Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker

13
Kurmainz ( Raigersperger )

31
Dr. Nikolaus Georg Ritter von Raigersperger († 1652), nach Studium in Köln und Mainz 1622
32
kurmainzischer Hofrat, von 1624–1651 Stadtschultheiß von Aschaffenburg, Reichshofrat, 1645
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kurmainzischer Kanzler. Er stand in ksl. Gunst, Volmar forderte ihn von Kf. Anselm Casimir
34
eigens zum Kongreß an (Volmar an Anselm Casimir von Mainz, Münster 1645 IX 1, Konzept,
35
RK FrA 92/VI a fol. 514’), auch mit dem Reichshofratssekretär Wilhelm von Schröder hatte
36
er enge Kontakte ( Gross S. 390ff.); „eine eingehende Würdigung“ steht noch aus ( Reinhard
37
S. 17, Mentz I S. 37, 39, II S. 265f., Walther, Beilage zu S. 38).
. Demnach man vernehmme, daß die new
14
erwöhlte königin in Pollen

38
Nach dem Tod seiner Gattin Cäcilia Renate von Österreich heiratete Kg. Wladislaw IV. von
39
Polen mittelst seiner Gesandten in Paris Luisa Maria von Gonzaga, Herzogin von Nevers, am
40
6. November 1645. Die neue Königin von Polen verließ Paris noch im gleichen Monat und reiste
41
über Brüssel, Maastricht, Köln nach Danzig ( Flassan III S. 100f., Theatr. Europ. V
42
S. 920f., 1004f.).
gemeint, hierdurch zu reißen, und dahero
15
vermuetlich der nuntius, die Kayßerliche, königliche und Venetianische
16
hier anweßende gesanden derselben entgegenfahren, sie in die statt beglaiten
17
und nach der hand die visiten geben werden, alß hetten vor eine notturfft
18
zu sein erachtet, bey gegenwertiger zusammenkunfft sich zu berathschlagen,
19
waß man sich ex parte collegii electoralis dießfals zu verhalten, ob nit
20
zu verhütung aller inconvenientien, so man besorgentlich mit dem Vene-
21
tianischen ambassadorn der praecedenz halber haben mögte, der Chur-
22
maintzischen zu Oßnabruck anweßenden gesanden gethanem vorschlag
23
nach, so den herrn gesanden gesterigs tags communicirt worden, solche
24
empfah- und visitirung gantz

26
24 einzustellen] Mit Bezug auf das Vorangehende in Kurköln zA I, spA I, Ib ver-
27
wiesen
auf DWartenberg: sub 22. huius fusius.
einzustellen oder 2º zum fall man solches
25
ebenmeßig zu verrichten vor rathsamb erachten solte,

28
396, 25–397, 1 quomodo – richten] Laut Kurköln zA I, spA I, Ib, Kurbayern K II,
29
spA I stellt Kurmainz genauer die Frage, ob collegialiter oder von jeder Einzelgesandtschaft
30
die Visite abzulegen ist.
quomodo solches ins

[p. 397] [scan. 521]


1
werck zu richten und 3º ob selbige mit dem praedicat „Maiestas“ oder
2
„Dignitas“ zu tractiren […].

3
Kurtrier . Wüsten zwar keine differentien, so man mit dem Venetianischen
4
ambassadorn haben mögte, außer daß die praecedenz zwischen der respub-
5
lica Veneta und dem churfürstlichen collegio eine zeit hero bestritten,
6
gleichwohl aber ex parte collegii yederzeit bestens behaubtet worden. Sie
7
wolten nit gern bey ermeltem Venetianischen ambassadorn einig disgusto
8
verursachen, sondern hielten zu verhütung der mit demselben der praece-
9
denz halber besorgenden differenzen die empfahung zu underlaßen, zumahln
10
die königin keine persohn, so zu den tractaten gehörig, und die curialien
11
allein zwischen dennen, so darzu verordnet, verrichtet zu werden pflegen.
12
2. Haben auch dazu keinen specialbevelch, wohl aber die nachricht, daß Ihre
13
Churfürstliche Gnaden deroselben albereit in schrifften gratulirt.

