Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
237. Instruktion für die zu Kf. Ferdinand Deputierten der Stadt Münster Münster 1649 März 17
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Münster 1649 März 17
Reinschrift: A XIV 123a. Kein Kanzleivermerk. Die Beilagen fehlen.
Schuldenlast der Stadt; Bitte um Verwendung des Kurfürsten beim Kaiser. Erwerbung weiterer
Privilegien. Abschaffung der Licenten.
Instructio, waß bey Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln etc.,
unserm gnedigsten landtsfürsten und herrn, durch nachbenente herrn
deputirte underthenigst zu werben.
Demnach von dem gesambtem rhat dieser statt Münster ein unvermeidliche
noturfft einhelliglich ermessen worden, daß zu Ihr Churfürstlichen Durch-
laucht , unserm gnedigsten herrn, jetziger zeit eine expresse abordnung auß
mittell desselben zu thuen und zu dem endt die respective woledle, gestrenge,
edle und hochgelehrte herrn, herr Henrich Herding zu Hiltrup, älterer
bürgermeister, und Bernhard Rottendorff, medicinae doctor, rhatsverwanter,
vorgeschlagen und solche mühe auff sich zu nehmen erbetten worden, so
werden denselben nechst verrichtung gewöhnlicher und gebührlicher cu-
rialien nachfolgende puncta bestes fleisses zu beobachten sonderlich
recommendirt.
Erstlich ist denselben für sich selbst guter maßen bekant, welcher ge-
stalt hiesige statt von anfang dieses kriegs zu Ihrer Churfürstlicher Durch-
laucht alß gnedigsten landtsfürsten schuldigster devotion alles, was in ihrem
eußersten vermögen gewesen, so in nothwendiger kriegsverfassung mit
würcklicher unterhaltung nach geringem vermögen dieser statt fast starcker
mannschafft und sonsten nothwendigen munitionen alß anderen den
Kayserlichen armaden zum öfftern gethanen zustewren willig dargestrecket
und angewendet habe, maßen dieses zu mehrmaln höchstgemelter Ihr Chur-
fürstlicher Durchlaucht durch specialremonstration underthenigst zu
gemüht geführt und der lenge nach ohne verdruß kaum wiederholt werden
mag. Aldweiln aber diese statt, wie leider landtkündig, sich dadurch in
großen und schweren schuldenlast setzen müssen, warauß die nachköm-
linge auch zu besseren zeiten, zu geschweigen, da wieder verhoffen ins-
künfftig newe unruhe und empörungen wieder entstehen sollten, sich auß
aigenen kräfften und mittelen schwerlich würden erretten können, so wollen
obgedachte herrn deputirte in ihrer proposition dahin zielen, daß solches
Ihr Churfürstlicher Durchlaucht mit annöhtigen motiven und bewegnüßen
deutlich vorgetragen und benebenst gebetten werde, weiln durch diese so
kostbahre trewe nicht allein hiesige statt selbst bey des heyligen reichs
devotion erhalten, sondern noch besonders dem gantzen Römischen reich
und gemeinen weesen, fürnemblich aber diesem Westphalischen craiß und
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht übrigen landen dadurch viel gutes
geschaffet, ja auch viele ansehenliche posten hierauß und durch dieser statt
völcker hülff so recuperirt alß erhalten worden, bevorab aber diese statt
bey der wegen der friedenstractaten zu sicherheit der gesandtschafften
auffgerichteten neutralitet erhaltenen guarnisouns, so billich auß gemeinen
des gantzen reichs mittelen unterhalten werden sollen, etliche viel tausende
contribuirt, und ob zwarn auß den craißmittelen ein ansehenliches nach dem
auffgerichteten Hatzfeldischen receß vor und nach zu unterhaltung dieser
völcker assignirt und gestewret worden, dannoch die wahrheit sey, wie auch
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zum öfftern underthenigst klagendt
vorgebracht, daß obgemelter receß von den nachfolgenden generalen nicht
gehalten, sondern jederzeit dieser statt völcker viel geringer tractirt alß
die vorhandene mannschafft zu ihrem unterhalt erfordert, dan auch große
abzuge zum öfftern nicht allein geschehen, sondern auch auß ungewissen
quartieren alß dem landt zu Gülich, reich Aachen, graffschafft Schawenburg,
stifft Minden, herrschafft Battenborg und dergleichen, da nichts zu erheben
gewesen, große summen angewiesen, ja zuzeiten und etliche monaten hero
