Acta Pacis Westphalicae II A 8 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 8: Februar - Mai 1648 / Sebastian Schmitt
13. Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III Osnabrück 1648 Februar 20

2

Lamberg, Krane und Volmar an Ferdinand III.


3
Osnabrück 1648 Februar 20

4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 55a (1648 II) fol. 87–89’, 118–118’, praes. 1648 III 1 = Druck-
5
vorlage
– Kopie (mit gekürztem Text): KHA A 4 nr. 1628/23 unfol.

37
Weitere (vollständige) Kopie: ÖstA Tirol Fasz. 20i p. 165–170.
– Konzept: RK FrA
6
Fasz. 92 XIV nr. 1969 fol. 281–284.

7
Verweis auf die Beilagen. Neuer Verhandlungsmodus von Gesandten protestantischer
8
Reichsstände initiiert: erneute Übertragung der Verhandlungsführung auf kaiserliche und
9
schwedische Gesandte unter Heranziehung der anwesenden reichsständischen Gesandten;
10
sofortige Unterzeichnung vereinbarter Punkte. Vorherige Erklärung der protestantischen
11
Gesandten zu Artikel I–V KEIPO6 und Abstimmung mit den Bevollmächtigten der kom-
12
promißbereiten katholischen Reichsstände wünschenswert; Einbeziehung der in Münster
13
verbliebenen Gesandten der katholischen Reichsstände angestrebt.

14
Rezepisse auf APW II A 7 Nr.n 112 und 117. Nuhn werden Ewer
15
Kayserlicher Mayestätt auß unßern negstvorgehenden gehorsamsten rela-
16
tionibus

38
Nr.n [ 3 ] und [ 10 ] .
allergnädigst verstanden haben, wie weit wir das instrumentum
17
pacis

39
Gemeint sind Art. I–V KEIPO6 (vgl. [ Nr. 3 Anm. 1 ] ).
extradirt, auß weßen rath solches beschehen und waß darauff an
18
seiten der Schweden für ein hochmüttige wiederredung erfolgt, hingegen
19
aber die protestierenden sich zu einer besonderlichen erclehrung uber
20
allen innhalt erbotten, iedoch vorderist unß ersucht, die catholische da-
21
hin zu vermögen, daß dieselben ihnen eine anthwortt uber dasienig, so
22
heudt 8 tag von denen besagten protestierenden vorgetragen worden,
23
ertheilen wolten, welchem nach sie alßdan auch gegen unß sich uber die
24
außgehändigte zween puncten de amnestia et gravaminibus einer gewißen
25
erclehrung wölten vernehmen laßen. Gestalten dan die catholische den
26
16. huius ihre anthwortt eröffnet, unß auch seither ein abschrifft deßen,
27
so von denen protestirenden proponirt und dan catholischentheils wie-
28
derumb darauff geanthworttet worden, zugestelt haben, inhalts der
29
beylagen A, B, in welcher sonderlich zu ersehen kombt, waßgestalten
30
sie die

36
30 insinuation] Aus dem Konzept übernommen, in der Druckvorlage: insimulation.
insinuation, zum fall sie, waß hinausgeben, retractirten, fidem
31
publicam violirn thetten, abgeleint, welche ableinung auch der Chur-
32
meintzischen ahnzeig nach biß daher von denen protestierenden unbe-
33
rührt glaßen worden.

34
Weil dan Ewer Kayserlicher Mayestätt unß vom 24. Ianuarii auch der-
35
selben protestierenden zu beschönung dieses ahnzugs zusamengesetzte

[p. 33] [scan. 121]


1
rationes uberschickt

39
Bezug auf die rationes der Ges. der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrittigen
40
Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 889 –894 – APW [ II A 7 Beilage [1] zu Nr. 97 ] )
41
von 1648 II.
unnd unßere refutation darüber anzustellen aller-
2
gnädigst befohlen, alß kombt selbige hiebey littera C, welche wir zwar
3
alhier dem befehlich zu gehorsamster folg nit werden außkommen laßen,
4
anderst, daß wir unß ethwan auff gegebene ahnlaaß derselben im replicirn
5
nottwendich werden gebrauchen müßen und bißher zum offtern ge-
6
braucht haben.

7
Alß wir solchem nach in erwahrtung gestanden, waß unß gedachte pro-
8
testierende dermahlen für ein anthwortt anbringen würden, haben sie ge-
9
stern vormittags unß angezeigt, sie hetten der sachen reifflich nach-
10
gedacht und, weil die catholische sich des außgeliefferten instrumenti hal-
11
ber fast zweifflhafftig erclehrt, die handtlungen wiederumb in gang und
12
zu endtlichen schluß zu bringen für das beste und fürträgligiste mittl be-
13
fünden , daß wir die conferentzen uber mehrberührte zween articulos mit
14
denen Schweden immediate reassumirn und ferner vortsetzen solten,
15
doch dergestalt, daß in loco conferentiarum in einem nebenzimmer so-
16
woll die catholische alß auch die protestierenden ahn der handt wehrn,
17
mit welchen die vorfallende streittige puncten conferirt und alsogleich,
18
waß abgehandtlet, zu papyr gebracht, underschrieben und gegeneinander
19
außgewechßelt werden könte. Ihnen werde auch nit zuwieder sein, weil
20
die catholische ethwan anstehen mögten, ob solche ihre assistentia colle-
21
gialiter oder ut singuli einzurichten, daß allein dieienige, so sich alhier
22
befinden thetten , sich ut singuli darbey einstellen mögten. Mit denen
23
Schwedischen hetten sie ebenmäßig von diesem modo geredet, so es
24
auch durchauß beliebten, allein soviel angedeutet, weil die zwischen unß
25
passirte conferentz per modum visitationis wehre fürgangen

43
Oxenstierna und Salvius hatten die ksl. Ges. zuletzt 1648 II 12 aufgesucht (vgl. [ Nr. 3 mit Beilage [1] ] ).
und ahnietzt
26
die ordtnung ahn unß stünde, daß sie sich nit woll zu einem andern driet-
27
ten ortt veranlaaßen könten. Und eben dies haben sie alsogleich auch de-
28
nen catholischen vorgetragen.

29
Wir haben demnach ein notturfft zu sein erachtet, ehe und dan wir unß
30
zu ja oder nein erclehrten, vorderist mit erstgemelten catholischen hie-
31
rauß zu reden und ihre meinung zu vernehmen, waß in der sachen zu
32
thuen. Dan ob wir zwar solch vorgeschlagenen modum allerdings abzu-
33
schlagen nit räthlich befinden, so ist unß doch zu gemüth gangen, wan
34
wir auff der Schweden letztere zusprechung unß also schlechterdingen
35
ohne einige zuvor von denen protestierenden uber die beyde außgehän-
36
digte articulos habende gewiße und satte anthwortt zu ihnen verfügen
37
solten, daß wir alßdan gleichsamb benöttigt sein würden, unß gegen ih-
38
nen einer affirmativa zu erclehren und also unßere zuvor gegebene anth-

[p. 34] [scan. 122]


1
wortt mit nit geringer verschimpffung Ewer Kayserlicher Majestätt repu-
2
tation stillschweigendt zue wiederruffen oder unß derenthalben wieder-
3
umb in etwaß gezäng mit ihnen einzulaßen, daß also dieser modus confe-
4
rendi nit nur ohne frucht ablauffen, sondern auch besorglich das catho-
5
lische weßen noch mehrers verletzen mögte, hingegen, wan wir vorderist
6
der protestierenden erclehrung uber alle puncten erhalten, so hetten wir
7
ursach, mit denen catholischn darüber ferners zu deliberirn, unß mit ih-
8
nen , wa nit allen, doch wenigst denen, so sich ohnedaß mit Ewer Kayser-
9
licher Majestätt intention einzustimmen erbietig gemacht, waß noch bey
10
eim und andern endtlich zu thuen mögte sein, zu vergleichen und selbigs
11
hernach denen Schwedischen und protestierenden mit völligen uberrest
12
des instrumenti hinaußzugeben, darauff auch ihre endtliche und schließ-
13
liche meinung zu erfordern.

14
Alß nuhn von denen catholischen wegen Churmayntz Dr. Reigensperg,
15
wegen Trier Dr. Anathan

30
Lic. Johann Anethan (1594–1668); 1645–1648 VII kurtrierischer Ges. ; 1624 Rat, 1629
31
Kanzler ( Repertorium , 540; Abmeier , 18f; Lehsten II, 12). – Der zweite Ges. Kurtriers
32
war Dr. Hermann Adolf Scherer (gest. 1685); 1645–1649 kurtrierischer Ges. , führte im FR
33
die Voten für das Hst. Speyer, die Propsteien Odenheim und Weißenburg sowie für die
34
Abtei Prüm ( Abmeier , 21f; Lehsten II, 78f).
, wegen Bayrn Dr. Ernst, wegen Bamberg Dr.
16
Cobelius

35
Göbel.
, wegen Würtzburg der von Vorburg gestern nachmittags bey
17
unß erschienen und unßere meinung angehört, sein sie derselben einhell-
18
lich beygefallen und haben unß ersucht, daß wir die protestierenden wie-
19
derumb erfordern unnd auff’s bewegligst zu eröffnung einer specificirten
20
anthwortt uber alle denen extradirten beyden articulis anhangende mate-
21
rias ermahnen wolten, und dies zwar umb soviel desto mehr, weil diesen
22
catholischen räthen fast bedencklich fallen wölte, ohne zuvor habende
23
communication mit denienigen, so sich ahnietz zu Münster befinden thet-
24
ten , entweder in diesen modum conferendi einzulaßen oder demienigen,
25
waß in ihrn per maiora geschloßenen gegendeclarationibus

36
Bezug auf die 1648 II 2 den ksl. Ges. übergebenen declarationes ultimae der Mehrheit der
37
Ges. der kath. Reichsstände auf die
declarationes ultimae der Ges. der prot. Reichsstände
38
über Präambel und Art. I–V *KEIPO4B* und *KEIPO5* .
unßerm auß-
26
gehandigtem instrumento zuwiederlauffen thette, allein einseittig zu re-
27
nunciirn , welches sie auch denen protestirenden angedeuttet hetten, mit
28
fernerer anzeig, daß wan selbe also mit denen materialibus heraußgehen
29
thetten, die Churcollnische

39
Kurköln war neben Wartenberg vertreten durch: Dr. Peter Buschmann (1604–1673);
40
1645–1648 VII kurkölnischer Ges. ; 1639 kurkölnischer GR , 1648 Kanzler des GR ( DBA
41
II 208, 48; III 134, 233; Honselmann ; Foerster , 5f; Teske , 177; Lehsten II, 19) –
42
Arnold von Landsberg (Lebensdaten konnten nicht ermittelt werden), Propst von Obern-
43
kirchen ; 1644–1649 kurkölnischer Ges. , zugleich Ges. des Hst.s Minden ( Foerster , 9f;
44
Lehsten II, 52). – Dietrich Adolf von der Recke (Reck) (1601–1661); 1645–1649 kurköl-
45
nischer Ges. , vertrat zusätzlich das Hst. Paderborn; 1643 Dompropst von Paderborn,
18
Domherr in Münster, kurkölnischer GR ( DBA III 731, 414; Foerster , 9; Lehsten II,
19
69f). – Dietrich Hermann von Merfeldt zu Westerwinkel (1598–1658); kurkölnischer
20
Ges. , vertrat auch das Hst. Münster; Drost zu Wolbeck, kurkölnischer GR , 1636 Kanzler
21
in Münster ( Foerster , 5f; Lehsten II, 61).
und andere catholische von Münster sich

[p. 35] [scan. 123]


1
alßbaldt wiederumb alher zu begeben, erbietig wehrn. Wir sein demnach
2
gleich im werck, dieser meinung gemeß mit denen protestirenden handt-
3
lung zu pflegen und allen fleiß anzuwenden, damit sie sich einer sonder-
4
lichen erclehrung vernehmen laßen.


