Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker

2. Die Überlieferung: c. Kurköln

Auch von der ursprünglichen kurkölnischen Überlieferung sind in dem eigentlich zu-ständigen erzstiftischen Archiv (heute HStA Düsseldorf) nur Reste erhalten. In Düsseldorf liegt nur noch ein einziges Heft mit reinschriftlichen Protokoll-Extrak-

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ten
, das die Propositionen der Kurfürstenrats- und CC -Sitzungen enthält. Es ist eine Art Register zu zwei verlorenen Bänden kurkölnischer Original-Protokolle, ver-mutlich dem
Protocollum Electorale Monasteriense, von dem es Seitennachweise und – bis Sessio 33 (1646 IV 25) numerierte – Sitzungseinträge mit Datum (und Proposition) bringt

HStA Düsseldorf, Kurköln VI nr. 986. Vgl. Wolff in APW [III 4, 1 S. LVII f] .
; die Einträge reichen vom 29. August 1645 bis zum 22. März 1649. Eine unvollständige Reihe zeitgenössischer Protokoll-Reinschriften konnte im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München, Abtlg. II, Geh. Staatsarchiv, aufgefunden werden. Sie liegt der Oßnabruckischen correspondenz 1645, Briefen Wartenbergs an den Kurfürsten von Bayern, mit weiteren Fürstenratsprotokollen bei

HStA München II Kasten schwarz 2231 (1645 VII 5 – 1645 XII 29).
. Diese Reinschriften umfassen nur die drei Sitzungen der Lengericher Konferenz (1645 VII 10, 11) und die ersten neun Sitzungen des Kurfürstenrats (1645 VIII 31 – X 15); sie stammen von den Schreibern des Wartenberg-Diariums.
Nahezu vollständige kurkölnische Protokollreihen sind uns jedoch in Form von Ab-schriften überliefert. Eine zeitgenössische Abschrift von Kurfürstenrats- und CC -Protokollen ( Kurköln zA I, II) ist in der Dombibliothek Hildesheim erhalten: Tom. I enthält Eintragungen von 1645 VIII 29 bis 1648 II 5, Tom. II von 1648 III 18 bis 1648 XII 17

Nr. 766/I-II, besprochen bei Wolff in APW III 4, 1 S. LX (dort:Wartenberg/ Hil-desheim“).
. In diesen beiden Bänden sind kurkölnische Schreiberhände, die Hand des kurkölnischen Gesandten Buschmann und – im zweiten Band sogar überwiegend – die Hand des P. Adamus Adami OSB nachweisbar, der als Gesandter der Fürstabtei Corvey sowie der schwäbischen Reichsprälaten eine bedeutsame Stellung im Corpus Catholicorum einnahm. Wahrscheinlich hat Adami, der 1663 als Weihbischof von Hildesheim starb, die Protokollreihe bereits am Kongreß unter Verwendung kurkölnischer Papiere, die ihm dank seiner Beziehungen zu Buschmann und Wartenberg zugänglich waren, mit angelegt

Darauf deutet auch der Dorsalvermerk auf dem Einbanddeckel hin: Adami hoc protocollum [...] collegit.
und später an seinen Amtssitz mitgenommen, wo sie dann verblieben ist.
Die späteren Abschriften kurkölnischer Kurfürstenratsprotokolle ( Kurköln spA) sind zahlreicher und umfassender. Sie füllen sieben Bände und befinden sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München, Abteilung II, Geh. Staats-archiv. Kurköln spA I (Kasten blau 281/2c) enthält 33 numerierte Kurfürsten-ratssitzungen (1645 VIII 29 – 1646 IV 26, fol. 1–472’). Zeitlich parallel laufende Duplikate mit den gleichen Sitzungseinträgen, aber mit anderer Folio-Zählung liegen in Kurköln spA I a (Kasten blau 281/3a, 1645 VIII 29–1645 XI 19, fol. 1–246’) und in Kurköln spA I b (Kasten blau 281/3b, 1645 XI 19 – 1646 IV 26, fol. 247–508’) vor; Kurköln spA I b ist die Fortsetzung von Kurköln spA I a. An Kurköln spA I schließt Kurköln spA II (Kasten blau 281/2d, 1646 IV 28 – 1647 IX 25, fol. 473–754 und 1648 XII 3–1649 III 22) an (dazugehörige Doppelüberlieferung Kasten blau 278/3-IV). Dieses Protocollum electorale Monasteriense super tractatibus pacis Westphalicae wird ergänzt durch das

