Acta Pacis Westphalicae III C 2,2 : Diarium Volmar, 2. Teil: 1647-1649 / Joachim Foerster und Roswitha Philippe
1648 III 6

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1648 III 6
Freitag

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1 Freytags] am Rande: Praecedentia communicantur cum catholicis.
Freytags, den 6. huius, umb 8 uhr vormittag haben wir
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die catholischen zu unß erfordert und inen vorgehalten, waßgestalten die
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Schweden unß bei der gestrigen conferentz nach gepflogner underred mit
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denn protestierenden in puncto autonomiae unß angezeigt, daß selbige und
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mit inen sie, Schweden, über den von unß empfangnen auffsatz nachfolgende
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bedenkhen einwenden müeßten: Als 1. bei dem versiculo ’hoc tamen‘
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werde daß priuatum exercitium außgelassen, so sie nit nachgeben köndten;
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dann wer diß ex pacto vel priuilegio erhalten worden, so solts billich darbei
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bleiben, wer es aber allein ex longo usu hergebracht, so solt mans billich nit
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entziehen, weil solcher usus instar priuilegii. 2. Wegen Hildeßheimb hetten
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die protestierenden dißortts allein ad terminum anni 1624 zu sehen, in wöl-
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chem jahr die bestrittene 9 clöster auch dem Lutherischen religionsexercitio
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beygethan gewesen. Also solte mans dabei lassen. Doch umb fridens willen
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wolten sie, protestierende, geschehen lassen, daß 5 clöster denen catholi-
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schen , übrige 4 aber den Lutherischen bleiben möchten. 3. Wegen der Erd-
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furter pactorum were denn protestierenden ständen nit bewußt, waß der inn-
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halt diser pactorum, daher sie auch de re ignota nichts einwilligen köndten in
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praeiudicium quorum interest. Vernemmen dabei, daß dise pacta nit zu
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cräfften kommen. Item hette daß hauß Saxen dabei sonderbar interesse, wer
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auch niemandt vorhanden, der diser statt nothurfft vertretten thet. Also
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müßte es der religion halber schlechterdingen bei der observantz anno 1624
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bleiben. 4. Köndten nit zugeben, daß der versiculus ’Illi vero‘ außgelassen
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und mithien diejenige underthanen, so tempore conclusae pacis under catho-
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lischem gebiett der Augsburgischen confession zugethan, solten außge-
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schafft werden, sondern bleiben dabei, daß man selbige ad dies vitae gedul-
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den soll. Und wan die catholischen hierzu nit ex pacto obligirt sein wolten, so
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mögen die protestierenden wol geschehen lassen, daß man disen pass so lei-
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denlich als sein einrichte. 5. Wegen derjenigen underthanen, so erst künffti-
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ger zeitten sich der Augspurgischen confession bekennen möchten, seyen sie
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deß dreyjährigen termins ad emigrandum zefriden, doch daß wegen der
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güetter, so sie nit verkauffen köndten, daß vorige reservat gültig bleib.

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Wiewol wir nun unß eüsserist beflissen hetten, die Schweden von disen
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pretensionibus abzelaitten und sie zu bereden, daß es bei dem außgehendig-
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ten auffsatz verbleiben möcht, so hetten wir doch vor dißmal nichts erhalten
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könden, sondern unß dahien bezogen, daß wir derentwegen mit denn herrn
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catholischen reden müeßten. Ersuechten sie demnach, sie wolten unß hier-
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über ihre gedankhen eröffnen. Wir befinden, daß dise zumuettungen gegen
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Gott und seiner kirchen schwerlich zu verantwortten, auch in kurtzem dem
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gmeinen catholischen wesen einen merklichen stoss geben wurden, und da-
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rumb hab man ursach, alles reifflich und wol zu erwegen.

