstift ver-zichtet

S. [Nr. 122 Anm. 39] ; nur Mgf. Christian von Brandenburg-Kulmbach unterstützte seinen Neffen (s. ebenda, Anm. 37).
. Im Prager Frieden wurde geregelt, daß das Erzstift Magde-burg bzw. sein Administrator, Herzog August von Sachsen, für seine Ver-sorgung aufkommen sollte. Da Herzog August bislang überhaupt nichts gezahlt hatte und Christian Wilhelm auch sonst keine Möglichkeit gefun-den hatte, sich angemessene Einkünfte zu sichern, setzte er seine Hoffnung auf die Verhandlungen des Friedenskongresses, schickte im November 1645 einen eigenen Gesandten nach Westfalen und bat die dortigen Diploma-ten zudem schriftlich um Vermittlung, daß er statt der ihm zustehenden, aber nicht gezahlten Gelder einige Magdeburger Ämter zum Nießbrauch erhalte

S. [Nr. 122 Anm. 3] und 33.
. Die (Teil-)Kurien in Münster berieten bereits am 10. April 1646 über das Anliegen des Markgrafen. Auch setzte das Kurmainzer Reichs-direktorium deren Beschluß gemäß schon Entwürfe für Schreiben an den Kaiser, den Kurfürsten von Sachsen (und damit den Vater des zahlungsun-willigen Administrators August) und an diesen selbst auf, die ebenso wie die Bittschreiben des Markgrafen am 7. Mai 1646 im Fürstenrat Osnabrück zur Abstimmung kamen

S. Nr. 122 Punkt II: Wegen des Unterhaltsanspruchs Mgf. Christian Wilhelms kam es zu zwei Umfragen.
. Das Österreichische Fürstenratsdirektorium unterstützte das Anliegen Christian Wilhelms, indem es gleich bei der Pro-position ankündigte, daß das rechtmäßige Anliegen des Markgrafen im Friedensvertrag verankert werden solle. Immerhin hatte der erzstiftisch

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magdeburgische Gesandte noch Gelegenheit, den Standpunkt des Admi-nistrators August von Sachsen im Fürstenrat wenigstens kurz zu streifen, bevor er als Betroffener die Sitzung verlassen mußte . Herzog August war auf Verlangen des Kaisers im Prager Frieden verpflichtet worden, Markgraf Christian für seinen Unterhalt eine bestimmte Summe aus den Einkünften des Erzstifts zu zahlen, und hatte diese Verpflichtung niemals als rechtmäßig anerkannt. Er führte zu seiner Rechtfertigung an, daß er im Prager Frieden auch verpflichtet worden sei, vier Ämter an Kursachsen abzutreten, während seine Einkünfte kriegsbedingt so niedrig seien, daß er nicht genug für seinen eigenen Unterhalt habe, geschweige denn für den früheren, rechtmäßig abgesetzten Administrator aufkommen könne . Letztlich stimmten die Osnabrücker aber den Beschlüssen aus Münster wie auch den Entwürfen des Reichsdirektoriums zu, die gleichermaßen im Sinne Markgraf Christian Wilhelms abgefaßt waren: Kaiser und Kurfürst von Sachsen sollten den Administrator Herzog August anhalten, seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Markgrafen nachzukommen, und der Administrator wurde angewiesen, entweder die Gelder zu zahlen oder ersatzweise dem Markgrafen (wie von diesem vorgeschlagen) einige Ämter und Herrschaften einzuräumen. Angesichts der straffen direktoria-len Führung durch Richtersberger konnten die Osnabrücker nicht einmal alle Änderungswünsche in den Kurmainzer Entwürfen durchsetzen . Eine weitere Beratung über die Sache hat es im Editionszeitraum nicht gegeben. Tatsächlich ist der Unterhaltsanspruch des Markgrafen später im Friedensvertrag verankert worden (vgl. Art. XIV,1–3 IPO ← § 30 IPM).

b. Die Herrschaft Boxtel in Brabant

Die Frage der strittigen Reichsunmittelbarkeit der Herrschaft Boxtel in Brabant, die den Fürstenrat Osnabrück am 27. Mai 1647 beschäftigte