5
Beilagen A–C zu Nr. 13


6
Beilage A zu Nr. 13

7
Kurmainzisches Protokoll über die Proposition der Gesandten der protestantischen Reichs-
8
stände , [Osnabrück] 1648 II 13. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II) fol. 94–98; RK FrA
9
Fasz. 92 XIV nr. 1965 fol. 239–243; RK FrA Fasz. 94 III nr. 529 p. 689–696

22
Weitere Kopien: RK FrA Fasz. 96 VI fol. 262–266’; StK FrA Ka. 4 (WF XLII) fol. 82–
23
86’. – Vgl. den inhaltlich identischen, aber im Wortlaut völlig abweichenden Druck des
24
Protokolls in Meiern IV, 989 ff.
.

10
Beilage B zu Nr. 13

11
Kurmainzisches Protokoll über die Antwort der Gesandten der katholischen Reichsstände,
12
[Osnabrück] 1648 II 16. Kopie: RK FrA Fasz. 55a (1648 II) fol. 90–91’; RK FrA Fasz. 92
13
XIV nr. 1964 fol. 235–237

25
Weitere Kopien: RK FrA Fasz. 96 VI fol. 268–269’; StK FrA Ka. 4 (WF XLII) fol. 80–
26
81’.
.

14
Beilage C zu Nr. 13

15
(Interne) kaiserliche Widerlegung der protestantischen rationes für die Beibehaltung der un-
16
strittigen
Punkte des *KEIPO4B*

27
Den ksl. Bevollmächtigten waren die prot. rationes für die Beibehaltung der unstrittigen
28
Punkte des *KEIPO4B* (Text:
Meiern IV, 889–894 APW [ II A 7 Beilage [1] zu Nr. 97 ] )
29
im Zuge der Übergabe der
declarationes ultimae der prot. Reichsstände über Präambel
30
und Art. I–V *KEIPO4B* und *KEIPO5* (Text:
Meiern IV, 877–880 APW II A 7
31
[ Beilage B zu Nr. 96 ] ; vgl. später Art. I–V IPO sowie §§ 1–2, 5–7, 10–29, 31[2]-47 IPM)

32
1648 I 21 mündlich vorgetragen worden (vgl. Meiern IV, 885 rechte Sp. vorletzter Abs.;
33
APW [ III C 2/2, 955 Z. 35–956 Z. 21 ] ). Sie setzen sich aus 35 Punkten zusammen. Dazu
34
gehören die aus neun Punkten bestehenden
additamenta ad rationes, deren letzter Punkt
35
sich nochmals in vier Unterpunkte gliedert. Der Ks. hatte seinen Ges. 1648 I 24 eine aus

36
Dresden übersandte schriftliche Fassung, allerdings ohne additamenta, zukommen lassen
37
und sie angewiesen, eine
widerlegung darwider aufzusetzen (vgl. APW [ II A 7 Nr. 97 ] ).
38
Nach Zusendung der oben abgedruckten Widerlegung lobte Ferdinand III. in einem Re-
39
zepisseschreiben
von 1648 III 4 an Lamberg, Krane und Volmar (Ausf.: RK FrA Fasz. 92
40
XIV nr. 1993 fol. 461–462; hier fol. 461’ – Konzept:
RK FrA Fasz. 55c [1648 I–III] fol.
41
154–154’) seine Ges. für ihren
vleiß, den er absonderlich in ufsezung der rationum wider
42
der protestirenden ursachen, […] verspührt. Die ksl. Räte erinnerten ihn nochmals an Nr.
43
13 (Reinkonzept:
RK FrA Fasz 55c [1648 I–III] fol. 155–155’), in einem Conclusum von
44
1648 III 7 (Reinkonzept:
ebenda fol. 155) beschloß der Ks. dann allerdings, es bei dem
45
albereit erhalten recepisse verbleiben zu lassen.
(dt.), [Osnabrück vor 1648 II 22]. Kopie: RK FrA Fasz.
17
55a (1648 II) fol. 100–116 = Druckvorlage;
GehStReg Rep. N Ka. 22 Fasz. 21 pars 2 fol.

[p. 36] [scan. 124]


1
628–637; Giessen 200 fol. 494–508

25
Die Kopie in Giessen enthält viele Flüchtigkeitsfehler, die hier nicht in Textanmerkungen
26
aufgeführt werden.
– Konzept: RK FrA Fasz. 92 XIV ad nr. 1969 fol.
2
349–363.

3
Ableinung und bericht uber ethliche von theils der protestirenden furgescheinte rationes,
4
warumb daßienige, waß durch ihr exzellentz, herrn graffen von Trautmanstorff, alß Kayser-
5
lichen principalgesandten mit denen Schwedischen plenipotentiariis vor dero verreisen

27
Trauttmansdorff hatte 1647 VII 16 den WFK verlassen.

6
eventualiter abgehandtlet, aber unvolkommen hinderlaßen worden

28
Gemeint ist KEIPO4A (vgl. Nr. 3 Anm. 6).
,

24
6–7 nit geendert werden solle] Aus dem Konzept ergänzt, fehlt in der Druckvorlage.
nit geendert werden
7
solle.

8
Erstlich kan man gar woll nachgeben und ist ahn sich selbst recht und billich, daß die pacta
9
conventa und waß einmahl abgehandtlet und geschloßen, bestendich verbleiben und gehal-
10
ten werden solle

29
Bezug auf den ersten Punkt der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der
30
unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 889 letzter Abs.).
, daß aber dasienige instrumentum pacis, so durch die Kayserlichen pleni-
11
potentiarios mit denen Schweden vom Ianuario ahn biß zu ende des Maii anno 1647 zu
12
Oßnabrück gehandtlet worden, jemahlen zu vollstendigem schluß glangt seie, daß wirdt
13
sich auß den actis nit, sondern soviel befinden, das es biß zu der Römisch Kayserlichen
14
majestätt geheimen raths und obristen hoffmeisters, herrn Maximilians graffens zu Traut-
15
mannstorff , ritters des gülden vellniß

31
In den 1430 in Burgund gegründeten Ritterorden vom Goldenen Vlies wurden Personen
32
aufgenommen, die sich in besonderem Maße um die Verteidigung des christlichen Glau-
33
bens und – in späterer Zeit – um das Haus Habsburg verdient gemacht hatten (vgl. DHE
34
III, 776; LexMA IV, 1545f; 3 LThK IV, 824). – Trauttmansdorff war im Frühjahr 1635 in
35
den Orden aufgenommen worden (vgl. Lernet , 57; zu den Modalitäten der Aufnahme
36
am Beispiel Nassaus vgl. auch Stiglic , 170–186).
abreiß von Münster und noch hernach allerdings in
16
puris terminis eines unvolkomnen tractats verblieben.

17
Hingegen ist wahr, daß der heylsambe religionfrieden anno 1555 zu Augspurg auff offent-
18
lichem und ordentlichen reichstag durch persohnliche underhandtlung der Römischen Kay-
19
serlichen majestätt weylandt Ferdinandi des ersten auffgericht, in formb einer wolberath-
20
schlagten allgemeinen reichssatzung verabschiedet, von churfürsten, fürsten und ständen
21
des Reichs ahngenohmen, besieglt und underschrieben worden

37
Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 IX 25 (Text: Brandi , 32–52; zum ARF vgl.
38
3 LThK I, 1230ff; Europe I, 168ff; EnzNZ I, 848ff; Schneider , 152–169; Gotthard ,
39
Religionsfrieden; Carl Hoffmann ), der unter maßgeblicher Beteiligung des damaligen
40
Röm. Kg.s Ferdinand (1503–1564) verhandelt worden war (vgl.
Laubach , 29–139), war
41
Bestandteil des Reichsabschieds des Augsburger Reichstags von 1555 (Text:
Sammlung
42
III, 14–43).
. Deßgleichen haben fast
22
alle chur-, fürsten und stände den anno 1635 auffgerichten Prager frieden beliebt, ahngenoh-
23
men , sich demselben beygepflicht

43
Bezug auf den Prager Frieden von 1635 V 30 zwischen Ks. und Kursachsen, das die Ver-
44
tretung
der prot. Reichsstände für sich beansprucht hatte (Text: BA NF II/10.4 Nr. 564A,
45
1606–1631; zum PF vgl.
Dickmann , 70–74; Kaiser , 281–297; Croxton / Tischer , 236f);
46
in Art. [68] (Text:
BA NF II/10.4 Nr. 564A, 1622f) waren alle Reichsstände ultimativ
47
aufgefordert,
noch vor verfließung zehen tage nach publicirung und erlangter wißenschaft
48
dießes friedens diesem beizutreten. Von der in Art. [58] versprochenen Amnestie (Text:
49
ebenda , 1620f) waren einige Einzelpersonen und Reichsstände ausgenommen worden
50
(vgl.
ebenda Nr. 568, 1667–1671), die restlichen Reichsstände waren, bis auf Hessen- Kas-
51
sel
, die Reichsstadt Straßburg und einige weniger bedeutende, beigetreten (vgl. Ritter
52
III, 600).
und noch darzu auff dem jüngsten reichstag zu Regens-

[p. 37] [scan. 125]


1
purg anno 1641 pro pragmatica Imperii constitutione erkendt und durch selbigen reichs-
2
abschiedt bestettigt

17
Im Reichsabschied von 1641 X 10 (Text: Sammlung III, 548–574; zum Regensburger
18
Reichstag vgl.
Bierther ) war dies nicht ausdrücklich geregelt. Art. [94] des PF (Text:
19
BA NF II/10.4 Nr. 564A, 1629) hatte festgelegt, daß der PF umb des boni publici willen
20
alß eine gemeine reichsbewilligung gelten solle.
. Waß für hochbeschworne, mit siegel und brieff becräfftigte conven-
3
tiones das fürstliche hauß Württemberg mit weylandt kayser Ferdinanden den andern glor-
4
würdigisten ahndenckens

21
Bezug auf die ksl. Amnestieresolution von 1636 XII 9 (Text: Sattler VII Nr. 46, 183–
22
86), in der Ferdinand II. sich zu einer Teilrestitution Württembergs bereit erklärt hatte
23
(vgl. Philippe , 23f; Zizelmann , 320–325).
, Baden Durlach mit Baden Baden

24
Bezug auf den Vergleich von Wien von 1627 V 27 und den Ettlinger Vertrag von 1629
25
VII 31 zwischen den beiden badischen Linien. – Vgl. hierzu Nr. 79 Anm. 9.
, Heßen Caßl mit Heßen
5
Darmbstatt

