Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
Rezepisse auf Beilage C von nr. 167. Wenn ihr unser Schreiben vom 7. Februar recht
bedenkt, glauben wir, daß ihr mehr ursach habt, unser vor ihrer Kayserlichen mayestät
und des gantzen Römischen Reichs heyl, rhue und wolfart tragende sonderbare Sorg-
falt darbey zu erkhennen, alß dergestalt, wie wir auß euer andtwortt verspühren
miessen ungleich und empfindlich aufzunemmen und hatt unß auch zu solchem schrei-
ben gar nit ainige wider euch von anderen auß aigensünnigkheit und passion, wie ir
euch einbilden wollet, beschehne unguetliche information und angeben, zumahl bey
unß dergleichen nichts einkhommen, sondern eure selbst aigene auf unsere abgangene
schreiben gethane andtwortten und bericht ursach geben.
Dan ob wir euch wol in unsern schreiben vom 10. und 31. Jenner
Vgl. [nr. 167 Anm. 1] .
strirt und zu erkhennen geben, in waß gefehrlichen standt dieser zeit das Heylige
Römische Reich und sowohl die Kayserliche immediat- alß unsere anverthrautte reichs-
armaden sich befünden, wie zu der underhaltung und weiteren vortsezung des kriegs,
bevorab wider solche underschidliche und mächtige feindt die mittel im Reich einmahl
nit mehr vorhanden, noch zu fünden und derowegen die vor augen stehende grosse
gefahren in zeitten abzuewenden und sowohl die Kayserliche erbkönigreich und landt
alß daß gantze Römische Reich vor endtlichen undergang und völligen ybergwältigung
zu erretten, khein anders mitel ybrig seye, alß den friden zwischen dem Römischen
Reich und den feindtlichen cronen auf alle mogliche weeg solcher gestalt zu befürdern,
damit man noch vor der herbeynachenden campagna entweder zum fridenschlusß
selbsten oder zum wenigsten deßwegen zu einem solchen gewissen veranlass gelangen
khöndt, daß die beeden cronen Franckhreich und Schweden daran nit mehr zue zweif-
len und daher auch nit ursach haben, solche starckhe kriegspraeparatoria, wie von
allen orthen her bericht wirdt, wider das Römische Reich zu machen, sondern im
werckh selbsten verspühren mögen, daß ihrer Kayserlichen mayestät und den sament-
lichen ständen deß Reichs auffrichtige intention und rechter ernst seye, den frieden zue
schliessen und ihnen in iren praetensionibus in etwas satisfaction zu geben. Darbey wir
euch dan auch unsere sorgfeltige gedanckhen und motiven verthreulich eröffnet, war-
umb man durch den zu Oßnabrugg ergriffenen modum zu tractiren und vor allen
dingen die religionsgravamina, die amnistiam und andere, die innerliche beruhigung
des Reichs betreffende puncten zu vergleichen, den vorgezülten zweckh, so schleunig
und geschwindt nit, wie es der gegenwerttige status imperii et belli zum höchsten
erfordert, werde erreichen khönden, sondern nottwendiger entweder vorher oder doch
pari passu auch mit den beeden cronen handlen und sechen miessen, durch waß fir er-
sprießliche mittel und weg dieselbige zu contentiren und zu einem erträglichen friden zu
bringen sein möchten.