S. Nr. 135. Der FRM beschäftigte sich am 27. Juni 1647 (unter Beteiligung der sonst in Osnabrück votierenden Rst. mit der Sache, indem die zuvor beschlossenen Schreiben an die Generalstaaten und den Gouverneur der Span. Ndl. verlesen und genehmigt wurden (s. Nr. 137 bei Anm. 6).
, gehörte in den Zusammenhang der spanisch-niederländischen Verhand-lungen in Münster. Die Beratung war auf Verlangen der Kaiserlichen vom Reichsdirektorium anberaumt worden und endete ohne weitere Diskussio-nen mit einem Beschluß, der den Intentionen der Kaiserlichen entsprach:

[p. LXXXVIII] [scan. 88]

Es seien Maßnahmen zu treffen, damit beim Vollzug des spanisch-nie-derländischen Friedens nichts zum Nachteil des „Reichslehens“ Boxtel geschehe. Die geringe Teilnahme an dieser Sitzung deutet darauf hin, daß die Osnabrücker Reichsstände diese Sache nicht für wesentlich hielten

Bayern ließ sich durch Salzburg vertreten; Sachsen-Lauenburg votierte auch für Meck-lenburg und Hessen-Darmstadt; von den Braunschweiger Ges. nahm nur einer an der Sitzung teil, und der Magdeburger fehlte ebenso wie die Pfälzer Ges. (s. Nr. 135). Das ergibt 24 vertretene Rst. , falls man (nach der prot. Zählung) Sachsen-Weimar, -Gotha und -Eisenach als drei Stimmen zählt. Hinzu kommt Baden-Durlach, dessen Vertretung unsicher ist. Anwesend waren aber nur neun oder zehn Ges.
.

c. Die kurbrandenburgische Besetzung Herfords

Kurbrandenburg, das durch den Provisionalvergleich mit Pfalz-Neuburg vom April 1647 in den Besitz der Grafschaft Ravensberg gekommen war und die Reichsstandschaft der Stadt Herford nicht anerkannte, hatte die Stadt, die fast vollständig von ravensbergischem Territorium umgeben war, Ende August 1647 kurzerhand besetzen lassen. Das Kurmainzer Reichsdi-rektorium befaßte auf Drängen der Stadt die Reichskurien mit der Sache, über die der Fürstenrat Osnabrück zuerst am 14. September und erneut am 23. und 30. September beriet

S. Nr. 141, 143, 144.
. Kurfürst Friedrich Wilhelm kam es sehr ungelegen, daß sich die Reichsstände der bedrängten Stadt annah-men, so daß er die (unzutreffende) Nachricht lancieren ließ, er habe schon einen Vergleich mit der Stadt geschlossen

S. in Nr. 143 den letzten Satz des Protokolls.
. Immerhin verzichtete der Kurfürst während des Friedenskongresses auf die vollständige Unterwer-fung der Stadt und besorgte das erst im September 1652 . So wenig die Reichskurien also faktisch für die Stadt getan haben

Das konzipierte Interventionsschreiben an den Kf.en wurde nicht ausgefertigt (s. [Nr. 144 Anm. 2] ).
, so sehr war Kur-brandenburg bereits dadurch beeindruckt worden, daß Kurmainz das Hil-feersuchen Herfords in den Reichskurien proponieren ließ. Letztlich haben die Reichskurien in diesem Fall also allein durch ihre Beratungen effektive Hilfe geleistet – ein Zeichen, daß ihnen unter bestimmten Voraussetzungen eine nicht unwesentliche Einflußmöglichkeit zukam.

[p. LXXXIX] [scan. 89]

4. Allgemeine Tendenzen im Verhalten des Fürstenrats Osnabrück
Aus den Voten und den Beschlüssen des Fürstenrats Osnabrück sind be-stimmte allgemeine Tendenzen ableitbar: 1. Er trat im allgemeinen dafür ein, daß die Reichsrechte gewahrt wurden. So gab er nicht die (von den Kaiserlichen, dem Österreichischen Direktorium und den Reichsständen in Münster) gewünschte Empfehlung zur Exemtion Basels