26
Bezug auf den Hauptakkord von 1627 IX 14[/24], den anschließenden Vergleich von 1627
27
XII 4[/14]), den Vertrag und Samthausvergleich von 1638 I 13[/23] und den Eventual-
28
vergleich von 1638 V 30[/VI 9], die zwischen den Häusern Hessen-Kassel und -Darmstadt
29
getroffen worden waren. Vgl hierzu Nr. 25 Anm. 25.
, Braunschweig mit Hildesheimb

30
Bezug auf den Braunschweiger Hauptrezeß zwischen dem Hst. Hildesheim und den
31
Hg.en von Braunschweig-Lüneburg von 1643 IV 27. – Vgl. hierzu Nr. 29 Anm. 12.
etc. auffgerichtet, wiederumb Heßen Caßl
6
mit Churmayntz, Churcollen und bischoffen von Wirtzburg alß Kayserlichen Commissa-
7
rien biß auff die Kayserliche

16
7 ratification] In den Kopien GehStReg und Giessen : confirmation.
ratification

32
Bezug auf den Sababurger Vetrag von 1635 XII 10/20 zwischen Kurköln und Hessen-
33
Kassel (Text: Londorp IV, 484ff) und die im Vorfeld geführten Verhandlungen unter
34
kurmainzischer Beteiligung. Ks. Ferdinand II. hatte jedoch nicht ratifiziert, sondern
35
Hatzfeld Anfang 1636 mit neuen Verhandlungen beauftragt (vgl. Foerster , 123–133;
36
Weber , 302–312). – Gf. Franz von Hatzfeld (1596–1642); 1632 Fbf. von Würzburg, 1633
37
Fbf. von Bamberg ( Weber ; Gatz I, 260f).
, ist reichskündig, waßgestalten aber von theills
8
protestierenden wieder den clahren buchstaben des religionfriedens denen catholischen zu-
9
gehörige stifftungen, kirchen und closter entzogen, mit waß hitzigem eyffer der Prager frie-
10
den fast von allen denenienigen, welche deßelben mit restitution ihrer landen unnd leuthen
11
woll empfindtlich gnoßen, bey denen allgemeinen friedenstractaten gentzlich uber hauffen
12
gestoßen, daß man auch den nahmen nit mehr gedulden können

38
Wahrscheinlich Bezug auf § „Pro maiori“ und § „Contra hanc transactionem“ in Art. XV
39
KEIPO4A (Text:
Meiern IV, 589 zweiter und dritter Abs.; vgl. später Art. XVII,2 und 3
40
IPO = §§ 112 und 113 IPM) betr. die Rechtskraft des Friedensvertrags, in denen der PF

41
ausdrücklich, neben dem Restitutionsedikt von 1629 und dem Interim von 1548, für un-
42
gültig
erklärt wird. Diese Klausel geht auf § „Pro maiori“ und § „Contra hanc transactio-
43
nem “ des SEIPO2 (Text: Meiern V, 457 vorletzter Abs.) und den hier textgleichen Art.
44
XIII SEIPO3 zurück. Die ksl. Ges. hatten aus Rücksicht auf die ksl. Reputation um die

45
Tilgung dieser Nennungen gebeten (vgl. APW II A 6 Nr. 57).
, wie leichtlich wiederumb
13
der iüngste reichsabschiedt, ungeachtet des darin enthaltenen thewren versprechens, daß es
14
dabey bleiben solt, es falle gleich das wanckelbahre glück des kriegs, wohin es wolle

46
Diese Passage stimmt fast wörtlich mit einem Auszug aus § 9 des Reichsabschied von 1641
47
(Text: Sammlung III, 553 rechte Sp. letzter Abs., hier 554 linke Sp. Z. 6–7) überein. Die
48
genannte Bedingung bezieht sich auf die ksl. Zusicherung, die in §§ 5–9 (Text: ebenda ,
49
551–554) erteilte, aber vorerst suspendierte Amnestie zu dem Zeitpunkt zu erteilen, wenn
50
eine der Reichsverfassung konforme Ordnung im Reich wiederhergestellt sein würde.
, auff
15
ein seiten gesetzt worden

51
Wahrscheinlich ist die Hilfe verschiedener Reichsstände für die auswärtigen Kronen ge-
52
meint . Demgegenüber hatten §§ 81–87 des Reichsabschieds von 1641 (Text: ebenda ,
30
563ff) jegliche Unterstützung der Feinde sowie eine dem Reich ebenfalls schädliche Neu-
31
tralität untersagt.
, wie ungescheichterdingen die in der Baden Durlachischen, Mar-

[p. 38] [scan. 126]


1
purgischen successionsach mit reiffer berathschlagung außgesprochne Kayserliche urtheil

32
Die sog. „obere Mgft.“ war Mgf. Georg Friedrich von Baden-Durlach (1573–1638; 1604–
33
1622 Mgf.) durch ein RHR -Urteil von 1622 VIII 22 aberkannt worden (vgl. Nr. 50 Anm.
34
3). – Ein RHR -Urteil von 1623 VI 11 war zugunsten Hessen-Darmstadts mit Waffenge-
35
walt exekutiert und große Teile Hessen-Kassels an Hessen-Darmstadt verpfändet worden
36
(vgl Nr. 25 Anm. 25).
,
2
darüber auffgerichte, besiegelt, verschriebne und aydtlich beschworne verträg wiederfoch-
3
ten , wiedersprochen und verworffen worden, waßgestalten auch durch die fürstlich Braun-
4
schweigischen ministros selbst ein loch in den Hildesheimbischen vertrag gemacht und
5
daßienig wiederumb umbgestoßen worden, waß im nahmen ihrer herren principalen

37
Gemeint sind Hg. Friedrich von Braunschweig-Lüneburg, Hg. Christian Ludwig von
38
Braunschweig-Lüneburg sowie Hg. August d.J. von Braunschweig-Lüneburg (1579–
39
1666); 1635 Hg. in Wolfenbüttel, 1636 in Dannenberg ( DBA I 39, 354–363; Stammta-
40
feln
NF I.1 T. 24).
abge-
6
handtlet , vergliechen und verbriefft gewesen

41
Die prot. Reichsstände hatten 1647 V die Annullierung der dem Normaljahr entgegenste-
42
henden vertraglichen Vereinbarungen in den Hildesheimer Verträgen, namentlich die
43
Aufhebung der auf 70 und 40 Jahre befristeten Religionskonzession an den prot. Adel
44
und die übrigen Untertanen gefordert und durchgesetzt. Vgl. hierzu Art. V § „Pacta au-
45
tem KEIPO4A (Text: Meiern IV, 571 Z. 4–14; später Art. V,33 IPO ← § 47 IPM) betr.
46
Annullierung entgegenstehender religionsrechtlicher Verträge der Reichsstände mit ihren
47
Landständen und Untertanen (s. auch APW II A 6 Nr. 119).
, daß alles ist bey diesen friedenstractaten
7
durch gantz Europam nit ohne verwunderung iedermänniglichs bekandt worden.

8
Da also die compilatores anfangs bedeuter rationum der meinung sein, daß die pacta con-
9
venta , wan die nur in tractat und handtlung kommen, ohne daß die zu einigem schluß
10
glangt, verbindtlich sein unnd bleiben solle, so folgt ja, daß vielmehr vorerzehlte, zu offent-
11
lichem schluß und cräfften glangte und hochbethewrte pacta, recessus, transactiones et con-
12
ventiones hetten gehalten und darwieder die catholische in keinerley weiß noch weeg be-
13
schweehrt noch beschedigt werden sollen. Oder da man protestierendentheils erachtet, daß
14
solche contraventiones billich gedüldet, nachgesehen und denen sachen anderweith rath ge-
15
schafft werden müße, so kan denen catholischen keinesweegs

29
15 verarget] Aus dem Konzept übernommen, in der Druckvorlage: verärgert.
verarget noch übel außge-
16
deuttet oder für einen bruch geschloßener handtlung auffgemutzt

48
Aufmutzen ist hier in der Bedeutung von vorwerfen oder vorhalten verwendet (vgl.
49
Grimm I, 694).
werden, daß sie nit in
17
all daßienig, so allein eventualiter und auff ihr ratification obgehandtlet worden, auch zu
18
einigem schluß niemahlen kommen wahr, einwilligen wollen, sondern des gegentheils zu-
19
muthung auff ein mehrere und dem gewißen veranthworttlichere billichkeit zu meßigen
20
gesunnen.

21
Wer aber die schuldt tragt, daß man zu Münster unverrichter dingen voneinander gezogen
22
und in acht monat ohne handtlung geblieben

50
Mit diesem Vorwurf beginnen die rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der
51
unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (vgl. Meiern IV, 889 vorletzter Abs.). Gemeint ist
52
die Zeitspanne von 1647 V/VI bis 1647 XII/1648 I.
, daß ist so clahr ahm tag, daß, wan man es
23
schon protestierendentheills verschweigen will, es doch iederman mit handen greiffen kan,
24
dan es wißen die protestierenden selbst sich zu erinnern, daß weder sie noch die Schweden
25
sich mit deme, waß in der Baden Durlachischen, auch Marpurgischen successionsach und
26
wegen der Caßlischen satisfaction von denen Kayserlichen uber und wieder alle schuldigkeit
27
allein umb gemeinen friedens willen anerbotten, eingewilligt und nachgeben worden, nieh-
28
mahlen haben ersettigen und den frieden, wie vielmahls ahn Kayserlicher seiten gesucht

[p. 39] [scan. 127]


1
worden, schließen wöllen, sondern, sobaldt die ubergab der statt Eger lauthbahr worden

39
Die Belagerung der böhm. Stadt und Festung Eger/Cheb durch schwed. Truppen hatte
40
1647 VI 21 begonnen und 1647 VII 17 mit deren Fall geendet (vgl. Ruppert , 316; Höfer ,
41
75–78). Dies war Ende 1647 VII am WFK bekannt geworden (vgl. APW II A 6 Nr. 196).
,
2
erstens der Salvius, nachgehendts die protestierenden, und darunder die Sachsen Aldenbur-
3
gischen alß directores fast die erste, darvongezogen

42
Nach dem Verzicht Kursachsens auf das CE -Direktorium hatte zunächst das Est. Magde-
43
burg dieses übernommen; nach der Abreise der magdeburgischen Bevollmächtigten 1647
44
IX war das Direktorium an Sachsen-Altenburg gegangen (vgl. Wolff , Corpus Evangeli-
45
corum , 95ff). – Zur Abreise Salvius’ und verschiedener Ges. prot. Reichsstände aus Mün-
46
ster gegen Ende 1647 VII vgl. APW II A 6 Nr.n 190 und 192.
, also daß endtlich der Oxenstirn sich
4
mit abwesenheit der stande entschüldigt und auch keiner weiteren handtlung abwahrten
5
wollen, gleichwoll aber noch vor seinem abreisen sich gegen denen Kayserlichen den 30.
6
Julii nechstvorgehenden jahrs ungescheut verlauten laßen, daß die cron Schweden ehender
7
24 jahr noch den krieg vortsetzen alß auff die vom herrn graffen von Trautmanstorff hind-
8
erlaßene conditiones den frieden schließen würde

