Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
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EINLEITUNG
1. Inhaltlicher Überblick
Die Ankunft des kaiserlichen Hauptgesandten Maximilian von Trauttmans-dorff am 29. November 1645 in Münster ist schon von den Zeitgenossen als eine bedeutende Zäsur der Friedensverhandlungen empfunden worden. Die Aufnahme seiner Tätigkeit am Kongreß, mit der dieser Band einsetzt, wurde und sollte als Zeichen verstanden werden, daß der Kaiser, der bis dahin mit Blick auf das Schlachtfeld und eventuelle Separatabkommen die Friedensverhandlungen nur halbherzig betrieben hatte, nun seine politischen Probleme im Reich und mit dem Ausland in einer Gesamtlösung, auf dem Universalfriedenskongreß, zu suchen gewillt sei. Die weitreichenden Kon-zessionen, zu denen Trauttmansdorff in seiner Geheiminstruktion vom 16. Oktober 1645
ermächtigt worden war, resultierten aus der Einsicht des Kaiserhofs, daß der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei und daß die völlige Niederlage um so gewisser würde, je länger die Kämpfe dauerten. Ein baldiger Frieden war daher um fast jeden Preis anzustreben.
Von all diesen schweren Vorbelastungen seiner Mission zeigte Trautt-mansdorff sich gerade in dem Zeitraum, den der vorliegende Band umfaßt, wenig berührt. Die Geheiminstruktion war eine Aufzählung der äußersten Konzessionen und kein unmittelbar durchzusetzendes Programm. In dem durch sie abgesteckten Rahmen blieb dem Chef der kaiserlichen Delegation in kontinuierlicher Abstimmung mit dem Hof ein großer Spielraum für eigenständiges Verhandeln. Umfassend bevollmächtigt und auf das Ver-trauen seines Herrn gestützt, hatte er die Zuversicht, sowohl dem Kaiser die Opfer ersparen zu können, zu denen dieser in der äußersten Not be-reit war, als auch den Frieden bis Ostern 1646, mindestens aber bis zur Mitte des Jahres, unter Dach und Fach bringen zu können. Zu seinem Optimismus mag ihn die hoffnungsvolle Stimmung verleitet haben, die den Kongreß mit seiner Ankunft erfaßte, da man nach gut zweijährigen Vorverhandlungen endlich zur Sache kam. Vernahm Trauttmansdorff nicht bei seinen ersten Kontakten allenthalben von den Reichsständen, daß den Forderungen Frankreichs und Schwedens entschieden entgegengetreten werden müsse? Zeigten nicht die Schweden bei jeder Gelegenheit großen Eifer zu einem baldigen Frieden? Gaben nicht die Nachrichten über Un-ruhen in Paris Anlaß zur Hoffnung auf eine entgegenkommende Haltung Frankreichs? Und schließlich, schien nicht selbst das verbündete Bayern für einen Augenblick bereit zu sein, seine, dem Kaiser oft widerstrebenden Vorstellungen von den Friedensverhandlungen zurückzustellen, um Trautt-mansdorffs erste Schritte abzuwarten?
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Das bayerische Verlangen, aus der Militärallianz mit dem Kaiser durch einen Separatfrieden mit Frankreich auszuscheiden, glaubte Trauttmans-dorff vorerst dadurch gedämpft zu haben, daß er Kurfürst Maximilians Wunsch nach Verhandlungen mit Frankreich sofort nachkam. Auf eine kaiserliche Weisung an Nassau und Volmar vom 30. September 1645 gestützt
, bot er in den ersten Dezembertagen die rechtliche Zession der faktisch längst verlorenen lothringischen Stifter Metz, Toul und Verdun zusammen mit dem oberitalienischen Pinerolo an und gab auf eigene Ver-antwortung noch die lothringische Festung Moyenvic dazu. Von einer Demolierung Breisachs aber, von der die Franzosen behaupteten, daß sie ihnen schon angetragen worden sei, wollte er, auch nach der ausdrück-lichen kaiserlichen Ermächtigung dazu am 19. Januar 1646, nichts wissen, denn seine Pläne gingen in eine ganz andere Richtung.
Da die französischen Ansprüche nur durch habsburgische Opfer am Ober-rhein und die schwedischen nur auf Kosten des nordwestdeutschen Katho-lizismus zu befriedigen waren, war Trauttmansdorff bestrebt, die Forde-rungen des Auslands durch eine Einigung des Kaisers mit den Reichs-ständen in engen Grenzen zu halten. Ihn zog es daher schon nach 14 Tagen nach Osnabrück, wohin die Religionsverhandlungen verwiesen worden waren; denn über sie und weniger durch die Erfüllung reichsständischer Amnestiewünsche wollte er die Stände versöhnen, um die Voraussetzung für eine Einigung zwischen Kaiser und Reich zu schaffen.
Ehe er sich in Osnabrück seinem Vorhaben zuwenden konnte, mußten noch einige aus den Vorverhandlungen offene Fragen geklärt werden. Die schwedische Forderung nach Zulassung von Mediatständen und Privaten zum Kongreß war auch bei den Reichsständen auf Unverständnis gestoßen, so daß die schwedischen Gesandten sich bei ihrem zweiten Zusammen-treffen mit dem kaiserlichen Hauptgesandten am 17. Dezember in Osna-brück mit Geleitbriefen für Stralsund und Erfurt zufrieden gaben unter dem Vorbehalt, bei Gelegenheit den Kreis der Zuzulassenden zu erweitern. Die Teilnahme des von einem kursächsischen Prinzen regierten Erzstifts Magde-burg an den Sitzungen des Fürstenrats haben die Reichsstände ohne die Kaiserlichen geregelt, indem sie ihm einen Platz zwischen der geistlichen und weltlichen Bank anwiesen; auch sind sie über die Forderungen des Kaisers, die mit ihm noch nicht versöhnten Reichsstände Hessen-Kassel, Baden-Durlach und Nassau-Saarbrücken von den ständischen Beratungen auszuschließen, im Laufe der Verhandlungen bald hinweggegangen.
Nun gelang es Trauttmansdorff zu Beginn der zweiten Dezemberhälfte erfreulich schnell, Protestanten und Schweden davon zu überzeugen, die Verhandlungen über die Religionsgravamina den Konfessionsparteien an-heimzustellen und die Protestanten zugleich dazu zu bewegen, diese Ver-
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handlungen durch die Vorlage ihrer Gravamina am Weihnachtstag 1645 zu eröffnen. Obwohl sie in keinem Punkt ihrer alten Forderungen Kom-promißbereitschaft zeigten, gewann Trauttmansdorff bei seinen ersten Kontakten den Eindruck, daß sie bald nachgeben würden.
Als dann noch am 7. Januar 1646 Frankreich und Schweden in ihren Repliken ihre Forderungen an Kaiser und Reich bekanntgaben, lagen die für die Eröffnung substantieller Verhandlungen nötigen Dokumente vor, wenn auch die Franzosen die offizielle schriftliche Kommunikation an die Kaiserlichen bis zum 19. Januar verhinderten, da sie sich mit ihnen nicht über die Form der Ausgabe an die Reichsstände einigen konnten. Der Griff Frankreichs auf habsburgisches Gut rechts des Rheins, seine Absicht, den spanischen König und den Herzog von Lothringen aus dem Frieden aus-zuschließen, und Schwedens Verlangen nach habsburgischem Land in Schlesien und nach allen nordwestdeutschen Stiftern lösten nun doch eine gewisse Ernüchterung in der kaiserlichen Delegation aus, auch wenn man noch keinen Anlaß für eine grundsätzliche Korrektur des Kurses sah. Mit den weitgehenden Amnestieforderungen hatte man rechnen müssen. Sie wogen nicht so schwer; denn es bestand die berechtigte Hoffnung auf die Durchsetzung eigener Vorstellungen, wenn nur erst einmal die auslän-dischen Mächte befriedigt waren. Mit einiger Zuversicht konnten die kaiserlichen Gesandten die Reaktion der Stände auf die Forderung nach wesentlicher Umgestaltung der Reichsverfassung abwarten; und die Siche-rung und Ausführung des Friedens waren Fragen, die jetzt wenig be-rührten.
Die beiden Repliken wurden den Reichsständen zur Beratung überwiesen. Deren Votum war nicht zu umgehen, nachdem sie gegen den Willen des Kaisers am Kongreß teilnahmen. Erhofften sich doch Kaiser und Kronen eine Stärkung ihrer Position durch ein gutes Einvernehmen mit ihnen, obwohl die Großmächte andererseits nicht bereit waren, in ihrer Politik auf die Stände Rücksicht zu nehmen. Die politisch und konfessionell tief zerstrittenen und in ihrer Mehrheit durch ihre provinziellen Eigeninter-essen beschränkten Reichsstände waren aber am wenigsten fähig, den Anfang in der Entwirrung des vielfältigen Geflechts von Problemen zu machen.
