Acta Pacis Westphalicae III A 3,5 : Die Beratungen des Fürstenrates in Osnabrück, 5. Teil: Mai - Juni 1648 / Maria-Elisabeth Brunert
I. Protokollführung und Druckvorlagen
Die Protokollführung des Fürstenrats Osnabrück änderte sich 1648 wesent-lich im Vergleich zu 1646 und 1647. Damals arbeiteten drei bis fünf Sekretäre unter Federführung des Magdeburgers Christian Werner ein gemeinsames, den übrigen evangelischen Gesandtschaften durch Diktatur mitgeteiltes Protokoll aus
Diese sehr sorgfältigen und ausführlichen Protokolle dienten in
APW III A 3/3 und 3/4 als Druckvorlage.
. Die Abreise der Magdeburger Gesandtschaft einschließlich Christian Werners im September 1647 mag ein Grund dafür gewesen sein, daß diese Form der Protokollführung
S. dazu
APW III A 3/4, Einleitung Teil B, Punkt I: Protokollführung und Druckvorlagen.
1648 nicht wie-deraufgenommen wurde, sondern die evangelischen Reichsstände auf ein gemeinsames Protokoll verzichteten, wie es auf katholischer Seite (soweit bekannt) ohnehin nie geführt wurde.
Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem evangelischen Gemeinschaftsprotokoll der vorangegangenen Jahre hat das sachsen-altenburgische Protokoll von 1648 (=
Sachsen-
Altenburg A II 2), das für Nr. 145–174 als Druckvor-lage dient. Wie beim Gemeinschaftsprotokoll wird das Bemühen deutlich, alle Voten nicht nur der Substanz nach, sondern möglichst vollständig zu erfassen; wie dort sind auch hier den Protokollen Einzelvoten, Conclusa und Verhandlungsakten beigelegt. Für die Wahl dieser Protokollüberlie-ferung als Druckvorlage spricht ferner, daß Sachsen-Altenburg 1646 und 1647 am Gemeinschaftsprotokoll beteiligt war. 1648 konnte die Sachsen-Altenburger Gesandtschaft deshalb an die früher gewonnenen Erfahrun-gen anknüpfen. Positiv ist auch zu vermerken, daß der Gesandte Carpzov die Protokolle redigiert hat und das Salzburgische Direktorium ihm ein-zelne, schriftlich eingereichte Voten oder andere Schriftsätze, die auf die Protokolle Bezug haben, mitgeteilt hat. Wie nicht anders zu erwarten, ent-halten die Protokolle dennoch mehr Irrtümer als das Gemeinschaftsproto-
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koll. Sie sind auch subjektiver, indem sie ein besonderes Interesse an Zere-moniellem bekunden, das den anderen Überlieferungen fehlt. Subjektive Bemerkungen, die Parteilichkeit verraten, wurden nach Möglichkeit durch die Angabe einer Parallelstelle aus einer anderen Überlieferung im Vari-antenapparat korrigiert. Ein Desiderat ist das bislang nicht aufgefundene, wahrscheinlich verlorene sachsen-altenburgische Gesandtschaftsdiarium, auf das im Sachsen-Altenburger Protokoll häufig verwiesen wird, weil die Gesandtschaft vor allem Berichte über Deputationen darin eingetragen hat, die im Protokoll folglich fehlen. Wenn
Sachsen-
Altenburg A II 2 dennoch bei 30 von 31 dokumentierten Fürstenrats- oder Plenarsitzungen als Druckvorlage gewählt wurde, so vor allem wegen der Vollständigkeit dieser Serie, der Vollständigkeit und Ausführlichkeit der einzelnen Sit-zungsprotokolle und der relativ geringen Zahl an Irrtümern. Die durch die Verweise auf das verschollene Diarium vorhandenen Lücken wurden entweder durch Abdruck eines entsprechenden Berichts im Variantenap-parat oder durch eine Inhaltsangabe in einer Sachanmerkung ersetzt.
Für Nr. 175 bietet
Sachsen-
Altenburg
A II 2 nur eine Notiz mit Ver-weis auf das besagte Diarium. Deshalb ist hier
Pfalz-
Neuburg
(3620) Druckvorlage, weil es in diesem Fall das qualitativ beste Protokoll ist.
Auf die Protokollführung in den Sitzungen gibt es nur einen indirekten Hinweis: Die Fürstlichen forderten bei der Re- und Correlation am 12. Mai 1648, daß sie ebenfalls, wie die Kurfürstlichen, ihre Sekretäre (zum Protokollführen) mitbringen dürften, was zugestanden wurde
. Daraus läßt sich ableiten, daß (wie 1646 und 1647) auch im Fürstenrat Gesandt-schaftssekretäre zur Protokollführung zugelassen waren
S. APW
III A 3/3, CII–CV.
. Über ihre Zahl und Arbeitsweise läßt sich nichts sagen. Da innerhalb des Editionszeitraums von sechs Wochen an 31 Tagen Sitzungen des Fürstenrats oder (bei Plenar-sitzungen) mit Beteiligung des Fürstenrats abgehalten wurden, muß die Protokollführung aus zeitlichen Gründen für jede Gesandtschaft ein Pro-blem gewesen sein. Einen Hinweis auf die Belastung des Kanzleipersonals gibt ein Vermerk, daß die Diktatur am folgenden Tag bereits um 6 Uhr morgens beginnen sollte
S. Nr. 165, letzter Satz des Protokolls.
. Sicherlich ist die dichte Folge der Verhandlun-gen und der mit ihnen verbundenen Beratungen ein Grund dafür, daß viele Gesandtschaften auf eine eigene Protokollführung verzichteten.