36
13–17 3º – haben] In Kurbayern K II, spA I statt dessen: Die Kurfürsten haben keine
37
Jurisdiktion dissohrts; fehlt in Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib.
3º hette
14
Ihr Gnädigster Herr dießerorths auch ratione territorii keine gerechtigkeid,
15
solte aber die königin durch Seiner Churfürstlichen Gnaden ertzstiffts
16
landen ihre reiß genohmmen haben, würden dieselbe ihre schuldigkeid
17
beobacht haben.

18
Kurköln . Hetten bis dahero von der königin in Polen hießigen ankunfft,
19
außer waß insgemein davon gered, keine eigentliche nachricht gehabt;
20
haben deswegen auch nicht um entsprechende Instruktion bitten können.

38
20–21 Weiln – vernehmmen] Laut Kurköln zA I, spA I, Ib aus dem Bericht von Gf.
39
Nassau.
Weiln sie
21
aber anietzo vernehmmen, daß dero ankunfft anhero gewiß,

40
21–23 die – laßen] Deutlicher in Kurbayern K II, spA I, Kurköln zA I, spA I, Ib:
41
Longueville soll sein Quartier der Königin zur Verfügung stellen wollen.
die Frantzö-
22
sische gesanden auch intentionirt sein sollen, vor sie daß logiament accom-
23
modiren zu laßen, alß wolten sie

42
23 demnehsten] Statt dessen in Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II, spA I: noch heute.
demnehsten Ihrem Gnädigsten Herrn hier-
24
von bericht erstatten und derentwegen verhaltensbevelch einholen, zumahln
25
dieselbe noch so pald alhie nit anlangen würd und underdeßen sie noch
26
wohl werden resolution darüber bekommen können. Von dennen zur umb-
27
frag gestelten drey quaestionen aber zue discuriren, da hetten bis dahero die
28
anweßende gesanden in den curialien die notturfft dergestalt beobachtet,
29
daß aller disgusto mit dem Venetianischen ambassadorn verhütet, hingegen
30
auch dem churfürstlichen collegio ahn deßen praecedenz nichts praeiudicirt
31
worden, maßen er dann auch, soviel sie abnehmmen mögen, yederzeit wohl
32
zufrieden geweßen. Sie hetten auß der Churmaintzischen zu Oßnabrück
33
anweßenden gesanden gethanem schreiben soviel vernohmmen daß sie
34
vermeinen, wann auch schon alle andere gesanden alhie der königin in
35
Polen entgegenschicken und dieselbe empfangen würden, dannoch die

[p. 398] [scan. 522]


1
churfürstliche gesanden zu verhütung besorgender differenzen mit dem
2
Venetianischen ambassadorn zurückpleiben solten, welches sie ihresorths
3
nit thun-, räth- noch verantwortlich erachteten. Solte man es aber dahin rich-
4
ten können, daß die Frantzosen tanquam nationales solche empfahung allein
5
verrichteten, andere Päbstliche, Kayserliche, königliche und frembder
6
herrschafften gesanden aber zu hauß plieben, könde solches uff seiten der
7
churfürsten auch eingestelt pleiben.