Das zeigten zunächst die Verhandlungen über die Religionsgravamina. Die katholischen Stände unter der Führung des Bischofs von Osnabrück, Franz Wilhelm von Wartenberg, hätten darüber am liebsten nicht auf dem Kongreß, sondern auf einem Reichstag verhandelt, wo die Evangelischen, ohne Rückhalt an Schweden, wie auch in der Vergangenheit leicht hätten majorisiert werden können. Trauttmansdorff bemühte sich in der zweiten Januarhälfte mit mäßigem Erfolg, den Katholiken klarzumachen, daß Verlegung auf einen Reichstag ebenso aussichtslos sei wie Hoffnung auf konfessionspolitische Unterstützung durch Frankreich, mit dessen Hilfe
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die Schweden ins Reich gekommen seien. Mit ihren Maximalforderungen vom 8. Februar und dem gleichzeitig vorgebrachten Begehren, für weitere Verhandlungen neue Instruktion einholen zu müssen, bekundeten die Katholiken nur ein weiteres Mal ihr Desinteresse an Gravaminaverhand-lungen. In dieselbe Richtung ging auch der Streit um das Wie und Wo der Verhandlungen zwischen den Religionsparteien. Das katholische Begehren nach weiterem Austausch von Verhandlungsunterlagen sollte die Sache in die Länge ziehen, und der Versuch, die Verhandlungen aus Osnabrück abzuziehen, war von vornherein aussichtslos. Denn Kaiserliche und Schwe-den hatten sich schon darauf geeinigt, die Gravamina in Osnabrück zu verhandeln, da die Schweden in ihrer dort im Juni 1645 ausgegebenen Proposition der Religionsfrage eine besondere Stellung eingeräumt hatten. Es war also ein Präjudiz geschaffen worden, und dieser Einsicht mußten sich schließlich auch die Katholiken Anfang März beugen, als Trauttmans-dorff schon wieder in Münster war.
Die Bereitschaft der Katholiken, die Gravaminaverhandlungen in Osna-brück zu führen, honorierten die Protestanten durch die Übergabe ihrer Kompositionsmedia am 8. März. Dort signalisierten sie zum ersten Male Kompromißbereitschaft, da sie befürchteten, widrigenfalls den Anschluß an die gut anlaufenden kaiserlich-schwedischen Satisfaktionsverhandlun-gen zu verlieren. Die Katholiken gingen auf dieses Angebot in ihren Gegen-vorschlägen vom 17. März nicht ein, und so ist man in der Sache bis Mitte April nicht weitergekommen. Immerhin haben die katholischen Reichs-stände die alte Forderung der protestantischen Gegenseite erfüllt, daß die Religionsgravamina nur in gütlichem Einvernehmen beizulegen seien, als am 12. April Deputationen beider Seiten in Osnabrück zusammenkamen. Dieser Erfolg war vor allem dem vorsichtigen Abrücken Bayerns von den intransigenten Katholiken zu verdanken, nachdem der Kaiser Elsaß-Ver-handlungen mit Frankreich ernsthaft aufgenommen hatte. Die Einigung unter den Reichsständen, der Trauttmansdorff in seiner Taktik des Früh-jahrs 1646 eine ausschlaggebende Rolle zugedacht hatte, war aber auch danach noch in weiter Ferne. Vielmehr war offenbar geworden, daß das Versöhnungskonzept wegen des bestimmenden Einflusses, den die Reichs-stände dadurch auf den Fortgang der Verhandlungen gewinnen mußten, einen schnellen Abschluß eher hinderte als förderte.
Das zeigte sich nicht nur bei den Sonderverhandlungen über die Religions-gravamina, sondern auch in den Ende Januar 1646 aufgenommenen Bera-tungen der reichsständischen Kurien in Münster und Osnabrück über die Repliken der Kronen. Schon die Frage, in welcher Reihenfolge die Gegen-stände beraten werden sollten, entfachte heftigen Streit. Kaiserliche und Protestanten wollten mit der Amnestie und den Reichsgravamina beginnen, während die Katholiken, da sie hier nur Opfer würden bringen müssen, die Satisfaktion vorziehen wollten, wobei sie allerdings vornehmlich an die
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Befriedigung der Ansprüche Frankreichs dachten, von dem sie sich dann eine Unterstützung ihrer Belange versprachen. Diese Politik fand die Zu-stimmung Bayerns, das durch sofortige Satisfaktionsverhandlungen mit Frankreich dem befürchteten Einfall der Franzosen ins eigene Land wäh-rend der Frühjahrsoffensive 1646 zuvorkommen wollte. Die Hilfe der bayerischen Gesandten zeigte anfangs wenig Wirkung, da auch Frankreich und Schweden an der in ihren Repliken vorgegebenen Reihenfolge fest-hielten. Da aber Kurfürst Maximilian von München aus, je näher die Kam-pagne rückte, um so vehementer das Verlangen der katholischen Reichs-stände unterstützte, gaben sie sich noch nicht geschlagen und beschlossen am 29. Januar sogar, unmittelbar mit den Franzosen zu verhandeln. Nur durch eine scharfe Intervention und das Kompromißangebot, die Grava-mina zugleich mit der Satisfaktion traktieren zu lassen, konnte Trautt-mansdorff verhindern, daß ihm die Verhandlungen nicht schon am Anfang entglitten. Angesichts der Uneinigkeit unter den Ständen fand das neue Verfahren auch die Unterstützung der Kronen, denen nicht daran gelegen sein konnte, daß die Behandlung ihrer Interessen bis zur ungewissen Eini-gung unter den Ständen verschoben wurde.
Das Votum der Reichsstände zu den Repliken der Kronen war von vorn-herein entwertet, da beschlossen worden war, auf ein Reichsconclusum zu verzichten und statt dessen Stellungnahmen, also unverbindliche Gutachten, der Reichskollegien einzuholen. Die von den ausländischen Mächten vor allem in den Propositionen vom Juni 1645 vorgebrachten und mit den Repliken vom 7. Januar 1646 abgemilderten Vorschläge zur Änderung der Reichsverfassung empfanden die Reichsstände als Einmischung in Ange-legenheiten, die allein sie und den Kaiser etwas angingen und die sie nicht, wie vorgeschlagen, in revolutionärer Weise lösen wollten. Frankreich und Schweden haben daraufhin ihre Pläne nicht mehr weiter verfolgt. Im Gegensatz zu dieser konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Kaiser und Reich wurden die Amnestieberatungen ganz vom konfessionellen Hader geprägt. Kurfürstenrat und Fürstenrat, wo die Katholiken die Mehrheit hatten, sprachen sich für die Regensburger Amnestie von 1641 (Restitution ab 1630 in politischen und ab 1627 in kirchlichen Angelegenheiten) aus, während die evangelische Mehrheit des Städterats am Jahr 1618 als Stich-jahr für Amnestie und Restitution festhielt. Die Grenzen reichsständischer Politik traten deutlich bei der Erörterung der Frage zutage, ob das Reich den ausländischen Mächten eine Satisfaktion schuldig sei. Darauf nämlich hatten die Kaiserlichen das Satisfaktionsproblem in ihrer Proposition mit Absicht reduziert. Zwischen moralischer Überzeugung, Solidarität mit dem Kaiser, Eigeninteressen und der massiven Einwirkung der Kronen schwan-kend, kapitulierten Fürsten- und Städterat; lediglich der Kurfürstenrat lehnte die ausländischen Ansprüche mit knapper Mehrheit ab, die nur
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dadurch zustande gekommen war, daß die Trierer Gesandten den Anwei-sungen ihres Kurfürsten nicht gefolgt waren.
Daß die reichsständischen Beratungen seiner Politik so wenig hilfreich waren, mußte Trauttmansdorff um so schmerzlicher empfinden, als ihm vom Kaiser in zwei umfangreichen Instruktionen über die Reichs- und Religionsgravamina vom 27. Februar 1646 der Weg zu einem tragfähigen Kompromiß gewiesen worden war. Wenn sich der Kaiser bereit fand, auf die rückwirkende Anwendung des Geistlichen Vorbehalts zu verzichten, für die Verteilung der Stifter auf die tatsächlichen Besitzverhältnisse im Jahre 1627, einschließlich des Verzichts auf die umstrittenen nordwest-deutschen Stifter, abzustellen und den bis zur
endlichen Vergleichung der Religion in ihrem Besitz gesicherten protestantischen Stiftsinhabern nun auch Titel, Investitur und Stimmrecht zuzugestehen, konnten auf prote-stantischer Seite bezüglich der Reichsstifter kaum mehr Wünsche offen bleiben. Freilich mußten die katholischen Reichsstände für die Erfüllung dieser, seit Generationen von der Gegenseite vorgebrachten Forderungen erst noch gewonnen werden. Dies galt auch für die schon im voraus, in einer Instruktion vom 23. Januar, ins Auge gefaßte Reform der Reichs-justiz durch die Zulassung protestantischer Reichshofräte und die Ein-führung des Reichskammergerichtsverfahrens in Religionssachen im kaiser-lichen Reichshofrat. Kaum konzessionsbereit und darin einig mit seinen Glaubensbrüdern war der Kaiser, wo er als Landesherr betroffen war. Andersgläubige wollte er in seinen Territorien, vom schlesischen Sonderfall abgesehen, nicht dulden. Eine Freistellung der Religion kam nicht in Frage, das Jus reformandi des Landesherrn sollte uneingeschränkt gültig bleiben.