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Catholici praesentes fuerunt: Churmaintz, Trier, Cöln, Bayern; vom fürsten-
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standt Bamberg, Würtzburg, Pfaltz-Newburg, Baden; stätten Cöln und
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Aach. Als sie nun im abtritt zimblich lang miteinander deliberirt, haben sie
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entlich folgende resolution vorgetragen:

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4 Sie] am Rande: Eorundem declaratio ad singula.
Sie hetten in allweeg verhofft, die
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protestierenden wie auch die Schweden selbst solten sich mit dem zugestellten
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auffsatz allerdings vergnüegt haben, angesehen die catholischen darinnen
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so vil nachgeben, daß ja von inen mit einiger billicheit ein mehrers nit solte
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noch könde gefordert werden. Weil es aber ie noch nit erheltlich sein wollen
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und doch iedermeniglich verspüren möge, daß man ja catholischentheils nit
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gern etwas verabsaumen wolt, wardurch der innerliche friden mehrers zu be-
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fürdern , so hetten sie unß über die vorgehaltne puncten nachfolgende mei-
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nung eröffnen wöllen: 1. Sovil daß publicum exercitium anlange, hette es bei
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deme, waß anno 1624 kundtlich hergebracht wer siue pacto siue priuilegio
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siue longo usu, zu verbleiben. Betreffend aber daß priuatum exercitium, so
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befinden sich ettlich ständt, sonderlich aber die stätte, darbei nit wenig be-
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schwehrt und besorgten sich viler gefahrlicher rechtsferttigung, so darauß
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entstehen wurden, derentwegen am besten sein wurde, das solche extensio gar
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vermitten bleiben köndt. Wa es aber nit zu erhalten, so solte man darvon
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einen absonderlich pass einrukhen und nit uff den longum usum, sondern uff
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pacta et priuilegia oder wa es sonst anderwerts sciente et non contradicente
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domino hergebracht wer, beziehen. 2. Wegen der Hildeßheimischen clöster
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hette sich Churcöln ein für allemal erclärt, daß Ihre Churfürstliche Durch-
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laucht selbige nit quittirn wolte, ihrem abgeordneten auch per expressum
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bevohlen, darvon nit ze weichen, sondern ehender darvonzuziehen und
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wider alle handlung ze protestirn. Wie dann die sambtliche catholische
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solches zumuetten der protestierenden keinesweegs billichen köndten, weil
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daß aller erbarkheit und billicheit zuwiderlauffen thet, ersuechten unß auch
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insgesambt, wir wolten darauff beharren und durchauß nichts nachgeben.
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3. Deßgleichen, waß das religionweesen zu Erdfurt anlangte, da müeßte es
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einmal bei dem anno 1618 abgeredten vertrag bleiben, weil deme gmäß daß
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exercitium noch anno 1624 in selbiger statt gefüert worden, es wurden auch
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Ihr Churfürstliche Durchlaucht zu Maintz darvon nit weichen, wie dann sie,
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Churmaintzische, anderst nit bevelcht und ohne newen bevelch sich keines
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andern erclären könden. Damit aber uff der protestierenden ferner opponirn
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dises particulars halber die handlung nit auffgehalten werde, so begehrten
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sie, daß wir unß befleissen solten, den in unserm proiect derentwegen ein-
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gerukhten passum also handtzehaben, biß Ihrer Churfürstlichen Gnaden
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meinung drüber eingelangt werden möchte. 4. Solten wir nochmaln versue-
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chen , daß die beede versiculi ’Illi vero‘ und ’Illi denique‘ cassirt bleiben und
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es bei unserm auffsatz und beraits eingewilligtem termino emigrandi gelassen
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werde, da man dann catholischentheils zefriden, daß die emigrantes ihre
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guetter, so sie komblich nit versilbern können, per procuratores admini-
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strirn lassen mögen. Dann weil die protestierenden den terminum a quo anni

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1624 durchauß in dem religionwesen vor sich haben wollen, so seye billich,
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daß auch die catholischen darwider nit gravirt und disem termino entgegen
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diejenige, so sie sonst anno 1624 außzeschaffen befüegt gewesen, ad dies
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vitae zu gedulden obligirt werden sollten. Wann aber ie die protestierenden
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mit den drei jaren nit zefriden, so mögen inen letstlich pro illis, qui permanere
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debeant, fünff jar bewilligt werden cum conditione, daß ratione futurorum
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es allerdings bei disposition deß religionsfridens gelassen werde, seitemal
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dieser § ’Illi denique‘ beraits hievor von denn Schweden nachgeben worden,
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cum in magistri arbitrio positum esse debeat longum vel breuem his termi-
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num dare. Endtlich, da auch mit disem nit zum schluss ze kommen, so solte
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man den futuris 2 jahr bewilligen und mehrers nit. Zum beschluss batten sie
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unß, daß wir diß alles dextre und, sovil immer sein köndte, den catholischen
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zum besten negocirn und befürdern wolten. Quod et promisimus.

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