47
Vgl APW II A 6 Nr. 194.
. Daß nuhn hierauff die Kayserlichen und
9
catholische noch weiter nachfolgen und denen Schweden und protestierenden noch so viel
10
conditiones, mit hindansetzung der catholischen landen und leuthen, auch aller künfftigen
11
veranthworttung gegen Gott und seiner kirchen, antragen söllen, biß endtlich ihre unmäß-
12
liche begierlichkeiten mit der Römisch Kayserlichen majestätt, auch gemeiner catholischen
13
chur-, fürsten und ständen hochstem und unwiederbringlichem schaden dermahlen ersettigt
14
sein mögen, daß würde ia umb soviel mehr aller vernunfft zuwieder gewesen sein, weil bey
15
damahlen lauffendem glück der Schwedischen waaffen doch nichts fruchtbahrlichs zu hof-
16
fen sein können, allermaaßen die erfahrenheit nochweils bezeugt, daß sie noch auff diese
17
stundt auff ihren vorigen principiis verharren thuen und mit nachgebung derjenigen sachen,
18
welche allein ihr Kayserlicher mayestätt, der catholischen chur-, fürsten und ständen nit von
19
der cron Schweden oder einigem protestierenden standt, sondern ohne mittl von dem All-
20
mächtigen und dem Heyligen Römischen Reich inhabende königreich, chur- und fürstent-
21
humb , landt und leuthe berühren, den frieden nit umb ein stundt zu befordern gedencken.
22
Daß nuhn diesem nach ahn seiten ethlicher protestierenden für ein haubtfundament ange-
23
zogen wirdt, weil die Kayserlichen plenipotentiarii crafft habender volmacht fide publica
24
gehandtlet, es auch bey allen potentaten und republiquen ein gefahrlich nachgedencken ge-
25
ben würde, wan solche ding, so auff Kayserliche vollmacht abgehandtlet und geschloßen,
26
hinwieder in zweiffl gezogen werden solten

48
Bezug auf die ersten beiden Punkte der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehal-
49
tung der unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 889 f).
, da würde es vorderist billich also sein, wan
27
ein schließliche handtlung getroffen, beyderseits angenohmen und alles für unwiederrufflich
28
wehre beliebt worden, daß aber dergleichen nit fürgangen seie, ist bereits hier oben gnug-
29
sambe andeutung beschehen. Ahm anderen ist bewußt, daß die gegentheil selbst mit der
30
Kayserlichen auctoritet in abhandtlung der reichssachen nit wollen content sein, sondern
31
durch außgangne, eigenwillige schreiben alle reichsstände erfordert, damit sie ihre suffragia
32
beytragen und denen Kayserlichen ministris under die armb oder vielmehr (wie der cronen
33
intention gewesen zu sein und noch seie, ab effectu erscheinen will) allerdings vorgreiffen
34
mögen

50
Die schwed. und frz. Ges. hatten 1643 und 1644 mehrfach Einladungsschreiben an die
51
Reichsstände versandt, den Friedensverhandlungen beizuwohnen (vgl. Stöckert ;
52
Odhner , 93ff; Dickmann , 164; s. hierzu die Kopien einiger Schreiben in GehStReg
53
Rep. N Ka. 97 Fasz. 69 pars 1 unfol.).
. Ist nuhn solches allein vor die protestierenden gemeindt gewesen, so hetten sich
35
die catholische billich zu beclagen, daß man ihnen nicht gleiches recht vergonnen wölte. Hat
36
es aber allen ständen insgemein zum besten angesehen sein sollen, so haben die catholische
37
sowoll umb ihr interesse zu denen sachen zu reden alß die andere; oder vermeinen die
38
Schwedischen plenipotentiarii, es sollen der ständen suffragia allein gelten, wan es der cron

[p. 40] [scan. 128]


1
Schweden und denen protestierenden zue nutzen gereicht und gefellich ist, hingegen, wan es
2
wieder dieselbe außschlagt, das selbige suffragia nichts gelten sollen? Wie dan nit nur ein-
3
mahl von den Frantzosen und Schweden dergleichen discurs geführt worden, sie könten
4
daßienig, so mit ihnen auch auff der ständen vorbehaltene ratification gehandtlet worden,
5
nit erst durch dieselben syndiciren

39
Syndiciren meint tadeln (vgl. Grimm XX, 1422f). – Die Reichsstände hatten sich in den
40
1646 IV 27 und 28 übergebenen Bedenken der drei Reichskollegien über die Propositionen
41
II, die Responsionen und die Repliken ihre Zustimmung zu den Ergebnissen der grund-
42
sätzlich gebilligten Satisfaktionsverhandlungen des Ks.s mit den Kronen vorbehalten.
laßen. Also, wan’s wieder den Kayser laufft, so muß
6
den ständen ein eigenmächtige, volkomne freyheit zuständig sein, wan’s aber den cronen nit
7
in ihren cram taugt, so müßen die stände unmündig sein, vor sclaven und dienstknechte
8
geachtet werden. Hierauß erfolgt aber, daß die Schweden und protestierenden sich woll zu
9
bescheiden gehabt, waß diesortts durch die Kayserlichen gehandtlet, daß solches nit abso-
10
lute auff der Kayserlichen volmacht, sondern zumahlen auff der interessirten ständen ein-
11
willigung bestehen thue, consequenter ohne derselben würcklichen erfolg für kein verbindt-
12
lich schluß gehalten werden konne, allermaßen dan die gantze handtlung, soweith die zu
13
Oßnabrück biß zu außgang des monats Maii gebracht, eben zu dem ende nach Münster
14
mit der Schwedischen plenipotentiarios selbsteignen guttbefinden verschoben worden, auff
15
das der catholischen ständen gnugsambe einstimmung erhebt und die damahls noch streittig
16
verbliebene puncten in beysein der Frantzösischen plenipotentiarien, alß welche auch darzu
17
zu reden hetten, vollendts vergliechen werden mögten

43
Vgl. hierzu APW II A 6 Nr. 135 und APW [ II C 3 Nr. 231, 437 Z. 1–7. ]
.

18
Daß aber solches nit beschehen, ist denen Kayserlichen, alß welche ihrerseits weder mühe
19
noch arbeit gespahrt haben, gar keine, im ubrigem den Schwedischen und protestierenden
20
weith mehrere schuldt alß denen catholischen zuzumeßen. Dan iene haben sich in denen
21
außgesetzten puncten, alß 1. behaubtung eines freyen religionsexercitii für herrn pfaltzgraff
22
Christian Augustum von Sultzbach

44
Pgf. Christian August von Pfalz-Sulzbach (1622–1708); 1632 Pfg. ( DBA III 146, 106;
45
Wappmann , 47–57; Jaitner , 132–140). – Zur Sache vgl. Nr. 75 Anm. 7.
, 2. auffhebung rechtlich erkendter restitution in causa
23
Baden gegen Baden, entsetzung beyder herren churfürsten Cöllen und Trier von ihren un-
24
disputirlich heimgefalnen lehenschafften

46
Zwischen den Gf.en von Sayn-Wittgenstein und Kf. Philipp Christoph von Trier waren
47
die Hft.en Vallendar und Freusburg umstritten; auf die Hft. Hachenburg erhoben Kur-
48
köln und die Erben der Gf.en von Sayn Anspruch (vgl. Nr. 75 Anm. 9). – Kf. Philipp
49
Christoph von Sötern (1567–1652); 1610 Fbf. von Speyer, 1623 Kf. von Trier ( DBA I
50
954, 399; II 1004, 127–128, 134–135; III 702, 160–165; 863, 156–158; 1058, 27–30;
51
Abmeier ; Seibrich ; Lauer ).
, restitution der exulanten und religion in denen
25
Kayserlichen erblanden, veränderung des status politici bey der statt Augspurg, autonomia
26
der mediatständen und underthanen im Reich, Marpurgischen succession und Caßlischen
27
satisfaction

52
Zur Satisfaktion Hessen-Kassels vgl. Nr. 25 Anm. 25.
, endtlich auch in puncto executionis et assecurationis pacis, nur auff den extre-
28
mis gehalten und niehmahlen zu einiger billichen mäßigung sich

36
28 nicht] Fehlt in den Kopien GehStReg und Giessen .
nicht bequemen wöllen.
29
Auß welcher bezeigung

37
29 man] In den Kopien GehStReg und Giessen : die catholische.
man gnugsamb vermercken können, daß sie durch all ihr nach-
30
gebung nichts anders, dan dem gegentheill

38
30 einen lust] Aus dem Konzept übernommen, in der Druckvorlage: ein lest.
einen lust, von tag zu tag mehrers zu begehren,
31
veruhrsachen würden, und haben daher billiche ursach gehabt, ahn sich zu halten und dahin
32
zu trachten, wie sie mit Gotts helff noch bey ihren ubrigen stifftern, chur- und fürsten-
33
thumb , landen und leuthen erhalten werden mögten.

34
Es haben auch die Schwedischen und protestierenden soviel weniger ursach, die Kayserli-
35
chen plenipotentiarios mit dem vermeindtlichen argument a fide publica super plenipotentia

[p. 41] [scan. 129]


1
Caesaris fundata zu faßen, weilen denen Schwedischen diesortts mit viel mehr billichkeit ein
2
contravention deßen, so sie fide publica gehandtlet, vorgeworffen werden kan. Dan obwoll
3
ihre auffgewiesene volmacht im nahmen ihrer konigin und des gantzen königlichen regi-
4
ments verfertigt und sie in crafft derselben ohne einiges hindersichsehen auff des königs-
5
reichs Schweden stände handtlen und schließen konten

16
Gemeint ist hier offensichtlich die den ksl. Ges. 1644 IX 11 übergebene, 1648 nicht mehr
17
gültige Vollmacht für die schwed. Ges. Oxenstierna, Ture Bielke und Salvius von 1641
18
VIII 20[/30] (Text: RK FrA Fasz. 46e Konv. B fol. 518–519’ – APW [ II A 1 Beilage 3 zu Nr. 396 ] ). Sie war namens Kg.in Christinas ausgestellt und von den fünf Mitgliedern der
20
Vormundschaftsregierung unterzeichnet worden. Nach ihrer Volljährigkeit stellte Chri-
21
stina allein den schwed. Ges. eine neue Vollmacht aus (dat. 1645 XII 10[/20]; Text:
22
APW [ III B 1/1, 161ff ] ). In beiden Vollmachten sind die schwed. Stände tatsächlich nicht
23
erwähnt. – Kg.in Christina von Schweden (1626–1689); 1633 Kg.in, 1644 XII Übernahme
24
der Regierungsgeschäfte ( SBA B-046, 245–301; SMK IV, 346–349; Kaster / Stein-
25
wascher
, 180f; Öhman , 220f). – Ture Bielke (1606–1648); er trat sein Amt als Ges. am
26
WFK nicht an; 1641 schwed. RR ( SBA I B-025, 051).
, auch den 16. Februarii negstvor-
6
gehenden jahrs ihren satisfactionsarticul mit denen Kayserlichen allerdings abgehandtlet,
7
vergliechen und geschloßen, derselbe auch durch beyderseits legationssecretarios besieglet,
8
underschrieben und gegeneinander außgewechßlet worden