Der Zug, Unnachgiebigkeit dort, wo er selbst berührt war, durch weites Entgegenkommen in anderen Bereichen zu kompensieren, wird auch in der Amnestie-Instruktion vom 27. Februar 1646 deutlich. Ferdinand III. sperrte sich dagegen, sowohl das 1622 ergangene Reichshofratsurteil über die umstrittene obere Markgrafschaft Baden zugunsten der katholischen Baden-Badener Linie als auch den Spruch von 1623 zugunsten des kaiser-lich gesinnten Hessen-Darmstadt über das Marburger Erbe aufzuheben. Die Annullierung beider Urteile würde die kaiserliche Justizhoheit schmä-lern, und auch politische Rücksichten sprächen gegen einen solchen Schritt. Hingegen überwanden bayerische Interventionen die ursprüngliche Ab-neigung Ferdinands III., den Pfalzgrafen in Kurwürde und Rheinpfalz zu restituieren. Selbst einen Teil der Oberpfalz wollte der Kaiser dem Pfälzer überlassen, allerdings nur, wenn ihm daraus keine Kosten entstehen wür-den. Falls Kurfürst Maximilian sich nicht ohne Regreß an den Kaiser von einem Teil der Oberpfalz trennen wollte, müßte sie Bayern ganz erhalten bleiben.
Wenig Probleme warf die völkerrechtlich übliche gegenseitige Amnestie-rung der kriegführenden Parteien auf. Den meist in Folge der böhmischen
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Rebellion um ihren Besitz gekommenen kaiserlichen Erbuntertanen mußte dann auch, wie dieselbe Instruktion betonte, die Rückkehr in ihre Heimat gestattet werden. Dies konnte hingenommen werden, wenn sie die inzwi-schen eingetretenen Verhältnisse akzeptierten. Einzelfälle, deren sich die Schweden besonders annehmen würden, war Wien bereit zu prüfen.
In der gleichen Zeit, als sich Trauttmansdorff um eine Einigung unter den Reichsständen bemühte, erhielt er vom Kaiser am 3. Januar 1646 den Auf-trag, die Lage für die Verwirklichung des alten habsburgischen Wunsches nach einer Kur für das Erzhaus zu sondieren. Pläne dieser Art waren am Hof aufgekommen, als Kurfürst Maximilian im Dezember 1645 vorstellig geworden war, um den Kaiser von seiner Absicht abzubringen, die pfäl-zische Kurwürde zwischen dem bayerischen und pfälzischen Hause Wittels-bach alternieren zu lassen. Der bayerische Abgesandte konnte die Wider-stände der kaiserlichen Räte gegen eine Änderung der Goldenen Bulle und ein wittelsbachisches Übergewicht im Kurkolleg schnell überwinden. Das Argument, daß die von Bayern favorisierte Lösung der achten Kur am Kongreß immer mehr Anhänger gewinne, und der Hinweis auf die mili-tärische Abhängigkeit des Kaisers von Bayern verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Räte wollten aber die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, Trauttmansdorff damit zu beauftragen, die Kurfürsten für eine neunte, Österreich zu übertragende Kur zu gewinnen, mindestens aber bei Stim-mengleichheit eine Verdoppelung der böhmischen Stimme durchzusetzen. Doch der Westfälische Friedenskongreß schien dem kaiserlichen Haupt-gesandten schon nach ersten vorsichtigen Sondierungen in der ersten Januarhälfte nicht der rechte Ort, um alte habsburgische Pläne reifen zu lassen, da nach den Erfahrungen des Krieges keine Neigung unter den Reichsständen vorhanden war, die Macht Österreichs zu stärken. Selbst der verbündete Reichserzkanzler, dessen Unterstützung unverzichtbar war, sah in dem kaiserlichen Begehren nur eine Schwächung seiner eigenen Stel-lung im Kurkolleg. Diese kaum verhohlene Ablehnung bestätigte Trautt-mansdorffs anfängliche Zweifel, und er sah sich schon in diesem Stadium gezwungen, die habsburgischen Kurpläne aufzugeben, um negative Rück-wirkungen auf die Friedensverhandlungen zu vermeiden.
So glaubte Trauttmansdorff, als er am 28. Februar 1646 nach Münster zurückkehrte, nur in der schwedischen Satisfaktionsfrage dem Frieden greifbar nahe gekommen zu sein. Hier, wo er vorerst auf die Reichsstände keine Rücksicht nehmen mußte und Habsburg nicht unmittelbar betroffen war, konnte er ungehindert seinen Weg auf einen schnellen Abschluß hin gehen. Schon drei Tage nach der Übergabe der Replik hat er dem schwe-dischen Sekundargesandten Salvius am 10. Januar in einem Geheimgespräch Vorpommern angeboten, nachdem ihm dieser zu verstehen gegeben hatte, daß Schweden seine umfangreichen Forderungen vom 7. Januar mit dem Herzogtum Pommern, den Stiftern Bremen und Verden wie den mecklen-
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burgischen Häfen Wismar und Warnemünde etwa auf das Maß reduzieren würde mit dem, wie die Linzer Instruktion vom 5. März zeigt, der Kaiser-hof rechnete. In weiteren Verhandlungen, an denen nun auch der schwe-dische Hauptgesandte Johan Oxenstierna teilnahm, gab Trauttmansdorff am 12. Februar noch Bremen und Verden dazu, womit der schwedische Anspruch auf Schlesien vom Tisch war. Zugleich faßte er ins Auge, die Stadt Bremen aus dem Angebot auszunehmen, indem er darauf hinwirkte, daß der am Reichshofrat anhängige Prozeß um die Bremer Reichsstand-schaft zugunsten der Stadt entschieden würde. Ob dies möglich sein würde, hing von den Umständen beim verbindlichen Abschluß mit den Schweden ab. Dem glaubte Trauttmansdorff mit seiner Offerte schon recht nahe zu sein, obwohl die schwedischen Gesandten immer noch ganz Pommern und Wismar forderten und die Stifter in Herzogtümer umwandeln wollten, die für immer auf die schwedische Krone als Reichslehen übertragen werden sollten. Der Eindruck des kaiserlichen Unterhändlers war nicht falsch, sein Optimismus jedoch war verfrüht. Denn die unumgängliche Entschädigung Brandenburgs, das auf Pommern Erbansprüche erhob, war überhaupt noch nicht in Angriff genommen worden, und auch der Widerstand der Katho-liken gegen die Preisgabe der Stifter mußte erst noch überwunden werden. Daß aber die Früchte seiner Mühen, wie erhofft, bis zum Abschluß der französischen Satisfaktionsverhandlungen nicht mehr reiften, lag daran, daß die schwedische Regierung, von Zwist in den eigenen Reihen gelähmt, sich zu keiner klaren Stellungnahme zum unterbreiteten Angebot durch-ringen konnte.
In Münster mußte Trauttmansdorff sich Anfang März mit allem Nach-druck der französischen Satisfaktion zuwenden, ohne auf die erhofften positiven Rückwirkungen der Osnabrücker Verhandlungen warten zu kön-nen. Denn Kurfürst Maximilian von Bayern bestürmte ihn seit Januar 1646, den Franzosen ein akzeptables Angebot zu unterbreiten, da er nicht zu Unrecht fürchtete, daß seine Armee beim diesjährigen Feldzug einen Einfall des Feindes in Bayern nicht mehr würde verhindern können. So weit aber wollte es Maximilian auf keinen Fall kommen lassen; eher, so der Tenor seiner immer heftiger vorgebrachten Drohungen, würde er es vorziehen, sich vom Kaiser zu trennen und mit Frankreich Sonderverhandlungen zu führen.
Als Trauttmansdorff den bayerischen Wünschen nicht sofort nachkam, ordnete Kurfürst Maximilian in der ersten Februarhälfte 1646 seinen Hof-kammerpräsidenten Johann Mändl an den Kaiserhof zu Linz ab, wo man sich überzeugen ließ, daß der Verlust des ohnehin in nächster Zeit nicht zurückzugewinnenden Elsaß weit weniger wog als die völlige Niederlage, die nach dem Abfall Bayerns drohe. Aus den Linzer Beratungen, die darauf-hin am 21. Februar begannen, ist die Elsaß-Instruktion vom 2. März 1646 mit den sie ergänzenden
Gradus observandi hervorgegangen. In der In-
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struktion wurde der kaiserliche Hauptgesandte auf gleichzeitige Behand-lung von Gravamina und Satisfaktion festgelegt und ermächtigt, die fran-zösischen Satisfaktionsverhandlungen mit dem österreichischen Unterelsaß zu eröffnen. Darüber hinaus war in den
Gradus observandi die Zession des gesamten linksrheinischen österreichischen Elsaß und
– falls schon an-geboten
– die Demolierung der Festung Breisach vorgesehen. Diese weit-gehenden Konzessionen waren an Bedingungen und Forderungen geknüpft, von denen der Einschluß des Königs von Spanien in den Frieden die poli-tisch schwerstwiegende war.
