Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
Das löbliche Straßburgische directorium hat den anfang dieses ersten con-
gressus solennis mit anrufung des Allerhöchsten, daß derselbe alles zu glück
lichem fort-, außgang und ende, auch erlangung des vorgesteckten gemein-
nutzigen friedenszwecks dirigiren und einrichten wolle, gemacht, und dar-
auf proponirt: Es hetten die herren abgesanden bey ihme die drey puncta,
worüber heut bey diesem ersten congressu publico zu deliberiren sein
wurde, schon gestrigen tages verstanden und eingenommen, nemlich 1. daß
zu Münster in allen dreyen reichsrähten vor rahtsam angesehen worden, es
sollen die deliberationes nach art der Frantzösischen replic von puncten zu
puncten angestellt, doch aber die materien durch das Churmaintzische direc-
torium zusammengezogen und simultanee erledigt werden
Münsterisches Conclusum ausführlich zitiert im nürnbergischen Städterats-Protokoll ( Nürn -
berg 17 fol. 21–21’, Druck des Conclusums: Meiern II S. 262 ).
2. Daß die herren Kayserliche plenipotentiarii zu ersuchen seyn, daß sie ent-
weder für sich selbsten oder per Mediatores den punctum satisfactionis mit
denen cronen zu Münster, so weit es möglich, fortsetzen.
3. Daß man per deputatos von denen Französischen herren plenipotentiariis
eine mehrere declaration und erleuterung über einen und anderen dunkeln
puncten, auch die materi selbsten, begehren solte
Vgl. zu diesen Beratungspunkten auch die Sitzung des KfR mit Re- und Correlation vom
29. Januar 1646 (APW [III A 1,1 S. 427–441] ) sowie FR Osnabrück vom 24. Januar ( Meiern II
S. 262–278 ).
Und hierüber sollen sich anwesende stände per modum conclusi vernehmen
laßen und ihren gesambten schluß fürderlichst nach Münster berichten.
Lübeck. Repetirt den wunsch, welchen das directorium gethan, daß das
geschäfft beschleuniget, damit der vorgesezte zwekh erreicht werde, zugleich
denen herren gesanden insgesambt gute beständige gesundheit ange
wünscht.
Ad 1 um. Consentirt simpliciter, da es dann bey dem letztern membro nun-
mehr so viel weniger zweifel haben kan, nachdem die herren Französische
legati sich ratione methodi denen herren Schwedischen legatis zu conformi-
ren erklärt haben sollen und dahero die materiae auß beyderley replicis desto
völl- und füglicher zusammengezogen werden könnten und müsten. So gar,
wann
sein solte, denen ständen unbenommen sein würde.
Ad 2. Dissentit und wird am besten sein, auch in selbem puncto nach vorge-
dachter ordnung zu verfahren, zumaln reliquis expeditis in selbem nach-
gehends desto schleuniger fortzukommen sein wird.
Daferne jedoch bey wehrenden tractaten, über vorgehende andere puncta
von diesem praeparatorie etwas zu reden, per majora beliebt werden sollte,
kan sich im selben in so weit wol conformiren; nur allein, daß in beschlie
ßung eines jeden puncti vorgemelter ordnung stricte nachgegangen werde.
Ad 3. Wann zu forderist andeutung geschehen, in waserley punctis et passi-
bus erläuterung desiderirt wird, weil a dominis legatis Gallicis darnach nicht
gefragt werde; so kan in die vorgeschlagene deputation wol verwilliget und
fortgestellet
30 werden.] Zusätzlich in Strassburg und Esslingen Repetirt diß sein votum suo loco
et ordine pro Nordhaußen, Goßlar und Hamburg. – Der Wortlaut des hier aufgeführ
ten lübeckischen Votums ist erst nach der Sitzung diktiert worden. Die eigentliche Sitzungs-
mitschrift liegt im straßburgischen Protokoll noch vor. Inhaltlich besteht kein Unterschied
zwischen den beiden Fassungen, wohl aber sind die Formulierungen des nachträglich diktierten
Votums glatter.