zumaln nichts assignirt worden, dannenhero hiesige statt von newen sich
in schulden vertieffen, die soldatesqua mit dem unentbährlichen unterhalt
theilß verpflegen, theilß deroselben mit vielen tausenden in restanten ver-
pflichtet pleiben müssen, daß deßwegen Ihr Churfürstliche Durchlaucht
ihro gnedigst und fürstvätterlich gefallen lassen wöllen, bey Ihr Römisch
Kayserlicher Mayestät dahin gnedigst zu intercedirn, damit auß den be-
vorstehenden satisfactionsgelderen, so verhoffentlich zu Ihr Kayserlichen
Mayestät kriegsvölcker befriedigung auß gemeinen reichsmittelen werden
bewilligt werden, dieser statt ein erkleckliche und proportionirte recompens
wiederfaren möge, angesehen von dieser statt völckern Ihr Mayestät nicht
weniger alß von anderen gedienet worden und dieser statt völcker gleich
anderen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht völckern für Kayserliche ge-
halten sein, wie auch Kayserliche dienste zu felde und in guarnisoun
geleistet haben. So werden Ihr Churfürstliche Durchlaucht hiezu verhoffent-
lich so viel ehender in gnaden verstehen und dieser bitt gnedigst stattgeben,
dweiln sie vor zween jahren herrn bürgermeistern Herding bey dessen
dahmaliger deputation zu fast gleichmeßigem intent ein gnedigstes vor-
schreiben , dessen copey zu erinnerung vorgezeiget werden kan, an Ihr
Kayserliche Mayestät auff etwan 200 000 reichsthaler gnedigst mitgetheilt
haben.
Zum anderen, weiln die herrn herrn mediatores alß der Päbstlicher nuncius
und ambassator Venetus gleichsamb ex motu proprio sich zu einiger vor-
schrifft an Ihr Kayserliche Mayestät zu erwerbung etlicher privilegien für
diese statt zu ewiger gedechtnüß dero alhie gewesener so ansehenlicher
tractaten fast der gantzen wehrten christenheit sich veranlasset und dan
vermittelst deroselben intercession einige, so Ihr Churfürstlicher Durchlaucht
oder weniger dero landtständen zu keinem nachtheil und nur etwan dieser
statt allein zu besserem auffnehmen oder commoditet gereichen (jedoch
auff jederzeit praesupponirte gnedigste bewilligung Ihr Churfürstlichen
Durchlaucht, deßwegen man auch vorhabens gewesen, wie dan jetzo
geschieht, Ihr Churfürstlichen Durchlaucht underthenigst gehorsambist
bittlich anzubringen) bey Ihr Kayserlichen Mayestät bereitz in aller under-
thenigkeit anbracht, dieselbe auch theilß, so viel dieselbe ab absoluta
Caesarea potestate dependirn, allergnedigst eingewilligt, theilß aber,
welche vermöge der güldenen bull und reichsconstitutionen oder wahl-
capitulation ohne vorwissen und belieben des höchstlöblichen churfürst-
lichen collegii nicht bewilligt werden können, auff dessen und besonders
Ihr Churfürstlicher Durchlaucht gnedigste bewilligung remittirt worden,
daß ebenmeßige die herrn deputirte diesen punct bey Ihr Churfürstlicher
Durchlaucht embsig und fleissig negotiiren wöllen, damit Ihr Churfürstliche
Durchlaucht sich in diesen puncten, deren specification ihnen absonderlich
mitgegeben, gestalt sie selbige darauß Ihr Churfürstlichen Durchlaucht zu
bedeuten, gleichfalß gnedigst resolvirn und wilfahrig ercleren möge,
maßen auff gehabten dero gnedigsten consens fürters Ihr Römisch Kayser-
liche Mayestät und in etlichen dero übrigen churfürsten respective aller-
gnedigst und gnedigste concession und bewilligung schuldigster weise
und gebührend gesuchet werden mögen.
Drittens ist den herrn deputirten des hiesigen freygerichts zustandt und
sonsten gnugsamb wissend, welchergestalt dessen belehnung auff der
letzten lehenträger absterben bey Ihr Churfürstlichen Durchlaucht alß bi-
schoven zu Münster vor diesem durch herrn doctorn Rottendorff gesucht
worden, und zwarn deßwegen einige commission herrn cantzlern Merfeldt
ertheilt, biß dato aber dies wesen zu keiner endtschafft und richtigkeit
gebracht worden; demnach aber hieran und damit von newen vier sichere
rhatspersohnen nahmens des gantzen rhats mit diesem freygericht laut der
letzten lehenbrieff und reversaln, deren copey ihnen herrn deputirten zur
nachricht mitgeben wirdt, wiederumb belehnet werden, so wollen die herrn
deputirte auch dieses puncts halben gebührende underthenigste ansuchung
thuen.
