Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
142. Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Mai 31

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Lamberg und Krane an Ferdinand III.


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Osnabrück 1646 Mai 31

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Ausfertigung: RK FrA Fasz. 51a fol. 109–111’, 120 = Druckvorlage – Kopie: Giessen 207
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nr. 121 S. 492–498 – Druck: Gärtner IX nr. 177, 989–992.

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Unterredung Lambergs mit Salvius über den kaiserlichen Textvorschlag für das IPO. Kurbran-
7
denburgische Gesandte: Benachrichtigung über Separatverhandlungen zwischen Schweden und
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verschiedenen protestantischen Reichsständen; Scheitern des Friedens? Mecklenburgischer Ge-
9
sandter : Versuche Schwedens zur Beeinflußung einzelner Gesandter und Stände. Hessen- darm-
10
städtischer Gesandter: Friedenswille und Kompromißbereitschaft protestantischer Reichsstände;
11
Mitteilung der kaiserlichen Duplik vom 5. Mai auf die französische Replik vom 7. Januar 1646
12
durch die Franzosen an die protestantischen Reichsstände.

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Verschienenen montag, den 28. dieses, hat mich, den graven von Lamberg,
14
der Schweedische gesandter nomine Salvius heimbgesucht und einen dis-
15
cursum praeparatorium, wie er ihn genendt, zu khünfftiger conferentz super
16
instrumento pacis mit mir gehalten, und geruhen Ewer Mayestätt ihro auß
17
beyverwahrtem prothocollo allergnädigst referirn zu laßen, waß für harte sa-
18
chen bey selbigem discursu heraußkhommen und wie weenig alnoch darauß
19
abzunhemben, daß es der cron Schweeden umb den frieden ernst seie.

20
Waß wir auch iüngsthin wegen vertreülicher correspondentz, so sich bey et-
21
lichen protestirenden stendten under nahmen selbiger stendte deputirten mit
22
denen Schweedischen gesandten continuirlich vermercken laßet

34
Vgl. nr. 133.
, angezeigt,
23
solches wirdt auch von den Churbrandenburgischen abgesandten selbst be-
24
stettigt , und sein noch gestern der graff von Wittgenstein und Dr. Weßen-
25
beck bey unß gewest, ire condolentz wegen weylandt irer mayestätt, der Rö-
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mischen Kayßerin, unser allergnädigsten frawen selichsten hintritt gehor-
27
samst contestirt und bey solcher gelegenheit sich gleichergestaldt, wie lauth
28
unser negsten gehorsamsten relation andere gethaen, darab bedingt, daß sie
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mit selbem werck nit wölten zu thuen haben. Der fürstlich Magdeburgischer
30
gesandter soll das directorium führen, die Sachßen Altenburg- und Weymari-
31
sche , auch Braunschweig Lüneburgischer abgesandten Calenbergischen- oder
32
Hannoverischentheils, Dr. Lampadius

35
Dr. Jakob Lampadius (1593–1649), auf dem WFK 1644–1649 Ges. des Hgt.s von Braun-
36
schweig -Lüneburg-Calenberg, vertrat zugleich Braunschweig-Lüneburg-Celle und -Grubenha-
37
gen sowie den Gf.en von Hoya-Diepholz. 1620 ao. Professor an der Universität Helmstedt,
38
seit 1635 in calenbergischen Diensten (ADB XVII, 574–578; NDB XIII, 454ff. ; Klein-
39
heyer
/ Schröder , 162ff.; Walther , 89; Dietrich ); zu seinen juristischen, später von Con-
40
ring und Kulpis erneut aufgelegten, das Reichsstaatsrecht, das Reichsreligionsrecht sowie das
41
RKG behandelnden Schriften: NDB XIII, 455 .
, die angemaste deputati sein und
33
steitz mit denen Schweedischen negotiirn, die andere alhie anweesende

[p. 259] [scan. 339]