8
Quomodo und ob solche visiten von yedweder churfürstlichen gesand-
9
schafft in particulari oder collegialiter zu thun, da stehen zu bedencken,
10
ob solches nit uff solche weiß zu verrichten wie bei der Rückkehr des Ehg.
11
Leopold Wilhelm aus dem Feld nach Wien

35
Gemeint ist wohl ein Zusammentreffen während der Wiener Restitutionsverbandlungen über die
36
Pfalz, bei denen das Kurkolleg (und Kurmainz durch Raigersperger) vertreten waren: Von Ende
37
März bis Anfang Juli 1642 hielt sich Ehg. Leopold Wilhelm von Österreich in Wien auf
38
( Theatr. Europ. IV S. 885, 894).
, vor dem die kurfürstlichen Primar-
12
gesandten
collegialiter aufgetreten sind und der Churmaintzische cantzlar allein
13
nomine collegii gered. Uff solche weiß würde es auch bey der königin
14
umb soviel mehr authorität haben und deroselben dardurch soviel unruhe,
15
welche sie sonsten durch soviel visiten haben würde, nit gemacht werden.

16
Der königlichen praedicaten halber wehre es albereit anno 1636 im chur-
17
fürstlichen collegio dahin verglichen worden, daß, wann ein oder ander auß
18
den herrn churfürsten einem könig ein gewißes praedicat ein- oder anderer
19
considerationen halben geben werde, solches dem andern nit praeiudiciren
20
solte. Wann man aber collegialiter ahn einen könig schreiben würd, solle
21
demselben allein „Regia Dignitas“ gegeben werden

39
Vom Kaiser und von der Mehrheit des Fürstenrats wurde 1641 auch der Vorschlag zurückgewie-
40
sen
, dem König von Frankreich in Verbindung mit Regia Dignitas den Titel Majestas zu geben
41
( Bierther S. 265ff., Londorp V S. 146f.).
, allermaßen man dann
22
auch noch bey iüngstem Regenspurgischen reichsconvent ahn könig in
23
Franckreich uff solche maß geschrieben, worauff gleichwohl keine andwort,
24
sondern allein ein recipisse ervolgt, welches man ahn sein orth gestelt sein
25
laßet; und hette man anietzo solchem concluso auch mit Polen zu inhae-
26
riren. Ihre Königliche Mayestät in Polen hetten dabevorn ahn Churcölln
27
begehrt, ihro daß praedicat „Maiestas“ zu geben; weiln aber dieselbe
28
Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht allein „Illustrissimo“ und nit „Serenis-
29
simo“ geben, hetten sie sich resolvirt, wann sie das praedicat „Serenissimo“
30
von der cron Polen empfangen werden, sie alßdann dem konig auch den
31
titul „Maiestas“ nit verweigern wolten, allermaßen auch solches darauf
32
ervolgt

33
32 wehre] Zusätzlich in Kurköln zA I, spA I, Ib: Kurköln will seine Äußerungen
34
discursweiß verstanden wissen.
wehre.

[p. 399] [scan. 523]


1

34
1–3 Dieweil – interessirt] Zusätzlich in Kurköln zA I, spA I, Ib: Kurköln müßte der
35
Königin eigentlich bis Wesel entgegenziehen, ist daran aber wegen der hessischen Besatzungstrup-
36
pen
gehindert.
Dieweil gleichwohl Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln wegen
2
nacher verwanthnus und alß bischoff zu Münster, deme die vergleitung
3
gepürt, hiebey vor andern interessirt,

37
3–4 so – erwarten] Abweichend in Kurköln zA I, spA I, Ib: würde dahinstehen, was
38
mit hiesigen räthen derentwegen möchte verglichen werden.
so müsten sie pillig zuvorhero dero
4
bevelch hierüber erwarten.

5
Kurbayern . Sind in particulari angewiesen, dem Venetianischen ambassadorn
6
alle ehr und respect zu geben und allen disgusto zu verhüten, gleichwohl
7
aber auch dahingegen nichts vorübergehen zu laßen, so dem churfürst-
8
lichen collegio ahn deßen praecedenz schädlich oder praeiudicirlich.

