Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
Kurmainz. Der Kanzler Raigersperger bittet den kurmainzischen Prinzipal-
gesandten, die anwesenden Gesandten über die Auslieferung der katholischen Gegen-
gravamina an den Nuntius , an die ksl. und an die französischen Gesandten
informieren.
Dieser berichtet: Herr nuncius hat sich alles gutes erbotten und wolle die
gravamina den herren Frantzößischen plenipotentiariis auffs beste recom-
mendirn. Nachmittags seye gleichergestalt die außliefferung bey herrn graf
von Traumansdorff beschehen, derselb hoffet in 3 tagen die sachen dahin
zu disponirn, damit die gravamina mögen zu endt gebracht werden. Bey
den Frantzößischen plenipotentiariis habe es ungelegenheit abgeben, indeme
die Osterreichischen und Saltzburgischen sich
nit seye mit Bamberg und den stättischen die notturfft verrichtet worden;
die erbieten sich, weil sie mit den catholischen eines glaubens, das beste zu
thun, seheten gern, das die reichsständt mögten vereinbahret werden, geben
darbey vor, seyen gleichsam der Teutschen brueder, sie hetten sich viel
erbotten, man solte sich deßen bedienen und den frieden befurderen, so von
ihnnen auch hinwider begeret worden.
Hierauf berichtet Raigersperger, wie das in ubrigen consiliis die materiae, so
von ihnnen denselben proponirt worden, vorbeygangen und die directoria
ihres gefallens andere vorgetragen, so auß dem glaiß der alten gewohnheit
gangen, wie heut punctus satisfactionis vorkombt, so vorlengst alhier
debattirt, dardurch man zu einer rechten deliberation und concluso nit
glangen kan […].
Habe gegen Osterreich protestirt, nichtsdestoweniger fahren sie fort; wan
es solchergestalt continuirt werden solte, würde man nimmer in pleno
zusammenkommen können. Obschon alhier nicht eben wie auff den ordi-
nariis comitiis alles kan gehalten werden, so were doch gut, ein beßere
ordtnung zu verfügen.
Vor wenig tagen seye der erste punct gravaminum vorkommen und ein
gewißes conclusum gemacht worden , seithero aber seyen von den prote-
stirenden in eodem puncto die media compositionis ubergeben worden ,
also weitlauffig, daß sie wol repetitio priorum konnen genennet werden,
damit man sich nit auffzuhalten, sonderen zu anderen puncten zu schreiten,
quantum patitur tempus. Wan doch legati bey dem ersten und anderen
etwas zu erinneren haben mögten, will es gern anhören, werde aber rathsam
sein, daß hieruber in pleno geredt werde.
Kurtrier. Agit gratias wegen uberliefferter gravaminum. Die Fürstenrats
direktorien seien dazu anzuhalten, den Weisungen des Reichsdirektoriums zu folgen.
Wie nun in materia gravaminum zu verfahren, nachdem media compositio-
nis in primo puncto heraußkommen und so weit verglichen, daß sie insge-
sambt vorgenohmmen werden sollen, so bleibe es dabey, oder daß es zu
beschleunigung der sachen per deputatos geschehe, welche allen verlauff in
pleno referiren könten; wil doch die nachstimmende hieruber gern ver-
nehmen.
Kurköln. Dankt den Deputierten für die durchgeführte Aufgabe. Haben ungern
verstanden, daß denselben bey den Frantzoßischen durch Osterreich und
Saltzburg geringer respect bewiesen worden, scheinet contra omnes leges
civilitatis zu sein, so toti collegio schimbflich, hielte derwegen nöttig zu
sein, das es per Maintz geandtet wurde.
Die katholischen Gegengravamina sollen Contarini ebenfalls mitgeteilt werden.
Die Fürstenratsdirektorien sollen den Weisungen des Reichsdirektoriums nachkommen
oder sich rechtzeitig entschuldigen.
Quoad gravamina erinnert sich wie Trier, daß in pleno sollen vorge-
nohmmen werden, maßen zu Franckforth beschehen. Da sich fürstliche
beschweret, wan sie a part in consultation gezogen, so vermeint, das nit ad
distincta collegia gehörig, könne derowegen hierin deferirt werden, damit
die sach nit länger werde auffgehalten […].
Was sonsten von Trier wegen einer particulardeputation angemeldet wor-
den, were solche zwar nit böß, stehet aber an, ob nit alle interessirte in re
tam ardua gegenwertig sein wollen. Stellet im ubrigen dem löblichen reichs-
directorio anheimb, wie die materiae zu proponiren, damit die sach am
meisten beschleuniget werden.
Kurbayern. Das Verhalten der österreichischen und salzburgischen Gesandten bei
der Deputation zu den Franzosen sei zu tadeln.
Habe die ubergebene gravamina verleßen, das das catholische reservatum
contradicirt und allerhandt vorschläg gethan werden. Erinnert sich, waß
in puncto reservati resolvirt; man habe sich mit längerer handtlung nit
auffzuhalten, sonderen auff wenige gradus zu gehen, wollen alßdan prote-
stantes den ultimum annehmen, so ists gut, widrigen kan man ihnen nit
nachgeben. Die neuen Vorschläge sollen nicht in der Deputation, sondern im
Plenum beraten werden.
Were zu wunschen, die media compositionis könten auff einmal furgenoh-
men werden, dahero man sich auff alle puncta gefast zu machen, und wie
bälder ie beßer; wil sich doch gern vergleichen.
Kurmainz. Dankt den bayerischen Gesandten für die Teilnahme an den Deputa-
tionen . Das aber Osterreich und Saltzburg sich bey dem actu unhöfflich
erzeigt, haben die ubrige billig empfunden, und da sie sich darbey nit hetten
einfinden wollen, solten es mit guter manier zu verhütung des schimbfs
bedeutet haben; wollen ihnen deswegen nötigen verweiß und darbey auch
erinnerung thun, das der alte modus consultandi in allen consiliis möge
gehalten werden, mit zustandt der Churbayerischen alß ordinariorum depu-
tatorum.
Die Beratung der Gravamina soll am 3. März 1646 im Plenum stattfinden.