Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
319. Trauttmansdorff, Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1647 März 18
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Osnabrück 1647 März 18
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 53a fol. 75–75’, 102, praes. 1647 April 1 = Druckvorlage –
Kopie: RK FrA Fasz. 92 XI nr. 1631 fol. 511–512; KHA A 4 nr. 1628/43 unfol.; Giessen 208
nr. 198 p. 1035–1038.
Religions- und hessische Satisfaktionsverhandlungen: Fürsprache d’Avaux’; Diskussion mit den
schwedischen Gesandten über die neue kaiserliche Erklärung; kein Weiterkommen; direkte
Wendung an die protestierenden Stände.
Verschienenen freytag, den 15. dieses, haben wir unsere gegenerclehrung in
puncto gravaminum auf der Schweedischen gesandten außgehendigtes Latei-
nisch proiect
antwortet , selbige in deren gegenwarth von punct zu punct durchgangen und
bey ein und andern die ursach, warumb man sich dergestalt und anderst nit
erclehren könte, angezeigt, mit ersuchen, weiln gleichwol in solcher ercleh-
rung von Ewer Kaißerlicher Majestätt und catholischen chur-, fürsten und
stendten alles daßienig eingewilligt, waß nun immer ehren und gewißens
halber hette beschehen, auch chur-, fürsten und stendte der Augspurgischen
confession zu versicherung irer religion in iren angehörigen chur-, fürsten-
thumben , landt und leüthen in geist- und weltlichen immer verlangen
könten, daß sich die königlich Schweedischen gesandten irem wolvermöegen
nach belieben laßen wölten, denen protestirenden stendten zuzusprechen,
dhamit sich dieselbe mit selbiger erclehrung möegten vergnügen laßen und
denen catholischen stendten darüber ferners nichts zumuthen. Wiedrigenfalß
würde mans dhafür halten müeßen, daß es selbigen protestirenden stendten
so weenig alß den cronen, umb den frieden zu befordern, rechter ernst
seye.
Waß aber der Schweedischen gesandten erclehrung darüber und wie weinig
dieselbe dhahin zu bewegen gewest, daß uber sich heten nhemmen wöllen,
die protestirende stendte zu beliebung solches unsers aufsatzs waß anzumu-
then , solches geruhen Ewer Mayestätt auß beyverwahrten protocollo sub
numero 2 iro allergnädigst referiren zu laßen. Bey welcher bewandtnuß und
dha die sach gleichwol bey der friedenshandlung nuhmehr in sölchen standt
gerathen, daß die cronen auf erlangte satisfaction ferners den krieg zu
continuiren keine ursach haben, sondern aller aufhalt, daß der schluß noch
weiters in beschwehrliche verlengerung gezogen wirdt, vornhemblich von
dem puncto gravaminum herrühret, [ habe ] ich, der graff von Trautmansdorff,
gestriges tags sämbtliche protestirende stendte, soviel dern alhie sein, zu mir
erfordert und dennselben in aller unser gegenwarth solche beschaffenheit,
inhalts beyliggender proposition, numero 3, vorgehalten. Weiln aber die
protestirende solche proposition der wichtigkeit zu sein erachtet, daß diesel-
be vorhero in bedencken ziehen müesten, ehedan sich stante pede darüber
erclehren könten, alß ist inen solches zu thuen anheimbgestelt worden. Und
stehen wir in erwartung, weßen sie sich darauf werden wöllen vernhemmen
laßen, warab alßdan Ewer Mayestätt gebührende relation gehorsamst soll
erstattet werden.
1 Gravaminaartikel (Art. V IPO) – Kaiserliches Projekt (lat.), Osnabrück praes. den schwedi-
schen Gesandten 1647 März 15. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 82–93; StK FrA Ka. 11 fol.
159–189; GehStReg Rep. N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2 nr. 14 (das Projekt der protestierenden
Stände mit den Änderungen der kaiserlichen Gesandten) – Druck: RK FrA Fasz. 98e nach
fol. 725; Meiern , APW IV S. 118–128.