9
Es wehre zwar die königin in Polen eine passantin, fals aber alle ubrige
10
anwehsende gesanden ihre schuldigkeid ablegen solten, befinden sie nit,
11
wie ohne offension des königs in Polen die churfürstliche gesanden solches
12
underlaßen, auch bey ihren herrn principaln verantwortten könden. Sie
13
hetten vernohmmen, daß die herrn Churcöllnische vor daß beste mittel
14
zu sein erachteten, wann allein die nationales entgegenschicken, ubrige
15
aber zurückpleiben theten;

39
15 dahero – erkundigen] Fehlt in Kurköln zA I, spA I, Ib; in Kurbayern K II,
40
spA I zusätzlich: bei den ksl. Gesandten.
dahero ihres ermeßens sich zu erkundigen,
16
ob außer der Frantzösischen gesanden yemanden mehr, absonderlich
17
aber der Venetianische ambassador, die königin gleichergestalt empfangen
18
wolten, uff solchen fall man sich zu bemüehen hette, wie dieselbe zurück-
19
plieben; da aber solches nit zu erheben wehre, sehen sie nit, wie die chur-
20
fürstliche gesanden ohne praeiudiz zurückpleiben könden.

21
Die visiten belangend, da hielten sie davor, wann beyde der nuntius und
22
Venetianische ambassador alß mediatores entweder coniunctim oder
23
yeder in particulari vor den Kayßerlichen und königlichen anweßenden
24
gesanden, wie mehrmahls bey andern geschehen, der königin in Polen die
25
visiten geben, es werde hierbey den churfürsten nichts praeiudicirt werden.
26
Ob aber die visiten in particulari von yedweder gesandschafft oder collegiali-
27
ter zu thun, da wehren sie indifferent.

28
Solte es collegialiter geschehen, conformirten sie sich mit Churcölln, daß
29
man daß praedicat „Regia Dignitas“ gebrauche; bei Visiten einzelner Gesandt-
30
schaften
können diese „Maiestas“ geben.

31
Kurbrandenburg . Wollen den Venezianer nicht verärgern, aber auch kein Prä-
32
judiz
für das Kolleg zulassen. Bleiben die Kurfürsten dem Empfang der Königin
33
durch die ksl., kgl. und venezianische Gesandten fern, wehre es ihres erachtens

[p. 400] [scan. 524]


1
ein actus vor besagten Venetianischen ambassador, welchen er hiernechst
2
in praeiuditium der churfürsten allegiren

28
2 könde] Danach wird laut Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib weiter
29
ausgeführt: Die Königin von Polen ist eine hohe Standesperson; zu akzeptieren ist allenfalls,
30
daß sie von den Franzosen allein empfangen wird.
könde.

3
Ob die visiten collegialiter zu thun, dabey wolten sich den maioribus
4
conformiren

31
4 und – abzulegen] Fehlt in den anderen Überlieferungen; statt dessen in Kurbayern
32
K II, spA I, Kurköln zA I, spA I, Ib: Wollen dies mit ihren Kollegen in Osna-
33
brück
noch besprechen.
und vermeinten, beßer zu sein, solche collegialiter abzulegen.
5
Sie ahn ihrem orth zwar in consideration Ihres Gnädigsten Herrn wegen
6
nacher nachparschafft und des hertzogthumbs Preußen

39
Das Deutschordensland Preußen war 1525 durch den Hochmeister Hg. Albrecht von Branden-
40
burg-Ansbach (regierend 1511–1525) von Polen zu Lehen genommen worden; es blieb in dieser
41
Abhängigkeit auch nach dem Übergang an die kurbrandenburgische Linie der Hohenzollern 1605
42
und 1618 bis zum Frieden von Oliva (1660). Vgl. H. Becker, Speyerer Reichstag S. 93f.,
43
Territorien-Ploetz I S. 575–578.
werden etwas
7
mehrers thun und in particulari sich auch angeben müßen.

8
Ratione praedicati, da hielten, wann die repection collegialiter gethan werde,
9
daß ihro „Dignitas“, dahingegen, wann es specialiter geschehe, „Maiestas“
10
zu geben.

