Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
116. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 November 12
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Osnabrück 1646 November 12
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 14–16’ = Druckvorlage – Kopie: Giessen 207 nr. 372 p.
1404–1409.
Klagen über die Eigenmächtigkeit der selbsternannten protestierenden Deputierten. Diskurs
Lambergs mit de la Court über den französischen Friedenswillen und die Religionsverhandlun-
gen . Heimlichtuerei Oxenstiernas um seine Reise nach Münster.
Auf nr. 81. Soviel aber hochgedachter hertzogen schreiben anlangt, dha ist
unschwehr sowol ex contextu ipso alß auß dem stylo und andern umbständ-
ten , sönderlich aber auß dem so lang zurückgesetzten dato, zu vermercken,
daß solches schreiben alhie zu Oßnabruck muß abgefaßet, denen hertzogen
ploß ad subscribendum und alsoforth Ewer Majestätt eingeschickt sein, dan
eben selbige formales termini, so darin zu finden, werden alhie von denen
protestirenden gesandten steits im mundt geführt und immer vorgerückt. Es
ist auch auß selbigen schreiben die gefehrlichkeit zu ersehen, wie die eigenen
gewalts unterfangene deputationes mit denen deputationen, so ordentlicher-
weiß von den ständten selbst angeordtnet worden, wollen bemantlet werden.
Wieder diese von den stendten selbst beschehene deputationes wirdt nit
geclagt, sondern es haben sich die Kaiserliche gesandten derentwegen selbst,
dhamit dieselbe angeordtnet und vermitls derselben die zwischen denen
stendten schwebende mißhelligkeiten beygelegt und vergliechen werden
möegten, eifrich angenhomben. Es stehet aber das gravamen fürnhemblich in
deme, daß unter dem protestirenden stendten abgesandten etliche weinige
und darunder der Braunschweig Lüneburgischer Hannowerischentheils, der
Dr. Lampadius, gefunden worden, die sich unwißendt der ubrigen stendten
einer commission, in nahmen sämbtlicher stendte mit denen Schweedischen
gesandten in allen fürfälligkeit zu tractirn, annhemmen und under solchem
nahmen, alß wehren sie darzu von den stendten deputirt, sich steits umb die
Schweedische gesandten befinden, mit denselben uber alles communicirn,
nach dern gutbefinden alle consilia einrichten, conclusa machen und exe-
quirn . Wieder selbe selbstaufgeworffene deputatos beschwehren sich sowol
die stendte selbst, weiln sy ihren consensum nit darzu geben, alß die
Kayßerliche abgesandten, vornhemblich der ursachen halben, weiln die
handtlung durch dergleichen abseithige, mit denen Schweedischen continu-
irende communicationes von tagen zu tagen wirdt schwehrer und schwehrer
gemacht, solches verfahren auch dem iüngsten Regenspurgischen reichs-
schluß , crafft welches die zulaßung sämbtlicher stendte zu dieser algemeinen
friedenshandtlung vornhemblich dhahin angesehen gewest, umb denen Kay-
serlichen , nit aber den Schweedischen abgesandten mit rath beyzustehen und
zur handt zu gehen
hertzogen zu Braunschweig Lüneburg, wan denselben dieses wercks eigentli-
che bewandtnuß sölte vorgestelt werden, selbst daran ein mißfallen tragen
werden. Der churfürstlich Brandeburgisch gesandter, graff von Wittgenstein,
hat unß zwar hiebevor zu verstehen geben, ob würde die churfürstliche
durchlauchtt zu Brandeburg bey iren durchzug zu Wulffenbüttel sich selbst
mit denen hertzogen zu Braunschweig Lüneburg derentwegen, wie diesem
argerlichen weesen zu remediirn, besprechen. Ob aber solches beschehen,
dhavon haben wir kheine nachrichtung. Immitls werden gleichwol immer-
forth diese schädtliche deputationes continuirt und sein die fürstliche Sach-
ßen Altenburgische und Weymarische in tali qualitate, wie mich, Cran, der
fürstlich Darmbstättische gesandter Dr. Schütz iüngsthin berichtet, hinüber
nacher Münster, unangesehen denselben deswegen von den ubrigen protesti-
renden stendten kheine commission aufgetragen worden.
Wir werden die Antwort Euer Majestät an die Hg.e von Braunschweig und
Lüneburg, wie befohlen, Trauttmansdorff zuschicken und uns nach seiner Anord-
nung richten.
Weiln dan auch ich, der graff von Lamberg, von dem Frantzösischen
residenten de la Court heimbgesucht worden, alß belieben Ewer Majestätt iro
auß beyverwahrten prothocollo allergnädigst referirn zu laßen, was bey
solcher visita vorgelauffen.
Der Oxenstern nhimbt sich einer vorhabenden reiß nacher Münster ahn, wil
doch, daß niemandt von seinem aufbruch oder an waß tag er dhahin wil,
wißen soll.
