Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
Wir haben mit Bf. Franz Wilhelm von Wartenberg beraten, was auf die Proposition
der schwedischen Gesandten zu tun sei. Die Proposition beruht auf der Forderung
1. nach Einladung aller Reichsstände durch den Kaiser, 2. nach schriftlicher Über-
gabe der kaiserlichen Proposition. Zum 1. Punkt habt Ihr aus Euch mitgeteiltem
extractus protocolli unsere Vorhaltungen bei den Vermittlern gegen die gleiche For-
derung der Franzosen ersehen. Den schwedischen Gesandten könnte etwa Folgendes
vorgehalten werden: Man nemme vorderist für bekandt an, daß sie gleich im
eingang ihres schreibens setzen, daß nunmehr die praeliminaria zu endtlicher
richtigkheit gebracht und nichts mehr übrig sei, dann daß zu denn haubt-
fridenstractaten selbst geschritten werde. Daß aber noch zu einem noth-
wendigen complement der praeliminarien der sambtlichen reichsständen,
der churfürsten, fürsten, ständen und stätten gegenwartt erfordert werden
solte, darvon were nun in 8 jahren, in wölchen man von denn praeliminarien
disputirt, bis uff gegenwärttige stundt daß wenigste iemalen auff die baan
kommen, vil weniger dessen in der Hamburgischen praeliminarconvention
einig wortt gemeldet und daher uff dem Regenspurgischen reichstag allein
sovil verabschiedet worden, daß denn Kayserlichen gesandten ein beyord-
nung auß dem churfürstencollegio geschehen und sonst übrigen fürsten und
ständen dabei umb ihres interesse willen zu erscheinen bevorgestellt sein
solte
Vgl. APW [II A 1 S. 134 Anm. 3.]
sach, darauff die künfftig handlung ze fundiren sein solte, im geringsten nit
halten oder achten köndte. So werden diejenige stände deß reichs, wölche
mit Schweden und Frankreich dises kriegs halber nit in confederation oder
einung verfangen gewesen, keinesweegs gestendig sein, daß von disen bee-
den cronen ihrenthalben die stylisation der salvorum conductuum oder daß
ius comparendi in locis congressum jemalen bestritten worden, sondern
sich vilmehr durch beede cronen beschwehrt finden, daß durch derselben
vergwalttigung aller underschiedt zwischen denn gehorsamen und unge-
horsamen ständen deß reichs auffgehebt worden.
Weniger hetten die Schwedischen gsandten die künfftige sicherheit und
befestigung deß abhandlenden fridens zu einem fürwortt anzeziehen, dann
ja billich erst alsdann von der assecuration ze reden sein werde, wann die
fridensmittel verglichen und zu würklichem schluss gerichtet sein werden.
So hetten sie, Schweden, sich von selbsten zu bescheiden, daß wann sie des
Römischen reichsständen gegenwartt zu den vorhabenden tractaten noth-
wendig erachten wolten, daß man auff ihrer Kayserlichen mayestät seiften
ebenmässig der Schwedischen reichsständen gegenwartt zu erfordern haben
wurde; dann obzwar zwischen den Teütschen und Schwedischen reichs-
ständen ein grosser underschied, so würden doch die ständt in Schweden
ebensowenig schlaven als die in Teutschlandt und haben zugleich ihr ius
suffragii in denen sachen, so ihres reichs standt und wesen betreffen theten.
Auf ihre Gegenwart sei umsomehr zu drängen, als Schweden von einer vormund-
schaftlichen Regierung verwaltet werde. Würden aber die schwedischen Gesandten
darauf beharren, allein zu Verhandlungen mit den kaiserlichen Gesandten berechtigt
zu sein, so sei es billig, daß sie gleichermassen allein mit den kaiserlichen Gesandten
in Friedensverhandlungen einträten.
Was das Erscheinen der Reichsstände in specie anlange, hätten die Schweden Recht,
wenn sie die Beschreibung der Stände für eine Sache des Kaisers hielten; sie hätten
aber zu wissen, daß die Ausschreibung eines öffentlichen Reichstags vom Kaiser bei
den Kurfürsten zu werben und mit deren Zustimmung vorzunehmen sei. Den Reichs-
ständen müsse sechs Monate Frist zum Erscheinen gegeben werden. Es würden etwa
8 Monate vergehen bis man zu einer förmlichen Verhandlung mit den Ständen gelange.
Dabei were noch ferners zu bedenkhen, daß im Römischen reich nit her-
kommens wer, eine allgemeine reichszusamenkunfft an ein ander ortt als
in eine freye reichsstatt zu verlegen, und da man schon gern wolte, zu Mün-
ster oder Oßnabrukh wegen bekandter unglegenheiten ein so grosse zusa-
menkunfft anzestellen nit müglich wer. Wann es endtlich auch in disen auß-
schlag gewinnen und die sambtliche reichsständt an disen oder andern
maalstätten sich versamblen solten, so würden jedoch die consultationes
mit denselben wegen des gewonlichen proponierens, referierens, correfe-
rierens und concludierens so langsamb hergehen, daß man wol jahr und tag
verzehren müeßt, ehe und dann man zu einigem haubtschluss wurde gelan-
gen mögen. Derentwegen und wann die gegentheil auff diser newen und
zuvor niemalen auff die baan gebrachten pretension verharren wolten, so
wurden ihre Kayserliche mayestät und alle deroselben gehorsame chur-,
fürsten und ständt keinen andern schluss machen könden, denn daß dem
gegentheil zu fürderlicher beschliessung deß fridens gar nit ernst sey, wafern
derselbe aber einen rechten eiffer hierzu erscheinen lassen wolte, so solte
er ja keine difficultet machen, one weiter zuwartten mit ihrer Kayserlichen
mayestät gevollmächtigten gesandten zu der haubthandlung fürzeschreiten.
Solte es dann bey beschliessung deß fridens ein- oder anderntheils vor ein
unvermeidenliche nothurfft gehalten werden, daß darüber zu desto mehrer
sicherheit und bestendigkheit ein offendtlicher reichsschluss erfolgen müeß-
te, so wurde alsdann noch zeit genueg sein, sich wegen versamblung eines
allgemeinen reichstags zu vergleichen, verhoffendtlich auch ihre Kayser-
liche mayestätt sich ein solches nit entgegen sein lassen. Und es hetten sich
die Schwedischen hierab sovil weniger zu beschweren, weil one daß die
jetzige reichsdeputation zu Frankfurt zu dem ende ze continuiren geschlos-
sen worden, daß je nach gestalt der sachen durch ihre Kayserliche mayestät
bei derselben über die vorfallende fridenshandlungen räthlich guetachten
eingeholt, und also alles mit der reichsständen zuthuen volnfüret werden
möge.
Die Übergabe der schriftlichen Proposition kann den schwedischen Gesandten nicht
abgeschlagen werden, ihnen sollte aber angedeutet werden, daß man erwarte, sie wer-
den sich nit allein der materi halber, so zu tractiren, erclären, sondern auch
die handlung selbst würklich antretten, und also an ihrem ortt keinen
saumbsal mehr erscheinen lassen, sondern bedenkhen, daß sie mit fernern
auffzuglicheiten bey der gantzen christenheit ein schwere veranttworttung
auff sich laden würden.
Das Ansuchen des dänischen Sekretärs Klein auf Erlangen eines schwedischen Geleit-
briefes ist unseres Erachtens zu unterstützen.