Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
Gestern hat unß der Oxenstern wißen laßen, daß er mit unß waß zu reden
hette, wolte unß heud umb 9 uhr vormittag heimbsuchen. Weiln wir aber
wegen heüd eingefallenem unser Lieben Frowen heimbsuchungfest solcher
visita umb benente stundt nit abwarten khönnen, alß haben wir unß noch
gestern zum Oxenstern verfüegt, umb zu vernhemmen, waß er mit unß zu
reden. Deme dan unsere herzukhombst lieb gewest und nach abgelegten höf-
lichen complementis erinnert, daß er seine lengst vorgehabte reiß nacher
Münster an zukünftigem dienstag, alß morgen, gedächte vortzusetzen. Wölte
zuvorderst der post erwarten und gegen abendt von hir abreisen, und zwar er
allein, dan der Salvius ligge an dem podagra dhanieder und könne vor dis-
mahl nit mitreisen.
Er, Oxenstern, habe verlangen gehabt, unß vorhero zu sprechen und zu eröf-
nen, waß seine verrichtung zu Munster bey ir exzellentz, herrn graven von
Trautmansdorff, sein würde, so haubtsachlich in dem stehe
Vgl. dazu die declaratio Que Monsieur Oxenstiern à faite aux Ministres Imperiaux le 2.
Juillet 1646 (Druck: NS III, 319; APW II C 2, 337 Anm. 1). Dieses Schriftstück war Beilage
eines Schreibens des Kf.en Maximilian I. von Bayern an Bagno, [ München 1646 VII 18]
(Druck: NS III, 317ff.), das wiederum 1646 VII 27 von Brienne den frz. Ges. in Münster
zugesandt wurde (vgl. APW II B 4 nr. 86, hier Beilagen 3 und 4). Den ksl. Ges. ist die Erklä-
rung Oxenstiernas nicht in schriftlicher Form ausgehändigt worden.
man gedencke, den frieden zu erlangen, so müeße anfenglich bey dem puncto
amnistiae der terminus a quo von dem jahr 1618 beliebt und ferners nit dis-
putirt werden. Die Chursachßische underfiengen sich einer interposition und
vermeinten, es möegte etwoh der terminus a quo von dem jahr 1624 herzu-
nhemmen sein, es seien aber so weenig die protestirende alß sie, Schweedische,
mit dergleichen vorschläge zufrieden, und hetten die Chursachßische wol
dhamit khönnen dhaheimb pleiben. Der churfürst habe auch anno 1635 einen
frieden zu stifften verhofft, es bezeige es aber der augenschein, wie alles zu
waßer worden. Man könne ander gestalt nit auß der sachen, es werde dan das
jahr 1618 beliebt.
2. So müste auch das exercitium Augspurgischer confession in den Kayserli-
chen erblanden Böhemb, Silesien, Mähren und Österreich wieder zugelaßen
und in den standt, wie es anno 1618 gewesen, gesetzt werden. Selbige under-
thanen hetten darüber ire gewiße pacta, darbey müsten sie geschützt und
gehandhabt werden.
3. Müße der pfaltzgrave völlich, sowol quoad dignitatem electoralem alß
quoad provincias et terras restituirt werden, doch sölte der hertzog in Bayern
ad dies vitae bey administration der chur verpleiben. Der seie khein rechter
churfürst noch auch iehmals von dem churfürstlichen collegio collegialiter
darfür erkhent, sondern bey dem Mülhaußischen collegialtag
nistratore der chur beliebt worden. So seie derselb auch nit zu der churdigni-
tet (gesetzt, doch unbegeben, daß der pfaltzgraff vor sich und seine posteros
dieselbe sölte verwürckt haben), sondern sölchesfalß Pfaltz Neüburg
proximior agnatus darzu berechtigt. Mit dem octavo electoratu wölle sich das
werck nit richten laßen, seie contra fundamentalem Imperii ordinationem et
bullam auream, die protestirende stendte wölten nit dhavon hören. Die cro-
nen würden ihnen die schmach und nachred für der gantzen weldt nit aufla-
den, daß sie zu dergleichen inversion des status publici in Imperio sölten ein-
gewilligt haben. Es hetten die löbliche vorfahren nit ohne ursach den zahl der
churfürsten auf sieben und also auf einen ungleichen zaal gesetzt. Müeßen
dhabey pleiben, könten nit acht electores sein, sondern ehender neun, eilff,
dreyzehen und mehr, doch an der zaal ungleich, wan es der hertzog in Bayern
(ist des Oxensterns ordinari praedicat gewesen) weith bringen würde, so
möegt es etwoh endtlich zu der alternativa gelangen dergestalt, daß nach des
hertzogs in Bayern absterben alsopaldt der pfaltzgraff Carl Ludwig in electo-
rali dignitate succedirte. Er, Oxenstern, aber wölte es nit versichern, daß
mans dhahin bringen werde.
4. Bey dem puncto satisfactionis, dha müße der cron Schweeden gantz Pom-
mern, der ertzstifft Bremen, stifft Verden und in Mecklenburg Wißmar, Pöel
und Waalfisch , auch Warnemundt
die drey negst Wißmar gelegene ämbter in händen pleiben und in perpetuum
der cron gelaßen werden.
