Acta Pacis Westphalicae III C 3,1 : Diarium Wartenberg, 1. Teil: 1644-1646 / Joachim Foerster
1645 VI 6

9
1645 VI 6
Dienstag Guardian der Observanten

40
Wohl P. Leonhard Helm OFM (gest. 1664), Beichtvater Bergaignes (vgl. APW [ III A 1,1 S. 221 Anm. 1 ] ).
bei W: Übergabe
10
einer Mitteilung des Bischofs von Herzogenbusch bezüglich seiner Ankunft
11
in Lüdinghausen

42
Anlage 89: Bergaigne an W 1645 VI 5.
. Der Bischof hat inkognito einziehen wollen, doch halten
12
andere Gesandte das als unvereinbar mit der Reputation Spaniens. W:
13
Ein öffentlicher Einzug widerspricht der dem Kurfürsten von Köln gegebe-
14
nen
Zusage [...] und wurde es nun solchen falß under den churfurstlichen
15
und Venetianischen gesandten große difficulteten und disgusto abgeben,
16
sonderlich wan die sachen dergestalt eylendts fur die hand genommen, und
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keine zeit zur concertation, oder auf ein remedium zu gedencken, gegeben
18
wurde. Und möchte gar gut sein, wan er nit allein bemelten bischoffen,
19
sondern auch aniezo alßpald dem Savedra von deme, was I. H. G. mit ihme
20
dißhalber geredet, andeuttung gethan, und benebens vermeldt hette, daß
21
die churfürstlichen gesandten anderst nit dafur hielten, alß daß die anhero-
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kombst all incognito und ohne vorgehende notification geschehen solt,
23
gestalt auch bey I. H. G. sowol alß der herren Churbayer- und Branden-
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burgischen hereinbegebung keine intimatio vorgangen, allein zu dem end,
25
daß die Spanier soviel die unwissenheit sich endschuldigen konnen, warauß
26
dan schier erfolgt, und es ahn dem gewesen, daß derentwegen die Franzo-
27
sische den Churbayerischen nit endgegenschicken wollen, dahero hinwieder
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billich were, daß endweder die ankunfft in der stille, und absque notifica-
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tiones geschehe, oder aber doch solang verschoben pliebe, biß man sich eines
30
gewissen temperamenti verglichen [...]

43
Anlage 90: W an Bergaigne 1645 VI 6.
.

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Konferenz der Deputierten der westfälischen Stifter mit W. Das Ergebnis
32
soll Kurköln und Geleen zugestellt werden.

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W bei Servien. Baldige Herausgabe der Propositionen. Was die Schwe-
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dische proposition anlangete, da forchteten I. H. G. wol, selbige werde also
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bewand sein, daß man den pactum erst recht werde formiren, und viel
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materi davon wegwerffen mußen. Mit den Franzoßen werden die sachen,
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soviel das reich concerniren thut, leicht voreinander zu pringen sein, wan
38
sie allein bey denen bißherzu allezeit vorgebenen fundamentis verpleiben
39
wollen, da dan mit denselben der reichsstende, und sonderlich der catho-

