Acta Pacis Westphalicae III C 4 : Diarium Lamberg: 1645-1649 / Herta Hageneder

3. Überlieferung und Quellenwert des Diariums

Das Diarium Lamberg liegt im Original im Oberösterreichischen Landesarchiv in den Handschriften Nr. 1495 und 1496 des Herrschaftsarchivs Steyr vor. Die Handschrift 1495, 20,3 x 15,5 cm, 8°, besteht aus 187 Blättern zu 15 Lagen, die sich aus Sexternen zusammensetzen. Lage 1 enthält nur vier Blätter, da die ersten zwei Blätter am Vorderdeckel innen aufgeklebt sind. Ebenso ist die letzte Lage nur aus vier Blättern gebildet, sind doch zwei Blätter wiederum mit dem Deckel verklebt. Die Handschrift ist unfoliiert. Der Schweinsledereinband, der noch zu Lambergs Lebzeiten angefertigt worden ist, trägt auf der Vorderseite die Aufschrift: Einschreibbuch vom 1. August 1644 unzt 31. May 1647. Im Inneren des Deckblattes findet sich als Exlibris folgender Hinweis: Ex Biblio-

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theca
principis de Lamberg mit der Signatur 4933 y 3

Diese Vermerke stammen aus dem 19. Jahrhundert, wahrscheinlich aus der Zeit des Fürsten Karl Eugen von Lamberg (1764–1831), der sein Augenmerk besonders der Bibliothek zuwandte (vgl. Wurzbach 14 S. 34).
. Vor dem Beginn des eigentlichen Tagebuches hatte Lamberg bereits eigenhändige Aufzeichnungen über ihm wichtig erscheinende Reisevorbereitungen eingetragen

Sie beginnen auf der fünften Seite mit dem Verzaichnus aller stätt, markh und fleckhen, da ich underschribner einggekhert, alß von Ihr Khayserl. Majestät ich zu den allgemeinen fridenstractaten nacher Oßnabrugg alß gevollmächtigter gesandte geschikht worden etc. und schließen mit einem Verzaichnus aller der officier und diener, welche ich zu diser ambassada nach Oßnabrugg aufgenommen etc. an und vermerken auf der neunten Seite den Empfang von Geldern für die Reise. Auf Seite 10, dem Beginn der Tagebucheintragungen, enden sie mit der Überschrift: Verzaichnus aller örtter, wo ich eingekhert hab, alß ich von Wien gegen Oßnabrugg geraist.
.
Die Handschrift 1496, 18,2 x 16,1 cm, 8°, besitzt 139 Blätter zu 17 Lagen, die aus einer Terne, wovon ein Blatt mit dem Vorderdeckel verklebt ist, einer Quinterne, dreizehn Quaternionen und zwei Sexternen – wobei von letzterem wieder zwei Blätter mit dem Deckel verklebt sind – bestehen. Die Handschrift ist ebenfalls unfoliiert. Auch sie trägt im Umschlagdeckel des zeitgleichen Schweinsledereinbandes den Vermerk: Ex Biblio-theca principis de Lamberg mit der Signatur 4933 y 3

Auf Seite 2 vermerkt Lamberg: Diarium von 1. September 1648 biß lezten May 1650. Joh. Maximilian Graf von Lamberg m. p.
.
Selbstverständlich fällt sofort die Lücke in der Führung des Tagebuches auf: Vom 1. Juni 1647 bis zum 31. August 1648 fehlen uns die Aufzeichnungen Lambergs. Sturmberger hatte gemeint, daß einstmals ein dritter Band vorhan-den gewesen sei

Sturmberger, Tagebuch S. 277.
; aber alle Nachforschungen in den einschlägigen Archiven waren vergeblich

Archivalien zur Geschichte der Familie Lamberg gibt es im N. Ö. Landesarchiv, Steiermär-kischen Landesarchiv, im Österr. Staatsarchiv, in den Abteilungen: H-H-Staatsarchiv, Allgem. Verwaltungsarchiv, Hofkammerarchiv und Kriegsarchiv. Auf alle Anfragen ergab sich nur eine negative Antwort.
. Das Mittelstück blieb verschollen. Manches spricht nun dafür, daß es diesen Teil niemals gegeben hat. Es scheint nämlich erstens der Zeitraum von 15 Monaten für einen ganzen Band zu kurz und zweitens dürfte Lamberg damals sehr beschäftigt gewesen sein, waren doch die Verhandlungen mit den Schweden in ein entscheidendes Stadium getreten. So hatte selbst Graf Trauttmansdorff noch am 16. Juli 1647 die Schwedischen Gesandten für den Fall, daß man zu keiner Einigung gelange, sondern über die offenen Fragen weiter verhandeln müsse, an Lamberg verwiesen

Vgl. APW C 3 S. 952.
. Kein Wunder also, daß der Autor erst nach dem Vertragsabschluß mit der Schwedischen Krone im Septem-ber 1648 wieder Muße fand, sein Tagebuch fortzusetzen

Am 6. August 1648 erfolgte der Abschluß mit Schweden (vgl. Dickmann, S. 477; Ruppert, S. 342).
.