34
10–12 Ihre – worden] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
Ihre Churfürstliche Durchlaucht zue Brandenburg hetten dem
11
könig in Polen yederzeit solches praedicat gegeben, dahingegen wehren sie
12
auch, wie sichs gepürt, tractirt worden.

13

35
13 Kurmainz ] In Kurbayern K II, spA I, Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I,
36
Ib folgt zunächst die Wiederholung der vorangegangenen Voten.
Kurmainz . Er hette zwar pillig demienigen, so von andern seinen herrn
14
mitabgesanden zu Oßnabrück vor rathsamb erachtet worden, zu inhaeriren,
15
und zwar umb soviel mehr, weiln der herr graff von Trautmansdorff
16
solches ebenmeßig zu verhutung aller weitleufftigkeid vor daß beste mittel
17
zu sein vermeinet, nichtsdestoweiniger gleichwohl und nachdem man
18
fast per maiora dahin gehet, die königin in Polen, zum fall alle andere an-
19
weßende Päbstliche, Kayßerliche, konigliche und der Venetianische gesande
20
sie empfangen solten, ex parte der churfürstlichen gesanden ebenmeßig
21
zu empfangen, so ließe er es auch dahingestelt sein; man hette yedoch Ihrer
22
Churfürstlichen Durchlaucht zu Cölln erclärung zuvorhero zu erwarten.

23

37
400, 23–401, 3 Uff – gebe] In Kurköln zA I, spA I, Ib nur allgemeiner Bezug auf die
38
maiora.
Uff waß weiß die visita zu verrichten, da erinnerte sich an den Empfang
24
des Ehg. Leopold Wilhelm in Wien; auch seines Erachtens kann die Königin
25
von Polen ebenso visitiert werden. Solten aber die herrn gesanden vermeinen,
26
daß solche in particulari ein- und anders interesse halber zu thun, wolte er
27
sich davon nit separiren.

[p. 401] [scan. 525]


1
Ratione praedicati wehre es ein verglichenes werck, daß, wann man ahn
2
einen könig collegialiter schreibe, man demselben daß praedicat „Dignitas“
3
allein gebe.

4
Und hielte er seinesorths dafür, zum fall man uff der empfahung bestehen
5
solte, alles mit solcher manier vorzunehmmen, damit nit etwan, ahnstatt
6
man verhofft, vor dem Venetianischen ambassadorn die praecedenz zu
7
erhalten, dem churfürstlichen collegio mehrers praeiudicirt werde, zumahln
8
der Venetianische ambassador bey den Frantzosen viel favoriten hette und
9
also vielleicht dieselbe ihme ein mehrere ehr alß den churfürsten geben
10
dörfften, dahero man sich vorhero alles wohl zu versichern.

34
10–12 Seines – schickten] Fehlt in den anderen Überlieferungen, laut Kurköln zA I,
35
spA I, Ib fragt Kurmainz vor allem noch einmal nach der Meinung Kurtriers.
Seines erach-
11
tens würde daß beste sein, wann man daß mittel werde können erhalten,
12
daß die nationales allein schickten.

13
Kurtrier .

36
13 Sie – conformiren] quaestio 1 a laut Kurtrier zA, spA: nondum decisa; dagegen
37
sagt Kurtrier laut Kurköln zA I, spA I, Ib: die receptionem und visitam zu ver-
38
richten, seye bereits per maiora geschlossen.
Sie wolten sich gern den maioribus conformiren, allein mögten
14
gern vernehmmen, weiln man die praecedenz vor dem Venetianischen
15
ambassadorn zu behaubten gedencke, quomodo man denselben ohne dis-
16
gusto abhalten wolte; und mögte von demselben vielleicht dieße praece-
17
denz umb soviel mehr manutenirt werden, angesehen die respublica Veneta
18
mit dem hauß Mantua in naher nachparschafft und alliance begrieffen und
19
dahero selbigem ambassadorn der respect vor andern von der königin
20
in Polen gegeben werden dörffte

40
Siehe oben S. 396 Anm. 2.
.

21
Sonsten seyen sie auch der meinung, daß die einholung und visiten colle-
22
gialiter zu thun. Wolte nun Churcölln und -brandenburg eines privatinte-
23
resse halber der königin absonderliche ehr erweißen, solches stünde zu ihrem
24
belieben,

39
24–25 in – beschehen] Fehlt in den anderen Überlieferungen.
in alle weg aber, wann man sich eines praeiudicii mit dem Venetia-
25
nischen ambassadorn besorgt, müste es collegialiter beschehen.