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sogenannte Protocollum electorale Osnabrugense: Kurköln spA III (Kasten blau 281/3c, fol. 1–462) mit dem Doppel Kurköln spA lila (Kasten blau 281/3d, fol. 1–516) umfassen die Sitzungen des Kurfürstenrats, des Reichsplenums und der Reichsdeputation zwischen dem 1. Juli und dem 25. September 1648. Nicht überliefert sind in dieser Reihe die Sitzungen aus den Monaten Mai bis Juni 1648 und September bis Anfang Dezember 1648, wo Kurköln spA II wieder einsetzt.
Diese Kurfürstenratsprotokolle weisen – ebenso wie die in Kasten blau antreffbaren CC -Protokolle

In APW III A 4, 1:Wartenberg- Register“.
– ein einheitliches äußeres Bild auf: Halbbrüchig rechtsseitig in Register-Schrift ausgefüllte Seiten, teilweise mit Ledermerkzeichen und regelmäßig mit Kollationsvermerken versehen. Der gesamte Bestand ist im Zuge der Ergänzung des kurpfälzischen Archivs, das für die Zeit der Ächtung der Pfalzgrafen in den Reichsratsprotokollen eine Lücke aufwies (1613–1653), am Immerwährenden Reichs-tag in Regensburg 1735 von dem kurpfälzischen Legationssekretär Johann Joseph Pachner angefertigt worden und dann später in das bayerische Geheime Staatsarchiv gelangt

Vgl. Wolff in APW [III A 4, 1 S. LVIII Anm. 1] .
. Vorlage war das kurkölnische originalprotokoll vom Friedenskongreß, auf das am Ende von Kurköln spA II verwiesen ist

Kasten blau 281/2 d fol. 754.
. Da die Abschrift sorgfältig ist, darf der Ouellenwert von Kurköln spA kaum geringer veranschlagt werden als der von Kurköln zA.
Aus dem Vergleich von Kurköln spA mit Kurköln zA Extrakt sind überdies Rückschlüsse auf Form und Umfang des originalprotocolls möglich: Mit großer Sicherheit ist hier an ein zweibändiges Protocollum electorale Monasteriense zu denken, das für 1656 erwähnt ist

APW [III A 4, 1 S. LVII] ; Kurköln spA I, Ia, Ib, II mit gleichem Titel.
. Die Bemerkung des Kopisten, daß im Original-protokoll einige Blätter nach der Sitzung vom 25. September 1647 leer gewesen seien, paßt zu der Lücke in Kurköln spA II (ebenfalls Protocollum electorale Monasteriense betitelt), das erst mit dem 3. Dezember 1648 einsetzt, während bereits seit dem 25. September 1648 in Münster wieder Kurfürstenrat abgehalten wurde. Analog wird Kurköln spA III, III a ein einbändiges Protocollum electorale Osnabrugense auf der Stufe des Reinkonzepts oder der Reinschrift vor-gelegen haben, das ebenfalls am Anfang unvollständig war – im Unterschied zur Vor-lage von Kurköln zA I, II.
Das Original enthielt offenbar wie Kurköln spA I, II 65 durchnumerierte Ses-siones

Die Zählung ist allerdings unkorrekt und konnte deshalb nicht übernommen werden.
bis zum 25. September 1647. Da die Folio-Angaben für Vol. I der Vorlage von Kurköln zA Extrakt und die Folio-Zahlen des halbbrüchig geschriebenen Kurköln spA I nicht übermäßig voneinander abweichen

Vol. I reicht nach Kurköln zA Extrakt von fol. 1–403ff., Kurköln spA I (281/2 c) für den gleichen Zeitraum 1645 VIII 29 – 1646 IV 26 von fol. 1–472’.
, ist anzunehmen, daß zumindest der erste Band des Reinkonzepts nach Art des Wartenberg-Diariums halbseitig beschrieben war und ca. 400 Folien umfaßte

Das ganzseitig beschriebene Kurköln zA I zählt bis 1646 IV 26 etwa halb soviel, nämlich 217 fol.
.

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Eine inhaltliche Eigenheit des kurkölnischen Protokolls liegt darin, daß die kur-fürstliche Prärogative stark herausgestrichen wird

Siehe unten Nr. [95] .
; auch wird die Person Warten-bergs hervorgehoben. Seine Anbringen am Schluß der Sitzungen sind dem Protokoll eingefügt, auf seine Kompetenz in der kurkölnischen Gesandtschaft wird mehrfach indirekt angespielt. Außerdem wird bei der Erwähnung von Visiten und Gesprächen (vor allem Wartenbergs) auf die entsprechenden genaueren Schilderungen im Diarium Wartenberg verwiesen

Siehe unten Nr. [91] .
. In der Diktion ist Kurköln wegen seiner langen und schwer überschaubaren Perioden schwieriger zu verstehen als Kurmainz ; die Sätze werden nicht immer heutigen grammatikalischen Vorstellungen entsprechend zu Ende geführt.

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