Zum vierten wissen die herrn deputati sich auß dem instrumento pacis zu
berichten, welchergestalt alle bei diesem kriegswesen newerlich angelegte
zöll, licenten, imposten und ungelder gestracks nach ratificirtem frieden
abgeschaffet werden sollen, inmittelst aber diesem zugegen zu großem
beschwer der commercien und untertrückung der armuht, indeme die
waaren und sonderlich die essende fasten- und andere speisen, auch das
getraidt, auff einen gar hohen und unbillichen preiß dadurch gezwungen
werden, in diesem stifft gedoppelte Kayserliche und landtschaffts licenten
nicht allein continuirt, sondern noch größere exorbitantien und unord-
nungen alß vor diesem darüber verspürt werden, so haben die herrn depu-
tirte auch dieses puncts halber die notturfft zu beobachten, auff daß dem
instrumento pacis nicht allein gemeeß, sondern auch damit ja die Hessische
und Schwedische zu abschaffung der ihrigen desto besser gedrungen
werden können, alsolche licenten fürderlichst in diesem stifft abgeschaffet
werden mögen, alß werden verhoffentlich Ihr Churfürstliche Durchlaucht
hiezu desto leichtsahmer und pälder in gnaden verstehen, wan deroselben
erinnerlich zu gemüht geführt wirdt, was laut beigehenden extractus sich
dieselbe in jetztverwichenem jahr gegen dohmalige deputirte herrn syndicum
licentiatum Widenbrück und doctorn Rottendorff dieses puncts halber bereitz
dohmaln ante subscriptam nedum ratificatam pacem in gnaden erclert
haben, bevorab weiln die Hessische abgesandte sich haben sollen ver-
nehmen lassen, wan an Kayserlicher seiten die licenten abgeschaffet
würden, sie deßgleichen zu thuen willig weren.
Zum fünfften, weiln dem gantzen Römischen reich augenscheinlich ist,
daß die cronen und wiedrige parthey mit der abdanckung ihrer völcker
so sehr tergiversiren, benebenst auch unterschiedliche warnungen und
nachrichtungen einkommen, als ob die cronen und mit denselben ver-
muhtlich die Hessische die abdanckung nicht allein noch lang außzu-
strecken und auffzuziehen, sondern dieselbe vieleicht garnicht ins werck zu
bringen willens sein sollen, darunter dan keine geringe gefehrlichkeit verbor-
gen sein mögte, hetten die herrn deputirte dießfalß Ihr Churfürstlichen Durch-
laucht gnedigsten und fürstvätterlichen rhat und hülff zu suchen und in
underthenigkeit zu erbitten, damit dießfalß diese statt in guter securitet
gesetzet und von allen verborgenen feindtlichen machinationibus durch
jetziges beharrliches nohtwendiges praesidium, so ex communibus patriae
mediis zu erhalten oder sonsten bester gestalt bewahrt und conservirt
pleiben möge.
Endlich, damit diese puncta bey Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht desto
füglicher mögen erhalten werden, so wollen die herrn deputirte durch
wiedereinlieferung und underthenigste praesentation der mit vorwissen der
herrn alderleuthe ihnen mitgegebener churfürstlicher obligationen bene-
volentiam captiren, gestalt sich dieser gelegenheit die herrn deputirte nach
beiwohnender discretion und bekanter dexteritet opportune bedienen
und das tempo werden zu beobachten und sonsten dabei gehörige comple-
menten , oblationes und contestationes eines erbahren rhats, daß derselb für
dießmahl Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht durch kein anders mittel ihre
underthenigst gehorsambiste affection bezeigen könne und was sonsten
ihnen dabei dienlich zu reden vorkommen und zu gemüht gehen wirdt,
solches vorzubringen wissen und unvergessen pleiben werde, allermaßen
was auch sonst bey Ihr Churfürstlicher Durchlaucht und dero rhäten zu
dieser statt besten gereicht, geworben und negociirt werden könte in allen
vorfallenden occurrentien und gelegenheiten sich solches angelegen sein
lassen wöllen, so virtute mandati generalis die herrn deputirte ohne weit-
leuffige fernere instruction von ihnen selbst hochvernünfftig beobachten
werden, womit denselben ein glückliche hin- und zurückreise sampt
gewiriger und verlangender expedition angewündschet und sie göttlichem
schütz und schirm anbefohlen werden.
Ita conclusum in senatu, den 17. Martii anno 1649, urkhundt eines erbaren
rhats hierunter getrückten secretsiegels.
Ex mandato Bernhardus Hollandt secretarius.