27
Bezug auf das tatsächlich 1647 II 8/18 von den Sekretären Schröder und Biörenklou un-
28
terzeichnete (erste) ksl.-schwed. Vorabkommen über die schwed. Territorialsatisfaktion
29
(Text: ST VI.1, 152–159 – APW [ II A 5 Beilage 1 zu Nr. 262 ] ; vgl. später Art. X IPO)
30
und die Verhandlungen der Vortage hierzu (vgl. APW [ II A 5 Nr. 262 mit Beilagen 2 ]
31
[ und 3 ] ).
, so sein sie doch hernacher dar-
9
bey nit geblieben, sondern haben in die Kayserliche so weith getrungen, daß man solchen
10
articulum ahn 16 underschiedtlichen stellen zu ihren belieben verendern müßen

32
Dazu s. die Relationen der ksl. Ges. von 1647 V (vgl. APW II 6 Nr.n 53, 59, 81, 100, [ 111 ] ,
33
134 und 135) sowie von 1647 VI 24 und VII 23 (vgl. ebenda Nr.n 164 und 185 ). In
34
seinem Arbeitsexemplar für *KEIPO4B* ( GehStReg Rep. N Ka. 98 Fasz. 69 pars 3 Nr.
35
15) verweist Volmar am Rand eigh. auf die von den schwed. Ges. durchgesetzten Ände-
36
rungen , dort sind es allerdings 17, gegenüber dem Vorabkommen.
, warunder
11
gleichwoll ethlich substantialia sein, alß daß sie dem hauß Mecklenburg die simultaneam
12
investituram, huldigung und condominium der statt und meerhaffens Wißmar gantz abge-
13
schlagen

37
Bezug auf § „Secundo, Imperator“ des (ersten) ksl.-schwed. Vorabkommens über die
38
schwed. Territorialsatisfaktion von 1647 II 8/18 (Text:
ST VI.1, 155 zweiter Abs.; vgl.
39
später Art. X,6 IPO) betr. Wismar, die Festung Walfisch sowie die Ämter Poel und Neu-
40
kloster
. Vgl. demgegenüber Art. IX § „Secundo, Imperator“ *KEIPO4B* (Text: wie Art.
41
IX §
„Secundo, Imperator“ KEIPO4A [vgl. Meiern IV, 579 dritter Abs.]).
, ihre session, so ihnen anderst nit dan nach dem hauß Brandenburg im reichs-
14
rathen eingewilligt worden, biß ahn das hauß Pfaltz forgetrungen

42
Bezug auf § „Quarto, ratione“ des (ersten) ksl.-schwed. Vorabkommens über die schwed.
43
Territorialsatisfaktion von 1647 II 8/18 (Text: ST VI.1, 157 zweiter Abs.; vgl. später Art.
44
X,9 IPO) betr. Stimmrecht und Session Schwedens beim Reichstag. Vgl. demgegenüber
45
Art. IX § „Quarto, ratione“ *KEIPO4B* (Text: RK FrA Fasz. 98e fol. 900’, d.i. Zusatz
46
zu KEIPO4A : Meiern IV, 580 zweiter Abs. Z. 7 nach scamno seculari loco ). Die Ände-
47
rung hatte vorgesehen, daß im FR die schwed. Stimmen für Bremen und Pommern an
48
fünfter Stelle nach dem Hg. von Bayern und den Pgf.en von Pfalz-Lautern, -Simmern
49
und -Neuburg folgen sollten.
, item daß man ihnen
15
die extinctionem canonicatuum episcopatus Caminensis nachgeben müßen

50
Bezug auf § „Quiquid etiam“ des (ersten) ksl.-schwed. Vorabkommens über die schwed.
51
Territorialsatisfaktion von 1647 II 8/18 (Text:
ST VI.1, 153 vorletzter Abs; vgl. später Art.
52
X,4 IPO) betr. Kammin. Vgl. demgegenüber §
„Quiquid etiam“ *KEIPO4B* (Text: wie
53
Art. IX §
„Quiquid etiam“ KEIPO4A [vgl. Meiern IV, 578 letzter Abs.]).
, unnd waß der-

[p. 42] [scan. 130]


1
gleichen mehr sein mag. Welche unbestendigkeit von denen Schwedischen plenipotentiariis
2
nit allein in diesem, sondern in mehr anderen stücken bey allen articulis des instrumenti
3
iederzeitt nur mit diesem

41
3 vorwandt] In den Kopien GehStReg und Giessen : fürwortt.
vorwandt beschonet worden, es heiße bey ihnen salvo iure adden-
4
di , minuendi et corrigendi, item sie könten sich zue nichts verbunden halten, biß alles von
5
ihnen besieglet und underschrieben sein würde. Waß sie also ihnen recht zu sein vermeinen,
6
daß könten sie ahn ihrm gegentheil nit straffen oder unrecht heißen.

7
Daß dan zum drietten die Kayserlichen plenipotentiarii denen protestierenden zugespro-
8
chen , wan die sich animo concludendi einstellen thetten, daß man sie bey demjenigen, so
9
geschloßen, Kayserlich handthaben, schützen und schirmen würde etc.

43
Bezug auf Punkt drei der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrit-
44
tigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 890 zweiter Abs.).
, item das ermelte
10
gesandten daß in trück außgelaßene instrumentum pacis

45
Wie Anm. 16.
denen Schwedischen solenniter
11
zugestelt

46
Davon hatten weder die ksl. noch die schwed. Ges. berichtet, als die Verhandlungen über
47
die nach Münster ausgestellten Punkte 1647 VI 20 wieder aufgenommen wurden (vgl.
48
APW II A 6 Beilage 3 zu Nr. 160; APW [ II C 3 Nr. 257 ] ).
, darinnen die vergliechene puncten eingesetzt und gar durch offentliche dictatur
12
von dem reichscantzleydirectorio

42
12 under] Aus dem Konzept übernommen, in der Druckvorlage: uber.
under der chur-, fürsten und ständen gesandtschafften
13
communicirt worden

49
Bezug auf Punkt drei der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrit-
50
tigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 890 zweiter Abs.). – KEIPO4A war
51
Mitte 1647 VI in Münster von Kurmainz den Ges. der kath. Reichsstände diktiert worden
52
(vgl. ebenda , 557).
. Da ist nit ohne, daß von denen Kayserlichen plenipotentiariis sambt
14
und sonders denen protestierenden vielmahls auff das allerbewegligst zugesprochen worden,
15
daß sie sich der billichkeit bequemen und durch die unbilliche zumuthung, so von den
16
Schwedischen plenipotentiariis gefuhrt würden, nit abhalten laßen, sondern mit denen Kay-
17
serlichen zum schluß tretten wolten, welchenfalls ihnen auch die Kayserliche handthabung
18
zugesagt worden. Daß aber die protestierenden solchen vielfaltigen trewhertzigen ermah-
19
nungen stattgethan unnd sich iemahlen mit deme, so auch guttentheills wieder vieler catho-
20
lischen standen meinung nachzugeben eingewilligt worden, vergnügt zu sein, ihr Kayserli-
21
che mayestätt und die catholische stände ferneren zumuthens zu erlaßen, auch darauffhin
22
zue endtlichen schluß zu tretten sich erbietig gemacht, daß wirdt sich sowenig auß allen
23
hinc inde ergangenen actis et actitatis befinden, alß wenig es die protestierenden biß daher
24
mit einigen bestandt haben anzeigen konnen. Daher dan der Kayserlichen plenipotentiarien
25
intention, will und meinung gar nit gewesen, mit hinaußgebung des instrumenti sich allein
26
in passibus plausibilibus gegen den Schweden und protestierenden verbindtlich zu machen
27
und im ubrigen zu erwahrten, waß sie auß deroselben misericordia weiter erlangen mögten,
28
sondern, weil sie gesehen, das des discutirens, contradicirens und sforzierens kein ende sein
29
wöllen, dermahlen semel pro semper anzuzeigen, warauff man Kayserlichentheils endtlich
30
den schluß zu richten gedachte.

31
Wan also die protestierenden ethlicher darinnen vergrieffener ahnnemblichen articul versie-
32
chert sein wollen, so hetten sie auch das ubrig, waß man Kayserlichen- und catholischent-
33
heils anderst nit nachgeben konnen noch wöllen, ahnnehmen unnd damit content sein sol-
34
len . Quae enim sub conditione promittuntur, aliter rata esse nequeunt, nisi et alter, cui pro-
35
mittitur , conditionem a se dependentem adimpleverit. Ferner, so geben alle handtlungen der
36
Kayserlichen plenipotentiarien sonnenclahr zu erkennen, daß alle dergleichen concessiones
37
zu dem eintzigen ziehl unnd ende nachgeben worden, auff daß der damahlen vorgestande-
38
ner veldtzug vermitten bleiben und also mehrere kriegsschaden und vergießung vielen chri-
39
stenblutts fürkommen werden mögten. Weil aber solches vom gegentheil nit erhaltlich ge-
40
wesen , sondern wie oben gemeldt, außtrücklich gesagt worden, daß die cron Schweden

[p. 43] [scan. 131]


1
ehender 24 jahr den krieg noch vortsetzen wolte, ehe sie sich ab denen von herrn graffen
2
von Trautmanstorff proponirten conditionibus pacis wölle ersattigen laßen, wie imgleichen
3
der Sachßen Altenburgische gesandter, der von Thumbhirn, den 11. Februarii gegenwehrten
4
jahrs vor denen Kayserlichen plenipotentiariis in Oßnabrück gutt rundt bekandt

48
Zu der Äußerung Thumbshirns gegenüber den ksl. Ges. 1648 II 11 vgl. APW [ III C 2/2, 983 Z. 23–30. ]
, das es
5
damahlen und noch bey ahnwesenheit wollgedachtes herrns graffens darauff gestanden,
6
daß die Schweden ad instantiam der protestierenden mit seiner exzellentz hetten vollich
7
schließen wöllen, es wehren aber die Frantzosen darzwischenkommen und hetten den
8
Schweden so viel promesse gethan, daß dardurch alles umbkehrt worden, also kan ia ein
9
ieder verstendiger unschwehr urtheilen, daß auff die Kayserlichen und catholische kein ob-
10
ligation mit billichkeit gezogen werden könte, weil sie des vorgehabten finis nit haben ge-
11
währt werden wöllen.

12
Es irret auch nit, daß die protestierenden und die Schwedischen vorgeben, wan herr graff
13
von Trautmanstorff sein abreiß nur noch 14 tage eingestelt hette, so wehre der frieden sie-
14
cher geschloßen worden. Dan entweder hatt solcher schluß beschehen sollen, daß die
15
Schweden und protestierenden mit deme, so bewilligt, content und zufrieden zu sein sich
16
erclehren wollen, oder aber, daß sie in hoffnung gestanden, wan inmittls dieser zeitt die statt
17
Eger, wie auch beschehen, uberging, alles, waß sie nuhn immer suchten und verlangten,
18
heraußzuschrecken. Auff den ersten fall ist ia die schuldt niemandt anderen alß ihnen selbst
19
zuzumeßen, daß sie daßienig, dardurch der frieden alsogleich hette erhebt werden können,
20
zurückgehalten. Bey dem anderen ist abermahlen clar ahn tag, daß die catholischen nit ge-
21
siechert gewesen, daß man sie bey ihrm erbieten werde bleiben laßen, sondern vielmehr
22
unausbleiblich gewehrtig sein müßen, daß man sie noch umb den uberrest zu bringen ge-
23
trachte .