Trauttmansdorff hat diese Instruktion am 15. März erhalten. Er kam ihr zunächst nicht nach, sondern versuchte vorerst, Frankreich vom öster-reichischen Elsaß abzuziehen, indem er ihm durch Spanien am 20. März einige Grenzplätze in den Spanischen Niederlanden anbieten ließ. Doch Spaniens Weigerung, das Angebot aufzustocken, und ein kaiserlicher Befehl vom 12. März, mit Frankreich vor der Kampagne des Jahres 1646 zum Abschluß zu kommen, da inzwischen die kaiserlichen Militärs die pessi-mistischen Prognosen Maximilians teilten, zwangen ihn Ende März auf diesen Weg.
Daher ließen die kaiserlichen Gesandten am 28. März ihren französischen Kollegen der Instruktion gemäß habsburgisches Gebiet im Unterelsaß an-bieten, und zwar einen Teil der Landvogtei Hagenau. Daß die Franzosen sich damit zufriedengeben würden, glaubten weder Trauttmansdorff noch der vorderösterreichische Hofkammerpräsident und Elsaßkenner Volmar, mit dem der kaiserliche Prinzipalgesandte jetzt aufs engste zusammen-arbeitete. Doch hofften sie, wertvolle Zeit zu gewinnen, bis die französischen Gesandten die Resolution ihres Hofes eingeholt hätten.
Die Franzosen aber, von den bayerischen Gesandten massiv unterstützt, gelangten zu der Überzeugung, daß die günstige Lage ergriffen werden müsse. Sie ließen gegenüber den Bayern durchblicken, daß sie bereit seien, ihre Forderungen auf rechtsrheinisches Gebiet fallen zu lassen. Die Bayern hatten Kenntnis von den kaiserlichen Elsaßkonzessionen. Da sie nun sahen, daß beide Seiten nicht mehr weit auseinander waren, stellten sie Trautt-mansdorff am 7. April ein Ultimatum. Aus der Enttäuschung heraus, daß von Spanien eine weitere Unterstützung nicht mehr zu erwarten sei, daß die reichsständischen Verhandlungen nicht vom Fleck kämen und daß die Entscheidung der schwedischen Regierung über sein Satisfaktionsangebot noch nicht vorliege, und vor allem aus der Einsicht heraus, daß am Kaiser-hof das Vertrauen in seine hinhaltende Elsaßpolitik geschwunden sei, gab Trauttmansdorff, als die Franzosen auch noch einen Waffenstillstand in Aussicht stellten, am 9. April nach.
Am 14. April ließ er durch die Vermittler dem französischen König und dessen männlichen Nachkommen das Unter- und Oberelsaß, einschließlich des Sundgaus, unter dem Titel Landgrafschaft Elsaß mit den Rechten, die
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bisher Österreich dort hatte, anbieten. Die Reichsunmittelbarkeit der elsäs-sischen Reichsstände wurde ausdrücklich vorbehalten. Wenn auch das Angebot noch mit zahlreichen Bedingungen verknüpft war und die kaiser-liche Ermächtigung zur Preisgabe der ebenfalls geforderten Festung Brei-sach und der Stadt Neuenburg erst noch eingeholt werden mußte, so war doch der Durchbruch in der französischen Satisfaktionsfrage damit in kür-zester Zeit erfolgt – allerdings um den Preis einer Zessionsklausel, die geographische Bezeichnungen mit dem staatsrechtlich undefinierten Begriff einer Landgrafschaft über das gesamte Elsaß verband, vermutlich um die über den Umfang des Gewinns getäuschte Gegenseite zur sofortigen An-nahme zu bestimmen. Die Kaiserlichen hatten mit dieser dubiosen Formu-lierung einen für die Geschichte des Elsaß folgenreichen Weg beschritten.
2. Quellengrundlage
Im vorliegenden Band werden die kaiserlichen Korrespondenzen zwischen dem 1. Dezember 1645 und dem 17. April 1646 ediert. Es handelt sich dabei um den Briefwechsel des Kaiserhofs mit den kaiserlichen Bevollmächtigten in Münster und Osnabrück sowie um die Korrespondenz, die die Gesandten miteinander geführt haben. Der Band setzt ein mit einer markanten Zäsur des Kongresses: Dem Beginn der Tätigkeit des am 29. November in Mün-ster angekommenen kaiserlichen Hauptgesandten Trauttmansdorff; er endet mit den letzten Schreiben im Gefolge des kaiserlichen Elsaß-Angebots vom 14. April. Damit war, wie oben gezeigt, eine der intensivsten Verhand-lungsphasen am Kongreß zu Ende gegangen; außerdem hat der Kaiserhof in dieser Zeit so umfassend wie niemals sonst die gesamte Friedensmaterie durchberaten, um das energische Vorwärtstreiben der Verhandlungen durch die Unterhändler zu unterstützen und abzusichern. Die vier großen Instruk-tionen, die aus dieser Arbeit zwischen Januar und März 1646 hervorgegan-gen sind (nrr. 86,
117
177
, 178, 188), machen über ein Fünftel des Umfangs des vorliegenden Bandes aus. Diese ausgedehnten Beratungen des Hofes und die gleichzeitigen intensiven Verhandlungen auf dem Kongreß rechtfertigen es, daß dieser Band nur viereinhalb Monate umfaßt.
Wie die vorhergehenden Bände beruht auch dieser überwiegend auf den
Frie-densakten
der
Reichskanzlei
des
Haus-,
Hof-
und
Staatsarchivs
in Wien. Unter ihnen stellen die Relationen der Gesandtschaften in Münster (
RK
,
FrA
Fasz.
49 a, 52 a) und Osnabrück (
RK
,
FrA
Fasz.
48 a, 51 a) und die Weisungen an sie den Kernbestand dar. Berichte und Weisungen liegen, bis auf die Konzepte der Relationen aus Osnabrück, fast voll-ständig in Konzept und Ausfertigung und häufig auch noch in mehreren Kopien vor.
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Mit Trauttmansdorffs Ankunft in Münster fällt der Übergang der Mün-sterer „Dienstregistratur“
Zu den kaiserlichen „Dienstregistraturen“ vgl.
APW II A 1 S. XXVIIf.
(
RK
,
FrA
Fasz.
92 VI, VII) von Nassau auf Volmar zusammen. Diese Maßnahme ist wohl auf den kaiserlichen Haupt-gesandten selbst zurückzuführen, der den Fleiß und Diensteifer dieses kenntnisreichen Juristen und findigen Politikers zu schätzen wußte. Das hatte zur Folge, daß vom Dezember 1645 an und über Trauttmansdorffs Rückkehr nach Wien im Juli 1647 hinaus fast alle kaiserlichen Weisungen nach Münster, deren Konzepte in der
Reichskanzlei erhalten geblieben sind (
FrA
,
Fasz.
47 b, 52 b), von Volmar aufbewahrt wurden, der von Anfang an die Relationen aus Münster entworfen hatte.
Der kaiserliche Gesandte Volmar vertrat auf dem Westfälischen Friedens-kongreß zusammen mit seinem Kollegen Hans Wilhelm Goll auch die Inter-essen der vorderösterreichischen Regierung. Die Korrespondenz beider Ge-sandten mit dem Innsbrucker Hof ist erhalten geblieben. Sie wird heute im
Haus
-,
Hof
-
und
Staatsarchiv aufbewahrt (
Österreichische
Akten,
Tirol,
Fasz.
20 b–20 o). In diesem seit längerem bekannten Bestand waren Schreiben, die in einer Edition kaiserlicher Korrespondenzen berücksichtigt werden müssen, nicht zu vermuten. Nachforschungen ergaben aber, daß Volmar in einigem Umfang, wenn auch nicht regelmäßig, die vorderöster-reichische Regierung über die kaiserliche Politik durch Übersendung von Kopien, vor allem von Relationen aus Münster (teils mit Beilagen) unter-richtete. Seltener schickte er Abschriften kaiserlicher Weisungen oder von Schreiben an seine Kollegen mit. In den vorliegenden Band ist diese Über-lieferung zum ersten Mal aufgenommen worden (
Fasz.
20 c, 20 d, 20 e).
Durch den Wechsel in der Führung der „Dienstregistratur“ verliert vom Dezember 1645 an der
Nachlass
Nassaus im Den Haager
Königlichen
Hausarchiv an Bedeutung. Von diesem Zeitpunkt an enthält er nur noch Kopien der Relationen und Weisungen aus bzw. nach Münster und Osna-brück, diese allerdings recht sporadisch (
KHA
nrr. 19, 20, 38, 39). Neben den erwartungsgemäß hier verwahrten Ausfertigungen von Schreiben an Nassau fanden sich für diesen Band auch zwei, nur zufällig dahin geratene Ausfertigungen von Weisungen nach Münster. Im Nachlaß des Prinzipal-gesandten in Münster liegt auch ein beträchtlicher Bestand, der Aufschluß über seine Finanzen gibt, doch sind diese Akten nicht mehr Gegenstand der Edition
Sie werden in der demnächst erscheinenden Untersuchung von Franz
Bosbach
aus-gewertet.
.