So ist unß iedoch auf dise unsere so threu und wohlmeinende remonstrationes, erinne-
rungen und vorschläg von euch khein andere andtwortt ervolgt, alß daß ihr zwar den
von unß yberschriebenen statum Imperii et militiae und dahero entsprungene grosse
nottwendigkheiten deß friedens selbsten auch wol appraehendirt und erkhent, und
derohalben denselben zu befürderen an eurem vleiß, mühe und arbeith kheinen tag, ia
khein stundt biß dahin versaumbt und auch noch firters versaumen wollet, aber von
dem einmal angefangenen modo tractandi gravaminum nit mehr aussezen oder den
punctum satisfactionis zugleich vornemmen khöndt. Sintemahlen die Schwedische und
protestirende so starck darauff tringen und versprechen, wan man sich diesfahls mit
ihnen werde verglichen haben, das sie alßdan bey ihrer Kayserlichen mayestät mit den
anderen chur-, fürsten und ständten für einen mann stehen und die Franzosen zu einem
billichmessigen frieden bezwingen helffen wollen. Derowegen haben wür bey euer also
ervolgten andtwortt und unangesehen aller unser dargegen eingewendten erheblichen
bedenckhen, beharrter voriger meinung, gewissens und derjenigen pflichten halber,
damit wier irer mayestät und dem Römischen Reich zugethan seind, nit umbgehen
khönden und sollen, wirdt unß auch deswegen niemandt mit fueg verdenckhen, noch
mit vernunfft ybel außdaithen khönden, in unserem den 7. Februarii abgangenem
schreiben, sowol deß Reichs allgemeines alß unser sonderbare nottdurfft euch alß irer
mayestät vornembsten Kayserlichen commissario, welcher in dero namen die friedens-
handlung an seithen deß Reichs dirigirt und zu dem von menniglich hoch verlangten
schluss befürderen helffen khan; ferner wolmeinendt zu demonstriren und er erkhen-
nen zu geben, auß was ursachen, wan ihr auch schon alle eweren eüssersten vleiß an-
wendet, durch den angefangenen weg et modum tractandi der frieden nit werde so-
baldt alß es die höchste und unvermeidenliche nott und gefahr des Reichs erforderen,
khonden erhebt, sondern nottwendig auch mit vielgedachter beeden cronen plenipoten-
tiariis wegen der von ihnen praetendirten satisfaction, woll man sie anderst zum
frieden und auß dem Reich bringen, gehandtlet werden müessen. Und waß wier alzeit
besorgt und in obangezogenen unseren schreiben erinnert, daß nemblich auf der
Schweden und protestirenden anerbietten, nach vergleichung der gravaminum mit den
catholischen wider die Franzosen für einen mann zu stehen, kein fundament und hoff-
nung zu machen, sondern diß alles allein zu mehrerem ihrem vortel angesechen seye,
daß khombt jezunder schon herauß. Dan wir fir gewiß bericht seindt, und werd ihrs
ohne zweifel von anderen auch schon vernommen haben, das die Schweden und prote-
stirende sich offentlich erclert, das ihre intention und meinung niemalß gewesen, wan
schon die gravamina und anders mit ihnen verglichen, daß sie darumb mit der cron
Franckhreich rumpiern, sonder allein irer Kayserlichen mayestät und den catholischen
cur-, fürsten und ständen mit guetten wortten assistiren und die Franzosen zur ragion
bringen helffen wollen. Daß auch der Franzosen und Schweden intention nit sey, die
gravamina und anders, so zu der innerlichen beruehigung dienen mag, noch zuvor, ehe
mann der praetendirten satisfaction halber in den reichsräthen deliberirt und geschlossen
haben würdt, in ein völlige richtigkheith zue bringen, sonder vihlmehr die ständt
darmit so lang in suspenso zu halten, biß sie sich vorher auch der satisfaction halber
mit ihren guettachten vernemmen lassen, ist auß dem handtgreifflich abzunemmen, daß
sowol die Schwedische als Französische plenipotentiarii, vermög deren unß lestlich von
Münster eingelangten berichten, begehrt und die ständt albereith bewilliget haben, daß
die re- und correlationes von dem, waß zue Münster und Oßnabrugg in den dreyen
reichsräthen super punctis primae classis alß gravaminum und anderen geschlossen, so-
lang eingestelt verbleiben sollen, biß die puncta secundae classis, darunder der cronen
satisfaction begriffen, gleichfahls in den reichsräthen werde deliberirt worden sein.
Daher es noch auf dem hinaußlaufft, was wir alzeit unsers theils gerathen und zu
Münster und zu Oßnabrugg durch die unserige vottiern lassen, daß die puncten grava-
minum und satisfactionis pari passu vorgenommen und berathschlagt werden möchten.
Und wofern dies zeitlicher geschechen, so were man, ohn allen zweifel in beeden
puncten schon vill weiter khommen. Und ob ihr wohl in eurem schreiben anziecht,
daß man inmittelß, weil ir zu Oßnabrugg gewesen, nit underlassen hab, durch die
mediatores und euere collegas den Franzosen die unbilligkheit ihrer praetension bey
gehabter occasion zu remonstriren, so haben doch die Franzosen solches fir khein hand-
lung, sondern villmehr dahin verstanden, das die Kaiserlichen mit ihnen super puncto
satisfactionis gar nichts handlen, sondern sogar auch die von den ständen vorgehabte
deputation zu ihnen verhinderen wollen. Inmassen dan eure collegae sich gegen etliche
gesandten expresse vernemmen lassen, daß sie sowohl von irer mayestätt intention alß
von eurer instruction in diesen puncten der satisfaction ganz nichts wissen und sich
derwegen auch darüber in einige handtlung nit einlassen khöndten.