24
Und ist hiebey woll zu mercken, mit waß auffrichtigkeit von der gegenpart bey mehr wol-
25
lermeltes herrn graffens abreiß procedirt worden, dan nachdem seine exzellentz den 14. Iulii
26
fortzureisen gentzlich entschloßen wahren, hat sich bey derselben negstvorgenannter von
27
Thumbshirn fruhe umb 6 uhr ahngemeldet

50
Zu den Ereignissen von 1647 VII 14 vgl. ebenda , [ 864 Z. 14–865 Z. 39. ]
und gantz instendich gebetten, daß sie sich
28
nur noch 2 oder 3 tag auffhalten wolte, in welcher zeitt alles geschloßen werden solte. Die
29
protestierenden vermerckten, daß die mehriste difficulteten ahn den Kayserlichen erblanden
30
hangen thetten, da die Schweden nit angesehen sein wolten, hierunder per forza waß nach-
31
zugeben . Es würden sich aber die stände zusamenthuen und denen Schweden anzeigen, daß
32
man solche praetension gäntzlich außstellen solle, in hoffnung, alßdan keine weitere diffi-
33
cultet vorfallen würde. Darauff sich seine exzellentz erbotten, wan sich die protestierende
34
alßbaldt zusamenthuen und mit den Schweden ein endtliche erclehrung abhandtlen würden,
35
so seien sie erbietig, noch vor ihrm abreißen den sachen einen volligen schluß zu geben.
36
Gleiche sollicitation ist baldt hernach ebenmeßig von denen Churbrandenburgischen ge-
37
sandten , freyherrn von Lewen

51
Löben.
und doctor Frombholdt, beschehen und auff ihr parola ver-
38
siechert worden, wan seine exzellentz nur noch ein par tag zuwahrten thet, daß alles zu
39
ihrm contento solte geschloßen werden. Alß aber die Churbrandenburgischen gesandten
40
solchem nach bey denen Schweden, umb den schluß mit herrn graffen von Trautmanstorff
41
zu machen, nachgefolgt, ist alsobaldt die antwortt zurückgebracht worden, daß ihnen ver-
42
kleinerlich sein wolten, auff die erst vorgehenden tags mit ihme gepflogene handtlung sich
43
alsogleich wiederumb anzugeben, sondern müsten vorderist erwahrten, waß die protestie-
44
renden zu thuen gemeindt, wan diese waß nachgeben wolten, würden die Schweden deßen
45
ihrsortts woll zufrieden sein.

46
Nuhn sein die protestierenden ahm 15. Iulii abermahlen sambtlich vor herrn graffen von
47
Trautmansdorff in gegenwahrt ubriger Kayserlicher gesandten erschienen

52
Zu der Konferenz der Ksl. mit der Deputation der prot. Ges. 1647 VII 15 vgl. ebenda , [ 867 Z. 21–868 Z. 19. ]
und haben für-

[p. 44] [scan. 132]


1
gebracht , daß sie gestrigen tages uber dieienige puncten, welche mit denen Schweden noch
2
streittig wehren, berathschlagt und sich dermaaßen zum ziehl gelegt hetten, daß sie unge-
3
zweiffleter hoffnung wehren, es solten darauff die handtlungen zu endtlichem schluß unver-
4
lengt gebracht werden könten, wie sie dan vorhabens wehren, solche ihre gefaste resolutio-
5
nes denen Schweden zu überbringen und sie zu ersuchen, daß sie die tractatus mit seiner
6
exzellentz reassumiren und zum schluß befördern wölten. Waß nuhn die protestierenden
7
damahls für conclusa gefast, das haben sie denen Kayserlichen nit eröffnet, vielweniger zu-
8
rückgebracht , ob die Schweden selbige beliebt und vertröstermaßen mit denen Kayserlichen
9
schließen wolten. Gleichwoll haben seine excellenz noch selbigen tags dero mittgesandten
10
herrn graffen von Lamberg, herrn Crane und herrn Volmarn zu denen Schweden abgeordt-
11
net , auch die handtlung noch folgenden tages biß abens umb 6 uhr durch ime, Volmarn, mit
12
herrn Salvio in dem Churbrandenburgischen quartier in beysein herrn graffens von Witt-
13
genstein continuiren laßen

47
Zu der Konferenz im Quartier der kurbg. Ges. 1647 VII 16 vgl. APW II A 6 Nr. 182.
, alles der einigen hoffnung, es würden deren protestierende so
14
eyfferigen zusprechen und clahren wortten gemeß die bestriettenen puncten nachgeben und
15
ein endtlicher schluß gemacht werden. So ist aber hingegen wahr, daß Herr Salvius in allen
16
haubtpuncten, sonderlich die Heßen Caßlische, Baden Durlachische, autonomi und restitu-
17
tion in den Kayserlichen erblanden, execution der friedensarticul durch die Schwedischen
18
waffen im Reich, noch allerdings uff den vorigen extremitatibus verharret und endtlich, mit
19
zohrnmütigen geberden die handt auff den tisch schlagendt, in diese formalia außgebrochen:
20
„Ja, wir wollen den Kayser derentwegen bekriegen und ehender alles darahnsetzen alß der-
21
gleichen zulaßen“. Ist nuhn diese, des Salvii, trutzige resolution dem concluso der protestie-
22
renden änlich gewesen, so hette ia des graffen von Trautmanstorff lenger zuwahrten nichts
23
beßers erheben, vielweniger die catholische hoffnung schepffen können, daß sie mit ihrer
24
willfahriger beystimmung den frieden erhalten würden. Ist’s aber dem schluß der protestie-
25
renden zuwieder gewesen, so hetten sie darauffhin, wa ia anderst auff billiche und erträg-
26
liche mittl mit ihren mittständen zum frieden zu glangen ernst gewesen wehre, ohne fernere
27
beyziehung der Schweden alßbaldt selbst mit dem herrn graffen oder seinen hinderbliebnen
28
collegis zu endtlichem schluß tretten sollen.

29
Eben auff diese formb haben es die angemaßete directores der protestierenden (dan sonst
30
woll bewußt, daß viel guttmüttige und vornembe ständt under ihnen kein gefallens darab
31
getragen) zu Osnabrück, alß sie vermerckt, daß herr graff von Trautmanstorff von dort sich
32
wiederumb nach Münster begeben wolte

48
Trauttmansdorff war 1647 IV 24 aus Osnabrück nach Münster abgereist, wo er einen Tag
49
später angekommen war (vgl. APW III C 2/2, 836 Z. 33–34; APW II A 6 Nr. 48).
, auch gemacht und nur alle mittl und weeg ge-
33
sucht , wie sie ihne mit allerhandt gutten vertröstungen auffhalten und heudt dies, morgen
34
ein anders heraußpreßen mögten. Dan obwoll seine excellentz ahm 22. Aprilis sambtliche
35
gesandtschafften der protestierenden vor sich erfordert und ihnen die letzte erclehrung get-
36
han , warauff man ahn seiten Kayserlicher mayestätt die compositionem gravaminum endt-
37
lich zu setzen gemeindt, auch dabey angezeigt, daß man ia diesseits alles gethan, waß zu
38
erhaltung friedens zu thuen immer möglich gewesen, daß sich auch die catholische weiters
39
nit treiben laßen konten und woll zu besorgen, daß uber daßienig, so bereith damahlen
40
bewilligt worden

50
Bezug auf den 1647 IV 17 den schwed. Ges. übergebenen KEIPO3 ( APW II A 6 Beilage
51
1 zu Nr. 39).
, künfftiger zeit große beschwehrungen darüber erfolgen mögten, so ließe
41
man es doch dahingestelt sein und wolte die stände so weith versiechert haben, daß denie-
42
nigen , welche damit content und solches annehmen, ihr Kayserliche majestätt sie auch da-
43
bey laßen und handthaben, gegen anderen aber, so mehrere weitterung suchen oder auch gar
44
deßwegen im krieg bleiben wolten, in nichts obligirt sein, sondern ihre offne handt behalten
45
würden

52
Zu dieser Konferenz von 1647 IV 22 vgl. APW [ III C 2/2, 835 Z. 11–836 Z. 31 ] und APW
53
II A 6 Beilage A zu Nr. 41.
, so ist iedoch gantz ohne, daß hierauff weder damahlen noch hernach ahn seiten
46
der protestierenden einige acceptation erfolgt, sondern hingegen wahr, daß sie solcher woll-

[p. 45] [scan. 133]


1
gemeindter wahrnung und ahnmahnens ungehindert noch stettiges in ihren weitteren
2
praetensionibus fürgefahren und noch ahn deme, waß sie von dieser zeitt ahn biß zu ende
3
des Maii heraußgepreßet, nit vergnügt gewesen, sondern zu Münster noch vollendts so viel
4
heraußzulocken unaußsetzlich understanden

33
Bezug auf die Nachverhandlungen zu KEIPO4A in Münster von 1647 VI–VIII, aus
34
denen *KEIPO4B* entstanden war (vgl. hierzu die Relationen und Protokolle aus dem
35
entsprechenden Zeitraum in APW II A 6).
, wardurch in kurtzen dem gantzen catho-
5
lischen wesen der vollige undergang auff den halß gezogen werden müste.

