Acta Pacis Westphalicae II A 5 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 5: 1646 - 1647 / Antje Oschmann
233. Nassau an Lamberg und Krane Münster 1647 Januar 29
–/ 233 /–
Münster 1647 Januar 29
Kopie: Giessen 208 nr. 129 p. 558.
Knuyt: Vergebliches Bemühen der niederländischen Gesandten in der schwedischen Satisfaktions-
verhandlung ; überzogenes französisch-niederländisches Garantieprojekt von seiten Frankreichs;
die spanisch-französischen Verhandlungen; die Weitergabe des letzten französischen Projekts. Die
spanische Antwort?
Auf das Schreiben vom 28. Januar 1647 . Verweis auf die Beilage. Und berichte
zugleich, daß gleich aniezo vernehme, daß die königliche Spannische gestern
die von den Holländischen gesanden ihnen am 25. dieses zugestelte Französi-
sche puncten beantwortet
reassumirt und wieder im gang.
1 Protokoll, [Münster] 1647 Januar 27. Kopie: Giessen 208 nr. 130 p. 558–572 = Druckvor-
lage ; RK FrA Fasz. 91 II fol. 335–341 – Konzept: KHA A 4 nr. 1628/21 unfol.
Den 27. Januar 1647 hat deren Generalstaaden und Holland plenipotentiarius herr Knuyt
mich, den grafen von Naßau, in meinem logament mit gewöhnlichen complimenten und
daß er mir von ihrer verrichtung zu Oßnabruck parte geben wollen, besucht, zuförderst
höflichen gerühmet, daß daselbsten von ihrer excellenz Kayserlichen obristhofmeistern
und übrigen sämtlichen Kayserlichen herren abgesanden alle vollkommene, gute und
hohe satisfaction empfangen hätten, welche sie ihren principalen sonderlich fideliter zu
referiren und hoch zu rühmen sich obligirt hielten, hingegen aber von den Schweden
ihnen sehr schlechtlich begegnet worden und von denselben wenige satisfaction erlangt
hatten, ohnangesehen daß sie des churfürstens von Brandenburg interesse und daß die
Schweden laut der alternativae mit einer helffte von Pommern cum annexis sich
contentiren wolten, eyfrigs recommendirt, erinnert und daebey remonstrirt hätten, daß
sie der Generalstaaten als ihrer alliirten (so bishero ihnen, Schweden, so viel assistentz
geleistet und derselben interesse in so hoher obacht gehalten) recommendation für einen
so hohen und ihnen auch alliirten churfürsten bey ihnen gelten laßen wolten. Es wären
aber die Schweden opiniatrisch darauf bestanden, weiln Churbrandenburg sich nicht in
tempore darauf erklährt, an die alternativa nicht mehr gebunden zu seyn, also bey ganz
Pommern verbleiben wolten, dabey sie von ihrer Kayserlichen majestät, dem Reich und
der cron Franckreich gnugsam gesichert sein wurden. Sagte dabey, es were zu verwun-
dern , daß die Schweden Churbrandenburg beschuldigten, daß ihre churfürstliche durch-
lauchtt ihre resolution und consens nicht eher gegeben, da doch die Schwedische selbsten
an den churfürsten begehren und ihn erinnern laßen, denen in Haag abgeschickten mit
einer dilatorischen antwort zu begegnen, damit sie da mehr zeit und gelegenheit
gewinnen könnten, fernere resolutiones aus Schweden zu bekommen. Weiln sie dan
vermerckten, daß durch allen ihren angewendeten fleyß, Schweden von ganz Pommern
abzuziehen, nichts erhalten können, als wären sie von Oßnabrück wieder abgereyset, und
wolten nunmehr ihren principalen darvon berichten und ordre erwarten, welche, was
hierbey zu thun, sich wohl resolviren würden. Ego: Erfreuete mich, daß mit so gutem
contento von ihrer excellenz herrn obristen hofmeister und übrigen Kayserlichen
abgesanden abgereyset wären. Könnte auch wohl versichern, daß ihr excellenz und übrige
Kayserliche abgesandte jederzeit eine gute intention gehabt, ihnen alle mögliche satisfac-
tion wiederfahren zu laßen und die gute correspondenz zwischen Kayserlicher mayestät,
dem Reich und den Generalstaaden zu unterhalten. Hingegen verwunderte mich, daß
ihre remonstrationes bey den Schweden nicht mehr gewürckt hetten, sonderlich weil ich
vernommen, daß die Französischen gleichergestalt die Schwedische erinnert, sich mit
halb Pommern cum annexis consentiente electore Brandeburgico zu contentiren. Ille
wiederhohlte, hoch zu rühmen, wie annehmlichen und zu ihrem grosen contento die
herrn Kayserliche sich gegen ihnen erwiesen. Waß aber der Franzosen den Schweden
beschehene remonstrationes anlanget, hetten sie sich bey den Schwedischen darauf auch
bezogen. Es hätte aber der graf von Oxenstern (welchs er gleichwohl in hohem vertrauen
wolte angedeutet haben) darauf geantwortet: Was wollen die Franzosen sagen, sie seyndt
doch dieienigen, die uns ganz Pommern zu behalten an die hand gegeben und
ermahnet?