Nürnberg. Praemisso voto gratulationis. Sezt außer allen zweifel, es werde
bey denen proponirten puncten nicht verbleiben, sondern von Churmainz
ein anderer modus vorgeschlagen werden, so zu erwarten, doch praepara-
torie zu eröffnen, was zu thun sein möchte. Halte er dafür, es seye ratione
formae zu consideriren, 1. daß dieser modus consultandi zu Münster einseitig
angestellt worden, seye primo limine zu verhüten, daß nicht eine schädliche
consequenz darauß erwachse, sondern eine beständige gleichheit inskünfftig
erhalten werde. Stellt 2. zum nachdenken, ob rahtsam und nuzlich seye, daß
es circa modum communicationis seu re- et correferendi jedesmals also gehal-
ten würde, oder ob ein collegium unter sich selbsten vorhin consultiren und
sich eines gewißen vergleichen und als dann erst mit den übrigen re- et cor-
referiren solle. Pro 1 mo modo militiren folgende rationes: 1. daß es zur be-
schleunigung der sachen dienen, 2. die aemulationes bey den collegiis und
directoriis verhüten und 3. befahrende majora auf solche weis selbst fallen
würden. Pro 2º modo militiren 1. daß der erste formae imperii und stylo
comitiorum zuwider, 2. die collegia in sich zertrennt, 3. der catholischen
conclusa mit den hiesigen beständig discrepiren würden und 4. für die evan-
gelische die majora auf den andern fall außschlagen dörfften, maßen 5. die
stätte selbige ohne das haben, denen durch den ersten modum sehr praeju-
dicirt würde. Weiln es aber causa communis, seye am sichersten, daß der
höhern stände gedankhen zuvörderist darüber vernommen und alsdann ein
gewisses geschlossen werde. Insonderheit aber seye dahin zu trachten, daß
der evangelischen votorum absonderliche meldung in conclusis jederzeit
geschehe.
3. Seye zu consideriren, daß sonsten das Churmainz- und Österreichische
directorium haben pflegen stante pede zu proponiren. Weiln es nun diß orts
nicht geschehen, stehe dahin, ob es nicht zu erinnern, damit die stätt nicht
umb ihr höchstes kleinodt kommen; zu Münster seye es bereits geschehen,
und habe Cölln bey Churmainz erinnerung gethan .
Materialia betreffend habe man dem modo zu inhaeriren, welchen Ihre Kay-
serliche Majestät und die cronen bißhero gebraucht und beede propositiones
in die IV classes nach dem Schwedischen methodo zu dirigiren; halte davor,
die forma der Französischen replic rühre von den herren Mediatoren
Mediatoren waren Fabio Chigi (1599–1667), Bf. von Nardo, Nuntius in Köln seit 1639, außer
ordentlicher Nuntius und Vermittler beim Friedenskongreß 1643, als solcher in Münster seit
März 1644. Seit 1655 Papst Alexander VII. (APW III C 1) sowie Alvise Contarini, seit
16. November 1643 in Münster (über ihn [S. 581 Anm. 3] ).
Ad 2 m punctum, scilicet satisfactionis, seye ein gefährlich werkh, wann die
cronen einig, würden sie der stände gravaminum erledigung nicht erwarten;
seye ohne noht, daß solche urgirt und denen andern vorgezogen werde.
Ad 3 m: Wegen der deputation an die herren Franzosen zu Münster halte er
dafür, daß man sich mit denen übrigen ständen conformiren, die Franzosen
selbsten, damit durch die herren Mediatores nichts unterschlagen werde,
hören und zu solcher deputation pares numero utriusque religionis ziehen
solle, weiln die cron Franckreich solches selbsten begehret. Erholte suo loco
et ordine dies sein votum für die stätte Regenspurg, Rotenburg und Weißen
burg am Nordgau.