2 Protokoll, [Osnabrück] 1647 März 15. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 94–101 = Druckvorla-
ge ; RK FrA Fasz. 91 II fol. 427–436; RK FrA Fasz. 92 XII nr. 1726b fol. 60–68; KHA A 4
nr. 1628/43 unfol.; Giessen 208 nr. 194 p. 1010–1018, nr. 195 p. 1018–1032; Giessen 209
nr. 57 p. 408–428.
Hat ahn ir excellentz herrn obristhofmeistern conte d’Avaux begehrt, daß ich, Volmar, zu
ihm kommen möegt, sachen halben, so er mir, ehedan wir unß bey denen Schweedischen
einstellen theten, anzuzeigen hette. Und alß ich zu ime kommen, hat er sich vorderist
entschüldigt, daß er sich zwar selbst zu herrn obristhofmeistern verfüegen wöllen, weilen
er aber gestern abendts spaet vernhommen, daß wir zu denen Schweedischen gehen und
unß in puncto gravaminum erclehren würden, er auch kurtz zuvor mit inen eben in diser
materi einen starcken aufstoß gehabt, so hete er, umb ungleichen verdacht zu vermeiden,
vor dießmahl solche visita einstellen müeßen. Erzehlete darauf, daß er gestern die Heßen
Caßelische deputatos bey denen Schweedischen angetroffen, welche dan uf behaubtung
irer praetensionum nit allein wegen der Marpurgischen successionsach, sondern auch,
daß man inen den angeforderten theil des bisthumbs Paderborn und daßienige, waß sie
mehrers ahn Churmaintz, Cölln, auch den abt von Fulda praetendirt, uberlassen sölte,
verharret, dhahingegen er, conte d’Avaux, solches inen starck wiedersprochen und
remonstrirt, daß die cron Franckreich hirin nit willigen könte, sondern, wie inen bewust,
von der gantzen Frantzösischen gesandtschafft uf ein stück gelts geschloßen worden, auf
welchen terminis dan die handtlung volnführt werden müeße. Hirauf sagte ich, daß diese
praetension ia aller billigkeit zuwieder und zumaln den ietzigen tractaten in puncto
gravaminum entgegenlauffen thete. Dan wan denen uncatholischen alle geistliche güeter,
so sie anno 1624 in handen gehabt, uberlaßen werden solten, so wehre ia billig, daß auch
denen catholischen daßienig, so sie hoc anno in posseß gehabt, uberlaßen werden sölte.
Und wehr ahn sich selbst clar und offenbar, daß anno 1624 Heßen Caßel dergleichen
dem bisthumb Paderborn, Churmaintz, Cölln und abten zu Fulda zugehöriger stücken
nichts in handen gehabt. Conte d’Avaux replicirt, man hete denen Schweeden Bremen
und Verden uberlaßen, so selbige auch anno 1624 nit in besitzung gehabt. Respondi: Es
hetens aber dhomals die protestirende ingehabt, also wehren die Schweeden diesorts
successores protestantium und nit catholicorum. Ille: Dem wehr also. Doch wolt er sich
mit dieser sach nit aufhalten, sondern erzehlete darauf weiters: Alß die Caßlische
abgetretten, wehre er mit denen Schweeden in puncto gravaminum in disputation
gerathen und hete vorderist vermerckt, daß des herrn obristhofmeisters gegen dem Salvio
gebrauchtes ernsthafftes zusprechen inen nit weinig nachdenckens gemacht. Doch hette
hernach Oxenstirn vermeldt, alß er von demselben vergangnen erchtag besucht worden,
von deme vermerckt zu haben, daß er sich allein wegen der erblanden so hoch
beschwerdte und hofnung gebe, daß ubrige sich leicht würde vergleichen laßen. Er, conte
d’Avaux, hete replicirt, daß er wol wüste, die Kayserliche nit nur diesen, sondern viel
andere puncten mehr für gantz unleidentlich aufnemmen theten. Wölte mich derentwe-