S. bei Anm. 80.
. Andererseits ging er ohne weiteres davon aus, daß Boxtel (wie der Kaiser behaup-tete) tatsächlich ein Reichslehen und daher schützenswert sei. Auch der elsässischen Reichsstädte, die in Sorge waren, zur französischen Territori-alsatisfaktion gezogen zu werden, wollte sich der Fürstenrat Osnabrück annehmen

S. bei Anm. 101.
. Bei der Besetzung Herfords durch Kurbrandenburg ging es darum, ob der reichsrechtliche Status der Stadt anerkannt wurde. Hier war es dem Kurmainzer Reichsdirektorium zu verdanken, daß die Beschwerde der Stadt in den Reichskurien behandelt wurde. Salzburg befand als erster Votant, daß die Sache nicht auf den Friedenskongreß gehöre, während Sachsen-Altenburg zwar auch der Meinung war, daß sie nicht Teil der Friedensverhandlungen sei, daß sie aber dennoch von den Reichskurien behandelt werden solle

S. Nr. 141, enrste Umfrage.
. Alle votierten sehr vorsichtig und gaben an, nicht instruiert zu sein. Wie schon gezeigt wurde, genügte es, daß über die kurbrandenburgische Besetzung der Stadt überhaupt in den Reichskurien beraten wurde, um den Kurfürsten zu beeindrucken

S. bei Anm. 141.
.
2. Der Fürstenrat Osnabrück suchte zu vermeiden, bei Konflikten zwischen einzelnen Reichsfürsten Stellung zu beziehen. Das wird vor allem bei der Beratung über den Marburger Erbfolgestreit und auch über die hessen-kasselschen Satisfaktionsforderungen deutlich. Von diesen Satisfaktions-forderungen waren mehrere (katholische) Reichsfürsten betroffen, so daß Reichsstände, welche die Berechtigung der Satisfaktionsforderung bejah-ten, gegen die Belange der Betroffenen votierten. Angesichts dieser Lage gaben die meisten an, nicht instruiert zu sein oder, wie Magdeburg, instru-iert zu sein, niemanden das seinige abzuvotiren, was am Ende der Umfrage so in den Beschluß aufgenommen wurde

S. Nr. 122, erste Umfrage. Die betroffenen Rst. sind ebenda, Anm. 2, genannt.
. Man stellte die Sache daher der dexteritet der kaiserlichen Gesandten anheim

So wörtlich Württemberg und Pommern; im Beschluß der Sache nach ebenso.
.

[p. XC] [scan. 90]

Auch mit den Auseinandersetzungen zwischen Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel um die Marburger Erbfolge wollte der Fürstenrat Osna-brück nicht gern befaßt werden. Einige Gesandte ergriffen die Gelegen-heit, wegen naher Verwandtschaft oder aus anderen Gründen das Votum zu suspendieren

Die Braunschweiger waren der nahen Verwandtschaft wegen erst gar nicht gekommen (s. Nr. 133 bei Anm. 17), Magdeburg und Sachsen-Altenburg nahmen wegen des Verwandt-schaftsverhältnisses nicht Stellung, und Sachsen-Weimar berief sich bei der Verweigerung einer Stellungnahme darauf, daß Hg. Wilhelm bereits vermittelnd tätig geworden sei (s. ebenda, bei Anm. 24).
, Pommern gab an, keinem Teil vorgreifen zu wollen, und Mecklenburg beteuerte, wie ungern man Zwist und Zwiespalt zwi-schen den beiden fürstlichen Häusern zur Kenntnis nehme. Hier lautete der Beschluß, daß Kaiserliche, Schweden und Franzosen sich um einen Vergleich bemühen möchten.

V. Die Gesandten

Die Votanten sind im Editionszeitraum großenteils dieselben wie in den vorangehenden Beratungsphasen und müssen daher nicht vorgestellt wer-den. Es sind allerdings gewisse Verschiebungen zu beobachten, was ihre Aktivität und Bedeutung innerhalb der (Teil-)Kurie betrifft. So ist neu, daß Salzburg häufiger als Österreich das Direktorium im Fürstenrat Osnabrück geführt hat: In den fünf Sitzungen des Jahres 1646 fungierte stets Richters-berger als Direktor, während Salzburg gar nicht vertreten war. In den Sitzungen vom 5. Februar bis zum 10. Mai 1647 (Nr. 127–134) alternierten Österreich und Salzburg, wenn man davon absieht, daß Richtersberger bei der Re- und Correlation am 28. März 1647 und auch in der folgen-den Sitzung am 5. April das Direktorium innehatte. Ab dem 27. Mai 1647 (Nr. 135) war Österreich gar nicht mehr vertreten