1
Braunschweig Lüneburgische-, Zellische-

37
Neben Lampadius wurde Braunschweig-Lüneburg-Celle seit Juli 1644 vertreten durch Dr.
38
Heinrich Langenbeck (1603–1669), seit 1634 in braunschweig-lüneburgischem Dienst ( ADB
39
XVII, 662ff. ; Wolff , 213; Bierther , Reichstag, 336; Kietzell , 104 Anm. 28).
und Wolffenbütlischetheils

40
Ges. des Hgt.s Braunschweig-Wolfenbüttel auf dem WFK waren seit 1645 Juni Coeler und
41
Schrader ( Wolff , 213). – Dr. Chrysostomus Coeler (Köhler) (1607–1664), 1644 Hofrat und
42
1661 Vizekanzler im Ft. Wolfenbüttel ( Walther , 64; Früh / Goedecke / Wilckens IV
43
nr. 3199; APW [ II A 5 nr. 71 Anm. 6 ] ). – Dr. Heinrich Schrader (1601–1672), seit 1625 in
44
braunschweigischen Diensten ( Walther , 64f.; APW [ II A 5 nr. 71 Anm. 6 ] ).
selbst
2
deswegen mit dem Lampadio nit wol zufrieden sein und es unverholet sagen,
3
daß sich ire instruction mit deßen actionibus nit vergleiche.

4
Wie wir darauf neben gebührender dancksagung für beschehende condolentz
5
erinnert, daß wir verhofft gehabt, es würden nuhmehr, dha man in tractatu
6
pacis so weith khommen, daß das instrumentum pacis schon außgeantwortet,
7
allerseits, bevorab von denen stendten des Reichs, umb den gewünschten
8
schluß zu erheben, friedtliebende consilia beygetragen werden, in sonderbah-
9
rer erwegung, sich auch die sachen in puncto gravaminum Imperii waß beßer
10
zum ziel lencken thäten und zu verhoffen seie, daß die stendte darin werden
11
vergliechen werden, hat der graff von Wittgenstein geantwortet, er sorge, es
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seie schon zu spaeth. Wan noch fürn halben jahr hette möegen einigkeit zwi-
13
schen denen stendten getroffen werden, würde es dem Römischen Reich,
14
auch ertzhauß Österreich zu großem nutzen und diensten außgeschlagen und
15
sowol Elsaß alß Pommern dardurch erhalten worden sein. Nuhmehr laße
16
sich schon eine separatio under denen stendten vermercken, und glaube ers,
17
daß sich dern viele albereits mit denen cronen zu weith vertiefft haben.

18
Imgleichen wil sich auch der |:fürstliche Mechelburgischer:| gesandter zu
19
dieser deputation gar nit bekhennen, sonderen alles, waß dhamit fürgehe, für
20
ein unverantwortlichs werck halten, weiln die stendte nit darzu deputirt het-
21
ten . Hatt auch mir, dem graffen von Lamberg, in vertrawen entdeckt, daß die
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Schweden alle mitle und wege suchen, die stendte an sich zu ziehen, und
23
noch weenig lust zum frieden scheinen ließen. Hetten noch unlengst einem
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vornhemen abgesandten (den er doch nit genendt) eine ansehentliche offerta
25
von einer monatlichen pension gethaen, wan derselb mit ihnen am säil (wie
26
das formale gewest sein solle) ziehen würde.

27
Hingegen hat mir, Crane, noch heud |:der Hessen Darmbstattischer abgesan-
28
ter Dr. Wolff:| die hoffnung gemacht, daß noch der mehren theil der stend-
29
ten , sönderlich die stättische, des kriegs müth und sich ehender mit denen
30
catholischen stendten in puncto gravaminum auch per medium temporarium
31
setzen alß denen cronen ferners beypflichten werden. Und wölte er verhof-
32
fen , die sachen sölten sich bey irer exzellentz, herrn graven von Trautmans-
33
dorff zurück- oder wieder anherokhombst zwischen denen stendten noch
34
wol richten und vergleichen laßen. Und laßet unß gleich itzo, indem wir in
35
dieser expedition begrieffen, selbiger |:Darmbstättischer abgesanter:| ver-
36
treülich wißen, daß die Frantzösische abgesandte zu Münster heüd bey dem

