Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
258. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Mai 13
–/ 258/–
Münster 1644 Mai 13
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 153–156’ = Druckvorlage – Konzept: ebenda
Fasz. 92 II nr. 256 fol. 348–351.
Auswechslung der Vollmachten in Osnabrück und dänische Vermittlung. Zirkularschreiben der
französischen Gesandten an die Reichsstände.
Wir haben in puncto extraditionis plenipotentiarum zu Oßnabrugg dem vene-
tianischen Botschafter am 6. Mai vorgetragen, warum die kaiserlichen Gesandten
in Osnabrück in die von den Schweden vorgeschlagene Form nicht einwilligen können .
Am 7. Mai haben wir dieses auch dem Nuntius vorgetragen auch vermörckht,
das er solche von uns beschechene communication ganz gern und wol auf-
genommen auch gleich rundt bekhent, das dises anmuethen der Schwee-
dischen ein sach were, so sie allein zu Ewer Kayserlichen Mayestät unglimpf
gegen der cron Dennemarkh suechen und practicieren thetten. Zinstags
nachmittag, den 10. diß, hat der Venetianische ambassator sich bei uns ein-
gefunden und negst vorgangener endtschuldigung, das er unsere andtwort-
liche erclärung ehender nit als erst negstverwichnen sontag an die Franzosen
gebracht hette, was sie sich darauf hinwider vernemmen lassen, angezeigt;
welches wir nit allein von ime der lenge nach angehört, sondern auch uf
dasiehenig, was die Franzosen, theils umb irer seithen mehrern glimpfs
willen, theils aber uns von unserm proposito abzuschrekhen, angezogen,
nach notdurfft repliciert und in consequentia aus disem discursu sovil wol
abnemmen khönden, das disen beeden gegenparteyen nichts mehrers zu-
wider, als das die Dennemarkische strittigkeit zu disen tractaten solte ge-
zogen und mit Eur Kayserlichen Mayestät und deß reichs sachen vereinigt
werden. Hinweis auf Beilage 1.
Und obwol der Venetianische ambassator in seinem letstern anbringen die
von denn Franzosen angezogene commination, wann Eur Kayserliche
Mayestät die Dennemarkischen streitsachen zu disen tractaten ziechen wol-
ten, das sie hingegen auch mehr andere ständt dabey anzuhenckhen ver-
uhrsacht sein wurden, allein für einen generaldiscurs angezogen, und seine
dabey angehengte specialitet nur aus seiner eignen coniectur und muet-
masßung hergeflossen sein, vermeldet, so müessen wir doch aniezt, laut
von Eur Mayestät zu Franckfurth anweesenden Österreichischen deputatis
beschechener communication, vernemmen, das dise Franzößische pleni-
potentiarii solch ire communication, der reichsständten halber, bereits vor
ainem ganzen monat, und ehe dann wir die Franzößische plenipotenz
iemalen gesechen hetten, vil weniger, ob und was darwider einzureden
sein möchte, gedencken khönnen, ins werkh gerichtet und alle chur-, fürsten
und ständt dess reichs mit einer solchen ärgerlichen, aufrüerischen und
meütmacherischen schrifft
Münster 1644 April 6. Kopie: RK , FrA Fasz. 46f fol. 21–24’; GehStReg Karton 97
Fasz. 69 Pars I – Druck: Négotiations secrètes I S. 247–250 ( lat. und franz.);
Gärtner II nr. 235 S. 632–638 ( lat.); Meiern I S. 219–222 ( = I 2,63) ( lat.); Londorp
V S. 903–905 ( dt.).
hochlöblichist erzhaus, ia auch undter sich selbst, zu verhezen underfangen
derffen. Wir müessen auch aus vilen nit geringen anzeigungen vermerken,
das bemelter Venetianischer ambassator darvon sowol als ainem gemachten
und vollstrektem als zuvor in der feder gesteckhten werkh schon ein guete
zeithero von inen, den Franzosen, selbst heimbliche nachricht gehabt habe,
dieweil er schon mehrmalen zu begebenen glegenheiten uns mit dergleichen
discursen anzuzepfen understanden und allezeit seine gemüettung dahin
außlauffen lassen, das man hierunder der Franzößischen intention sich nit
wurde widersezen mögen.