Richtersberger hatte sich nach Münster begeben und berichtete von dort zuerst am 17. Mai 1647 an den Ks., s. Österreich A III (XXXVIII) fol. 152. Vor seiner Abreise vom WFK im Juli 1647 war er (soweit seine Relationen erkennen lassen) nicht mehr in Osnabrück.
, so daß stets einer der Salzburger Gesandten das Direktorium führte. Diese werden nie mit Namen genannt; keiner von ihnen gewinnt ein eigenes Profil, was auch daran liegen mag, daß sie insgesamt wenig hervortraten, sich oft der Mehr-heit anschlossen oder angaben, nicht instruiert zu sein. Das Salzburger Direktorium als Ganzes unterschied sich indes vom Österreichischen, da es nicht so sehr wie dieses versuchte, das Beratungsergebnis zu beeinflussen

Richtersberger fiel z. B. am 7. Mai 1646 dem Magdeburger Ges. ins Wort, der den Stand-punkt des Adm. s noch schnell zu Gehör bringen wollte, bevor er die Sitzung verlassen mußte (s. Nr. 122 bei Anm. 39), und unterbrach die Votierenden in derselben Sitzung durch einen Zwischenruf (s. ebenda, dritte Umfrage, nach dem Votum Pfalz-Simmerns und -Zweibrückens). Der von ihm formulierte Beschluß dieser dritten Umfrage fiel so aus, daß etliche interlocuta fielen (s. S. 21 Z. 5). Zum Eingreifen Richtersbergers bei der Beratung über die Pfalzfrage s. oben bei Anm. 60.
.

[p. XCI] [scan. 91]

Bezeichnend ist das Lob, das der Gesandte Braunschweig-Celles, Langen-beck, dem Salzburger Direktorium spendete: Es habe neulich ein feines, wolformirtes conclusum abgefaßet

S. Nr. 142 bei Anm. 47.
im Gegensatz zum Kurmainzer Reichsdirektorium, dem der Braunschweiger im selben Zusammenhang vorgeworfen hat, potestas dictatoria zu beanspruchen.
Bei den Katholischen, die zwar stets das Direktorium hatten, aber immer deutlich in der Minderheit waren

Nur Würzburg, dessen Ges. Vorburg auch das Baseler Votum führte, nahm mit eini-ger Regelmäßigkeit teil und fehlte lediglich in Nr. 125–127. Bayern nahm zwölfmal teil (Nr. 122–124, 126–128, 130, 132–136). Außergewöhnlich groß war der Anteil der Katho-lischen in der Re- und Correlation in Nr. 131 (15 kath. von insgesamt 40 vertretenen Rst. n im FR). In Nr. 138–144 waren nur noch Salzburg (dessen Ges. Motzel auch für Freising bevollmächtigt war) sowie Würzburg (und Basel) vertreten.
, nahm erstmals Pfalz-Neuburg an den Osnabrücker Sitzungen teil. Die Gesandten Pfalzgraf Wolfgang Wil-helms wohnten sechs Sitzungen sowie der Re- und Correlation bei (Nr. 125, 128–133). Im Zentrum ihrer Aktivität stand ihr Vorbehalt der pfalz-neu-burgischen Rechte auf die Pfälzer Kur. Am 16. und 28. März 1647 legten sie ihr Votum schriftlich vor und übergaben dem Direktor am 16. März außerdem weitere Schriftsätze. Nur bei dieser Gelegenheit wird einer von ihnen (Cloet) namentlich genannt

S. 124 Z. 19f.
; im übrigen bleibt unklar, wer von den Pfalz-Neuburgern votierte und wieviele ihrer Gesandten an den Sit-zungen teilnahmen.
Bei den Evangelischen ist Sachsen-Altenburg (Thumbshirn) wichtiger ge-worden, während Magdeburg (Krull) während des Editionszeitraums an Bedeutung verloren hat. Das ist nicht nur damit zu erklären, daß Mag-deburg 1647 mehrfach fehlte, ohne sich durch einen anderen Gesandten vertreten zu lassen