Seynd darauf von den Spannischen und ihren tractaten zu reden kommen, und habe ich
ihn gefraget, ob auch wohl der Servient in Haag einige difficultäten und auffenthalt der
tractaten, der underschreibung zuwieder, verursachen würden. Ille hielte nicht dafür, daß
Servient einige veränderung würde erhalten noch, was allhier unterschrieben, retractiert
werden solte, sondern es dabey verpleiben würde, was die provinzien einmahl durch sie
bewilliget und geschloßen. Servient findte den appuy in Niederlande nicht, wie er etwan
vermeynt gehabt. Er suchte zwar eine garantie, welche aber gar zu weit und fast durch die
ganze welt extendirt würde. Soweit die garantie in Niederlanden und waß dahero
entstehen könnte, berührte, brachte zwar ihre 1644 getroffene alliance mit sich, waß aber
außerhalb deren in Spannien, Italien oder anderswo sich für krieg und mißverstand
erheben wurden, darzu wollen sie sich nicht einlaßen, dann wann sie an allen orthen in
der welt, da durch Franckreichs ambition und begierligkeiten krieg erwecket würde, sie
die garantie zu leisten schuldig seyn solten, wurden sie nimmermehr des friedens oder
ruhe versichert seyn können, sondern gänzlichen von Franckreich, als wann sie deren
unterthanen wären, dependiren müßen. Damit iedoch in Niederland einer oder andrer
durch ungleiche relationes, informationes und discursen nicht auf ungleiche gedancken
gebracht würden, hätten sie resolvirt, daß ein oder vier aus ihren mitteln in wenig tagen
auf eine kurze zeit verreysen solten, um an allen orthen zu vorkommung aller confusion
gründlichen bericht zu thun. Doch wollen sie zuvor gerne abwartten, wie weit es mit den
Spannischen und Französischen tractaten zu bringen. Sie hätten ihrestheils hohe ursach,
allen auffenthalt ihres friedens außm weeg zu räumen und deßen vollnziehung zu
beschleunigen, dann sie befunden die tractaten zwischen Spannien und Franckreich also
so beschaffen, daß, wenn sie nur wolten, in wenig stunden geschloßen werden könnten,
dadurch sie sich alsdan als die letzte und wohl gar daraus finden möchten, darum ihrm
statui hoch daran gelegen, sich nicht länger aufzuhalten und zu schliesen. Ego: Befinde
ihre resolutiones hoch verständig und ihrm statui hochnöthig. Könnte mir nimmehr
imaginiren, daß sie sich also von Franckreich gouberniren und zu ganzen sclaven machen
laßen solten. Dann auf solchen fall, da sie nimmer nichts ohne Franckreich thun könten,
hergegen aber um aller der Franzosen interesse willen in den waffen stehen müsten,
würden sie andersten nicht seyn als der Franzosen mercenarii und tributarii. Ille: Das
apprehendirten sie sehr wohl, würden sich nicht also binden noch es dahin kommen
laßen. Ego: Hätten in warheit wohl ursach, sich vor solchem Französischem joch zu
hüten.
Und in verfolgtem discurs sagte ich, vernommen zu haben, daß sie der Franzosen
aufgesezte puncta und desideria an Spannien denen Spannischen nicht auf einmahl,
sondern vor- und nach einzuliefern gemeynt wären. Ich hätte äußerlich vernommen, daß
den Spannischen lieber und angenehmer seyn solte, daß ihnen zugleich und auf einmahl
geliefert würden, erinnerte mich dabey auch, von ihnen hiebevorn verstanden zu haben,
daß sie selbsten davor gehalten, daß es das beste mittel seyn würde, die Spannisch-
Französische handlung zu beschleunigen, wann jedes theils puncta und petita zu pappier
gesezet und jedem theil auf einmahl zugestelt würden. Ille: Es wäre wahr, und wären sie
der meynung anfänglich gewesen, den Spannischen die puncta auf einmahl zu liefern.