Anders als in Münster lagen die Registraturverhältnisse in Osnabrück. Eine mit der „Dienstregistratur“ Volmars vergleichbare Einrichtung bestand hier nicht
Vgl. APW
II A 1 S. XXVIIf.
. Ein- und Auslauf wurden getrennt aufbewahrt. Daher sind zwar heute noch die Ausfertigungen der kaiserlichen Weisungen nach Osnabrück,
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die nach den Verhandlungen an die Registratur der
Reichskanzlei ab-gegeben und dort mit den Konzepten vereinigt wurden, im
Haus
-,
Hof
-
und
Staatsarchiv vorhanden (
RK
,
FrA
Fasz.
48 b, 51 b), die Konzepte der Osnabrücker Relationen und die zweifellos auch dort angefertigten Kopien des Schriftwechsels mit der Delegation in Münster aber sind ver-schollen.
Den Verlust der Osnabrücker „Dienstregistratur“ wiegen die
Giessener
Codices
(204, 206, 207, 210) teilweise wieder auf. Sie stammen aus dem
Nachlass
Senckenbergs
(1751–1800)
Vgl. APW
II A 1 S. XXVIII. Aus dem Nachlaß
Senckenbergs
enthalten die
Codices
203–210 kaiserliche Korrespondenzen und Verhandlungsakten (besonders 209 und 210) von 1643–
1647. Die Sammlung bricht im Juli 1647 ab. Ob sie einst weiter-gegangen ist, ist schwer zu entscheiden. Zwar sind den Akten des Nürnberger Exeku-tionskongresses in
Codex
211 noch einige Schreiben und Westfälische Friedensakten aus dem Jahre 1649 vorangestellt, doch kannte schon
Senckenberg
1798 (
Reichs-geschichte,
Band 27, S. 14f.) keine weiterführenden Bände mehr. Auch aus der Aussage volumen decimum deest
von Valentin J.
Adrian
in seinem
Catalogus
codi-cum
manuscriptorum
bibliothecae
academicae
Gissensis,
Frankfurt 1840, S. 70 (freundlicher Hinweis Frau
Oschmann)
bei der Verzeichnung der neun
Codices
203–
211 kann nicht geschlossen werden, daß die Sammlung einst zumindest einen Band mehr umfaßt habe. Denn
Adrian
erkennt hier nicht, daß
Senckenberg,
auf den er sich dabei stützt und der auf S. XIX f. seiner
Reichs-
Geschichte
von zehn Folio-bänden Westfälischer Friedensakten spricht, den
Codex
200 mit Handakten Kra-nes zu diesen Friedensakten gezählt hat.
, der sie für Akten des kaiserlichen Gesandten Krane hielt
Vgl. F. D.
Häberlin/R. K. V.
Senkenberg S.
14f. Gebräuchlichere Schreibweise: Senckenberg.
. Eine nähere Prüfung zeigt jedoch, daß
Sencken-bergs
Annahme, der auch fälschlicherweise behauptet, daß die Sammlung
Gärtners
auf diesen
Codices
basiere
Vgl. a.a.O. und
APW II A 1 S. XXVIII.
, nur mit erheblichen Einschrän-kungen aufrecht zu erhalten ist.
In den meisten der neun
Giessener
Codices
mit kaiserlicher Korrespon-denz liegen Abschriften von Weisungen nach Osnabrück und Münster, von Relationen aus beiden Orten und der Korrespondenz der Gesandten unter-einander, die von einem einzigen Schreiber (nicht Krane) in Auszeichnungs-schrift kopiert worden sind. Ein Vergleich mit der Münsterer Registra-tur zeigt, daß es nicht die im Geschäftsgang entstandene Osnabrücker „Dienstregistratur“ sein kann. Die Form und Einheitlichkeit der Hand-schrift, die Tatsache und die nicht erkennbaren Kriterien der Auswahl der Osnabrücker Schreiben wie die eigenwillige Komposition der Bände lassen einen solchen Schluß nicht zu. Die
Codices
sind vielmehr eine nachträg-lich angelegte Sammlung, der Akten der Osnabrücker Delegation als Vor-lage dienten, wofür Auswahl und Datierung der Stücke sprechen. Die enge Beziehung der
Giessener
Abschriften
Westfälischer Friedensakten aus dem Nachlaß
Senckenbergs
zur Osnabrücker „Dienstregistratur“ wird noch dadurch unterstrichen, daß sich in diesem Nachlaß Handakten Kra-
[p. XXXVIII]
[scan. 38]
nes
zum Westfälischen Friedenskongreß (
Codex
200) und zum Kölner Kongreß von 1636/37 (
Codex
336) finden. Daher wurden sie von Anfang an für die kaiserliche Korre-spondenz herangezogen, obwohl nachträglich angelegte Abschriftensammlungen westfälischer Friedensakten grundsätz-lich nicht berücksichtigt werden, wie z.B. die 14 Bände
Acta
Pacis
Westphalicae
(1644–1649) in der
Gräflich
Solmschen
Bibliothek
in Laubach
Den Hinweis darauf verdanke ich dem Bonner Universitätsarchivar Dr. Paul
Schmidt.
. Diese Sammlung ist vermutlich durch den Reichshofrats-Vize-präsidenten und Geheimen Rat Graf Johann Wilhelm von
Wurmbrand
(1670–1750)
Die Vermutung gründet sich auf einen Vergleich von Einband und Ausstattung mit Bänden der Laubacher Bibliothek, die ein „Ex-Libris“ Wurmbrands haben.
in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Auf diesen Zeitraum deuten die Schrift und die gegenüber der Vorlage modernisierte Rechtschreibung hin.
zu Dienst-zwecken angelegt worden. Denn in ihr sind auf der Grundlage von
Reichskanzlei-
Akten
Vgl. auch Band V S. 1 der Sammlung
Wurmbrand.
Stücke unterschiedlicher Provenienz systematisch zusammengefaßt und mit Hilfe von Regesten erschlossen.
Seit Trauttmansdorffs Ankunft in Münster wird die kaiserliche Korrespondenz durch seinen Briefwechsel mit Ferdinand III, um eine weitere, bedeutende Überlieferung bereichert. Er berichtete einmal in „Geheim-relationen“ unmittelbar an den Kaiser (
RK
,
FrA
Fasz.
50a, Konv. A). Diese Berichte stechen in ihrer Prägnanz des Stils und ihrer Konzentration auf das Wesentliche wohltuend von denen seiner Kollegen ab, in denen der weitschweifige bürokratische Geist des Barock blüht. Das Pendant zu dieser erstrangigen Quelle zur Geschichte des Westfälischen Friedens, die „Geheimen Weisun-gen“ Ferdinands III., ist bis heute nicht gefunden wor-den. Sie sind, wie zahlreiche Repliken Trauttmansdorffs belegen
Besonders aufschlußreich nr. 225.
, regel-mäßig erfolgt und dürfen in ihrer Aussagekraft den „Geheim-relationen“ des kaiserlichen Hauptgesandten gleichgestellt werden. Ihr Verschwinden läßt sich am ehesten erklären, wenn man davon ausgeht, daß sie in Trautt-mansdorffs Besitz geblieben sind und so in das
Trauttmansdorff
-
Archiv gelangten. Da dieses Archiv im 18. Jahrhundert durch Brände und Um-lagerungen dezimiert wurde, ist es möglich, daß die „Geheimen Weisungen“ dabei verloren gegangen sind
Die „Geheimen Weisungen“ Ferdinands III. an Trauttmansdorff sind auch nicht in dem in der Tschechoslowakei verbliebenen Teil des
Trauttmansdorff-
Archivs
gefun-den worden, wie aus dem jetzt vorliegenden VII. Band der
Documenta
Bohemica,
der die Zeit der Friedensverhandlungen umfaßt, hervorgeht.
. So kommt für die Zeit zwischen Dezember 1645 und April 1646 nur eine Weisung (nr. 204) zum Abdruck, die vermutlich aus dieser Überlieferung stammt und unter den „Geheimrelationen“ Trauttmansdorffs gefunden wurde; es spricht einiges dafür, daß auch nr. 184 in diesen Zusammenhang gehört.
[p. XXXIX]
[scan. 39]
Daneben unterhielten der Kaiser und sein
alter ego (H.
Wagner) einen „offiziellen“ Briefwechsel, der den üblichen Geschäftsgang über die
Reichskanzlei nahm (
RK
,
FrA
Fasz.
49 a, Konv. B; 50 b)
. Hier tritt auf Seiten Trauttmansdorffs der Dialog mit dem Herrn hinter den Bericht zurück, in den seine Ansichten zum Kongreßgeschehen eingestreut sind, von dem in ihren parallelen Relationen auch die jeweiligen Delegationen aus Münster und Osnabrück berichten. Die kaiserlichen Antworten darauf (
RK
,
FrA
Fasz.
50 c) dienen meist nur der Empfangsbestätigung oder der Übersendung von Informationen über die Wiener Politik, soweit in den Verhandlungen auf sie Rücksicht zu nehmen war.
Hinter der Korrespondenz Trauttmansdorffs mit dem Kaiser tritt sein Briefwechsel mit Reichsvizekanzler Kurz zurück (
RK
,
FrA
Fasz.