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Die beiden überlieferten Diarien sind von Johann Maximilian eigenhändig und im allgemeinen fortlaufend geführt worden. Lamberg scheint die Eintragungen ziemlich bald nach den Ereignissen niedergeschrieben zu haben, denn er notiert Vorgänge, die er später, zumeist am Rande, mit einer näheren Erklärung versieht

Z. B. 1644 X 4 ( Diarium S. 19).
. Auch Namen von Besuchern oder Begebenheiten trug er oftmals zu einem anderen Zeitpunkt nach

Z. B. 1644 X 13 ( Diarium S. 22), wo er den Tod seiner Mutter am Rande vermerkt; die Nachricht erhielt er erst am 9. November (ebd. S. 25). Ferner ist hier noch auf 1644 XI 24 ( ebd. S. 28), 1645 III 11 (ebd. S. 50) und 1648 X 3 (ebd. S. 194) zu verweisen.
. Gelegentlich zeichnete Lamberg für ihn wichtige Geschehnisse erst am nächsten Tag auf. So berichtet er z. B. unter dem Datum des 15. Februar 1645 (S. 45) voller Ärger über seinen ungetreuen Hofmeister, der ihn bestohlen hatte, und zugleich über dessen am Morgen des kommenden Tages erfolgte Abreise. Erst am 17. Februar erfuhr er aber, daß der Hofmeister entgegen seinen Weisungen gehandelt hatte und fügte nun dieses Wissen als späteren Nachtrag seiner Eintragung hinzu

Siehe Diarium [S. 45] .
. Manchmal fand der Autor nicht täglich Zeit für sein Diarium und trug daher einige Tage zusammen ein. Daraus mögen sich Wiederholungen erklären, die er zu tilgen pflegte

Lamberg berichtet am 21. Mai 1645, daß er nachmittags in des Dompropstes von Osnabrück Wald gefahren sei; am folgenden Tag schreibt er nochmals davon, um dann diese Eintragung durchzustreichen ( Diarium S. 67). Ebenso tilgt er am 25. Februar 1646 eine ganze Eintragung, die sich mit der des Vortages deckte, zu dem angegebenen Datum aber falsch war ( ebd. [S. 114] ).
. Hierher gehören auch Notizen, die er mit einem falschen Datum versah, wenn ihn die Erinnerung im Stich ließ

Z. B. 18. Februar 1645 ( [S. 46] ); 6. Mai 1645 ( [S. 64] ).
. Im großen und ganzen kann aber doch von einer möglichst kontinuierlichen Eintragung gesprochen werden; darauf verwei-sen vor allem die Neuansätze in der Schrift des Autors

In der Hs. 1495 z. B. 1644 XI 21; 1645 IV 20; 1645 V 13; 1646 VII 23; 1646 VIII 3; 1647 IV 2. – In der Hs. 1496: z. B.: 1648 XII 8; 1649 II 19.
. Lamberg schrieb sein Tagebuch zumeist in einer ausgeschriebenen Kurrentschrift mit den gängigen Abkürzungen, in einer Tinte, die stellenweise stark verblaßt ist. Die lateini-schen, italienischen und französischen Einschübe verfaßte er in lateinischen Buchstaben.
Am oberen Rande jeder Seite stand stets der Monatsname, der Anfang des Jahres wird nur an dessen Beginn, meist in der Mitte der Zeile vermerkt. Den linken und rechten Blattrand hielt der Autor frei für spezielle Notizen. Seine täglichen Wetteraufzeichnungen fügte er zuerst an der linken, später an der rechten Seite hinzu, während sich links am Rande das Tagesdatum – ohne Monat und Jahr – sowie Angaben über die Anzahl der erhaltenen und geschriebenen Briefe findet. Die Namen der Orte, die Lamberg auf seiner Hin- und Rückreise passierte, setzte er in der Regel unterhalb der Tagesangabe an den Rand. Während seines

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Aufenthaltes in Osnabrück und Münster erfolgte ein solcher Hinweis nur bei einem Ortswechsel.
Ähnlich dem Chigi-Tagebuch

Vgl. dazu APW III C 1 S. XXXV.
enthält das Diarium Lamberg, wie bereits erwähnt, Wetterberichte und zwar täglich bis zur Rückkehr nach Wien

Vgl. Diarium [S. 248] .
. Dies dürfte klimageschichtlich nicht uninteressant sein. Aufmerksamkeit verdienen auch die sozial- und kirchenhistorischen Aspekte des Tagebuches, tritt uns doch selten die große Politik, sondern vor allem der Alltag aus der Sicht eines barocken Edelmannes entgegen

Vgl. dazu oben [S. XXXff] .
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