Hätten aber vor dismahl nur einen antheil solcher puncten ihnen auß folgenden ursachen
zugestelt: Erstlichen weiln sie bey diesen friedenstrac[ta]ten verspührt, daß Franckreich
auf alle wege und manier, directe und indirecte, sie in alle ihre interesse einzuflechten
suchte, alß müsten sie desto behutsamer bey diesen tractaten gehen, damitt sie
Franckreich keine ursach geben, darfurzuhalten, daß sie sich in mehrer interessi als nur,
soviel die Niederlande betreffe, eingelaßen hätten; zweitens weiln sie der Franzosen petita
an Spannien in dreyen classibus bestehend gefunden, die erste in generalibus betreffendt
commercien, gute freundtschafft und correspondenz zu halten et similibus, die zweyte
wegen der Niederländischen sachen, als inbehaltung deren darin occupirten orthen, die
dritte berührte die Spannisch- und Italienische sachen, darbey sie dann wahrgenommen,
daß die erste und zweyte classes nicht allein leichtlich zu vergleichen, sondern fast wie
verglichen seyen. Denn was die erste anlanget, sey es styli bey allen tractaten, die zweyte,
als nehmlich die einbehaltung der durch die waffen in Niederlande eingenommenen
orthen, den Franzosen albereit bewilliget sey, dabey sie dan bekennen müsten, daß die
cron Spannien ihre aufrichtige intention zum frieden gnugsam, auch abermahls aufs neue
darinnen erwiesen habe, daß bey vorgefallenem streit wegen zugehör und limiten deren in
Niederland den Franzosen überlaßenden pläzen sie sich dahin erklährt, obschon sie,
Spannische, davon gnugsam informirt, auch eine specification darüber von don Castell
Rodrigo empfangen hätten, jedoch den Holländischen gesanden den ausspruch darinn
gern verstatten wolten, da auch die Franzosen damit nicht zufrieden seyn würden,
könnten sie zu mehrer befürderung des friedens geschehen lassen, daß die Franzosen wie
auch die Spannische, jeder theil, gewiße persohnen, diese gränzsache zu schlichten,
nenneten und committirten. Zu der classe betreffendt Spannisch-, Portugal, Catalonische
und Italiänische sachen finden sie die mehreste difficultäten. Wären auch sachen, welche
sie nicht gerne mit den Niederländischen confundiren noch ihren statum darinn
verwickelen oder interessirt machen wolten, sondern dabey bloß allein als von den
partheyen darzu ersuchte unterhändler sich verhalten. Wäre also ihre intention gewesen,
darum die Französische articulos den Spannischen separatim einzugeben, damit, wann
obgedachte beede classes (so ohnedaß ihr richtigkeit hätten) in ihre rechte form gebracht
und allerseits beliebet sein würden, sie alsdann ihren principalen selbig vorlegen und
klährlich darthun könnten, daß auch zwischen Spannien und Franckreich alles dasjenige,
was die Niederlande und ihren statum betreffe, warbey sie sich interessirt befinden,
allbereit verglichen wäre, dannenhero ihre principales da mehr ursach haben würden, sich
ferners durch die Franzosen nicht aufhalten, sondern ihren friedensschluß zum gänzli-
chen stand kommen zu laßen, auch im werck selbsten empfinden würden, daß die
Franzosen dasjenige erhalten hätten, warzu sie, Niederländer, vermöge mit Franckreich
anno 1644 aufgerichteter confoederation Franckreich beyzustehen verpflichtet sich
erachten mögten, und könnten alsdann zu der cron Spannien eigenen vortheil die
Spannische und Italienische sachen, ohne den Holländischen statum darinn zu interessi-
ren , leichtlich verglichen werden, da aber hergegen alle articuln auf einmahl eingeben
würden, eins das andere leicht stecken und die Franzosen, wie obgedacht, die Holländer
in solche Spannische und Italienische sachen, welches, wie scheine, die Franzosen eyfrig
und mit allem fleyß suchen, einwickeln. Ego habe ihn gefragt, ob sie diese ihre rationes,
warum sie den Spannischen ihrm verlangen nach die Französische puncten nicht auf
einmahl übergeben, angezeigt hetten. Ille mit nein beantwortet. Ego gefraget, ob ers
leyden möchte, daß ichs denselbigen ankündigen möchte. Ille: Sehr wohl, aber nicht in
ihrm, sondern nur in meinem nahmen.
Warauf ich selbigen abend noch den Spannischen davon parte geben, die es zu danck
aufgenommen.
Bey dem abschied sagte ich dem herrn Knuyt, sie würden vor Gott und der welt lob und
ehre haben, auch ihren statum in gute ruhe und sicherheit sezen, wann sie bei ihrer
unterschreibung beständig bleiben, ihren friedensschluß beschleunigen und den frieden
zwischen Spannien und Franckreich befurdern würden, darbey sie durch ihr zusprechen
ein großes würden thun können. Ille: Hättens bishero mit äußerstem fleyß gethan und
begehrten, dabey zu continuiren. Sie befinden, daß die meiste difficultäten zwischen
Spannien und Franckreich auff Cassel , Piombino und Portolongone bestünden. Müsten
den Spannischen nachgeben, daß auch hierinn sich friedfertig bezeigten, indem sie sich
erklährt, der Franzosen petita hierinn noch zu der zeit weder abzuschlagen, weder zu
bewilligen, erwarteten täglich ordre auß Spannien. Er berichtete darbeneben, daß sie
soviel vernommen, daß der herr de Brunn unter andern dieser ursachen halber nacher
Brüßel verreiset, mit don Castel Rodrigo (als welcher sonderlich sein absehen auf Italien
habe) darüber zu communiciren. Sie ihrestheils möchten wünschen, daß auff obgedachte
2 pläze Piombino und Portolongone nicht so starck gehalten würde. Vermeynten, bei
iezigen coniuncturen Spannien der friede mehr vortheil als diese genannte pläze bringen
würden und wäre Spannien gleichwohl allezeit so mächtig, da es sonsten hernächst
wieder zum krieg kommen solte, solche pläze wieder einzunehmen.