Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
288. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1647 März 4
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Osnabrück 1647 März 4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 50b fol. 71–74’, praes. 1647 März 18 = Druckvorlage – Konzept:
TA Ka. 112 Z 6 nr. 72b unfol.
D’Avaux: Hindernisse des spanisch-französischen Vertrags; Beseitigung durch eine anderweitige
Entschädigung für Frankreich?; Aufnahme des Hg.s von Braganza in den Vertrag!; Beschwerde
gegen die kürzlich vereinbarte Heirat im Haus Habsburg; habsburgische Abtretungserklärungen
über das Elsaß; Rekommendation des Johanniterordens; Verwunderung über die letzte schwedi-
sche Stellungahme zur pfälzischen Restitution; keine Rücksicht auf die Entschädigungsansprüche
anderer Reichsstände auf Kosten der Stifter Hildesheim, Minden und Osnabrück; Interesse
Longuevilles bei der Satisfaktion Hessen-Kassels; Ultimatum Trauttmansdorffs an die Schwe-
den ?
Alß mich der Frantzösischer gesandter conte d’Avoux ahm vergangenen
freytag, den ersten diß monats Martii, besucht, hat er mit mir fast von allen
diesem fridenswerckh anhangenden vornembsten geschefften geredt und
vorderist zu penetriren gesucht, ob unnd waß er wegen der Spanischen
inclination wegen zuruckhlassung des porto Longone und Piombino (ietziger
deckhmantel der verzogerung des schlusses zwischen beeden cronen Spanien
und Franckhreich) von mir heraußbringen könte, mit vermelden, wan der
cron Franckhreich ietztgedachte beede örther verwilligt und gelassen werden
wolten, daß sie strackhs und noch heut den friden mit Spanien underschrei-
ben wolten. Wofern ihnen aber solche nicht gelassen und von denen
Spanischen ministris auf der negativa beharret werden wolte, daß alles
tractiren (welches er mit anruffung Gottes zum zeügen bethäuret) vergebens
und umbsonst sein würde. Und da gleich ihnen ein aequivalens, welches er
vermeinte, daß es etwa in Cambray
Ayr
anzunehmen oder einzugehen kein gewalt hetten, sonderen es vorhero nacher
dem königlich Frantzösischen hoff umb instruction und befelch, wie sie sich
dißorths zu verhalten, gelangen lassen muesten. Furs ander, so erinnerte er,
d’Avoux, daß auch des Breganza
nomine regis (wie er denselben nennete), wenigst sub titulo Lusitaniae
gedacht und entweder die cron Franckhreich verstattet, ohne bruch des
fridens dem Portugallo hülff zu leisten, oder das wenigst mit demselben ein
stillstandt von 8 monathen eingegangen unnd verwilligt werden möchte.
Drittens, so beschwert er sich auch uber die zwischen der königlichen
majestätt zu Hispanien und Euer Kayserlicher Mayestät princesin, der
ertzherzogin Mariana, meiner gnedigsten frawen, geschlossene und publicirte
heirath und daß durch diese des hochlöblichsten ertzhaußes vermehlungen
under sich anderen königen und potentaten alle hoffnung benommen würde.
Eß weren ia andere hohen standts princesin und wittiben gewesen, mit
welchen sich der konig vermahlen können, nicht aber mit Euer Kayserlicher
Majestätt fraw tochter alß einer princesin von 12 jahren, da er der succession
halber noch ein zeit lang zuewarthen mueste.
Ich hab ihme auf das erste geantwortet, daß die Spanische ministri weder
Porto Longone noch Piombino zuruckhlassen, viel weniger in das erwehnte
aequivalens willigen würden. Und wie ich wegen des anderen puncts, den
Breganza betreffendt, gegen denen Spanischen nicht einmahl meldüng thuen
dörffte, also stünde auch der dritte bey Ewer Kayserlicher Mayestät und des
gesambten hochlöblichsten ertzhauses freyen willen und disposition, die in
bestendiger erhaltung dieser engeren bundtnuß von keinem potentaten der
welt können verdacht werden.