gen verwahrnet haben, wan wir zu denen Schweeden kommen theten, wir solten unß in
keinem weeg zu einigem nachlaß vermercken laßen, dan sie ergrieffen sölches alsogleich
und erzeigen sich hernach desto unschleüniger. Er könte mich versichern, daß sie in
vielen puncten mehrers erhalten, alß ire instruction sie gebunden hette, indeme sie sich
dern uf dieser seithen verspührter gelindigkeit bedient. Sein disputation wehre mit inen
vornhemblich wegen des stiffts Oßnabrück gewesen, dha er dem Oxenstirn vorgeruckt,
daß er selbst zu Münster hirvon mit der gantzen Frantzösischen gesandtschafft gehandt-
let , ime aber anderer gestalt der cron Schweden satisfaction uf beede stiffter Bremen und
Verden zu suchen nit nachgeben worden, alß daß sie hingegen alle anforderung uf
Oßnabruck und Minden fallen laßen solten. Es würde auch die cron Franckreich in
vergebung des stiffts Oßnabruck nimmer consentiren noch einig temperament dhamit
admittiren. Oxenstirn hete zwar eingewendt, ja dies verstünde sich nur auf die cron
Schweeden, die begehrte auch diese stiffter nit vor sich, sondern vor andere, denen
gleichwohl auch ein contento müeste gemacht werden. Conte d’Avaux replicirt aber, die
cron Franckreich hete selbige der cron Schweeden nit darum abgeschlagen, daß die
anderen protestirenden geben werden solten, sondern würde solches viel weeniger alß
gegen der cron Schweeden nachgeben. Man hab khein ursach, dem hauß Braunschweig
einige recompens wegen seiner praetension ahn Halberstatt und Magdeburg zu verschaf-
fen , dan sie wehren weder mit Franckreich noch mit Schweden alliirt, und alß sie mit
dem Kayser anno 1643 [!] in tractatu concordiae gestanden, hete er, conte d’Avaux, sie
gewarnet und von solchem tractat abgemahnet. Sie heten aber geantwortet, wan es zu
denen universaltractaten kommen solt, werden sie daß irig pro communi libertate zu
thuen nit unterlaßen, vor dießmahl aber müesten ires eignen interesse in acht nhemmen
und sich, so guet sie könten, vergleichen. Dhaher hab man sich anietz irer desto weeniger
anzunhemmen.
Ferner hett er inen vorgehalten, daß der Frantzösische resident
Chanut (vgl. [ nr. 227 Anm. 1 ] ). Das angesprochene Schreiben wurde nicht ermittelt; vgl. jedoch
APW II C 3 S. 350 Z. 28–32.
der königin in Schweeden selbst geredt und von derselben in antwort entfangen, daß sie
der cron Franckreich zu gefallen selbige unangefochten laßen wolt, allein des Gustaf
Gustavi praetension recommendirt. Dieser hete auch in conformitet solcher resolution
ahn die Frantzösische gesandtschaft geschrieben, ime zum weenigsten uf ein viermonatli-
che contribution auß dem gantzen bisthumb, so sich etwan in 70 000 thaler belauffen
möegt, verholffen zu sein. Der Salvius het hirauf gantz still geschwiegen, Oxenstirn aber
zwar gesagt, uf solche weiß werdt kein friedt, aber dhabey sich gleichsamb uberwunden
erzeigt und nit gewüst, waß er repliciren solte. Hoffe dhaher, wan wir nur festhalten, sie,
Schweeden, werden sich ergeben.
Der Heßisch gesandter, der von Croßeck
Krosigk (vgl. [ nr. 6 Anm. 5 ] ).
wehr herr obristhoffmeister entschlossen, biß nachkommenden erchtag von hir ab nach
Münster zu reisen. Oxenstirn hete es nit gerne gehört und gesagt, dies würde nit gut sein.
