Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
90. Volmar an Nassau Osnabrück 1648 April 23
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Osnabrück 1648 April 23
Eigh. Ausfertigung: KHA A 4 nr. 1628/24 unfol.
Unsicherheit in bezug auf die Gültigkeit von Serviens neuer Verhandlungsvollmacht; Not-
wendigkeit vorheriger Prüfung; deshalb Rat zu momentanem Zurückhalten einer Erklä-
rung . Kein Vertrauen in Serviens Versicherungen des französischen Friedenswillens; Vorteils-
nahme der Schweden und Franzosen durch eine Verzögerung der Verhandlungen.
Demnach Euer Exzellenz mein erclärung wegen der Franzosischen
newen plenipotentz uff den conte Servient
Bezug auf die frz. Vollmacht für Servien für die Verhandlung eines Universalfriedens von
1648 III 20 ( [ Beilage [1] zu Nr. 81). ]
ich hiemit gehorsamblich anfüegen sollen, daß, weil die herrn Spanischen
legati darwider nichts einwenden
Zur Meinung der span. Ges. vgl. [ Nr. 85. ]
sach hetten, unß darab zu beschweren und also gleichergestalt, wie von
ihnen beschehen, unß der acceptation vernemmen ze lassen. Seitemalen
ich aber gleichwol befinde, daß dise newe vollmacht nit auff selbstaigne
volkommenheit gestellt, sondern auff die vorgehend vom 20. Septembris
anno 1643 auff alle drey Französische plenipotentiarios außgangne voll-
macht sich beziehen thut
Die neue frz. Vollmacht ernannte Servien unter Bezugnahme auf die erste frz. Vollmacht
für Longueville, d’Avaux und Servien von 1643 IX 20 (Text, als Insert des IPM: APW III
[ B 1/1, 39 Z. 1–41 Z. 2 ] ) zum alleinigen außerordentlichen Botschafter für die Friedensver-
handlungen ( ebenda , [ 41 Z. 29–42 Z. 4). ]
darmit gesichert sein könde, weil ich mich zu erinnern, daß dieselbe in
etwas disputirt, auch folgendts nach langem disputat verbessert worden
Die Kritik der ksl. Ges. an der frz. Vollmacht hatte sich auf die fehlende Unterschrift der
Regentin Anne d’Autriche (1601–1666) als Vormund für den minderjährigen Ludwig
XIV., die Rechtfertigung des Krieges in der Einleitung und die Formulierung, daß Frk.
nur coniunctim mit den Verbündeten und Adhärenten in Friedensverhandlungen eintreten
dürfe, konzentriert. Zuletzt hatten sich die Ksl. bereit erklärt, auf die Unterschrift der Re-
gentin zu verzichten und auch mit den frz. Verbündeten im Reich zu verhandeln. Die frz.
Bevollmächtigten hatten im Gegenzug das den Ks. beleidigende Proöm gestrichen und auf
das Wort coniunctim verzichtet (vgl. Meiern I, 204 letzter Abs.; APW [ II A 1, XXIVf ] ;
APW [ II B 1, LVIIf ] ; Ruppert , 53ff, 62; Dickmann , 169).
daher sich ansehen leßt, daß die erste vollmacht von selbst cassirt, conse-
quenter die darauff beschehende relatio inutilis seye. Ich hab also meinem
schwagern, dem Gollen
Zum verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen Volmar und Goll vgl. APW [ III C 2/1, XXVI Anm. 13. ]
gen , waß dißortts vorgangen
Bezug Volmars auf entsprechende Aufzeichnungen in seinem Diarium (vgl. etwa APW III
[ C 2/1, 158 Z. 9–160 Z. 9). ]
thuen. Und hielte demnach besser zu sein, sich noch derzeit in specie
über dise newe vollmacht nichts zu erclären, biß dieses dubium erleüttert
sein würdt. Alsdann werden wir unß mit sattem grundt ze resolviren
wissen.
Daß sonst dem conte Servient so ernst zum friden sey, wie er Euer Ex-
zellenz vorgibt, will ich dan zemal glauben, wenn er den volligen friden-
schluss würdet underschriben haben, aber zuvor nit. Denn mir wol be-
wußt ist, waß er allhier vor contraria officia praestirt hatt. Und würdt
mich keiner überreden, von weß nation er immer sei, solang man dise
convent würdt beharren lassen, die Schweden und Franzosen einigen ge-
dankhen haben, friden ze machen, weil sie wol wissen, daß sie per conti-
nuationem dieser vermaledeiten tractaten mehr gewinnen, als sie immer
von einer feldtschlacht hoffen köndten. Hac enim ratione lenta nos tabe
consumunt.
Waß im ubrigen passirt, vernemmen Euer Exzellenz auß der relation ad
Caesarem .