[1] Protokoll, [Osnabrück] 1646 November 9. Kopie: RK FrA Fasz. 51a. fol. 17–18’ =
Druckvorlage; Giessen 207 nr. 373 p. 1409–1413; RK FrA Fasz. 91 II fol. 241–242’.
Hatt mich, den graven von Lamberg, der Frantzösischer resident de la Courte
heimbgesucht, nach abgelegten complimenten mehrentheils in dem discursu zugebracht,
daß es nötig seie, friede zu machen, weiln der Türck zu sehr herfürbreche und der
gantzen christenheit gar zu große gefahr zugezogen würde. Der hette itzo Sebenico
belägert und dörffte wol gantz Dalmatien hinwegnhemmen. Er, resident, und alle
Frantzösische ministri, unangesehen des großen glücks, so die cron Franckreich im
krieg hette, indeme einen ort nach dem andern eroberte, auch noch unlengst Piumbino
sambt dem porto Longone in Italia hinweggenhommen hette
Die frz. Armee unter Charles de La Porte marquis (später duc) de La Meilleraie (1602–1664;
1639 maréchal de France ) und César duc de Choiseul sieur du Plessis-Praslin (1598–1675;
1645 maréchal de France ) hatte am 8. und 11. Oktober 1646 Stadt und Zitadelle von
Piombino (Stadt gegenüber der Insel Elba auf dem it. Festland im gleichnamigen Ft.) und am
29. Oktober 1646 Porto Longone (Ort auf der Insel Elba, zum span. stato dei presidii
gehörig) erobert ( Chéruel II S. 293–299).
alß den frieden. Der duca d’Angien
wieder den Türcken zu kriegen. Man müße das werck also befordern, dhamit man noch
füren Januario zum Schluß komme, sönsten würden die consilia hernacher auf einrich-
tung der khünfftigen campagnia gerichtet und bey diesen tractaten weenig fruchts
geschafft werden. Waß er zu beforderung solches algemeinnützigen wercks mit würde
beytragen können, daran wölte er keine mühe noch arbeit erspahren, maßen er denen
Schwedischen steits anlige, dhamit sich in puncto satisfactionis erclehren wölten. Hette
auch noch gestern den Oxenstern deswegen angeredt und seie er, resident, willens
gewest, nacher Münster zu verreisen, weiln der Salvius schon dhahin seie, habe aber bey
dem Oxenstern noch kheine völlige resolution wegen deßen abreiß vermercken können.
Der hette auch allererst den Schweedischen secretarium Mylonium nacher Münster
abgeordtnet, und scheine, daß er deßen wiederkhombst zuvor erwarte. Derentwegen
thete er, resident, seine reiß auch noch biß dhahin, daß der Oxenstern vortreise,
suspendirn, vornhemblich der ursachen halben, dhamit er auf allen fall, wan etwoh
durch ihne noch waß nützlichs alhie gerichtet werden möegte, gegenwertig möege
gefunden werden. Es seie die cron Franckreich mit Kaiserlicher mayestätt und dem
Reich schon allerdings vergliechen; die Schweeden würden sich entlich auch bequemben
und nit allein fechten wöllen. Ich habe geantwortet, daß es wol zu verhoffen, daß sich
die Schweedische entlich würden bequemen müeßen, wan nur die cron Franckreich
denselben auf fall der nit-bequemung von einer Separation würde zu verstehen geben.
Warauf aber der resident nichts geantwortet, sondern den punctum gravaminum
berührt, mit vermelden, daß er selbigen punctum fürnhemblich auf 2 difficulte[te]n
hinauszulauffen vermercke: 1. circa res iudicatas ab anno 1624; 2. circa autonomiam in
der religion. Das erste postulatum halte er für unbillich, sönderlich daß dieienige urtheil,
so beym Kayserlichen reichshofrath oder in camera Imperiali cum causae cognitione
erörtert, wieder sölten cassirt werden. Das ander, obszwar waß schwehr falle, würde
müeßen mit einem temperamento vermittelt werden. Müste ie auch die cron Franck-
reich die Hugenotten gedülden und hette dern noch drey in ihren kriegsdiensten, den
marschal de la Tourain, den Gassion
dieselbe zu kheinen andern officiis zu hoff oder im landt gezogen würden.
Ego replicui: Es seye ein großer unterschiedt zwischen Franckreich und dem Römischen
Reich: In Franckreich seie der könig allein absolut, habe die Hugenotten under seinen
gewaldt, alle vestungen in handen. In Teutschlandt sehe man, wie die ketzerey
praevalire, und wan Ewer Mayestät nur auch in dero erblanden das exercitium
acatholicum zugeben solten, würde innerhalb 40 oder 50 jahren von der catholischen
religion in Teutschlandt nit mehr ubrig, auch die cron Franckreich für überfall der
Calvinisten nit sicher sein. Ille: Die gefahr seie ihnen genugsamb bekandt, darumb
müeße man friede machen. Ist dhamit abgeschieden.