Daß ir auch ferners in eurem schreiben vermeldt, diese eure obverstandtne treuge-
meindte intention, die gravamina vorher zu erledigen und alßdann erst den satisfactio-
nispuncten vorzunemmen, seye vast von allen cur- und fürsten approbirt worden und
derowegen, wan ir ye, wider alle zuversicht geirrt habt, euch desto leichter zu verzei-
chen sein werde, lassen wirs zwar auch also sein, und haben selbsten sovil bericht, daß
andere chur- und fürstliche gesandte dißfahls mit euch einer gleichmessigen meinung
gewesen, aber allein auß dieser ursachen, weil sie von euch die gewisse vertröstung
gehabt, wan die gravamina richtig, das alßdan die Schweden und protestirende mit
und neben den catholischen bey ihrer Kayserlichen mayestät fir einen mann wider die
Franzosen stehen und dieselbige von des Reichs boden treiben helffen wollen. Sintemahl
aber numehr dise hoffnung, oberzeltermassen gefallen, so haben dieselbige chur- und
fürsten ihr vorige meinung, wie wier vernemmen, auch wieder geendert und fir rat-
samber befunden, daß die re- und correlationes in puncto gravaminum et satisfactionis
zugleich mit ein anderen geschehen sollen. Zudeme haben die andere chur-, fürsten
und stendt bey der gemeinen reichsdefension kheinen solchen schwehren last auf dem
halß wie wier, sondern wan sie die 120 Römermonat und ihrer vihl auch, wegen der
erlangten moderation, vil weniger erstattet, unß sorgen lassen, wie wir die reichsarmada
außristen, mit remontierung und recruten sterckhen und in esse erhalten, auch mit
profiant, munition und fuehrwerckh versorgen khönden. Dannenhero sie auch kheine
solche nottrungliche ursachen haben, darauff zu tringen, daß der frieden noch vor der
campagna möchte geschlossen oder doch so weit versichert werden, das man desto
bessere hoffnung haben khöndt, zu einem armistitio biß zum völigen friedenschluss zue
gelangen, wie dann unserm empfangenen bericht nach die Französische plenipotentiarii
dergleichen unlengst von den mediatoribus zugemuettetes armistitium nit außgeschla-
gen, sondern sich darzue auff besagten fahl, wan man mit ihnen der satisfaction und
anders halber tractiren werdt, genäigt erzeigt und anerbotten haben, deßhalber mit den
Schwedischen zu handlen, inmassen durch den conte d’Avaux mit irem neulich zue
Oßnabrugg, der mediatoren anzaig nach, ein anfang gemacht worden sein solle.
Belangendt die in eurem schreiben angezogene deputation der catholischen stendt
nacher Oßnabrugg, die gravamina alda abzuhandlen, werdt ir ohne zweifel von denen
zue Münster anwesenden catholischen gesandten vernommen haben und fir rathsammer
ermessen, vorher, ehe sie sich zu solcher deputation verstehen, von den protestirenden
ihre vorschläg und temperamenta zu vernemmen, wie sie vermeinen, daß die religions-
gravamina zu vergleichen und hinzulegen sein möchten und were unß selbst nichts
liebers alß dasz eurem andeiten nach, die gravamina innerhalb 8 tagen verglichen wer-
den khöndten; ob aber auch, wan schon dieselbige verglichen, der frieden darumb, und
zwar noch vor Ostern, wie ihr schreibt, ervolgen werde, ist hoch zu winschen, doch
oberzelten umbstendten nach, nicht zu hoffen, es werde dan der punctus satisfactionis
beeden cronen mit einem anderen ernst, eyffer und manier angriffen alß bißhero
geschechen.