Magdeburg war in den Sitzungen des Jahres 1646 immer (durch den eigenen Ges. ) vertre-ten, während Sachsen-Altenburg zwar auch immer vertreten war, aber einmal sein Votum durch Braunschweig-Celle führen ließ (s. Nr. 126). 1647 war Magdeburg zwölfmal vertre-ten, Sachsen-Altenburg sechzehnmal, davon einmal durch Anhalt (s. Nr. 128). Magdeburg war einmal versehentlich nicht zur Sitzung geladen worden ( [Nr. 134 Anm. 3] ), fehlte ein-mal wegen einer Unpäßlichkeit Krulls (s. Nr. 135, Vermerk nach dem Würzburger Votum im Protokolltext), einmal wegen einer Reise Krulls nach Minden (s. [Nr. 136 Anm. 13] ) und einmal, weil Krull die Post erledigen mußte (s. Nr. 138 bei Anm. 29). In der letzten Sitzung des Editionszeitraums (Nr. 144) waren Krull und der Sekretär Werner bereits abgereist (s. [Nr. 143 Anm. 2] ). Sachsen-Altenburg fehlte in einer Sitzung (Nr. 143), weil Thumbshirn zu Gravaminaverhandlungen in Münster weilte (s. [Nr. 144 Anm. 7] ).
, sondern auch eine Folge der Vereinbarung vom 25.

[p. XCII] [scan. 92]

Dezember 1645, nach der Magdeburg immer an vierter Stelle votierte : Nachdem eine Reihe von Reichsständen, z. B. die fürstlich Pfälzischen, infolge der Abreise mehrerer Gesandter nicht mehr vertreten waren, rückte Sachsen-Altenburg in der Votierfolge auf, Magdeburg aber nicht, so daß Sachsen-Altenburg oder (falls es fehlte) Sachsen-Weimar das erste evange-lische Votum führte

Sachsen-Altenburg führte das erste ev. und das zweite Votum insgesamt in Nr. 139–142 und 144; in Nr. 143 führte Sachsen-Weimar (in Abwesenheit Sachsen-Altenburgs) dieses Votum. In Abwesenheit Magdeburgs führte Sachsen-Altenburg in Nr. 134–136 das erste ev. und insgesamt das vierte Votum, da neben dem Direktorium Bayern und Würzburg vorher votierten. In Nr. 138 führte Sachsen-Altenburg in Abwesenheit Bayerns nach dem Salzburgischen Direktorium und vor Würzburg das zweite Votum.
. Damit wurde es gegebenenfalls zum Sprecher des Corpus Evangelicorum, was etwa in der Sitzung vom 10. Mai 1647 wahr-scheinlich der Fall war: Einzig Sachsen-Altenburg ging hier die Schriftsätze, die Beratungsvorlage waren, Punkt für Punkt durch

S. Nr. 134.
. Auch sonst trat Thumbshirn als Sachwalter des Corpus Evangelicorum auf

S. oben Anm. 66; [Nr. 136 Anm. 19] ; ferner Nr. 137 bei Anm. 11: Thumbshirn beschwerte sich (hier gemeinsam mit seinem Kollegen Carpzov) communi evangelicorum nomine darüber, daß im FRM die Osnabrücker Protokollanten nicht zugelassen worden waren. Wie weit die Zusammenarbeit von Thumbshirn und Carpzov sonst ging, ob beide ihre Voten selbständig oder gemeinsam ausgearbeitet haben, läßt sich nicht sagen.
. Bemerkens-wert ist seine Kritik am Reichsdirektorium, das z. B. ein Reichsgutachten ausgefertigt hatte, ohne zuvor in beiden Kongreßstädten eine Re- und Cor-relation zu veranstalten, oder in Münster eine Sache eher als in Osnabrück beraten ließ, wobei die dortigen (Teil-)Kurien zudem noch untereinander re- und correferiert hatten

