Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 VII 9

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1645 VII 9
Sonntag W/Kölner bei Longueville, der W als gleichrangig
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behandelt. Begrüßungen. Beteuerungen des Friedenswillens. Longueville:
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Schuld der Spanier am Krieg. Gestern haben die Mediatoren den Franzosen
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zu verstehen geben, daß sie sich getrauwten, wan ahn seythen der crohn
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Franckreich man zue einem anstandt der waffen nicht ungeneigt, alßdan
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solches von dem Kayser, und der crohn Spanien gleicher gestalt zu erlan-
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gen . Er und ermelte seine collegen hetten sich darauff erclehrt, daß das
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armistitium sie keinen wegh zum frieden zue sein beduncke, dan die Spa-
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nier solche ahrt haben, daß wan eß umb ihre sachen schlecht stehe, sie nur
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zeitt und weill, damitt sie ihre vires unterdeßen colligiren können, zue
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suchen pflegten, dardurch sie aber zum frieden, alß welchen sie, wan sie
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nicht extreme gedrucktt, nicht begehrten, viellweniger veruhrsacht. Eß
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wurde ihnnen doch den Frantzosen gebühren, die conditiones solches armi-
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stitii und auff waß für eine zeitt selbiges ansehen, auch waß darunter be-
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griffen zu vernehmen, dehme vorgangen, hetten sie es ihren alliirten vorzu-
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haltten , deren gedancken darüber zu erförderen, und demnegst ahn ihre
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königin zu gelangen. I. H. G. haben dießes puncti halber sich mitt ihme
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zu vertieffen darumb bedenckens getragen, auff daß es nicht daß ansehen

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gewinnen möchte, alß thette man dießerseyts die Frantzosen bitten,
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zumahl sie dadurch desto mehr und stercker ahn sich zu haltten ursach
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gewinnen würden, sondern habens blößlich dabey bewenden laßen, daß
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ihres wißens wedder ahn die Kayserlichen noch churfürstlichen von den
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mediatoribus ichtwas gebracht, sie woltten aber sowoll vor ihr haubtt dem
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werck nachdencken, alß mitt anderen churfürstlichen sich darauß bespre-
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chen . Negst dießem hatt er ein discurs von den churfürsten des reichs
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und wie hoch dieselben bey der crohn Franckreich in consideration wehren,
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angefangen, dabey vermeldent, daß umb eines churfürsten willen (womit er
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auff Trier gedeutet) der krieg zum ersten angefangen, und könne Franck-
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reich einmahl nicht geschehen laßen, daß die churfürsten also umb ihre
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freyheit gebracht, unnd dem Kayser offen stehe, sich deren und des reichs
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mittelen zue mißbrauchen; so seye es auch fast dahin kommen, daß den
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churfürsten die freye wahll benohmmen, und sie gleichsamb genöthigt, die
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Kayserliche crohn continuirlich bey einem hauß zu laßen. Hierauff
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replicirten I. H. G., daß gleich wie die churfürsten keineswegs schuldich in
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der election iedereitt bey einem hauß zu bleiben, also würde es auch wieder
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deroselben freyheit sein, wan ihnen wollte verbotten werden, auß demjeni-
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gen hauß, wo sie es dem reich pro rerum circumstantiis nützlich ermeßen,
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einen Romischen Kayser ihres gefallens zu erwehlen. Er Longeville
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andtworttete, sie begehrten den churfürsten ihre libertet der wahll nicht zu
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benehmmen, suchten aber daß solche libertet nicht nominalis, sondern realis
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sein möchte, dafür es aber nicht gehaltten werden könne, wan man derge-
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staldt bey lebzeitten des Kaysers zue der wahll eines Römischen königs
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schreyte, weyln man woll wiße, waß alßdan für artificia, die succession bey
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des Kaysers posteritet zu erhaltten, gebraucht würden, indehme der einer
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minis, der ander persuasionibus dahin gebracht, zue zeitten auch die con-
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siliarii auff allerley weiß gewönnen, ihren hern etwas einzurahten, so dero-
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selben wahren und rechten interesse schädlich und zuewider; es würde
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aber wenigstens einmahl eine interruption sein müeßen, wan man anderst
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dafürhaltten und glauben sollte, daß die churfürsten bey einem hauß prae-
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cise zu bleiben nit obligirt. Alß nun I. H. G. hierauff zu verstehen
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geben, daß einmahl die catholischen churfürsten ihre stimme nimmer einem
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uncatholischen würden geben wollen, der catholischen häußer in Teutsch-
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landt aber gahr wenig, und man dahero bey dem hauß Oisterreich zu blei-
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ben gleichsamb woll genöthigt, hatt er alßbaldt darauff replicirt, daß die
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Churfürstliche Durchlaucht in Bayern zum Kayserthumb qualifiziert gnugh,
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und hetten dieselbe mitt ihrem hohen verstande und vorsichtigkeit (wan sie
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darzue wehren erwehlet worden) daß reich in seine vorige harmonei leicht-
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lich wieder bringen konnen; so wehre auch der hertzog von Newburg
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catholisch, und möchten villeicht andere fürsten, wan sie spührten, daß
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nicht eben daß reich bey dem hauß Osterreich bleiben müeste, sondern sie
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auch dazue glangen könten, sich zum catholischen glauben villeicht desto
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leichter disponiren laßen, wie es dan umb die Kayserliche crohn ein solches

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ding, daß mannicher, damitt er dieselbe auff sein haubtt bringen könne, der
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religion halber woll so gahr scrupulos nicht sein dörffte. Frühere Eroberun-
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gen
Spaniens; was dieses mit dem Recht der Waffen seit Karl V. Frank-
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reich
genommen hat, wie Neapel, Navarra, Mailand, Artois und Flan-
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dern
, kann Frankreich jetzt mit demselben Recht zurückfordern. I. H.
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G. haben hierauff replicirt, daß sich hier de iustitia et iniustitia armorum
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sowoll itziges alß vöriger kriegen nicht disputiren ließe, dan man damit
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nimmer zum endt kommen würde, giengen sie und das reich auch die auß-
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lendische sach nichts ahn, sondern hette dahin allein zu sehen, waß für ein
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expediens und mittel zue hin- und beyleggung dießer irrungen zu erfinden,
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wobey sie dan ihn duc de Longeville hochvernunfftig consideriren ließen,
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daß das gluck wanckel, und derjenige, dem solches heutt favorabel, morgen
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leichtlich fallen köntte, und hingegen welche etwas under sich und zue-
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rugkkommen , durch eine eintzige occasion sich leichtlich wieder erschwin-
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gen könten, derowegen man dan nimmer den bogen zue hart spannen
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müeste [...].

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