26
Kurköln . Ließen es nachmahls beim ersten puncten bewenden, wann nemb-
27
lichen alle andere anweßende gesanden die königin in Polen empfangen
28
werden, daß churfürstliche collegium auch in der ordnung, wie sich gepüre,
29
ein gleichmeßiges verrichten solte. Der Venezianer wollte ursprünglich den
30
Vorschlag, daß bei ablegung der Visiten er und der Nuntius als Vermittler
31
allen anderen Gesandtschaften vorangehen sollten, nicht annehmen; weiln er aber
32
gesehen, daß soviel churfürstliche gesanden da geweßen und von dem vor-
33
zueg nit weichen wollen, wehre er bey solchem vorschlag verplieben.

[p. 402] [scan. 526]


1
Wenigers nit wehre verglichen worden, daß nur die nationales einer Ge-
2
sandtschaft
entgegenschicken mögten; so ist es auch bei den Gesandten Frank-
3
reichs
und Spaniens gehandhabt worden. Eine Ausnahme machten die Franzosen
4
beim Empfang der kurmainzischen

24
4 Gesandten] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA I: auch beim Empfang der Kurtrierischen
25
haben die Franzosen sich eingetrungen.
Gesandten,
welches man ahn sein orth gestelt
5
sein ließe. Dafern man nun in solchen terminis der visiten und zuvorderist
6
empfahung verpleiben und die Kayßerliche gesanden sich dießfals ein- und
7
andern orths interponiren wolten, würde aller disgusto verhüetet pleiben.
8
Daß die Frantzosen, zuvorderist aber die newe königin in Polen, dem Vene-
9
tianischen ambassadorn mehr respect alß dem churfürstlichen collegio er-
10
zeigen solte, stünde dahin; und hette man dato verspürt, daß die Frantzosen
11
dem churfürstlichen collegio fast mehr als Venetianischen ambassadorn
12
deferirt. Und hielten sie, die königin werde die churfürsten wegen so
13
nacher verwanthnus nit wohl zurücksetzen, wann man sich allein in tem-
14
pore bey derselben angebe.

15
Sonsten stehen sie dahin, ob neben der collegialvisiten einer oder ander in
16
particulari sich bey der königin angeben

26
16 wolte] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA I, Kurtrier zA, spA: Wartenberg wird
27
wegen seines obligo gegenüber Polen der Königin selbst aufwarten

37
Pgf. Philipp Wilhelm von Neuburg (1615–1690, seit 1685 Kurfürst von der Pfalz), Sohn des
38
Pgf. Wolfgang Wilhelm, heiratete am 8. Juni 1642 Konstanze, Tochter des Königs Sigmund III.
39
von Polen (1619–1651); er stammte in männlicher Erbfolge über die Pfalzgrafen von Simmern
40
und Zweibrücken und die alte pfälzische Kurlinie von den Herzögen von Bayern ab ( Isenburg I
41
34, 36, 32, 31, 26), denen sich auch Wartenberg als Cousin des regierenden Wittelsbachers aus
42
morganatischer Ehe ( Isenburg I 28, 27, 26d) zugehörig fühlte.
.
wolte.