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1
lischen intention einstimmig ist, alß 1. daß ein Romischer Kayser die
2
capitulationes und reichsconstitutiones halten, 2. die chur-, fursten und
3
stende bey ihrer libertet und privilegien verpleiben laßen, 3. in integrum
4
restituirt werden, 4. die catholische religion nit undertrucken, sondern iuxta
5
regulas des Paßawischen vertrags und reichssatzungen eingericht, und
6
manutenirt, 5. mitt allen benachbarten konigen und potentaten gute corre-
7
spondenz , nachparschafft, traffiquen gehalten werden, und kein theyl den
8
andern inskunfftig offendiren oder belaidigen solle, also der fried zwischen
9
den Franzosen und dem reich ihrer selbstaigenen bekendnus nach, leicht zu
10
treffen. Worauf er, daß nicht ohne, ihre intention eben dieße zu sein,
11
es seye aber noch ein punctus, nemblich recompensae, außgelassen, den sie
12
billich zue praetendiren hetten. I. H. G.: Die recompensae werden ge-
13
geben , propter servitia vel bene merita, es konten aber sich die stende im
14
reich, sonderlich aber die catholische gar nit berühmen, daß sie solche von
15
den Franzosen empfangen. Worauf er alsobalden, sie weren diener des
16
Kaysers, hetten aber sonsten bey dem reich und den stenden ein großes
17
meritum eingelegt, in dem sie denselben ihre liberet, welche ganz under-
18
truckt werden wollen, erhalten thetten. I. H. G.: Wo die waffen
19
Franzosische sowol alß Schwedische sich befinden, konten sich deßen die
20
stende noch schlechtlich berühmen, und dahero weniger einiger obligation
21
zur recompens gestendig sein. Er: Churbayern seye ein verstendiger
22
herr, thette aber wol nichts umbsonst, der Kayser muße ihme alle unkosten
23
und gelaistete diensten wol bezahlen, maßen er ihn dan gar auß sein erb-
24
landen das ländl ob der Ens verschreiben, und nach der hand zur recom-
25
penz die Pfaltz geben mußen. I. H. G.: Maximam esse disparitatem
26
rationis, von Ihrer Mayestät seye Churbayern ersucht, und contractus
27
zwischen beyden vorgangen, auch die vorgeschossene gelder durch ordent-
28
liche rechnungen liquidirt, die wie billich erstattet werden müßen. Wir die
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stende aber hingegen hetten sie die Franzoßen gar nit geruffen, weniger
30
etwas mit ihnen contrahirt, dahero unß mit fugen keine schuldigkeit aufge-
31
trungen oder mit fuegen etwaz praetendirt werden kondte. Er: Franck-
32
reich werdts auch umbsonst nit wollen gethan, sondern eine billichmeßige
33
recompenz haben, zudem so hette der Schwaebische und Frankische craiß
34
neben andern mit ihnen contrahirt

41
Gemeint wohl der Paris 1634 X 22 formulierte und XI 1 von einem Teil der Mitglieder
42
des Heilbronner Bundes ratifizierte Vertrag zwischen Frankreich, Schweden und den
43
protestantischen Bundesständen (Druck: Sverges Traktater V 2 S. 246, J. G.
44
Dumont VI 1 S. 79), vgl. auch J. Kretzmar III S. 21ff.
. I. H. G.: So hetten sie allein an die
35
vorgebene contrahenten die anspruch zu stellen; das reich seye dergestalt be-
36
wandt , daß weilen die Franzosen vermuthlich hohen [!] praetensiones wer-
37
den machen, ihme solches nit thunlich fallen werde, und wan man das reich
38
dergestalt rupffen wolte, würde es eine schlechte gestalt und ansehen
39
gewinnen. Er: Es pflechten die haar wieder zu wachsen. I. H. G.:
40
Wan die wurtzel mitgingen, schwerlich oder gar nit. Er: Es wurde dem

[p. 193] [scan. 243]


1
reich selbst zum besten kommen, mann soll nur ein exempel von Italia neh-
2
men , da vor diesen die Spanier, was nur zu Meyland gedacht und geschlos-
3
sen , den fürsten gleichsamb ex lege dictirt und anbefohlen, jetzt aber,
4
seitther die Franzosen Pignerola hetten, und sich die Spanier beforchten
5
musten, daß ein oder ander furst bey ihnen den Franzosen schutz suchen
6
wurd, werden die fursten von den Spaniern so gelind, und in debito
7
respectu tractirt und gehalten, daß was sie haben wolten, nit mehr wie vor,
8
alß dictatores, sondern per legationes gebuhrend gesucht und gebetten
9
wurde. Alß muste es auch in Teutschland geschehen, dan die Spanier
10
einmal nit ruhig sein kondten, sie wurden allezeit dießen Kayser zu ihren
11
consiliis und intentionibus ziehen, und seine authoritet mißbrauchen, imma-
12
ßen man solches mit dem Mantuanischen krieg gesehen, in deme die restitu-
13
tion eines und des andern platzes zwischen Franckreich und Spanien albe-
14
rait geschlossen gewest, folgendts aber sie zuewegen gepracht, daß etliche
15
Kayserliche volcker in Italia kommen, und gesagt, der Kayser habe gegen
16
Mantua andere actiones, also in nahmen deßelben contra concordata einen
17
newen krieg erweckt, dergleichen sie eben auch in Teutschland mit den
18
stenden gegen die außlendische thun konten, dahero das sicherst und beste,
19
daß Franckreich eine pforten in Teutschland behielte, damit die oppressi zu
20
denselben ihr refugium, gleich die fursten in Italia, haben kondten.