Von disem ist er auff die reichssachen kommen unnd hat begert, daß ihm die
cessiones uber Elsas communicirt werden möchten, recommendirte mir
dabey des Maltheserordens interesse bey diesen tractaten
die begehrte communication der cessionum uber Elsas betreffe, hinwiderumb
zu verstehen geben, daß hieran kein mangel erscheinen würde. Es seyen aber
noch zwen starckhe haubtpuncten, nemblich die vollige vergleichung der
gravaminum und die Pfalzische sach, abzuhandlen. Waß sonsten den ritterli-
chen Maltheserorden betreffe, were darbey niemandt alß Churbrandenburg
interessirt, unnd würden wir unserstheilß, wie bißhero, also noch weiter unß
des ordens interesse bestermassen angelegen sein lassen. Obgedachter d’ A-
voux hat mir, soviel die Pfaltzische sach betreffe, zur antwort geben, daß er
derenthalben zum dritten mahl bei den Schweden gewesen unnd vermeint,
sie gewonnen zu haben. Sie hetten aber darüber die unß bereits zuegestelte
schrifftliche erklerung ubergeben, welche er nit weniger empfunden alß sich
darab verwündert hette. Wir solten repliciren und bei unser vorigen resolu-
tion und erklerung verbleiben, er wolte das seinige auch darbey thuen. Waß
aber die gravamina betreffe, da wurde unß bekandt sein, waß ein unnd
anderer von den protestirenden wegen der stiffter Hildeßheimb, Oßnabrugg
unnd Minden auffs newe suchen theten. Wegen Minden möchte es bey
demienigen bleiben, wessen man sich in puncto gravaminum zu vergleichen,
wegen Hildeßheimb unnd Oßnabrugg aber solte man durchauß nit weichen,
dan soviel er nachrichtung hette, so würde sich auch einer wegen des
gewesten inhabers des ertzstiffts Bremen, der cantzler Reinkinckh
Dr. Dietrich Reinkingk (1590–1664); Verfasser des Tractatus de regimine saeculari et
ecclesiastico (1619); 1619–1632 in hessen-darmstädtischem Dienst, 1632 Kanzler des Hgt.s
Mecklenburg-Schwerin, 1636–1648 Kanzler im Est. Bremen, 1648 Kanzler der Hgt.er
Schleswig und Holstein, 1650 Präsident des Pinneberger Oberappellationsgerichtshofs; 1647
Februar-Juli Ges. des Est.s Bremen auf dem WFK ( Lorenz S. 224–225).
und nicht weniger fur seinen herrn, den hertzog Friderichen von Hollstein,
weilen er den ertzstifft der cron Schweden lassen mueste, ein aequivalens
praetendiren.
Ich replicirte, daß es dißorths keiner ermahnung bedörffte und wuste man so
wenig denn hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg wegen der hervorge-
suchten recompens auff die stiffter Hildeßheim, Oßnabrugg unnd Minden
alß dem gewesten inhaberen des ertzstiffts Bremen ichtwaß zu willen, dan
wie die erste auch den geringsten praetext einiges rechtmessigen scheins nicht
vorbringen könten, also hette der letztere den ertzstifft umbsonst und auß
gnaden bekommen und genossen; umbsonst und umb fridens willen würde er
denselben widerumb lassen muessen.
Ich thete hiebey wegen der Hessen Casselischen satisfaction erinnerung, daß
er, conte d’Avoux, das werckh dahin vermitlen wolte, weilen es gleichwohl
ein ehrliches, waß den Hessen Casselischen angebotten worden, daß sie sich
darmit befridigen ließen. Er widerhohlte dasienige, waß er vor diesem wegen
des duc de Longueville grossen affection unnd eyffers, [ den dieser ] zu
behaubtung der landtgravin praetensionen trüge , und daß er ihme destwegen
dieses werckh auch seinesorths angelegen sein lassen mueste. Einmahl seie
man etwaß karach in der oblation gewesen, und wolte er verhoffen, man
werde es darbey nit bewenden lassen. Zum beschluß meldete er, daß es zu
befurderung obgedachter Pfaltzischer und Hessischer sach, item vergleichung
der gravaminum sehr ersprießlich sein würde, wan ich deren beschleunigung
bei denen Schwedischen sollicitiren und ihnen anzeigen ließe, daß ich
nunmehr so geraume zeit dahie gewesen und ein mehrers nicht gehandlet
worden were, ersuchte demnach sie, die Schwedische gesandten, das werckh
zu befurderen, widrigenfahls, da solches noch lenger aufgezogen werden
wolte, were ich zwar gemeint, dem werckh noch ein tag oder acht zuezuse-
hen und alßdan mich von hinnen auf Munster und von dannen nach
beschaffenheit der sachen weiter an Ewer Kayserlicher Majestät hoff zu
erheben. Ich replicirte, daß alle diese sachen nit besser befurdert werden
könten, alß wan die cron Franckhreich ihre bey den Schweden stehende
völckher zuruckhforderten und dasienige, waß sie hier zu erhaltung der
catholischen religion und befurderung des fridens mit worten contestirten,
dorten im werckh bezeugten. Ich wolte iedoch hierin seinem vorschlag
nachdenckhen.