5. Müße den protestirenden stendten wegen der gravaminum, bevorab ra-
tione termini ad quem, satisfactio wiederfahren und die renuntiatio sowol
quoad viam iuris alß viam facti perpetua sein.
Auf diese vortrag haben wir erinnert, daß wir darauß abnhemmen müeßen,
daß die cron Schweeden endtlich auf lautern extremis beharren wölte, dan
beym puncto amnistiae würde man dießeidts den terminum a quo vom jahr
1618 nit nachgeben. Sölten nun die Schweeden auch vom jahr 1624 nit hören
wöllen, so seie khein mitl darauß zu khommen.
Die reductio des exercitii Augspurgischer confession in die erblandt seie con-
ditio impossibilis und nit zu erheben. Wüsten von kheinen pactis, so deswe-
gen aufgerichtet, außerhalb waß fürsten und stendten in Silesien der religion
halben versprochen, darbey würden dieselbe gelaßen und nit turbirt. Den
maiestätbrief hetten die Böhemben verwürckt.
Den pfaltzgraffen völlich auch quoad dignitatem electoralem zu restituirn
seie ebenergestalt unmöeglich, und wölle Churbayern von der alternativa nit
hören, weiln er einmahl dhabey vervortheilt und beynahe 300 jahr ab alterna-
tione außgeschloßen worden .
Es seien aber dergleichen praetensiones eben dieselbe, so die Schweedische in
irer ersten proposition
Anspielung auf die schwed. Proposition II vom 1./11. Juni 1645 und die schwed. Replik vom
7. Januar 1646 ( Meiern I, 436 –438, und II, 183–190, sowie 190–200).
position und nit pro aliqua lege aut conditionibus, so man dieser parthey vor-
schreiben wolte, wöllen gehalten haben. Müsten also dhavon abweichen und
auf mitle tretten, dan derentwegen seie man beyeinander, umb handlung da-
ruber zu pflegen. Wiedrigenfals, dha die cron Schweeden auf dergleichen
praetension bestehen wölte, so seie es unnötich, daß er, der Oxenstern, seine
reiß nacher Münster fortsetze, dan würde von allen diesen postulatis kheins
erhalten, consequenter würde auch der punctus satisfactionis fallen und zu-
nichten werden.
Der Oxenstern hat geantwortet, es seie freylich die erste proposition, aber
auch die letzte. Die cron Schweden handle nit auf kaufmans art, daß man
dingen und handlen solle, die habe es also hergebracht, waß sie einmahl setze,
daß sie darbey beharre, also haben sie es in Polen, auch iüngsthin in Denne-
marck gemacht
Vgl. [nr. 174 Anm. 3] .
Nos: Es würde ihr aber in Teütschlandt nit angehen, man werde sich nit pro
victis tractirn oder leges vorschreiben laßen.
Ille: Es seie nit leges vorgeschrieben, sondern die sach im Reich auf ein
solchen fueß und standt gesetzt, wie es des Reichs wolfahrt erfordere und
die stendte selbst verlangten. Wan man sich aber ahn seithen Kayserlicher
mayestätt darin noch ferners spreitzen wölte, so möegte es etwoh newe
foedera verursachen. Er wolte es des herrn graven von Trautmansdorf ex-
zellentz so deütlich sagen, alß er es unß sagte, und darnach könte man sich
richten.
Nos: Wir lebten der hofnung, es solten dem Oxenstern zwischen hir und
Münster noch andere und miltere gedancken beyfallen, sönsten würde man
die sach Gott befehlen müeßen, atque ita discursus finitus est.
Wir seindt auch bißhero in erwartung einiger erclehrung der protestirenden
stendten uber iüngst den Chursachßischen beschehene apertur circa composi-
tionem gravaminum gestanden. So werden wir aber von den fürstlich Heßen
Darmbstattischen gesandten in vertrawen berichtet, daß bey iüngster deswe-
gen gehaltener consultation das conclusum nur dhahin gefallen, die Chur-
sachßische zu ersuchen, daß sich selbigs wercks ferners nit unterfangen noch
von denen protestirenden in causa communi separirn wolten. Dieienige vor-
schläge aber, so denen Chursachßischen an handt gegeben worden, wehren
gar nit vorkhommen noch allen stendten communicirt worden, sondern es
hetten die Sachßen Altenburgische auf der Schweeden und eins und anderen
standts erinnerung dieselbe unterschlagen und an die stendte ferners nit ge-
bracht, also wir diesorts auf einige erclehrung nit zuzulegen. Nit weeniger
seie es an deme gewest, daß die protestirende auf eine deputation ahn die
catholische nacher Münster schließen wöllen, so die Schweeden auch verhin-
dert under den vorwandt, daß es den protestirenden nit reputirlich seie, den
catholischen nachzugehen, auß welchen umbstendten handtgreiflich zu ver-
spühren, wie gefehrlich mit den sachen werde umbgangen und wie sich alles
ie lenger, ie mehr zu einen schwehren außschlag laße ansehen.