Er, d’Avaux, hete es zwar wiedersprochen, aber dhabey vermeldt, wir Kaiserliche würden
unß vorderist uber die gravmina erclären und vernhemmen, waß man ahn der gegensei-
then darauf thuen wölt, und sofern nichts wilfärigs erfolgte, alßdan dörffte gedachter herr
obristhofmeister wol hinwegziehen. Oxenstirn fragte, ob er dan nit wiederkommen
würde; so d’Avaux mit ‘nein’ beantwortet und verspürt, daß Oxenstirn sich etwaß
darüber bestürtzt erzeigt. Halte also dhafür, wan die Schwedische ie uf iren extremis
beharren wölten, daß beste zu sein, daß herr obristhofmeister sich alhie nit aufhalten,
sondern nach Münster begeben thet. Die Schweedische und protestirende werden paldt
nachfolgen.
Unter wehrendem colloquio hat Oxenstirn zweymahl einen diener geschickt, mir
andeüten zu lassen, daß auch wegen der Heßen Caßlischen sach mit eingebender
erclerung in puncto gravaminum ein entliche resolution uberbracht werden sollte.
Respondi: Dieses werck sei von denen gravaminibus ein abgesondertes werck und könte
sine consensu interessatorum nit erledigt werden. Doch werde man der sachen ferners
nachdencken und sich darauf mit negsten vernhemben laßen.
Folgents habe ich ime [, d’Avaux, ] communicirt, waß wir denen Schweeden uf iren
aufsatz in ein und andern puncten ratione gravaminum für ein resolution zu geben
gedächten, so alles approbirt und ermahnet, dhabey zu pleiben.
Eodem nachmittag umb 2 uhr seindt herr graff von Lamberg, herr Crane und ich zu
denen Schweeden kommen und haben ihnen vorgehalten: Nachdem iüngst durch herrn
Salvium ein proiect, waßgestalt die bißher bestrittene gravamina gegeneinander verglie-
chen und in daß instrumentum pacis einverleibt werden solten, dem herrn obristhofmei-
ster communicirt worden, hetten wir zwar solches noch allerdings auf die vorige
postulata gestelt und noch darzu mit vielen newen clausulis erweitert befunden, daß wir
dhaher nit weinig angestanden, waß unserstheils darauf weiter gethan werden könte, in
erwegung, auß unseren vorigen unterschiedtlichen erclärungen soviel erscheine, daß ir
Kaißerliche majestätt, auch die catholischen chur-, fürsten und stendte irestheils alles
daßienig eingewilligt, waß nun immer ehren und gewißens halber hette geschehen
können und zu wiederbringung eins algemeinen friedens im Reich Teütscher nation
ersprießlich sein möegen. Nichtsdestoweiniger so haben wir zu bezeigung, daß ir
Kaißerliche maiestätt nichts anders dan die befürderung eins wahrn und aufrichtigen
friedens suchen und verlangen thue, nit unterlaßen wöllen, unß in dem uberlaßenen
proiect nochmaln zu ersehen und nach gehaltner communication mit etlich vornhemen
catholischen stendten unß eins entlichen zu ercleren. Hetten demnach solche unsere
erclehrung in gleicher formb, wie die ex parte protestantium außweisen thet, verfast, und
woh es inen nit entgegen, wölten wir selbige von punct zu puncten durchgehen, auch bey
ein und andern ursach anzeigen, warumb wir unß dergestalt und anderst nit erclären
könten. Hiebey wölten wir auch unverhalten laßen, daß wir bereits von diesem unserm
vorhaben dem herrn Frantzösischen gesandten conte d’Avaux communication gethaen,
welcher derentwegen auch sonder zweifl mit inen zu handtlen nit underlaßen würde.
Oxenstirn antwortet darauf, sie ließens inen nit entgegen sein, soviel dießmal die kürtze
der zeit leiden möegt. Es wehre sönst der vom Salvio unß communicirter aufsatz nit von
inen, sondern von denen evangelischen verfast worden, und hetten sie dhabey noch eines
und anderes zu erinnern gehabt. Demnach hab ich, Volmar, ihme ein abschrifft unserer
erclärung zugestelt und, alß bey ablesung des eingangs angezeigt worden, warumb man
denselben etwaß zu endern nötig erachtet, [ erklärt, ] daß nhemblich dieser aufsatz ein pars
instrumenti pacis sein sölte, so wir auch geschehen ließen, und aber im eingang und
schluß deßelben die partes transigentes gnugsamb vermeldt, also wehre unnötig, ahn
diesem ortt zu dergleichen specialiteten zu gehen. Hirauf hat es Oxenstirn auch seinsorts
dhabey bewenden laßen. Salvius sagte, auch gnug zu sein, wan man nur per brevem
transitionem von andern im instrumento pacis vorgehenden materien auf diese komme.