21
I. H. G.: Von den Italianischen sachen hetten sie eben so keine nach-
22
richt , daß aber sey gewiß, daß die Franzosen von der Spanier machina-
23
tionibus gegen das reich, und der stende dependentz sich weit mehrers ein-
24
bildeten , alß ahn ihm selber were. Zu dem bedorffte sichs einer pforten in
25
Teutschland gar nit, zumalen das Romische reich gegen Franckreich ganz
26
offen, und man darauß ins stifft Luttig, 2. durch Lottringen oben her,
27
3. im erzstifft Tryer, 4. in die Niederlanden, 5. auch in Elsaß selbst, so offt
28
man woll, leichtlich kommen kondte. Er: Sie hielten das rechte reich in
29
Teutschland dießseits des Reins zu sein, und mußen sie also einen paß uber
30
den Rhein haben: I. H. G.: Man werde zwar anhoren mußen, was sie
31
proponiren, besorgten aber, es werde nit ein jeder was er begert bekommen,
32
das meiste sey, wie man die religion conservir und stabilir. 2. Er Ser-
33
vient meldete, wie man verspuhre, werde diß ein schwerer punct sein, den
34
die Schweden starck urgiren thetten, dagegen sie sich biß dato sehr bemuhet,
35
und darumb die proposition so viel lenger verschoben werden müßen; sie
36
hetten den Schweden viele sachen außm kopff gered, und in specie wegen
37
des geistlichen vorbehalts die sachen so weit gebracht, daß sie davon zuver-
38
sichtlich keine mention, weder in der proposition noch bey den tractaten,
39
thun wurden, mit begeren, I. H. G. ihme dießen punctum was mehrers
40
expliciren wolten, was der geistliche vorbehalt eigentlich seye. Welches sie
41
gethan, und dabey die große inconvenientien, die auß der auffhebung end-
42
stehen wurden, mit mehreren angedeuttet. Welches er wol capirt, und ver-
43
meldet , daß deßhalber wol nichts nachgeben werden solt, wie sie dan
44
sowohl darin, alß sonsten in allen andern die religion bester gestalt manute-

[p. 194] [scan. 244]


1
niren , und dagegen directe nichts zulaßen wolten, allein hette der Kayser
2
mit dem Prager schluß ein großes praeiudicium gemacht, und den uncatho-
3
lischen so viel nachgeben, welches sie Franzosen in ewigkeit nit wurden
4
gethan haben. Worauff I. H. G., was die geistliche stiffter und religi-
5
onssachen anlangen thette, were nichts vergeben oder bewilliget, sondern
6
allein ad interim und zu fernerm vergleich außgestelt. Er: Eben diß
7
were, wovon die uncatholische anlaß und ursach nehmen wurden, weitters
8
zue praetendiren. 3. Fragte demnegst 3. was es mit I. H. G. stifftern fur
9
eine bewandtnus habe. W: Übersicht über die Osnabrücker Bischöfe,
10
von denen seit 1539 Franz von Waldeck

37
Franz von Waldeck (um 1491–1553), Bf. von Minden 1530, Bf. von Osnabrück und
38
Münster 1532.
zeitweise, sein zweiter Nachfolger
11
Bernhard von Waldeck

39
Bernhard von Waldeck (1561–1591), Bf. von Osnabrück 1585.
zu Ende seiner Regierung abgefallen und dessen
12
Nachfolger Philipp Sigismund protestantisch gewesen sei, während das
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Kapitel immer katholisch blieb. Diesem könne, auch wenn 1618 der Bischof
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protestantisch war, das freie Wahlrecht nicht bestritten werden. Das habe
15
auch Dänemark anerkannt, indem es nach erfolgter Wahl Ws nur noch die
16
Koadjutorie des Prinzen Friedrich durchgesetzt habe, die jedoch als er-
17
zwungen
nichtig sei, auch wenn der im Lübecker Frieden ausgesprochene
18
Verzicht wegen der damaligen Minderjährigkeit des Prinzen angefochten
19
würde

40
Zu der nach dem Einmarsch Christians IV. im März 1626 erzwungenen Koadjutorwahl
41
Friedrichs vgl. B. A. Goldschmidt S. 15f.
. Gefahr einer dänischen Machtposition mit Verden, Bremen,
20
Halberstadt und Minden