6
Das vierte fundament, warumb man protestierendentheils vermeindt, auff dasienig, so durch
7
die Kayserlichen plenipotentiarios nomine catholicorum nachgeben worden

36
Wie Anm. 13.
, ein ius quae-
8
situm

37
Der juristische Terminus ius quaesitum meint ein gesuchtes oder erlangtes Recht (vgl.
38
Oberländer , 425), also einen Rechtsanspruch.
zu haben, bestehet in deme, daß ihr Kayserliche majestätt beyde herren churfürsten,
9
Sachßen und Brandenburg, berichtet, zumahlen ahn underschiedtliche reichsstände ge-
10
schrieben

39
Hier unterläuft Volmar eine Verwechslung, er bezieht sich sehr wahrscheinlich auf die ksl.
40
Weisung von 1647 X 14 ( APW II A 6 Nr. 249 – Meiern IV, 815 –818), deren Inhalt den
41
Bevollmächtigten der kath. Reichsstände 1647 X 30 eröffnet worden (vgl. ebenda Beilage
42
[B] zu Nr. 264) und auch den Ges. prot. Reichsstände bekannt war.
, wie daß sie ahn erfolgter particularständen contradiction kein gefallens trügen,
11
sondern die gravamina dergestalt beygelegt zu sein erachteten, daß die protestierenden dar-
12
mit zufrieden sein könten, derentwegen auch ihren Kayserlichen gesandten anbefohlen het-
13
ten , der catholischen stände einwenden ungehindert zum schluß zu schreitten

43
Bezug auf die ksl. Weisung von 1647 X 14.
, welcher
14
meinung dan auch ethlich vornehme catholische stände sein sollen

44
Bezug auf Punkt vier der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrit-
45
tigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 890 dritter Abs.).
. Die protestierenden
15
hetten sich also auff die Kayserliche auctoritet verlaßen

46
Das folgende bezieht sich auf Punkt fünf der rationes der prot. Reichsstände für die Bei-
47
behaltung der unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: ebenda , 890 vierter Abs.).
und in erinnerung weylandt kayser
16
Carl des fünfften denckwürdigen wortten „Wan trew und glauben sich uberall verlieren, so
17
solten die gleichwoll bey einem Romischen kayser anzutreffen sein“

48
Dieser angebliche Ausspruch Karls V. auf dem RT 1521, den die rationes der prot. Reichs-
49
stände
für die Beibehaltung der unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* im fünften Punkt an-
50
führen
, war ein gängiger Beleg für das Gebot, einmal gegebene Versprechen einzuhalten. Er
51
wird z.B. 1666 von Besold , 938 sub voce „fides“, u.a. auf Gregorius Tholosanus , de
52
republica cap. 8 nr. 10, zurückgeführt. Dieser wiederum nennt Wilhelm
Snouckaert von
53
SCHAUWENBURG s Arbeit über Karl V. (zuerst 1559, auch 1596, hier S. 38) als Quelle.
für ein unmoglich
18
ding gehalten, daß daßienige, so mit den Kayserlichen gesandten abgehandtlet, in zweiffl
19
gezogen werden solle. Daher sie auch in allen puncten uber die maaßen viel nachgeben,
20
sonderlich aber geschehen laßen, daß der cron Schweden und anderen so viel ahnsehentliche
21
ertz- und bischoffliche stiffter zur satisfaction und aequipollentz hinweeggeben worden, da
22
sie doch mit fug und recht woll so viel ertz- unnd stiffter von den catholischen per modum
23
alternationis auch auff die protestierenden kommen zu laßen begehren könten, alß viel den-
24
selben durch die satisfaction und aequipollenzen entzogen worden.

25
Auff diesen anzug zu anthwortten ist erstens nit ohne, daß ihr Kayserliche majestätt gar nit
26
gehrn gesehen, daß auch mit so uberflüßigen anerbieten kein frieden zu erheben sein wollen,
27
auch solang einige hoffnung ahn der handt gestanden, daß mit beliebung deßen endtlich
28
zum schluß glangt werden mögte, sie durch dero Kayserliche plenipotentiarios denen catho-
29
lischen ständen sambt und sonders gantz beweglich zusprechen laßen und ab theils der-
30
se[l]ben erfolgten, sonderbahren einwendungen kein gefallens getragen. Es haben aber ihr
31
majestätt durch solche ihre gegen einem oder anderen chur-, fürsten oder anderen reichs-
32
standt der protestierenden beschehene contestation der übrigen protestirenden stenden mit-

[p. 46] [scan. 134]


1
sambt den Schwedischen plenipotentiariis erwiesene wiederspennigkeitt und fernere un-
2
billiche zumuthungen gar nit gebilligt noch sich zu denen vorigen anerbiettungen newerdin-
3
gen verbindtlich gemacht, sondern sich vielmehr beschwehrt, daß, obwoll beyde theil, oder
4
wenigst die protestierenden, wan ihnen ein rechter ernst zum frieden gewest wehre, gar woll
5
auff daßienige, waß oftermelter herr graff von Trautmanstorff neben seinen herren collegis
6
abgehandtleterdingen zurückglaßen, sich eines endtlichen entschließen und weitteren
7
christenbluttsvergießung rückstellich machen können, solches aber nit gethan hetten, und
8
darumben die protestierenden gantz vatterlich ermahnen laßen, daß sie auch ihrsortts den
9
bogen nit gar uberspannen noch die catholische mit alzu hartten postulatis et conditionibus
10
zu anderen resolutionibus verursachen wolten, allermaaßen solchen inhalt die ergangne
11
Kayserlichen schreiben und propositiones mit mehrern nachführen thuen

44
Bezug auf die ksl. Weisung von 1647 X 14 (wie Anm. 66); s. auch den Vortrag der Ksl. vor
45
den Ges. der kath. Reichsstände 1647 X 30 (vgl. ebenda ).
. Und sein auch
12
deßen dieienige chur-, fürsten und stande, so es under den catholischen lieber anderst gese-
13
hen , mit ihr Kayserlicher majestätt durchauß einig. Ist daher unnöttich deroselben kayser
14
Carls denckspruch fürzurücken. Zu wünschen aber wehre, daß dieses hochlobligisten kay-
15
sers mehr andere vetterliche und trewhertzige wahrnungen von theils protestirenden stän-
16
den eben sowoll alß diese ietzt erzehlte wortt in obacht gehalten und die schädtliche anhäng
17
ahn außlandische potentaten dermahlen abgestelt würden, so solte es mit dem Heyligen
18
Römischen Reich baldt zu einem gutten ruhestandt gedeyen mögen.

19
Demnach ist sehr frembdt anzuhören, daß bey diesem anzug vermeindtlich vorgeben würdt,
20
ob solten die protestierenden viel nachgelaßen und wegen deren in satisfaction et aequipol-
21
lentias vergebener stiffter noch woll ein ergetzlichkeit auff der catholischen noch in handts
22
habender stiffter zu fordern haben. Dan wan man den gantzen tractatum in puncto grava-
23
minum mit unpartheyschen augen ansehen thet, so würdt sich nit befinden, daß denen ca-
24
tholischen von denen protestirenden einigen fußbreiths nachgeben worden, sondern daß die
25
catholische alles daßienige, waß ihnen nach clahrer disposition des anno 1555 auffgerichten
26
religionfriedens von Gott und rechts wegen zugestanden ist und zustehen sollen

46
Zur kath. Auslegung des ARF vgl. Heckel ; Gotthard , Religionsfrieden, 240–280.
, umb
27
friedens willen, und zwar zu unwiederbringlichem nachtheill des gemeinen catholischen re-
28
ligionwesens , zurücklaßen müßen, allermaaßen es mit denen in satisfactionem et aequipol-
29
lentias vergebnen stifftern eben diese meinung hat, daß dieselbe weder ex primo catholicae
30
religionis instituto noch ex fundatorum intentione, noch ex praehabita aliquot centum an-
31
norum possessione, noch ex pace Pataviensi

47
Bezug auf den Passauer Vertrag von 1552 VIII 2 (Text: Drecoll , Vertrag, 95–134; zum
48
Vertrag vgl.
ebenda , 1–61; Schneider , 148–151; Drecoll , Verhandlungen).
, noch ex insecuta pace religiosa, noch ex
32
summorum Imperii tribunalium decisione, mit einem wortt weder ex Divino, naturali, civili
33
noch gentium iure denen protestierenden haben gebühren oder zustehen können, und
34
darumben nit zu verwundern, daß dieselben eben mit gleichem faustrechten

49
Gemeint ist das ius belli (vgl. Oberländer , 414).
den protesti-
35
renden von ihren helffern unnd helffers helffern sein entzogen worden, gleichwie sie selbige
36
ahnvor denen catholischen rechtmäßigen possessoren, inhabern und eigenthumbsherren ab-
37
getrungen haben. Warbey auch dies nit zu verschweigen, daß, wan es schon mit diesen stiff-
38
tern ein andere beschaffenheit hette, so würde doch mit derselben vergebung ahn die Schwe-
39
den und mitinteressirte darumben nit unrecht beschehen sein, alldieweilen ex actis publicis
40
deren zu Heylbrun und Franckfurt anno 1633 und 1634 gehaltener zusamenkunfften

50
Gemeint sind der Gründungskonvent des Heilbronner Bundes 1633 in Heilbronn sowie
51
der Konvent des Bundes in Frankfurt am Main 1634.

41
clahrlich erscheinet, daß die Schweden sich ihrer satisfaction halber niehmahlen auff die
42
catholische haben verweißen laßen wollen, sondern sich iederzeitt ahn die protestirende,
43
alß denen sie gedienet hetten, gehalten

52
Punkt VII der Proposition Axel Oxenstiernas auf dem Gründungskonvent zu Heilbronn
53
von 1633 III 8[/18] (Text:
Londorp IV, 301–304, hier 304 linke Sp.) führt allgemein aus,
20
daß
nicht unbillich considerirt werden müssen, … wessen sich die Cron Schweden auf
21
alle Fäll zu getrösten haben solle. In einem Schreiben Oxenstiernas an die zu Frankfurt
22
am Main anwesenden Ges. der Mitglieder des Heilbronner Bunds von 1634 VII 29[/VIII

23
8] (Text: Londorp IV, 427ff) hatte er angemerkt, daß die Krone Schwedens über die
24
Satisfaktion
nit mit ihren Feinden, von deren sie sich auch keiner Danckbarkeit zu ver-
25
sehen , sondern cum sociis und confoederatis, die sich zu danckbahrer Vergeltung selbsten
26
schuldig erklären, handlung pflegen werde (vgl. ebenda , 428 rechte Sp.; zu den Verhand-
27
lungen
über eine schwed. Satisfaktion in Frankfurt vgl. auch Kretzschmar II, 374–379,
28
395f). – Gf. Axel Gustafsson Oxenstierna zu Södermöre (1583–1654), Vater des schwed.

29
Primarges. Oxenstierna; 1645 Gf.; 1609 schwed. RR, 1612 Reichskanzler ( SBA B-232,
30
004–116;
SMK V, 681–684; SBL XXVIII, 504–523; Wetterberg ; Öhman , 224ff).
.