[p. 260] [scan. 340]


1
fürstlich Magdeburgischen directorio durch den alhie anweesenden Frant-
2
zösischen residenten, monsieur de La Barde, dero Kayserlichen gesandten
3
iüngsthin aldha in der haubthandlung außgeantwortete duplica

42
Gemeint ist wahrscheinlich die postrema declaratio vom 29. Mai 1646 (nr. 139 Beilage
43
[ 1 ]).
uberreichen
4
und der protestirenden stendte gedancken und gutachten darüber begehren
5
laßen. Seie aber per maiora geschloßen worden, sich der communication hal-
6
ben zu bedancken, wegen des begehrten gutachtens aber glimpflich zu ent-
7
schüldigen , auß welchen der Frantzosen ansuchen und zumuthen gewißlich
8
noch schlechte hoffnung von einiger friedensbegierdte zu schöpffen ist.


9
Beilage [1 ] zu nr. 142


10
Protokoll, [Osnabrück ] 1646 Mai 28. Kopie: RK FrA Fasz. 51a fol. 112–119 = Druckvorlage;
11
Giessen 207 nr. 120 S. 477–492; ebenda 210 nr. 133 S. 1331–1345 – Druck: Gärtner IX
12
nr. 165, 925–935.

13
Der Schweedische abgesandter Salvius suchte mich, den graven von Lamberg, heimb, namb
14
sein exordium ab occasione, daß er meine zimmer veränderter und schwartz becleidet be-
15
fandt , clagt mir mit weenigem das leith wegen Kayserlicher Mayestätt, meiner allergnädig-
16
sten frawen, seligsten hintritt, fragte aber gleich darauf, ob auch selbiger thodt einige verän-
17
derung in publicis geben würde. Es seie solches von Lintz geschrieben worden, sähe aber
18
nit, warin es verenderung geben khönte. Ego, agendo gratias pro condolentia, respondi, daß
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wir eine frombe Kaiserin verlohren et cetera, sehe sönsten nit, waß es für verenderung dem
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statui publico geben khönte.

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Tum ille relinquendo hanc materiam, er wüste sich noch wol zu erinnern, waß zwischen
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unß der conferentz halben super instrumento pacis

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Vgl. nr. 88 Beilage 1. Verhandlungsgegenstand war außerdem die ksl. Duplik an Schweden
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vom 1. Mai 1646 (vgl. nr. 69 Beilage 1).
jüngsthin verabredet worden. Sie,
23
Schweedische, heten deroselben auch gern stattgethan, wan nit von denen Frantzosen weh-
24
ren abgehalten worden. Die hetten sich beschwehrt, daß es contra conclusum praeliminare
25
seie, daß man alhie zur conferentz super instrumento pacis schreiten wölte, ehe dan ihnen
26
zu Münster einigs instrumentum außgeantwortet. Müße alles pari passu hergehen. Man seie
27
itzo beederseits in vergleichung des puncti satisfactionis begriffen. Der müße vorhero rich-
28
tichgemacht werden, und stünde es den Schweedischen bevor, ob immitls darin mit denen
29
Kayserlichen ferners alhie verfahren wölten. Ego: Wan unß diese ursach wehre gleich an-
30
fangs angezeigt worden, würden wir denen Schweedischen mit unsern vielfältigen anlauffen
31
nit uberlästig gewest sein, müsten es dhahingestelt sein laßen und erwarten, wan ihnen die
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conferentz vorzunhemmen würde gelegen sein. Ich vermeinte sönsten, es würden ihre excel-
33
lentz , herr graff von Trautmansdorff, auch denen Frantzosen ein instrumentum pacis auß-
34
antworten laßen und die sach zu Munster also einrichten, dhamit diese verhinderung nit
35
lang im weeg ligge.