50 a, Konv. B und 88 b). In den meist nicht umfangreichen Schreiben tauschen die beiden kaiserlichen Politiker ihre Ansichten zur Lage aus. Außerdem versuchte Trauttmansdorff auf diesem Wege, den Geschäftsgang in Wien zur Erleichterung der Arbeit der Gesandten zu beeinflussen. Kurz unter-hielt auch einen sporadischen Briefwechsel mit Nassau und Volmar (
RK
,
FrA
Fasz.
50 a Konv. C und D), der in den Bänden APW II A 1 und 2 noch nicht berücksichtigt wurde; hingegen stand er mit dem zweiten Sekretär der Deutschen Expedition der Reichskanzlei, Wilhelm Schröder, den Trauttmansdorff als seinen Sekretär mit nach Westfalen genommen hatte, in regelmäßigem Kontakt. Von diesem Briefwechsel sind nur die Berichte Schröders erhalten (
RK
,
FrA
Fasz.
87). Sie sind in diesem Band nur dann abgedruckt, wenn sie Nachrichten enthalten, die sonst nicht oder nicht in diesem Umfang vorliegen; ihr Reiz liegt in den gelegentlich über-lieferten Interna der Gesandtschaften.
Das Wenige, was sich aus der hier zum erstenmal berücksichtigten Korre-spondenz des Osnabrücker Hauptgesandten Johann Maximilian Graf Lamberg an den Hof erhalten hat (
ha
Steyr
Sch. 1220, 1222), behandelt meist die Finanzierung der Osnabrücker Delegation; die Korrespondenz mit den Kollegen dreht sich überwiegend um Privates und Fragen des Zeremoniells. Sie wird daher zwar im chronologischen Register vollständig erfaßt, doch nur ganz selten abgedruckt.
Die
Österreichische
Geheime
Staatsregistratur ist nicht aus dem Geschäftsgang einer Behörde hervorgegangen, sondern verdankt ihre Ent-stehung dem Bestreben der Österreichischen Hofkanzlei, der Reichskanzlei die außenpolitischen Geschäfte streitig zu machen. In die zu diesem Zweck nach 1670 angelegte, im 18. Jahrhundert aufgelöste, im 20. Jahrhundert aber wieder rekonstruierte Spezialsammlung diplomatischer Akten ver-schiedener Provenienzen sind auch Teile der Registratur Volmars und diplomatische Akten der
Reichskanzlei eingegangen
Vgl.
Gesamtinventar
I S. 397f.
. Aus dieser Über-
[p. XL]
[scan. 40]
lieferung stammen wenige, aber mit den vier großen Instruktionen über die Reichs- und Religionsgravamina sowie die Satisfaktionen Frankreichs und Schwedens (nrr. 113, 177, 178, 188) erstrangige Stücke in diesem Band.
Die Entscheidung, vom dritten Band der kaiserlichen Korrespondenzen an die am Hof zu den Westfälischen Friedensverhandlungen erstellten Gutachten nachzuweisen und – wenn nötig – näher anzuführen
Für die beiden vorhergehenden Bände vgl. den Nachtrag in
APW II A 2 S. 607ff.
, hatte zur Folge, daß auf eine bisher nicht berücksichtigte Überlieferung der
Reichskanzlei zurückgegriffen werden mußte. Über die Faszikel der Wei-sungen hinaus, in denen ein beträchtlicher Teil der Gutachten liegt, waren die speziellen Gutachten-Bände (
RK
,
FrA
Fasz.
49 b, 52 d) und weitaus seltener auch die
Varia (
RK
,
FrA
Fasz.
48 c, 49 b, 52 c I) heranzuziehen.
Aus diesen Faszikeln und den Akten der
Staatenabteilung stammt auch die Korrespondenz des Kaisers mit den Kurfürsten (ST ABT., Bavarica
Fasz.
1 e und Saxonica
Fasz.
3) und dem Botschafter in Madrid (ST ABT., Spanische Korrespondenz
Fasz.
38). Dieser Briefwechsel war hier nur insofern zu berücksichtigen, als die Gesandten in den Beilagen zu den Weisungen von ihm Kenntnis erhielten. Dem nachdrücklichen Einfluß ent-sprechend, den Bayern in dem zu dokumentierenden Zeitraum auf die kaiserliche Politik in der französischen Satisfaktion, den Gravamina und der Pfalzfrage durch Schreiben und Verhandlungen nahm, stellen die in diesem Zusammenhang angefallenen Briefe, Verhandlungsunterlagen und Gutachten die Masse dieser Beilagen dar (
RK
,
FrA
Fasz.
26; ST ABT., Bavarica
Fasz.
1 e;
RK
,
KrA
Fasz.
156).
Weitere Akten der
Reichskanzlei
und andere Bestände des
Haus-,
Hof-
und
Staatsarchivs
wurden zur Ermittlung angeführter Beilagen, Schrei-ben und Verhandlungsakten herangezogen, dienten dem Nachweis weiterer Überlieferungen oder halfen bei der Kommentierung.
Das
Fürstlich
Trauttmansdorffsche
Zentral-
Familienarchiv
in Wien, das für die vorhergehenden Bände von untergeordneter Bedeutung war, ge-winnt durch das Eingreifen des Grafen Maximilian in die Westfälischen Friedensverhandlungen an Gewicht. Dieses noch heute in Familienbesitz befindliche Archiv war 1903 dem
Haus-,
Hof-
und
Staatsarchiv
über-geben worden
Gesamtinventar
IV S. 442.
, wo es Wilhelm Engels für die
Acta
Pacis
Westphalicae
seinerzeit eingesehen hat. Es ist aber im Laufe der sechziger Jahre auf Wunsch des Besitzers in das
Allgemeine
Verwaltungsarchiv
umgelagert worden, in dessen Zuständigkeitsbereich es ein Fremdkörper ist
Wohl im
Allgemeinen
Verwaltungsarchiv wurden die Konvolute, nach denen in
APW II A 1 und 2 noch zitiert wird, in Kartons umgelagert, die nun Grund-lage der Archivordnung sind und nach denen daher jetzt zu zitieren ist. Die von W. Engels verwandten Signaturen lauten nun: Bb 1 = Ka. 122; Dd 2 N 5 = Ka. 130; Ff 25 N 83 = Ka. 159; Z 1 N 12 = Ka. 107; Z 2 N 22 und Z 2 N 23 = Ka. 108; Z 3 N 44 = Ka. 109; Z 6 N 71a = Ka. 122; Z 13 (vermutlich Z 11 gemeint) = Ka. 117.
. Archi-
[p. XLI]
[scan. 41]
valisch
ist es immer noch nicht genügend aufbereitet. Es bleibt daher zu bedauern, daß eines der ältesten und geschlossensten
Gesamtinventar
IV S. 442.
und für die Ge-schichte Österreichs und des Reiches bedeutendsten österreichischen Adels-archive wissenschaftlich nur bedingt auswertbar ist.
Heute noch beruht seine Archivordnung auf gegen Ende des 18. Jahrhun-derts aufgestellten Prinzipien, obwohl seitdem starke Eingriffe vorgenom-men wurden und Neuzugänge hinzugekommen sind
. Damit ist eine grobe Orientierung möglich, doch ist die Ordnung des Archivs so unzulänglich erfolgt, daß man nicht, wie in einem modern erschlossenen Archiv, sicher sein kann, alle einschlägigen Quellen vollständig erfaßt zu haben. Es kommt hinzu, daß auch in den Archiven der Seitenlinien noch Archi-valien des Gesamthauses liegen könnten, und daß ein Teil der Akten der von Maximilian gestifteten Hauptlinie auf deren böhmischen Besitzungen in Bischofteinitz (Horsovsky Týn) geblieben sind, von wo sie in die
Klat-tauer (
Klatovy)
Zweigstelle
des
Staatsarchivs
Pilsen (
Plzen)
ge-langten
. Der kleine Nachlaß des Grafen Maximilian im
Klattauer
Familienarchiv
betrifft nur zu einem Teil die Westfälischen Friedensverhand-lungen
A.a.O. S. 200 und
Doc.
Boh.
VII S. 15.
. Die jetzt vollständig vorliegende, von tschechoslowa-kischen Historikern herausgegebene Quellensammlung
Documenta
Bohe-mica
Bellum
Tricennale
Illustrantia,
die unter anderem das
Klat-tauer
Trauttmansdorff-
Archiv
benutzt, und schriftliche Mitteilungen des
Klattauer
Archivs
lassen den Schluß zu, daß sich im dortigen
Nach-lass
des
Grafen
Maximilian
kaum für die Edition der kaiserlichen Kor-respondenzen zu berücksichtigende Schreiben finden, die nicht auch an anderer Stelle überliefert sind. Er enthält einige Konzepte von Relationen an den Kaiser, Konzepte von Schreiben an den Reichsvizekanzler und die Mitgesandten, Kopien von Schrei-ben, die als Beilage vom Kaiserhof an Trauttmansdorff geschickt wurden, und einige Ausfertigungen von Schreiben der Mitgesandten. Darüber hinaus ist auch eine Korrespondenz aus der Zeit seines Aufenthalts in Westfalen erhalten, die nicht Gegenstand der vorliegenden Edition ist. So ist nicht ausgeschlossen, daß noch das eine oder andere wichtige Schreiben zu den Westfälischen Friedens-verhandlungen aus dem
Nachlass
Maximilian
Trauttmansdorffs
einmal auf-tauchen mag, doch unterliegt es keinem Zweifel, daß der weitaus größte und bedeutendste Teil seiner westfälischen Friedensakten im
Fürstlich
Trauttmansdorffschen
Zentral-
Familienarchiv
in Wien vorhanden ist.