17
Wegen des praedicats wehre es ein verglichenes werck.

18
Kurbayern .

28
18–19 Hetten – observiren] Laut Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II, spA I wieder-
29
holt
Kurbayern sein voriges, laut Kurköln zA I, spA I, Ib das kurkölnische Votum.
30
Ausführlicher in Kurbayern K II, spA I: Fahren allein die Franzosen entgegen, salva
31
res, wollen auch die übrigen Gesandtschaften entgegenfahren, ist durch die ksl. und den päpst-
32
lichen
Gesandten zu erwirken, daß sie, abgesehen von den Franzosen, daheim bleiben.
Hetten weiter nichts zu erinnern, hielten den modum wegen
19
der nationalschickung zu observiren. Bey ablegung der visiten werde es
20
ihres ermeßens mehr difficultäten geben, dahero es ihres erachtens dahin
21
zu richten, daß solche visiten entweder von den mediatorn coniunctim oder
22
separatim vor allen andern anweßenden Kayßerlichen und königlichen
23
gesanden

33
23 beschehe] Laut Kurtrier zA, spA, Kurköln zA I, spA I, Ib, Kurbayern
34
K II, spA I äußert Kurbayern noch: die ordtnungh ist biß dahero so exacte nicht
35
gehalten worden, Kurbayern hat die ksl. Gesandten vor dem Nuntius besucht und ist von
36
Venedig vor den Spaniern visitiert worden.
beschehe.

[p. 403] [scan. 527]


1
Kurbrandenburg . Wenn von dem Venetianischen ambassador den mediis,
2
so vorgeschlagen, inhaerirt werde, hette es dabey sein verpleiben; solte es
3
aber dabey nit bestehen, müste man bey dem churfürstlichen collegialcon-
4
cluso verpleiben.

5
Kurmainz .

25
5 Befinden – gingen] In Kurtrier zA, spA, Kurbayern K II, spA I Kurtriers
26
Anschluß an die maiora hervorgehoben.
Befinden, daß die herrn gesanden per maiora dahin gingen,
6
daß die königin in Polen von denn churfürstlichen gesanden gleicherge-
7
stalt zu empfangen, wann man vernehmen solte, daß alle uberige anweßende
8
Päbstliche, Kayßerliche, königliche und der Venetianische abgesande deß-
9
gleichen zu thun intentionirt sein solten, 2º daß die visiten collegialiter
10
zu thun und dabey daß praedicat „Dignitas“ zu

27
10 gebrauchen] Zusätzlich in Kurbayern K II, spA I der königin in particulari ist das
28
praedicatum „Regia Maiestas“ zu geben.
gebrauchen, gleichwohl
11
einem yeden unbenohmmen sein solle, eines und andern interesse halber
12
die particularvisiten zu verrichten. Sie ihrestheils müsten es auch dahin-
13
gestelt sein laßen

29
13–21 und – mögte] Fehlt in Kurköln zA I, spA I, Ib.
und wolten von den herrn gesanden vernehmmen, ob
14
sie nit vermeinen, daß bey den Kayserlichen hier anweßenden gesanden
15
per deputatos die notturfft anzupringen und dieselbe zu ersuchen, ahn
16
ihrem orth es dahin zu richten, damit die königin in Polen voriger ver-
17
gleichung gemeß zu verhüetung aller weitleufftigkeiden allein durch die na-
18
tionales bey ihrer ankunfft empfangen, auch wie mehrmahls geschehen, die
19
visiten durch die herrn mediatores entweder coniunctim oder separatim
20
vor allen andern anweßenden Kayßerlichen und königlichen gesanden
21
abgelegt werden mögte.

22
Und nachdemahln daß churfürstliche collegium sich yederzeit bey frembden
23
außländischen der Teutschen oder Lateinischen sprach gebraucht, so hielten
24
sie, werde solchem anietzo auch zu inhaeriren

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24 sein] In Kurbayern K II, spA I folgt noch: Wollen den vortrag in Lateinischer
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sprach ufsezen und solches den herren churfürstlichen ad revidendum zueschickhen.
sein.

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