36
Ille: Sie, Schweedische, hetten sich in unserm instrumento pacis ersehen, und weiln wir
37
darin der catholischen stendten gutachten wehren nachgangen, so hetten sie sich auch mit
38
denen protestirenden stendten underreden müeßen, nach dern gutachten sie ein anders pro-
39
iect

46
Der am 28. Mai von Salvius vorgelegte Text läßt sich nicht eindeutig bestimmen; vgl. aber
47
APW II C 2, 360 Z. 2–3.
aufgesetzt, welches zwar in underschiedtlichen puncten von den unsrigen different
40
seie, haubtsachlich aber bestünde die differentia in 3 stücken: 1. gravaminum, 2. amnistiae,
41
3. satisfactionis. Die übrigen puncten würden sich wol vergleichen laßen.

[p. 261] [scan. 341]


1
Bey dem puncto gravaminum beschwehrten sich die stendte, daß in unserm instrumento so
2
weenig dhavon gedacht worden. Ego: Heten derzeit dieser materi nit mehr gedencken
3
khönnen, weiln dieselbe noch zwischen denen stendten verhandtlet würde und man zuvor-
4
derist des außchlags würde erwarten müeßen, seie aber darumb ab instrumento nit auß-
5
geschloßen . Ille: Sie, Schweedische, hetten etliche remedia (wie er das formale gebraucht)
6
aufgesetzt, wie dem werck abzuhelffen. Befünden anfenglich nötig, daß die sach bey dem
7
puncto gravaminum auf ein perpetuirliches werck gerichtet würde, dan sönsten würde der
8
fomes dissensionis alzeit ubrigpleiben und die catholische oder derjeniger theil, welche nun
9
bey negstem krieg praevalirn möegte, dem andern noch ferners zusetzen und entweder das-
10
jenige , waß itzo nachgegeben würde, wieder zuruck haben wöllen oder den uberrest gar
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abtringen. Deme könte füeglicher nit vorgekhommen werden alß vermitls eins ewigwehren-
12
den medii. Ego: Sehe nit, wie ein oder ander theil, der inskhünfftig praevalirn möegte, nit
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sowol und nit etwoh mehr und mit beßerm fueg wegen des perpetui alß temporalis medii zu
14
dergleichen resolution khönte bewogen werden. Selbe ratio gelte bey mir nichts. Wehr sich
15
an das temporalmedium nit kehren würde, der würde sich auch an das perpetuum nit keh-
16
ren . Ich hette vernhommen, daß sich die catholische ständte gegen des herrn graven von
17
Trautmansdorff exzellentz zu Münster erclehrt hetten, wie weith sie bey diesem werck zu
18
gehen gemeindt sein, und soviel ich nachrichtung hette, so würde es auf ein temporal auß-
19
lauffen , doch ad longissimum tempus

50
Bezieht sich wahrscheinlich auf die Anderweitige Erläuterung und fernere Erklärung der
51
kath. Reichsstände vom 29. Mai 1646 (vgl. [ nr. 135 Anm. 1 ] ).
. Es entschüldigten sich aber der catholischen stendte
20
abgesandten, daß sie defectu mandati deren principaln aber gewißens halben nit weiters
21
gehen khönten.

22
Ille: Die stendte beschwehrten sich auch über das justitziweesen und verwunderten sich, daß
23
deßen mit dem geringsten wortt in dem instrumento pacis so wennig alß der duplica ge-
24
dacht seie. Würde nötig sein, woh nit 4, zum weenigsten 3 hohe tribunalia anzuordtnen,
25
weiln die sachen sich beym cammergericht dermaßen uberhaufft, daß nit darauszukommen.
26
Es hette ihme ein assessor Spirensis

