Acta Pacis Westphalicae III D 1 : Stadtmünsterische Akten und Vermischtes / Helmut Lahrkamp
185. Protokoll des Stadtsekretärs Bernhard Hollandt Münster 1647 April 4
185
Münster 1647 April 4
Ausfertigung: Acta criminalia 128. Kanzleivermerk: Protocollum inspectionis occisi
corporis. N. Sage, des commendanten zu Maintz, seigneur viconte de Cournival secre-
tarii , so sich selbsten mit seinem aigenen degen durchstochen. Im capuciner closter alhie.
Druck: H. Lahrkamp , Friedenskongreß S. 262f.
Leichenschau eines französischen Selbstmörders.
Ist ex commissione senatus uff denunciation herrn patris guardiani des ent-
leibten menschen leib durch undenbenente herrn in augenschein genommen
und, alß das corpus in fratris Romani cammer ligend durch meister Bernd
Böddinck, barbirer, besichtiget, befunden, daß dem entleibten sein eigener
degen an die linckere seite gleich under der mömmen durch die kleider zum
leibe hinein, oben durch das hertz und hinder am rucken ungefehr ein gute
handt lang hinauß gesteckt.
Und berichtete der herrn capuciner koch, ein laybruder, daß, alß er diesen
morgen inter 5 et 6 auß seiner cammer kommen, den entleibten gegen sich
uber in seines mitbruders Romani cammer stehend und mit dem haupt sich
uff seine hand, an der mauren lehnend gefunden, und demselben mit diesen
Worten zugesprochen: bonus dies, bonus dies, wie gehets? Was macht man?
Der entleibter aber hette daruff gantz nichts geantwortet.
Daruff, alß er, der bruder, hinunter gangen und sich gewäschen, hette er
gesehen und gespüret, daß das bluet hauffenweiß durch den balcken hin-
unter geloffen, daruff er eilentz hinauffgangen und den menschen durch-
stoßen befunden, gleichwoll mit dem patre guardiano, den er hinzugeruffen,
noch eben den letzten ahtem ziehend gesehen.
Ferner berichtete der herr pater guardianus, Benedictus gnant, daß der ent-
leibter gestert nachmittages etliche mahl ans cloester kommen und wieder
wegkgangen, endlich aber, wiewoll ohne wissen und consens des patris
guardiani, des nachts dagepliben und bei zween brüdern geschlafen. Es
hette aber der entleibter gestert etliche mahl fast hefftig bekümmert gesagt:
ach, pater, ich will beichten, ich mueß beichten! Hette es aber nicht gethan.
Item hette sich beclagt, daß er in 6 oder 7 tag nicht geschlafen, auch in
zween tagen nichts gessen. So viel aber er, pater guardianus, vermerckt,
were der entleibter vielleicht auß einiger starcken appraehension oder me-
lancholey seiner sinnen fast beraubt oder verrückt gewesen, indeme er et-
liche mahl gleichsamb desperate gesagt: ach Gott, was soll ich thuen, ein
jeder sieht mich an und die bauren zeigen mit fingern auff mich und werden
mich doch umbbringen, auch des nachts offt in Französisch gerufen: ach
Gott, hilff mir, was soll ich machen .
Actum praesentibus dominis Dr. Forckenbecken, judice, licentiato Kemner
et licentiato Viertenhalben, richtambtsherrn, sodan Berndten Köbbings,
Edone Inckmans und Johansen Kramers, ministris scabinis testibus.
Bernardus Holland secretarius et notarius ad praemissum actum specialiter
adhibitus manu propria subscripsi.