Articul 1: Wolten sie erstens die aequalitatem exactam per omnia mantenirn. Folgents
disputirte Oxenstern die wortt, „formae rei publicae“, meint, man solts außlaßen. Entlich
waren sie der meinung, daß die clausula de aequalitate gantz außgelaßen werden solt.
Respondimus per nos licere.
Bey dem articulo 2 wolten sie die wortt „utriusque religionis“ nit leiden, weil hirdurch
die reformati außgeschloßen würden. Respondimus, in instrumento pacis würde ein
besondere clausula einkommen, wie diese auch in participationem des religionfriedens
aufgenhomben sein sollen. Aber die Schweeden waren dhamit nit zufrieden. Ratione
antegravatorum bekenten sie zwar, daß die Durlachische praetension wegen Oberbaden
hieher nit gehörig, geben aber zu verstehen, daß auch selbig urtl retractirt werden müest.
Sie könten auch nit zugeben, daß die ubrige antegravati außgesetzt werden solten. Den
vorbehalt wegen der stifft Minden wolten sie gantz nit admittirn. Alß inen hingegen
replicirt, articulo 7
anno 1624 auf dieienige stiffter, woh beeder religion canonici gedüldet werden, zu iren
canonicatibus kommen, darbey ad dies vitae gelaßen werden sollen, also wehre solches ex
identitate rationis ebenmeßig dem episcopo zu vergönnen, wüsten sie zwar nichts zu
repliciren, bleiben aber nichtsdestoweiniger uf irer meinung und wolten sich weder ad
restitutionem noch ad alternationem verstehen.
Ad articulum 3 wegen außlaßung des worts „primas“, seindt sie entlich uf deme
bestanden, wan Churbrandeburg zufrieden, haben sie irestheils auch kein groß bedencken
dhabey. Alß sie dan vermerckt, daß hiebey, daß wortt „evangelicus“ allenthalben
außgemustert, zumaln die catholische alzeit vorgesetzt, hat Oxenstirn vermeldt, sie
wölten sich der humilitet und christlicher demuth befleißigen und solche verenderung der
ordtnung so hoch nit wiederfechten, aber wegen des worts „evangelisch“ wüsten sie nit,
warumb wir unß deßen beschwehren sölten. Nos: Sie thuen ihnen dhamit selbst unrecht,
sie beruffen sich iederzeit auf die bibel und geben mit diesem wort zu erkennen, daß sie
nit die gantze bibel, sondern nur ein theil, alß daß newe testament, glaubten. Item im
religionfrieden und sönst in allen reichshandtlungen wehrn diese termini gebraucht
worden, also blieben wir beym herkommen, und hete sich niemandt dhawieder zu
beschwehren. Sodan wegen des bisthumbs Oßnabruck wölten sie die restitution einmahl
nit willigen. Und alß wir replicirten, catholischentheils könte man einmahl nit dhavon
weichen, sagte Oxenstirn, er stelte es zwar dhahin, wan man es aber also setzen wölt, so
würden sie irestheils auch nit weichen, und wehre entlich eben so guet, man breche uber
diesen punct alß waß anders.
Ad articulum 5, seindt mit der clausula de executione iurium Pontificiorum non
impertienda noch nit zufrieden, sondern wöllen vom kaiser und den catholischen ein
mehrere assecuration haben.