52
Der Name des Assessors wurde nicht ermittelt.
gesagt, daß in camera uber die fünfzigtaußendt sachen
27
anhengig, darunder in die siebentaußendt decidirt, aber keine zur execution gebracht wor-
28
den . Das cammergericht könte in seinem weesen gelaßen und demselben der Rheinisch,
29
Schwäbisch und Burgundischer craiß undergeben werden. Das consistorium für Ober- und
30
Niedersachßische, auch Westphälischen craiß seie etwoh zue Halberstadt oder Hildesheimb
31
anzustellen. Sodan vermeinten die stendte auch, daß das königreich Boheimb herzuzuziehen
32
und den eilfften craiß im Reich machen, auch solchergestalt ad contributiones Imperii gezo-
33
gen und neben dem Bayrischen und Östereichischen craiß dem Kayserlichen reichshoffrath
34
undergeben werden möegte, coeteris regni legibus et privilegiis salvis.

35
Ego: Die materi das justiziweesen betreffend gehöre auf einen reichstag, und würden sich
36
verhöffentlich die cronen in die frag, wie das justiziweesen im Reich zu bestellen, nit begeh-
37
ren einzumischen, maßen sie auch deßen seithero in iren propositionibus und replicis nit
38
gedacht hetten und deswegen in der duplica und instrumento pacis zu gedencken unnötig
39
gewest. Die uberhauffung der proceßen am cammergericht würde nit erfolgt sein, wan man
40
den revisionibus iren lauff gelaßen. Man wüste aber, wie es dhamit hergangen und dieselbe
41
in stecken gerathen, und darumb so hoch nit zu verwundern, daß sich die sachen also ver-
42
mehrt hetten. Es seie bey iüngstem deputationstag zu Franckfurt darüber gehandtlet, wie
43
denselben zu helffen, gehöre nit hieher. Das königreich Boheimb habe seine gewiße leges
44
regni und seie darin die justizi so wol bestelt, daß zu wünschen wehre, daß sie im Reich so
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wol bestelt wehre, habe seine obrigkeit, die darin zu verordtnen, gehe das Reich nit an, es
46
verlange selbigs königreich nach dergleichen reformation gar nit, und hete man sich alhie
47
dhamit nit zu bekümmern.

48
Ille: Quoad amnistiam vernhemme man auß unserm instrumento pacis, daß die amnistia auf
49
das jahr 1627 und 1630 gerichtet. Würde sich nit thuen laßen, müße ad annum 1618 gesetzt

[p. 262] [scan. 342]


1
werden. Würden sönsten zuviel stendte zu kurtz kommen. Under denen churfürstlichen
2
würde Pfaltz und Brandeburg gravirt, under denen fürstlichen Baden, Culenbach, Sultzbach
3
und Wirtenberg, under denen graven Naßaw Sarbrücken, Sayn und Wittgenstein, Isenburg,
4
Solms und andere

45
Die hier gen. Gf.en von Nassau-Saarbrücken, Isenburg-Büdingen und Solms und der Mgf. von
46
Baden-Durlach waren vom PF ausgeschlossen worden; der Hg. von Württemberg war nur
47
unter bestimmten Bedingungen in den Frieden aufgenommen ( BA NF II/10 nr. 568). Die
48
Pfalz blieb ebenfalls ausgenommen. Pfalz-Sulzbach ist hier vermutlich aufgrund seiner Restitu-
49
tionsforderungen gegen Pfalz-Neuburg ( Walther , 624), Brandenburg-Kulmbach und Sayn-
50
Wittgenstein (vgl. [ nr. 8 Anm. 4 ] ) sind wegen der Zugehörigkeit zum Heilbronner Bund ( Ru-
51
dersdorf
, Brandenburg, 28) genannt ( Bierther , Reichstag, 146f. mit Anm. 47).
, und sähe er, denselben nit geholffen, wan nit der terminus a quo ab
5
anno 1618 hergenhommen würde, khönten gleichwol limitationes dhabey annectirt und
6
dießeidts, waß man vermeine, außgenhommen werden. Ego: Der terminus a quo seie auf
7
offenem reichstag in ecclesiasticis auf das jahr 1627, in politicis auf das jahr 1630 gesetzt.
8
Dhabey müeße es verpleiben, und laße sich darin nichts ändern, wölte man aber auch limi-
9
tationes darbey machen, so habe man sich gnugsamb erclehrt.