[p. 47] [scan. 135]


1
Ob dan woll zum vierten von denen protestirenden angezogen wirdt

31
Bezug auf den vierten Punkt der additamenta ad rationes der prot. Reichsstände (Text:
32
Meiern IV, 893f , hier 894 erster Abs.) oder auf Punkt 21 der rationes für die Beibehal-
33
tung
der unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: ebenda , 892 erster Abs.).
, daß von denen ca-
2
tholischen denen Kayserlichen alle vollmacht wehre auffgetragen

34
Hierzu s. die Konferenz der Ksl. mit Ges. der kath. Reichsstände von 1646 V 19 (Text:
35
APW [ III A 4/1 Nr. 50 ] ), das Ga. der kath. Reichsstände zu den Gravaminaverhandlungen
36
von 1646 V 19 (Text: Gärtner IX, 805–819, hier 818) sowie die Unterredung der ksl.
37
Ges. mit einer Deputation der kath. Reichsstände von 1646 XI 24 (vgl. APW [ III C 2/2, 744 Z. 29–745 Z. 7 ] ).
, auch ieweils mit denen
3
interessirten von den sachen gerathschlagt, im Osterreichischen voto in pleno catholicorum
4
solches alles umbständtlich denen contradicenten under augen fürgerückt

39
Bezug auf Punkt 22 der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrit-
40
tigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 892 zweiter Abs.). – Vielleicht ist das
41
österreichische Votum in der Sitzung des CC von 1647 VI 30 gemeint (Kopie: StK FrA
42
Ka. 3 [WF XXXIX] fol. 112’–119’, hier 115’–117).
und noch letz-
5
tens in der proposition ad catholicos von denen Kayserlichen gesandten selbst wiederholt

43
Bezug auf Punkt 23 der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der
44
unstrittigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 892 dritter Abs.). – Gemeint
45
sind hier die Aussprachen mit den Ges. der kath. Reichsstände 1647 X 30, 31, XI 4 und
46
6, deren wichtigsten Ausführungen in den Notanda Volmars zum Ersten kath. Ga. über
47
*KEIPO4B* und KEIPM4 ( APW II A 6 Beilage [1] zu Nr. 272) zusammengestellt sind.
,
6
eins und anders ex protocollis darzuthuen benohmen, die auffgesetzte proiecta in offent-
7
lichen trück gebracht worden

48
Zur Drucklegung und Publikation von den am WFK entstandenen Vertragsentwürfen
49
vgl. Repgen , Öffentlichkeit.
, so sein doch alle diese umbstände der nachfolg und Wichtig-
8
keit nit, daß darumben die catholische ebensolang und -viel in verbindtlichkeit stehen
9
müsten und solten, alß lang es denen protestierenden beliebt, ohne daß sie darauff nieh-
10
mahlen zum schluß tretten und die catholische weiterer forderung zu erlaßen sich erclehren
11
wolten. Qui enim sub conditione promissa non cum eadem conditione acceptat, utique pro
12
non acceptante habendus est. Quo casu consequens est ante acceptationem, utpote iure non-
13
dum translato, revocari promissum posse sine iniustitia imo et sine inconstantia. Si revera eo
14
animo factum sit, ut ab acceptatione demum valere incipiat. Teste Hugone Grotio de iure
15
pacis et belli liber 2, caput 11, numerus 16

50
Das Zitat von Quo casu an stimmt mit Grotius, 2.11.16, nicht ganz wörtlich, aber sinnge-
51
mäß
überein (vgl. 2 de Kanter-van Hettinga Tromp , 336). – Hugo Grotius (1585–
52
1645); ndl. Jurist, 1633–1645 schwed. Botschafter in Paris (
DBA I 428, 343–361; Edwards ,
53
1–8; Hofmann , 52–59).
.

16
Daß aber der catholischen meinung niehmahlen anderst geweßen, dan daß solche concessio-
17
nes , oblationes, remissiones erst dan zumahlen gültig, verbindtlich und unwiederrufflich
18
sein sollen, wan die beyderseits ahngenohmen, geschloßen und der friedt darauff gemacht
19
seie, ist ex natura totius tractatus clahr ahm tag, und bringt es der protestierenden erster

[p. 48] [scan. 136]


1
entwurff ihrer gravaminum, so sie den catholischen den 1. Martii anno 1646 per dictaturam
2
communiciren laßen, buchstablichen inhalts mit sich, in deme sich gleich numero 2 bedin-
3
gen , wan die güttliche vergleichung nit zulangen solte, daß alles, waß dabey vorginge, pro
4
non acto et pro nullo solte gehalten werden

41
Bezug auf § „Falß aber“ der unverfänglichen vorschläge der Ges. der prot. Reichsstände
42
zum Reichsreligionsrecht (Text:
Meiern II, 566ff , hier 566 – APW [ II A 3 Beilage A zu Nr. 181 ] ), von denen die Ges. der kath Reichsstände zwischen 1646 II 28 und III 3 Kennt-
44
nis
erhalten hatten (vgl. APW [ III A 4/1, 118 Anm. 1 ] und [ 122f ] ).
.

5
Wan demnach die protestirende vor oder nach herrn graffens von Trautmanstorff bey denen
6
Kayserlichen plenipotentiariis sich formblich angemeldet unnd rundt erclehrt hetten, daß sie
7
mit all demienigen, so ihnen im nahmen Kayserlicher mayestätt, auch gemeiner catholischen
8
chur-, fürsten und ständen ahnerbotten und zugesagt worden, ahn ihren ortt gäntzlich ver-
9
gnügt , ihr mayestätt und die catholischen aller weitteren forderung erlaßen, sich darauff mit
10
denselben vereinigen und gesambter handt die Schweden und Frantzosen zu beschließung
11
des friedens vermogen und bringen helffen wolten, so hetten alßdan die catholische wenig
12
ursach gehabt, sich demienigen, so ihnen von denen Kayserlichen eingerathen und gutt-
13
zuheißen vorgestelt worden, zu wiedersetzen. Ja, es ist auch außer allem zweiffl, daß auff
14
solchen fall wegen allerseits vorgestandtner hochster friedensbegierde ein durchgehende ein-
15
willigung erfolgt und die erst lang hernach entstandene disputationes fast gäntzlich wehren
16
vermitten blieben.

17
Es haben sich aber besagte protestirende darzu niehmahlen rotunde erclehren wöllen,
18
sondern steets darauff getrungen, daß die catholischen vorderist alles placidiren solten, und
19
sein weiter niehmahlen heraußzubringen gewest, alß daß sie den Schweden zusprechen und
20
sie zum schluß ermahnen wolten, alles, damit sie eine offene handt hetten, ihre weitere
21
forderungen, nachdem sie des ubrigen durch der catholischen ratification versiechert, desto
22
beßer zu verfechten und mit hülff der Schweden durchzutringen. Wie dan solches das werck
23
und der augenschein selbst mit der Pfaltz Sultzbachischen religionspraetension, cassation
24
der Baden Durlachischen restitutionsurtheil, auffhebung des Hildesheimbschen vertrags,
25
underbrechung des termini de anno 1624 bey dem religionsexercitio in der stifft Oßna-
26
brück

45
Bezug auf Art. XII §§ „Cum domus ducalis“ – „Quando autem“ KEIPO4A (Text:
46
Meiern IV, 584f ; vgl. später Art. XII,1–8 IPO) betr. das Hst. Osnabrück. Diese Rege-
47
lungen
bilden eine Ausnahme zu Art. V § „Terminus a quo“ KEIPO4A (Text: ebenda ,
48
565 fünfter Abs.; vgl. später Art. V,2 IPO ← § 47 IPM) betr. den Grundsatz der Restitu-
49
tion
der Reichsstände, der Reichsritterschaft und der Reichsdörfer in die Realpossession
50
nach dem Stichtag 1624 I 1. – Erst 1633 hatten schwed. Einheiten weite Teile des Hst.s
51
Osnabrück okkupiert (vgl.
Feldkamp , 81).
, mit der Marpurgischen succession, Caßlischen satisfaction, verenderung des status
27
politici bey der statt Augspurg, Dünckelspel, Bieberach, Kauffbeyren, Ravenspurg

52
Zu Dinkelsbühl, Biberach, Kaufbeuren und Ravensburg vgl. [ Nr. 25 Anm. 6 ] .
, ein-
28
tringung der proscribirten exulanten und freyen religionsexercitii in denen Kayserlichen
29
erblanden etc. nit allein damahlen clährlich bezeugt hat, sondern noch auff diese stundt be-
30
zeugen thuet.

31
Daß nuhn die catholische zuvor alles, waß man protestierendentheills gesucht, hetten ein-
32
willigen und daßienig, so bewilligt, ratificiren und nichtsdestoweniger umb dieser kurtzer-
33
zehlter oder auch noch anderer von den feindtlichen cronen heimblich fürgenohmener ur-
34
sachen willen dem krieg seinen weitteren lauff laßen und dannoch gewehrtig sein sollen, daß
35
sie endtlich auch des uberrestes entsetzt werden mogten, daß sein ia sachen, so aller ver-
36
nunfft zuwiederlauffen, und zumahlen solche zumuthungen, die nit allein kein reichsstandt
37
seinen von gleicher hochheitt, würdigkeit, rechten und herrlichkeiten im Heyligen Romi-
38
schen Reich angeseßenen mitstandt, sondern kein Crist keinem unglaubigen auffzutringen
39
unterfangen solte. Es haben sich auch die protestierenden hierunder mit des buchtrückers
40
auctoritet gar nit zu beschönen, dan dergleichen abtruck weder auff der Kayserlichen noch

[p. 49] [scan. 137]


1
der catholischen anschaffung beschehen

32
Gedruckte Ausgaben von KEIPO4A , ohne Angaben von Verleger und Druckort, waren
33
im Sommer 1647 erschienen. Über die Identität der Auftraggeber herrscht noch Unklar-
34
heit . Repgen geht davon aus, daß zumindest ein Teil der Exemplare von KEIPO4A im
35
Druck- und Verlagshaus Raesfeld in Münster angefertigt worden waren (vgl. Repgen ,
36
Öffentlichkeit, 752f).
, noch mit deroselben vorwißen zu werck gesetzt
2
worden. Vielmehr sein dergleichen buchtrücker und dieienige, so ihnen solche scripta nulla
3
legitima auctoritate underhandts richten, pro falsariis

37
Die heutige Bezeichnung als Urkundenfälscher für falsarius trifft den Sachverhalt wohl
38
am besten (vgl. auch
Oberländer , 298).
anzusehen und zu straffen.

4
Auff die zum 5. haubtsachlich angezogene motiven

39
Bezug auf Punkt fünf der rationes der prot. Reichsstände für die Beibehaltung der unstrit-
40
tigen Punkte des *KEIPO4B* (Text: Meiern IV, 890 vierter Abs.).
, daß der catholischen retractatio con-
5
ventorum dem berümbten nachrumb Teutscher trew und redtlichkeit zuwiederlauffen und
6
der Teutschen nation einen bosen nachklank geben werden, ist unnöttig viel zu anthwort-
7
ten , sondern es mögen die hieoben im eingang berührte actus gnugsamb erleuttern, ob den
8
catholischen, so allein daßienige, so niehmahlen zu endtlichem Schluß gebracht worden,
9
wegen ermanglender gegenversiecherung biß daher zum theil verweigert und ahn sich ge-
10
halten , mehr schuldt bemackleten Teutschen trew und glaubens, oder denienigen, welche
11
ordentlich auffgerichte, besieglete, verglobdete

41
Von vergeloben [ = geloben ] (vgl. Grimm XXV, 407).
und eidtlich beschworne verträg nit halten,
12
sondern auß dem eintzigen, aller volcker recht nach unerheblichen fundament, daß die tem-
13
pore belli et metu armorum erhandtlet worden

42
Vgl. dazu z.B. Grotius 3.19.11 ( 2 de Kanter-van Hettinga Tromp , 820), der dies nur für
43
den völkerrechtlich anerkannten Krieg, nach seiner Terminologie das „bellum solemne“,

44
anerkennt.
, uber hauffen stoßen thuen, zuzumeßen
14
seie.

15
Im ubrigen haben ihr Kayserlicher majestätt nit underlaßen, biß daher catholischen sowoll
16
alß protestierenden durch all thunliche mittl zu demienigen zu disponiren, wardurch sie
17
nuh[r] immer verhoffen konnen, daß ein erträglicher und billiger frieden zu erhalten sein
18
mögte, welcher auch sonder allen zweiffl lengst würde erfolgt sein und noch erfolgen, wan
19
theils protestierende sowoll von ihren unbillichen und alzu hoch gespanne[t]en zumuthun-
20
gen dermahlen ablaßen thetten, alß hoch sie von friedtliebenden mittständen darvon be-
21
reiths vielfaltich abgemahnet worden sein.

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