Ad articulum 6 wegen der alternation zwischen Saltzburg und Magdeburg, haben erstens
starck urgirt, solche einzuwilligen. Alß inen aber replicirt worden, daß Magdeburg
niemaln etiam statu religionis integro catholico in possessione praecedentiae auf alternati-
vae gewesen, darumb es auch noch nit nachgeben werden könte, haben sie entlich
vermeldet, deßenthalb würde sich der friedt nit stecken.
Ad 7., beharren die admission der Lutherischen ad canonicatus ecclesiae Argentoraten-
sis .
Ad articulum 9, wöllen, daß die bona mediata ecclesiastica perpetuo denen Augsburgi-
schen confessionsverwandten bleiben und die clausula „donec controversia religionis
etc.“ außgelaßen werden solle. Wöllen die exception wegen der drey Württenbergischen
clöster Blabeüren, Reichenbach und Sankt Georgen, auch Heidenheimb nit zugeben,
sondern den hertzog völlig restituirt haben, desgleichen das ius devolutum in catholicis
beneficiis für sich haben. Ibidem wegen der pfandtschafften, erkennen zwar die unbillig-
keit , wöllen aber alle durante bello eingezogene pfandtschafften restituirt haben.
Ad articulum 10, begehrn, daß wortt „notorie“ beysetzt zu laßen.
Ad articulum 11 wegen Augspurg, seye der evangelischen religion unehrlich, vom chor
außgeschloßen zu pleiben. Sed replicatum, daß dergleichen exempla im Reich nit
obhanden. Desgleichen wöllen sie die commissiones wegen Bibrach, Dinckelspiel und
Kaufbeüren nit leiden; man werde de facto procedirn, weil bewust, wie es mit dergleichen
commissionibus herzugehen pflege. Replicatum, daß sie übl informirt; es seyen solche
commissiones nit executivae, sondern informativae, und werde darauf causa cognita
verfahren . Mit der statt Aach tringen sie auf den vergleich de anno 1612, so tempore
vicariatus et interregni gemacht worden
Vgl. den sogenannten Vikariatsrezeß vom 9. Mai (st..?) 1612, der in Aachen die prot.
Religionsübung gestattete und die Wahl des Rates ohne Beachtung der Konfession der
Kandidaten vorschrieb ( Schmitz S. 285). – Zu der Zeit seiner Vereinbarung hatte im Reich
ein Interregnum geherrscht, da Ks. Rudolf II. am 20. Januar 1612 gestorben war und Matthias
erst am 13. Juni desselben Jahres zum Ks. gewählt wurde. Das Vikariat hatten Kf. Johann
Georg I. von Sachsen (1585–1656; 1611 Kf.) und Hg. Johann II. von Pfalz-Zweibrücken
(1584–1635; 1604 Hg.) als Vormund Kf. Friedrichs V. von der Pfalz (1596–1635; 1610 Kf.)
ausgeübt ( Ritter III S. 359–375).
zu[ ge ]geben werden könte.
Ad articulos 12 et 13 seindt sie uber alle maaß übl zufrieden gewest, sönderlich waß die
Kaißerliche erblande betrifft. Sagt Oxenstirn, sie begehren der ehr nit, daß sie diesorts vor
intercessores söllen angesehen sein.