Nun befinden wir gleichwol ein hoche und unvermeidliche notdurfft sein,
das solches Franzößische beginnen mit stillschweigen nit übergangen werde
(seitemalen sie die terminos, welche von dem gsandten aus Schweeden,
dem Salvio, in außlasßung seiner an etliche – und zwar allein der Augs-
purgischen confession verwandte – reichsständt abgangnen schreiben
Hier ist wohl nicht das Schreiben an die Reichsstände, Minden 1643 November 14/24 [Druck:
Meiern I S. 44 (= I 1,32). Vgl. auch APW II C 1 S. 74 und 82] gemeint, sondern das
Schreiben an die vornehmsten evangelischen Stände vom 15. Februar 1644. Vgl. C. T. Odhner
S. 91 und APW II C 1 nr. 127, D.
braucht, weit überschritten und aniezt aus desselben eingefüerten particular-
ein ganz universalweesen, also alle catholische chur-, fürsten und stände
aufrüerisch zu machen underfangen thuend), und heten demnach darfür
gehalten, das dessentwegen bey denn beeden interpositoren so mündt-, so
schrifftlich mit wolgesezter umbstendtlicher ausfüehrung dargethan werden
solte, das die Franzößische ministri, sie thüend nun solches mit oder ohne
bevelch, Eur Kayserliche Mayestät auch allen chur-, fürsten und ständten
deß reichs, in dero Kayserlichen auctoritet, maiestet, standt und reichs-
verfasßung ganz unverantwortlicherweise greiffen, anstatt deren so lang,
offt, vil und offentlich berüembter fridensbegürde, nachdem sie dise trac-
taten mit hinderbleibung irer ankonfft neün ganzer monat ufgehalten, endt-
zwischen mit denn Hollenderen neüe ganz gefährliche kriegsverbündtnusen
aufgericht
Siehe [S. 306 Anm. 2] .
Türkischen hof selbst den bruch wider die werthe christenheit mit aus-
seckhlung stattlicher summen gelts, eingerathen, vorgeschlagen und ange-
triben und noch darzu aniezt neüerdingen, die königliche würde zu Denne-
markh zu einer neüen feindtlichen coniunctur und verbündtnus wider Ewer
Kayserliche Mayestät zu verlaiten, ein sonderbare gesandtschafft verordnet
haben, und das derentwegen hieraus heiter und clar abzunemmen seye,
das ir und der Schweeden einiger sinn, muett und gedanckhen nur dahin
gerichtet, wie sie das ganze heylige Römische reich in- und undereinander
mit uneinigkeit verwickhlen und folgendts gar zertrümmeren, auch alßdann
demselben bißher einverleibt geweste chur-, fürsten und ständt inen selbst
zum freyen raub machen und mithin das arbitrium und plenum dominium
orbis terrarum, dessen sie doch Eur Mayestät und dero hochlobliches haus
mit ungrundt beschuldigen theten, an sich reissen möchten. Wessentwegen
auch, und da sie vom gegentheil uf solchen extremis verharren wolten,
kein mitel, weiß noch weeg sein khonde noch werde, mit inen in einige
fridenshandlung einzutretten. Wir haben aber wegen der sachen erschei-
nender hocher wichtigkeit nit verantwortlich finden mögen, ohne Eur
Kayserlichen Mayestät allergenedigistes vorwissen und gemessenen bevelch
hierundter ichtwas vorzunemmen, sondern, alles bis dahin uf sich selbst
beruchen zlassen, vor das bessere erachtet, demnach allerunderthenigist
pitend, deroselben allergenedigiste resolution uns mit eheistem zuekhommen
zlassen. Inmitlst werden obligender schuldigkeit gemeß wir unvergessen
bleiben, Eur Kayserlichen Mayestät bei iungster post eingeloffenen wider-
holten bevelch vom 27. Aprilis in gehorsamister obacht zu halten. Es insi-
stiert sonst der Venetianische orator embßig mit nachfragen und erinneren,
ob Eur Mayestät allergenedigiste resolution, den Schweedischen zu Oßna-
brugg die vollmachten einzuliferen, noch nit eingelangt were. Die Franzö-
ßischen gesandten bemüchen sich auch hin und wider durch ire discursen,
den leithen einzubilden, ob würden die fridenstractaten dardurch aufge-
halten, das von Eur Kayserlichen Mayestät abgesandten zu Oßnabrugg
ire vollmachten bißhero nit heten wellen ediert werden und also den un-
glimpf disseits zu walzen, so doch bei demjenigen, so davon gegen uns
meldung thuet, also widerlegt wirdet, das sie deß gegentheils unfueg ge-
nuegsamblich daraus verspüren.