10
Ille: Der Pfaltzischen sach seie in instrumento pacis gar schlecht gedacht worden, und gebe
11
man dem pfaltzgraven gleich soviel, daß er etwoh alß ein edlman dhavon leben könte, weiln
12
man so viel herrschafften und ämbter bevorhielte und außnheme. Er höre gleichwol, daß
13
sich der hertzog in Bayern schon seiner praetendirten 13 millionen begeben. Ego: Wan ire
14
churfürstliche durchlauchtt dhagegen die Obere Pfaltz behalten, sönst nit. Ille: Vor nein,
15
daß müße nit sein, wan man mit dem hertzogen in Bayern (repetit id praedicatum identidem
16
et per totum discursum) solte rechnung halten, würde er nit viel zu praetendirn haben. Die
17
Braunschweig Lüneburgischen gesandten hetten ihme gesagt, er habe wol 8 mahl 13 millio-
18
nen allein auß dem Braunschweigischen und benachbarten landten bekhommen. Man
19
khönte es nit glauben, daß der hertzog in Bayern 13 million in der caßa gehabt habe, wie er
20
den krieg angefangen, habe dem Kaiser nur 1 ½ jahr assistirt. Wie es möeglich, daß er in so
21
kurtzer zeit dem Kaiser habe 13 million fürstrecken khönnen oder daß dieselbe warzu vor-
22
zustrecken vonnöthen gewest. Zudeme so hette zu selbiger zeit ein thaler zehen golten,
23
vermeinte, daß es gnug seie, daß man itzo anstatt 10 millionen eine in der raittung passirn
24
ließen, und wehren etliche der meinung, daß der hertzog in Bayern wol würde zufrieden
25
sein müeßen, wan man ihme für seine praetension ein particul von der Obernpfaltz, der
26
Sawwinckel genandt, so zwischen Cham und Ingolstadt

52
Ingolstadt, an der Donau gelegene Stadt im Kft. Bayern ( HHStD VII, 326ff.).
gelegen seie, in solutum thäte
27
zulegen oder uberlaßen (quod ironice dictum puto).

28
Ob dan das hauß Ostreich kheine mitle habe, den hertzogen in Bayern von der cron
29
Franckreich zu separiren, weiln er selbiger cron zu des hauß Ostreichs ruin so viel dienste
30
thue. Er habe nit allein Elsas denen Frantzosen in die handt gespielet, sondern wölle das
31
hauß Ostreich itzo auch umb Breysach bringen, dan die Frantzosen hielten die von Chur-
32
bayern deswegen beschehene offerta für eine offerta, so vom Kaiser selbst herrühre, und
33
könten nuhmehr per punto di honore nit dhavon abweichen. Es würden sich die Kayserli-
34
che auch endtlich hiebey bequemben müeßen, und wünsche er, daß sie sich nit lang dhamit
35
aufhalten wölten. Franckreich seie zwischen zwei mächtigen potentaten eines haußes
36
gleichsamb inclavirter, selbe cron würde sich itzo in acht nhemmen und dergestalt gegen
37
solche macht versichern wöllen, dhamit sy in perpetuum dhagegen möege versichert sein.
38
Dhahero gehe sie auch mit denen gedancken umb, sogar das kaiserthumb auf ein anders
39
hauß zu bringen, weiln sie gleichwol dhabey das absehen auf ein catholischen heten und
40
khein anders wüsten alß das hauß Bayern, so seie die intention bey Franckreich dhahin
41
gerichtet, umb die Römische cron auf Bayern zu bringen. Er, Salvius, könte sich nit gnug-
42
samb verwundern, woher diese affection der cron Franckreich gegen Bayern khommen
43
möege, nachdeme sie so offt von Bayern gute ohrfeigen entfangen. Verwundere sich auch,
44
nachdeme Bayern wol bewust, daß ers derentwegen bey Franckreich vermacht, warumb

[p. 263] [scan. 343]


1
derselbe denen Frantzosen also möege nachlauffen. Man habe die gewiße nachricht, daß er
2
nit allein zue Münster, sondern auch zu Pariß abermals mit heimblichen tractaten umbgehe.
3
Ich hab geantwortet, daß mir dergleichen discursus so hoch sein.