Dortmund. Ad 1. befinde, das nicht undienlich, dem Schwedischen ge-
brauchten modo zu inhaeriren, weil die Keyserliche ihnen
gefallen laßen, seye punctus gravaminum vor dem puncto satisfactionis zu
tractiren und zu consideriren, was Lübekh und Nürnberg vorgeschlagen.
Conformirt sich mit denenselben, sonderlich weiln sie schon lang hier ge-
wesen und den modum gesehen. Ad 2. Man könne sich mit den höheren
collegiis vergleichen. Ad 3. Vereinigt sich mit denen vorhergehenden votis.
Eßlingen. Verstehe das conclusum, so von Münster kommen, nicht recht.
Ad 1. Man könne dem modo, den die Schwedischen gebraucht, inhaeriren.
Der 2. falle von sich selbsten; die natürliche billichkeit erfordere, wann
denen cronen satisfaction zu thun, daß die gravamina vorhin erörtert sein
müsten. Man solle dahin simpliciter sehen, daß der modus, den die herren
Schwedischen gebraucht, erhalten werde. Ad 3. Die deputation solle vorge-
nommen werden, damit man aus dem mund der Franzosen selbst reden könne.
Erholt dis sein abgelegtes votum für die stätt Reutlingen, Nördlingen, Schwä
bisch Hall und Heilbronn.
Bremen. Anlangend das conclusum, so von Münster hierher geschikt, be-
finde er, daß
dischen zu inhaeriren und nicht von puncten zu puncten zu gehen; beliebt
die Lübekische erinnerung, wann etwas von Mainz außgelaßen werden
sollte, daß denen ständen solches zu suppliren und zu erinnern erlaubt sein
27–30 solle – gesandten] Lübeck, Isny jura statuum sollen werden abgehandelt; her-
nach 2. punctus satisfactionis, damit nit allein finis susceptorum armorum vorher
obtinirt, sondern auch hernach jura statuum nit zurugk gesezt werden möchten, würdt
auch verhoffentlich nach redintegration illorum besser cum coronis zu handlen sein,
wie Sueci selbsten sich nit undeutlich vernemen lassen. Ad 3. Die Französische herrn
gesandten.
punctus satisfactionis, damit finis susceptorum armorum obtinuirt werde;
wan jura statuum absolviret, als dann könne punctus satisfactionis vorge-
nommen werden. Ad 3. Man könne die Französische herren gesandten
selbsten vernehmen durch deputirte in pari numero utriusque religionis, weil
sie solches selbsten begehret. Quoad formam
die zu Münster nicht ein
1–6 conclusum – seye] Lübeck, Isny conclusum dergestalt absque praevia re- et
correlatione machen, item quoad modum proponendi soll man hören, wie es bei den
herren fürsten a gehalten würdt, wan selbe darmit zufriden, könnte mans auch dißorts
hac vice so gehen lassen, zumahl es kein ordenlicher reichs-, sondern ein pacifica-
tionstag sey.
a Soweit auch Lübeck, das nun fortfährt: diesfals gehalten würdt, wan das Mainzische direc-
torium es beim fürstenraht ebenermaßen halte und selbe damit zufrieden, könnte mans
auch dies orths hac vice so gehen laßen.
schiken, würde sonst den vorigen conclusis zuwider laufen, doch soll man
hören, wie es bey denen höheren gehalten wird; wann das Mainzische
directorium was zu proponiren, were zu erforschen, wie es beym fürstenraht
gehalten wird, damit es auch also bey diesem collegio gehalten werde, wie-
wol es kein reichs-, sondern pacificationstag seye.