S. z. B. Nr. 133 bei Anm. 21, Nr. 134 bei Anm. 71 und Nr. 141 bei Anm. 31.
. Auch bei diesen kritischen Stellungnahmen zu Verfahrensfragen hat Thumbshirn wahrscheinlich als Repräsentant der Evangelischen gehandelt. Als Sachsen-Altenburg einmal nicht vertreten war und Sachsen-Weimar als erster evangelischer Reichsstand votierte, kam nämlich die entsprechende Kritik von dessen Gesandten Heher

S. Nr. 143 bei Anm. 11.
.
Zweifellos gehörte Thumbshirn zu den Votanten, die in staatsrechtlichen Fragen besonders sachkundig waren

S. z. B. Nr. 127 bei Anm. 34 und Nr. 129 bei Anm. 81.
. Zu diesen zählte auch Sinold gen.

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Schütz (Hessen-Darmstadt), der einmal Bodin angeführt hat

S. Nr. 138 bei Anm. 44. Sinold gen. Schütz war Universitätsprofessor (s. APW III A 3/1 [Nr. 1 Anm. 16] ).
. Hingegen glänzte Vorburg (Würzburg) durch seine historischen Kenntnisse, die sich besonders in seinem langen, schriftlich vorgelegten Votum vom 16. März 1647 niedergeschlagen haben, in dem er die Frage der achten Kur und dabei die Geschichte des Kurkollegs behandelt hat

S. das Votum Würzburgs in Nr. 129. Zu Vorburgs geplanten und nur zu einem kleinen Teil realisierten Geschichtswerken s. Lehsten II, 95.
.
Lampadius ist im Editionszeitraum nicht mehr so sehr hervorgetreten, wie das insbesondere im Herbst 1645 der Fall gewesen war

S. APW III A 3/1, LXXXI.
. Da nun auch Braunschweig-Celle und -Wolfenbüttel durch eigene Gesandten vertreten waren, nahm er nicht mehr eine solch exponierte Stellung ein wie 1645, als er allein die braunschweigischen Stimmen geführt hatte. Bisweilen hat er freilich noch 1647 andere Reichsstände mitvertreten und so Stimmen kumuliert. Wahrscheinlich ist das mit Bedacht bei der wichtigen Sitzung am 16. März 1647 geschehen, als über die Pfälzische Sache bzw. über die Errichtung der achten Kur abgestimmt wurde

S. Nr. 129.
. Im weiteren Ver-lauf des Jahres ließ er sich selbst mehrfach vertreten, so am 1. Juni, am 28. August und am 14. September 1647 durch den Braunschweig-Wolfenbütte-ler Gesandten Cöler. Dieser war sein Schwiegersohn, so daß er sicherlich ganz im Sinne des Lampadius votiert hat

S. in Nr. 136 und 141 die Voten Braunschweig-Lüneburgs und Nr. 139 bei Anm. 35. Zur Verwandtschaft zwischen Lampadius und Cöler s. APW III A 3/2 [Nr. 89 Anm. 90] . – Bereits am 7. Mai 1646 hatte Lampadius, ohne genau zu wissen, was proponiert werden würde, Thumbshirn beauftragt, das sachsen-altenburgische Votum im Namen Braun-schweig-Calenbergs zu wiederholen (s. S. 7 Z. 8–12).
. Vielleicht ließ sich Lampa-dius auch deshalb gern gelegentlich vertreten, weil er nicht mehr so lei-stungsfähig war wie früher. Er starb am 10. März 1649 in Münster, nach-dem er vier Jahre und sechs Monate in Osnabrück und Münster geweilt und dort die Interessen Braunschweig-Lüneburgs vertreten hatte

Johann Ludolph Walther, 64, hat diese Zeitspanne hervorgehoben. Zum Tod des Lam-padius in Münster s. Steinwascher, 329 Anm. 382.
. Bei einem anderen Gesandten ist der Zusammenhang zwischen krankheitsbedingter Abwesenheit und nahem Tod offensichtlich: Johann Müller, der Branden-burg-Kulmbach und -Ansbach vertrat, fehlte am 23. September 1647, weil er sich unpäßlich fühlte, nahm am 30. September, als es um die Beset-zung Herfords und damit um kurbrandenburgische Belange ging, noch ein

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letztes Mal an einer Osnabrücker Fürstenratssitzung teil und verstarb am 16. Januar 1648 in Osnabrück .

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