Ob die Franzosen oder wer sonsten bißhero den frieden gehindert, lassen wir dahin
gestelt sein und begehren der Franzosen actiones dißfahls nit zu defendiren. Aber vor
diesem und erst bey der nechsten post widerumb seind wir auß Paris durch den Babsti-
schen nuncium, mit dem wir bißher auf irer Kayserlichen majestät gnediges begehren
correspondirt, laut des copeylichen beyschluß auß der königin selbst und deß cardinals
Mazarini mundt und bevelch versichert worden, daß der cron Franckhreich rechter
ernst seye, mit dem Römischen Reich friden zu schliessen und sich mit der investitur
des Elsass contentiren zu lassen; wan man nur derowegen mit ihren plenipotentiariis zu
Münster handlen werde, daß sie auch solche handlung und vergleichung noch vor der
campagna gern sechen wolten, mit dem außtruckhlichen anhang, da mans dahin khom-
men lassen solte, werde es alßdan vihl schwerer mit der handlung hergehen und
Franckhreich solche grosse unkosten nit gern umbsonst wollen angewendt haben. Wie
wir dann unsern gesandten gnedigst anbevolchen, euch hiervon fernere communication
zue thuen und allen eusseristen vleiß mit anzuewendten, damit man doch darneben zu
dem von menniglich hoch desiderirten und bey gegenwerttigem statu deß Reichs hoch-
nottwendigen friden unverzüglich und noch vor ehe die campagna angehet, gelangen
mög. Dan khombt man nochmahlß gegeneinanderen ins veldt, so ist wenig hoffnung,
wie wir euch öffters angedeut, den friden vorm end der campagna zu schliessen und
gar hoch zu befahren, man werde bey des Reichs geringen gegenverfassung und ge-
machten schlechten anstalt, eher mehrer verliehren alß was gewünnen und kheine
solche conditiones pacis, sonder noch vihl schwerere einwilligen miessen.
Daß wir in offt angezogenem schreiben entlich auch angehengt, was wir in eum even-
tum, da der friden noch lenger aufgezogen werden solte, auß getrungener noth zu
unser und der unserigen verwahrung fur eine resolution gefast, habt irs umb soviel
weniger zu empfinden und dahin, wie auß eurem schreiben erscheindt, außzudeiten,
alß wann es auf euch gemaint were, seitemahl wir unß eines gleichmessigen vor diesem
und erst neulich widerumb durch meinen desswegen aigens abgeordneten gegen irer
Kayserlichen mayestät selbsten erclert. Deroselben unsere hochwichtige bedenckhen, die
unß zu solcher resolution bewogen und necessitiren, außführlich zu erkhennen geben,
und unß auf obgesezten fahl darbey bestendig zu verharren, die eusseriste nott, ver-
nunfft und schwere verantwortung, die wir sonst vor Gott und unser ganzen posteri-
tet, auch landt und leuthen auf unß laden wurden, darzue bezwingen thuen. Wir
gleben aber noch alzeit der zuverlessigen gewissen hoffnung, ihr mayestät und ihr
selbsten auch, alß dero vornembster minister, werden es darzue nit khommen lassen,
sondern noch bey rechter zeit vorher solche mitel ergreiffen und zu werckh sezen, dar-
durch sowohl irer Kayserlichen mayestät erbkönigreich und landt, alß wir und andere
deroselben getreue und gehorsame chur-, fürsten und stendt dermassen mögen versichert
werden, daß wir nit ursach haben andere versicherungsmitel an die handt zu nemen.
Lestlich, das ihr bißher under euer anwesenheit zu Oßnabrugg euch in particulari
angelegen sein lassen unß und unser hauß nit allein bey der curdignitet, sonder auch
bey der Obern Pfalz, biß unß wirckhliche satisfaction geschicht, zu erhalten, deßhalber
thuen wir unß bedanckhen und euch hiemit nochmahls versicheren, daß wir und unser
hauß solches in khein vergessenheit stellen, sonder umb euch und die eurige zu ieder
begebenheit danckhbarlich erkhennen wollen, in dem unzweifelichen guetten ver-
thrauen, ir werdt euch diese Pfälzische sachen noch firters sonderbar angelegen und
recommendirt sein lassen. Wie unß dan unsere abgesandte vor diesem und erst bey der
lesteren post hochgerühmbt, wie eufferig ir solches bißher gethan, und waß ir zu sol-
chem end fur schreiben mit ihnen gewechslet habt. Weil ir dan unserm empfangenen
bericht nach numehr hoffentlich zu Münster wider angelangt, so werdt ihr desto
bessere gelegenheit haben, von disen Pfalzischen sachen mit den unserigen zu conferi-
ren, inmassen sie dan von unß auch bevelcht sein, damit also mit gesambtem rath und
zuthuen dieses werckh wohl incaminirt und volgents auch zu einer gueten bestendigen
richtigkeit gebracht werden möge.