[p. XLII]
[scan. 42]
Wenn diese Akten innerhalb der 353 Kartons, Büchsen, Kassetten und Mappen von Familienakten unterschiedlichster Art einen ansehnlichen Bestand ausmachen, so kommt für die kaiserlichen Korrespondenzen davon doch nur ein kleiner Teil in Betracht. Dies liegt daran, daß Graf Maximilian Trauttmansdorff während seines Aufenthalts in Westfalen einen umfangreichen Briefwechsel mit Kurfürsten, Fürsten, Reichsständen und Privaten führte, der, soweit er nicht wie der wichtige Briefwechsel mit Kurfürst Maximilian von Bayern (vor allem Ka. 109) als Beilage erscheint, hier nicht ediert wird. Für die kaiserlichen Korrespondenzen am bedeutendsten sind aber die Ausfertigungen der Weisungen des Kai-sers an Trauttmansdorff (vor allem die Ka. 109, 122–126), deren Kon-zepte sich, wenn auch nicht vollständig, in der
Reichskanzlei erhalten haben (
Fasz.
50 c), und die Konzepte der „Offiziellen Relationen“ des kaiserlichen Hauptgesandten (vor allem Ka. 109, 111, 115), die bis zum Sommer 1646 ziemlich vollständig, danach nur noch mit großen Lücken vorhanden sind und von denen die meisten Ausfertigungen in den
Friedensäkten der
Reichskanzlei liegen (
Fasz.
49 a, Konv. B;
Fasz.
50 b).
Bei den Ausfertigungen der Weisungen an Trauttmansdorff sind formal zwei Typen zu unterscheiden. Einmal die, obwohl nicht eigenhändig, als
Handbriefl bezeichneten formlosen Schreiben, die sofort mit dem Text einsetzen, weder vom Reichsvizekanzler noch einem Expeditionssekretär unterzeichnet sind, und in denen der Kaiser von sich in der ersten Person Singularis spricht und seinen Hauptgesandten in der zweiten Person Plu-ralis anredet
Im Nachweis der Überlieferung sind diese Ausfertigungen durch ein „(H)“ besonders gekennzeichnet.
. Häufiger aber erhielt Trauttmansdorff seine Befehle in der gleichen Form wie seine Kollegen: in Weisungen, über denen die Intitu-latur in Auszeichnungsschrift prangte, und die durch die
Reichskanzlei ausgefertigt wurden. In ihnen wurde er vom Kaiser in der zweiten Person Singularis angesprochen, der für sich die erste Person Pluralis verwendete. Inhaltliche Kriterien dafür, wann sich Ferdinand III. der
Handbriefl, die nicht mit den wohl eigenhändigen „Geheimen Weisungen“ verwechselt werden dürfen, bediente, sind nicht schlüssig auszumachen. Immerhin fällt auf, daß in ihnen mehr vertrauliche Angelegenheiten wie Deputat-fragen, Militaria und politische Fragen, die nicht unmittelbar mit den Friedensverhandlungen in Zusammenhang stehen, behandelt werden. Sie sind aber bei weitem nicht politisch bedeutsamer als die „Offiziellen Wei-sungen“. Vermutlich waren die
Handbriefl allein für Trauttmansdorff bestimmt, während er von den „Offiziellen Weisungen“ seinen Kollegen Kenntnis geben sollte oder nach eigenem Ermessen bei Gelegenheit geben durfte.
Neben den Konzepten und Ausfertigungen des Briefwechsels mit dem Kaiser waren für diese Edition aus dem
Trauttmansdorff
-
Archiv noch
[p. XLIII]
[scan. 43]
die Schreiben des Reichsvizekanzlers an Trauttmansdorff, die, wie auch die Antworten (
RK
,
FrA
Fasz.
50 a, Konv. B), meist eigenhändig sind (vor-wiegend Ka. 109, 113, 114), und die Korrespondenz mit den Mitgesandten von Belang. Dabei fällt auf, daß von dieser Korrespondenz zwar erwar-tungsgemäß die Konzepte vorhanden sind (vor allem Ka. 111 und 115), aber nur ganz wenige Ausfertigungen von Schreiben an Trauttmansdorff (meist von Volmar in Ka. 113). Dies ist darauf zurückzuführen, daß die Gesandten nur selten allein an ihren Chef schrieben, und dieser die an ihn und die jeweilige Delegation gerichteten Schreiben der Registratur an dem Ort, wo er sich gerade aufhielt, zur Aufbewahrung übergab.
3. Einrichtung der Edition
Fast alle Relationen Trauttmansdorffs und der kaiserlichen Gesandten werden in diesem wie auch in den vorhergehenden Bänden vollständig abgedruckt, lediglich Kriegsnachrichten, Privates, Finanzfragen und ähn-liches, was sich nicht unmittelbar auf die Friedensverhandlungen bezieht, wie auch der referierte Inhalt von anderswo gedruckten Bezugsschreiben, werden durch kursiv gesetzte Stichworte angedeutet.
Seltener werden die nach Westfalen gegangenen Weisungen wiedergegeben, da sie in ihrer Mehrzahl nur den Empfang der Relationen bestätigen oder sich mit einem kurzen Hinweis auf die Beilagen begnügen. Bei der Auswahl für den Abdruck der Korrespondenz der Gesandten mit Mitgliedern der kaiserlichen Regierung wie der Gesandten untereinander war mit Rück-sicht auf den Umfang des Bandes eine Begrenzung auf politisch Gewich-tiges und auf Informationen, die nicht schon in den Relationen und Wei-sungen enthalten sind, unumgänglich. Was hier nicht gedruckt werden konnte, ist jedoch im chronologischen Register am Schluß des Bandes wenigstens katalogisiert.
Alle Beilagen der gedruckten wie der lediglich im chronologischen Regi-ster angeführten Schreiben werden, soweit sie sich ermitteln ließen, mit ihrer entsprechenden Kennzeichnung (Buchstabe oder Ziffer) aufgeführt. Die vom Bearbeiter ergänzten Kennzeichnungen stehen in eckigen Klam-mern. Nicht mehr vorhandene oder nur an anderen Stellen nachweisbare Beilagen werden in eckigen Klammern wiedergegeben. Ließ sich über verschollene Beilagen nichts Näheres mehr ermitteln, ist dies durch den Ausdruck
Beilage fehlt vermerkt.
Der Schriftwechsel zwischen Münster und Osnabrück wirft hinsichtlich der Beilagen besondere Probleme auf. Die Gesandtschaften haben sich regelmäßig ihre Relationen zur Kenntnisnahme zugestellt. Am Tage der Absendung an den Hof wurde am Ausstellungsort von der Relation eine Abschrift erstellt, die den Kollegen übersandt wurde, die diese wiederum kopierten, um danach
[p. XLIV]
[scan. 44]
die erste Kopie zurückzusenden. Versteht man unter einer Beilage ein vom Aussteller angefertigtes Schriftstück zu einem Hauptschreiben, das zum Ver-bleib beim Empfänger bestimmt ist, dann sind diese ersten Kopien der Rela-tionen keine echten Beilagen. Sie werden aber der Einfachheit halber in dieser Edition so behandelt. Die Rücksendung dieser ersten Kopien wird nicht mehr vermerkt, weil die dann oft nur pauschal erwähnten Kopien nicht immer genau zu identifizieren sind und dies ein routinemäßiger Geschäftsvorgang war, der für den heutigen Benutzer keinen Informations-wert mehr hat.
Etwas anders lagen die Dinge bei der selteneren Kommunikation der Weisungen. Einmal scheinen nicht alle Weisungen den Kollegen zur Kennt-nis gebracht worden zu sein, zum anderen wurden sie in Ausfertigung übermittelt, da sie ja im Gegensatz zu den Relationen in dieser Form an den Verhandlungsorten zur Verfügung standen. Nur die wichtigeren Weisungen scheinen von den Mitgesandten kopiert worden zu sein, ehe sie wieder an ihren Bestimmungsort zurückgingen. Auch hier wird die Rücksendung nicht mehr eigens erfaßt.
Wegen des Verlusts der Osnabrücker Registratur sind von den Anschreiben aus Münster nur noch die Konzepte, bei denen sich erwartungsgemäß keine Beilagen finden, erhalten. Deshalb mußten die einst beiliegenden Stücke aus dem Text erschlossen werden; sie sind daher in eckige Klam-mern gesetzt. Für die Beilagen aus Osnabrück erübrigt sich dies, da den in Ausfertigung erhaltenen Osnabrücker Anschreiben die Kopien der ursprünglichen Beilagen in der Registratur in Münster zugeordnet wurden.