Memmingen. Halte dafür, daß die Nürnbergische erinnerung nicht außer
acht zu laßen seye, der dritte punctus solle billich der erste sein, punctus
restitutionis et amnistiae vorher gehen und dann punctus satisfactionis fol-
gen. Ad 3. sagt er, daß pari numero utriusque religionis deputirt und zuvor
eröffnet werden solle, was es für obscure puncten seyen. Repetirt sein votum
für Yßny und Leidkirch.
Lindau. Ad 1. Verstehe den modum nicht genugsam, so von Münster kom-
men, seye aber dem Schwedischen methodo zu inhaeriren. Und ad 2. nicht
rahtsam, daß selber vorher gehe, die status müsen zuvor contentiert sein.
Die cron Schweden seye selbst denen catholischen hierinnen zuwider. Ad 3.
Weil nicht sie, sondern die herren Mediatores die replic aufgesezt, seyen
sie und nicht die Franzosen zu hören, sollen auch pari numero utriusque
religionis darzu deputirt werden.
Straßburgisches Directorium. Was den modum consultandi und den
ersten puncten betrifft, hette man den verstand des überschikten extracts
utiliter und dahin zu verstehen, daß dem Schwedischen in replicis gebrauch-
tem methodo nachzugehen seye, weiln 1. darinnen die puncten beeder pro-
positionen schon zusammen gezogen, 2. wann es der Französischen replic
nachgehen sollte, weder die consultationes, noch re- et correlationes zu einer
zeit an beeden orten vorgenommen und zu werkh gerichtet werden könn
ten, sondern eine große confusion und hindernus darauß entstehen würde,
weiln 3. nicht allein Monsieur de la Barde gute vertröstung
dahin zu bringen sein werde, von sich gestellet, sondern 4. auch beede
cronen sich miteinander dahin verglichen haben und also keine mehr davon
weichen könne, 5. die Keyserlichen herren plenipotentiarii den Schwedi-
schen modum procedendi bey anhörung der replic approbiret, als zu guter
richtigkeit und beförderung der tractaten dienlich, ohne deren offension
keine enderung vorgehen könne.
Der andere punct seye gefährlich, 1. weiln man damit zum end eilen und alß
dann denen gravirten ständen das nachsehen laßen würde. 2. Laufe des
herrn graven von Trauttmansdorff und übriger Kayserlicher herrn abge-
sanden erklärung zuwider, welche dahingangen, man müste in dem lezten
glaiß verbleiben und auf die innerliche beruhigung am ersten trachten.
3. Habe sich herr Salvius vernehmen laßen, daß punctus satisfactionis auf
zweyn membris bestehe, scilicet in indemnitate praeteritorum et securitate
futurorum. Das erste seye minus, das leztere majus; sie haben aber eine
solche connexitet miteinander, daß keines vom andern könne separirt und
abgesondert werden. Ad 3. Solle die deputation in pari numero vorgehen,
weiln sie nicht allein von denen Franzosen selbsten begehrt, sondern auch zu
beförderung der sachen dienet, doch daß vorhero communicatio geschehe,
damit nicht etwan punctus satisfactionis per indirectum mit unterschoben
werde. Formam betreffend hat man billich der höheren stände resentiment
zu erwarten. Will diß sein votum auch für die stätte Speyer, Weißenburg am
Rhein und Landau suo loco et ordine repetirt und widerholet haben.
Conclusum unanimiter. Soviel den ersten
demjenigen methodo verbleiben, welchen die cron Schweden in replicis ge-
braucht, die Kayserliche approbirt und die Franzosen zu secundiren hoff-
nung gemacht haben. 2. Daß unnohtwendig und bedenklich seye, den
punctum satisfactionis zu urgieren, ehe die jura statuum erörtert, weiln es
sonsten der Kayserlichen resolution, der cronen intention und der stände
desiderio zuwider laufen würde. 3. Daß die deputatio bey denen Französi
schen wol fürgehen möge, doch daß die puncta declaranda, sambt der materi
vorhin communicirt und die deputation in gleicher anzahl von beeden reli-
gionsverwanden angeordnet werde.