Nachfolgende articul haben sie zwar ohne weiter disputat ablesen laßen, aber entlich
gesagt, sie wölten der sach gleichwol etwaß mehrers nachgedencken und mit den
intereßirten darvon reden. Befinden iedoch, daß wir unserstheils wie lenger, ie weiter
zurückgehen theten und were uf solche weiß kein friedt zu hoffen. Wan es auch bey
diesem pleiben solt, so wüsten sie nit, waß in der sach weiters zu thuen, sondern sie
würden es Gott bevehlen und dem krieg den lauf laßen müeßen. Sie heten zwar auch
noch andere puncten mit unß zu reden, alß wegen Heßen Caßel und der Pfaltzischen
sach. Verlangten vorderist von unß ein entliche erclehrung wegen Caßelischer satisfaction
in puncto der Marpurgischen succession wie auch wegen der stiffter, mit ersuchen, wir
wölten die entweder schrifftlich oder mündtlich geben. Wegen der Pfaltzischen sach
würde fast vergebens sein, sich viel zu bemüehen, dan wan es mit denen gravaminibus zu
keiner richtigkeit komme, so seie unnötig, sich umb daß ander anzunhemben. Nos: Wir
hofften gar nit, daß sie auß unserm verlesenen proiect einig ursach zu verhinderung des
friedens anzuziehen. Wir heten ia alles dasienig eingewilligt, waß die chur-, fürsten und
stendte des Reichs Augspurgischer confession zu versicherung irer religion in iren
angehorigen churfürstenthumb, fürstenthumb, landt und leüthen in geist- und weltlichen
immer verlangen könten. Der haubtstreitt wehre anietz allein ahn deme, daß ir Kaiserli-
che majestätt, auch chur-, fürsten und stendte catholischentheils in dem irigen ein
gleiches recht erhalten möegten. Die heten respective ir landt und leüth ebensowol von
Gott und dem Reich, wehren ebensowol freye ständt alß andere und heten von iren
mitstendten weder maaß noch ordtnung anzunhemmen. Die Augspurgische confessions-
verwandte werden auß heyliger göttlicher schrifft kein bevelch finden, daß sie gewißens
halber befuegt seien, andere inen nit unterworffene ständt der religion halber anzufechten
oder, wie selbe ire unterthane tractirn sollen, maaß und ordtnung vorzuschreiben. Man
hete sich nichtsdestweeniger also erclehrt, daß sich niemandt darab mit fueg beschwehren
köndt. Wir versehen unß, sie werden die sachen beßer bedencken und denen Augsburgi-
schen confessionsverwandten, bey denen sie großes ansehen heten, beßer zusprechen. Illi
bleiben uf vorigen einwendungen, könten gewißens halber die stendt zu beliebung unsers
aufsatzs nit anmuethen. Wüsten gewiß, wan ir königin deßen berichtet wehre, daß sie
alßpaldt bevehlen würde, man solt die waaffen fortsetzen und weiter nit tractirn. Salvius
sagt, man thue die evangelische ärger alß Juden, Türck und haiden tractirn. Diesen gebe
man unterschlaiff, iene iage man zum landt auß, daß ius reformandi ratione territorii sey
ein gottlose tyranney und christlicher gewißensfreyheit zuwieder und waß dergleichen
mehr. Weil wir dan gesehen, daß nichts fruchtbarlichs mehr außzurichten, haben wir der
Heßischen sach halber gemeldt, die stündte nit in unser, sondern der intereßirten händen,
ohne deren bewilligung wir nichts richten könten. Wölten zwar nit ermanglen, mit
denselben weiter auß der sach zu communicirn, und sehen, waß darauf für ein weitere
antwortt ahn sie, die Schweedischen plenipotentiarios, zu bringen sein werde. Es sey aber
dies ein particularwerck, und hielten wir vor daß beßer, vorderist daß universal richtig zu
machen, waran allen stendten gelegen. Daß ubrig würde sich alßdan selbst schicken.
Außerhalb deßen könten wir nit sehen, waß es nutzen würde, wan man schon diese und
mehr andere particulardifferentz componiren thet. Und haben hirauf unsern abschiedt
genhommen.
3 Kaiserliche Proposition an die protestierenden Reichsstände betreffend die Gravamina,
[Osnabrück] 1647 März 17. Kopie: RK FrA Fasz. 53a fol. 76–79; GehStReg Rep. N Ka.
97 Fasz. 69 pars 2 nr. 15; KHA A 4 nr. 1628/43 unfol.; KHA A 4 nr. 1628/56 unfol.;
Giessen 208 nr. 199 p. 1038–1048; Giessen 209 nr. 58 p. 427–437 – Druck:
Praeliminaria Pacis II S. 248–252; Londorp VI S. 276–277; Meiern , APW IV S.
129–131 – Kopie einer lat. ÜS: KHA A 4 nr. 1628/43 unfol. – Konzept: GehStReg Rep.
N Ka. 97 Fasz. 69 pars 2 nr. 16.