Die Beilagen werden vollständig, gekürzt oder in kursiv gesetzten Zusam-menfassungen je nach ihrer Bedeutung für die Verhandlungen gedruckt. Nur in dem Umfang, in dem sie zum Abdruck kommen, werden sie in den Regesten, die dem Text der einzelnen Schreiben vorangestellt sind, berücksichtigt. Nicht wiedergegeben werden Beilagen, deren Inhalt aus den Hauptschreiben entnommen werden kann oder die innerhalb der
Acta
Pacis
Westphalicae an anderer Stelle gedruckt werden, wie z. B. im
Diarium
Volmar
Das
Diarium
Volmar wird schon nach der Neuausgabe innerhalb der
APW zitiert, die im Umbruch vorlag. Bis zur Veröffentlichung können sich daher noch geringfügige Veränderungen ergeben.
oder in den Verhandlungsakten, die vorläufig noch in der Sammlung von
Meiern zu benutzen sind. Beide Werke sind eine un-entbehrliche Ergänzung der kaiserlichen Korrespondenzen.
Über den Stücken ist die laufende Nummer halbfett gedruckt, davor steht in magerem Druck die Nummer des Schreibens, das beantwortet wird, auch wenn es im vorhergehenden Band zu finden ist, dahinter folgt, ebenso, die Nummer der Antwort. Die Beilagen sind in diesem Nummern-system nicht berücksichtigt. Aussteller und Emp-fänger ergeben sich bei den ausgefertigten Schreiben aus Unterschrift und Adresse. Sind Schrei-
[p. XLV]
[scan. 45]
ben nur in anderer Form überliefert, dann wurden Aussteller und Empfänger auch mit Hilfe von Anrede, Registraturvermerken und inneren Kriterien ermittelt, ohne daß dies dann besonders vermerkt ist.
In der Datumszeile wie auch in der gesamten Edition erfolgt die Datie-rung, soweit nichts anderes angegeben, im neuen Stil.
Von allen in diesem Band erfaßten Schreiben wurde versucht, die gesamte archivalische Überlieferung wie alle Druckorte nachzuweisen
Zum Problem der Abschriftensammlungen und des Trauttmansdorff-Archivs vgl. S. XXXVIII und XLI.
. Als Vor-lage für den Druck diente die Ausfertigung. War diese nicht vorhanden, wurde die am nächsten stehende Kopie und danach das Konzept heran-gezogen. Der Hinweis
Druckvorlage erfolgte auch dann, wenn lediglich ein Regest angefertigt wurde, um zu zeigen, auf welcher Grundlage dies geschah. Auf den Nachweis von Varianten zur Druckvorlage glaubten Herausgeber und Bearbeiter verzichten zu können.
Ab diesem Band der kaiserlichen Korrespondenzen werden die Gutachten zu allen gedruckten, in den Anmerkungen aufgeführten und im chrono-logischen Register erfaßten Instruktionen und Weisungen
Die Unterscheidung zwischen Weisung und Instruktion erfolgt in Anlehnung an die kaiserliche Kanzlei, die die kaiserlichen Antworten auf die Relationen als
befelch oder Weisung bezeichnete, während die außerhalb des regelmäßigen Briefwechsels er-folgten Anweisungen zu den grundlegenden Problemen der Verhandlungen in der Inskription
instructio oder
instruction genannt werden. Hier werden die kaiserlichen Gesandten auch namentlich mit Kurztiteln angeredet, während sich die Kanzlei in den Weisungen mit der anonymen Anrede begnügt.
nachgewiesen, deren Grundlage sie sind
Für die beiden vorhergehenden Bände konnten die Gutachten nur noch nachgetragen werden. Vgl.
APW II A 2 S. 607ff.
. Dabei folgt nach Ort und Datum der Beratung die Beratungsgrundlage, meist die Relation, und der Fundort. Die Gut-achten sind mit den Weisungen und Instruktionen teils identisch, teils weichen sie von ihnen nur stilistisch ab, bedingt durch die Umformung eines Gutachtens in eine Weisung. Sachlich bedeutende Varianten sind vermerkt.
Über die Behandlung der Texte unterrichten die Editionstechnischen Re-geln
am Anfang des Bandes. Sie legen jeden Bearbeiter um der Einheit-lichkeit innerhalb einer Serie willen weitestgehend fest.
Die nicht zahlreichen Marginalien wurden ohne Kennzeichnung eingefügt. Das Präsentat ergibt sich aus dem Kanzleieintrag; falls es, meist aus den Antwortschreiben, erschlossen wurde, steht es in eckigen Klammern. Kanzleivermerke, Anstreichungen, Zusammenfassungen von Abschnitten, Anweisungen zur Ausstellung von Kopien, meist zur Unterrichtung des Kaiserbruders Leopold Wilhelm, blieben unberücksichtigt. Abkürzungen wurden stillschweigend aufgelöst, wobei die Buchstaben der Abkürzung
[p. XLVI]
[scan. 46]
im ausgeschriebenen Wort erhalten wurden (z. B. Ew. Kay. Majtt. = Ewer Kayserliche Majestätt,
aber E. K. M. = Euer Kaiserliche Majestät).
Auch offensichtliche Verschreibungen wurden – falls sie nicht aufschluß-reich sind, worauf durch ein [!] hingewiesen wird – kommentarlos ver-bessert. Das N
vor Namen im Sinne von Nomen oder Nomine wurde nicht mitgedruckt (also der abgesandter N. Lampadius = der abge-sandter Lampadius).
Chiffrierte Stellen der Relationen und Weisungen wurden am Empfänger-ort aufgelöst; dieser Klartext, der sich zudem mit den erhaltenen Schlüs-seln nachprüfen läßt, liegt dem Druck zugrunde. In den wenigen chif-frierten
Passagen der Geheimberichte Trauttmansdorffs sind einige Stellen nicht dechiffriert worden. Dies ist um so bedauerlicher als gerade für diese Berichte der Schlüssel bis jetzt noch nicht gefunden werden konnte. Der chiffrierte Text mußte daher mit Hilfe eines nachträglich konstruierten Schlüssels aufgelöst werden, wobei das eine oder andere Wort aus dem Zusammenhang erschlossen werden mußte, was durch ein Fragezeichen in eckigen Klammern nach dem Dechiffrierungszeichen
(|:...:|) kenntlich gemacht ist.
Erwähnte Schriftstücke, die sachlich unter die kaiserlichen Korrespon-denzen fallen und nicht aufgefunden werden konnten, werden mit der Wendung konnte nicht ermittelt werden
angemerkt, um sie von den zwar erwähnten, aber im Rahmen der Edition nicht mehr zu berücksichtigen-den Schriftstücken zu unterscheiden (wurde nicht ermittelt).
Den Texten folgt ein chronologisches Register der gesamten kaiserlichen Korrespondenzen zwischen dem 1. Dezember 1645 und dem 17. April 1646 und aller sonst in diesem Band erwähnten Schriftstücke. In dem abschlie-ßenden Namenregister werden Namen und Sachen kurz erläutert, so daß dieses Register auch als Ersatz für im Text vermißte Anmerkungen heran-gezogen werden kann. Die Zahl in der runden Klammer hinter dem Na-men gibt die Seite an, auf der der Name bzw. die Sache erläutert ist.
Für hilfreiche Unterstützung, Auskünfte und Durchsicht des Textes danke ich dem Herausgeber der
Acta
Pacis
Westphalicae,
Herrn Professor Dr. K. Repgen in Bonn. Dem
Haus-,
Hof-
und
Staatsarchiv
in Wien, dem Betreuer des
Fürstlich-
Trauttmansdorffschen
Zentral-
Familienarchivs,
Georg Graf Nostitz, ebenfalls Wien, dem
Königlichen
Hausarchiv
in Den Haag, dem
Oberösterreichischen
Landesarchiv
in Linz an der Donau und den
Universitätsbibliotheken
in
Giessen
und
Bonn
bin ich für archivarische bzw. bibliothekarische Betreuung verpflichtet. Frau Dr. Noethe, Laubach, ermöglichte mir den Einblick in die
Sammlung
Wurmbrand.
Dank gilt meinen Kollegen in der „Vereinigung zur Erfor-schung der Neueren Geschichte“ in Bonn für manchen Hinweis und Gefäl-ligkeiten, die besonders nötig waren, da die Drucklegung nicht mehr in Bonn überwacht werden konnte. Herr Werner Nüllmann, M. A., und Herr
[p. XLVII]
[scan. 47]
Dr. Konrad Schneider haben mich bei den Abschreibearbeiten unterstützt. Der Bearbeiter der beiden vorhergehenden Bände, Dr. Wilhelm Engels, hat dem jüngeren Kollegen immer ohne Zögern seine reiche Erfahrung zukom-men lassen. Seine umfangreichen archivalischen Vorarbeiten sind für jeden Bearbeiter der kaiserlichen Korrespondenzen unverzichtbar. Ihm sei daher an dieser Stelle besonders gedankt.