4
Ille: Khömbt zum puncto satisfactionis und erinnert erstlich wegen Pommern, daß auß dem
5
instrumento pacis zu ersehen, daß selbigs fürstenthumb nur auf die königin in Schweeden
6
und deren descendenten wölle zum reichslehen ubertragen werden. Dhamit seie der cron
7
Schweeden nit gedient, es müeße die uberlaßung auf das königreich gerichtet und selbigs
8
fürstenthumb der cron incorporirt werden, die habe mehr interesse darzu alß die königin.
9
Imgleichen müße es mit beeden ertz- und stifftern Bremen und Verden gehalten, selbige
10
aber auch zum weltlichen weesen verenden werden. Ego: Stündte in Kayserlicher Mayestätt
11
macht nit, weder in einem noch andern weiters zu gehen, alß in dem instrumento pacis
12
beschehe, müsten die reichsstendte darüber vernhomen werden. Ille: Wegen Pommern
13
würde nit fortzukhommen sein, biß der von Löwen wieder zurückkomme, der würde des
14
churfürsten zu Brandeburg erclehrung, ob derselb seinen consens darzu geben würde oder
15
nit, mitbringen.

16
Bey dem puncto satisfactionis pro militia vermercke man auß dem instrumento pacis, daß
17
dern bezahlung einer ieden parthey wölle zugewiesen werden, man müeße aber dhabey ge-
18
dencken , daß der mehrentheil der protestirenden stendte der cron Schweden confoederirte
19
sein, selbe cron auch die wapffen für dieselbe führen thue, also müeße auch nothwendich
20
die bezahlung von dem anderen theil, wieder welchen die waapffen geführt würden, besche-
21
hen , iedoch die protestirende mit in der bezahlung concurrirn. Die generales militiae fien-
22
gen schon an, gelosey zu faßen, gleichsamb man sie voneinander separirn wölte, und dörfte
23
wol endtlich gar eine meutination darauf erfolgen. Dhahero halte ers dienlich zu sein und
24
wölte es mir in geheimb alß einen rathschlag entdeckt haben, daß man außbreiten und
25
spargirn sölte, ob seie ein armistitium auf eine gewiße zeit geschloßen, dhamit der soldat
26
mit der hofnung, daß nach umblauf selber zeit der krieg wieder angehen werde, möege
27
underhalten und von der meutination divertirt werden (welches er vielleicht, umb die an-
28
marschirende Kayserliche armada zuruckzuhalten, erinnert), vermeinte auch, es solten die
29
stendte die regimenter under sich selbst außtheilen und zu bezahlen ubernhemmen und
30
sehen, wie sie die officyr contentirn möegen. Der gemeine soldat würde paldt zu contentirn
31
sein.

32
Hatt es endtlich mit deme beschloßen, daß dieses nur ein discursus praeparatorius und prae-
33
ambulus seie zu künfftiger conferentz, dhamit man bey herzukhombst des herrn graven von
34
Trautmansdorff exzellentz den sachen waß mehr nachdencken und soviel desto mehr bey
35
der conferentz, alß welche auf eine solche materi hinauslauffen würde, gefaster erscheinen
36
möege. Ego: Habe mit weenigem erinnert, man müeße an seithen der cronen also verfahren,
37
dhamit es ein ansehen gewinnen könne, daß es ihnen zum frieden rechter ernst seie. Atque
38
ita ab invicem discessum.

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