42
In Halberstadt war, nachdem Christian von Braunschweig 1623 zugunsten Friedrichs
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zurückgetreten war, zwar der Administrator von Magdeburg, Christian Wilhelm von
44
Brandenburg, vom Kapitel als Nachfolger angenommen, Friedrich aber 1624 X 3 zum
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Koadjutor gewählt worden. Vgl. M. Ritter III S. 251, 258f.
. Servien: Es habe dergleichen discurß auch
21
noch unlengst Salvius mit ihme gehabt, daß man nit zuzulaßen, daß der
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konig von Dennemarck solche stifft und landen vom reich acquirire, in
23
betracht, daß dadurch er so potente werden kondte, daß er mit der zeit
24
Lubeck und Hamburg und consequenter dem reich und benachbarten große
25
handel machen kondt. W: Auch in Minden ist er durch das katholische
26
Kapitel rechtmäßig gewählt, in Verden sind seine Ansprüche durch den
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Prager Frieden bestätigt worden. Worauff der Servient, sie wurden ihr
28
eußerist thun, und nicht nachlaßen, biß den catholischen dise stiffter resti-
29
tuirt . 4. Sagte der Servient, nachdem I. H. G. des Paßawer vertrags
30
meldung gehabt, er fercht es werde der gegentheyl beym Passauer schluß
31
nit halten wollen. Worauff I. H. G., sie kondten nit verstehen, daß biß
32
dato sowol die Franzosen alß uncatholische den Prager schluß yedßmalß so
33
hoch impugnirt; wan derselb solte auffgehoben werden, wie er dan nur,
34
soviel die religionssachen anlangete, ad interim und auf 40 iahr lang
35
gesetzt, muße nothwendig der Paßawer vertrag in suo vigore gelaßen, und
36
die consilia und tractaten darnach dirigirt werden, man wolle dan alles

[p. 195] [scan. 245]


1
uber ein hauffen stoßen, und noch mehrer uneinigkeit, confusion, und müh-
2
samere tractatus erwecken. Er gedacht, die uncatholische beschwerden
3
sich bey ihnen sowol alß den Schweden, wie sie so gar von den catholischen
4
im Reich undertruckt wurden. I. H. G.: Deßen hetten wir catholische
5
unß billicher zue beklagen. Alle Verstöße gegen den Passauer Vertrag
6
gehen zu Lasten der Katholiken. In den meisten katholischen Gebieten
7
werden die Protestanten geduldet, umgekehrt nicht. Die Calvinisten sollen
8
bei den Friedensverhandlungen ihre Anerkennung durchzusetzen bemüht
9
sein. Servien: Daß ers gar wol wüste, womit sie umbgingen, muste aber
10
nit sein, weilen sie vom reich vorhin nit erkend worden. I. H. G.: Desto
11
weniger ursach hette man den pfalzgraffen zu der dignitet und allen seinen
12
landen gleich wie zuvor kommen zu laßen, weiln eben er [...] sehr große
13
correspondenz mit den Hugenotten in Franckreich gegen den konig gehal-
14
ten , ja was fur confoederationes und consilia in hoc passu durch sein pfalz-
15
gravs mittel under den Hugenotten allda und Calvinisten im Romischen
16
reich gefuhrt worden. Und sey wol gewiß, wan Franckreich die Hugenot-
17
ten dergestalt nit domirt [...] daß er diesen krieg außer landes nit hette
18
tentiren dörffen, weniger fuhren konnen, welches er also wahr zu sein be-
19
khend . Wan auch der pfalzgraff und voriger churfurst bey seinem land
20
und stand geplieben, wurden sie dergestalt die Hugenotten nit bezwingen
21
haben konnen, also nun die catholische im reich gern werden sehen wollen,
22
ob sie denselben, was sie in ihrem konigreich selbst nit guttbefinden, aufzu-
23
tringen , ja ihnen Franzosen dadurch selbst mehrer gefahr uber den halß zu
24
ziehen gedencken werden. Welches alles er also beschaffen concedirt,
25
und dabey asseverirt, daß ahn seithen Franckreich man den Calvinisten im
26
geringsten nit favorisiren, noch auch, daß den Lutherischen mehrers einge-
27
raumbt gestatten wurden, maßen sie deßen expresse befelcht weren. 5. Und
28
eben dießes puncten halber stunden sie sehr ahn, mit wehme sie vertrewlich
29
kondten communiciren, mit den Kayserlichen zu thun, hetten sie darumb
30
groß bedenckens, daß selbige mit den Spaniern gar zuviel umbgingen, und
31
ohn dieselbe nichts thetten, hingegen die Spanische nichts alß diffidentz
32
zwischen ihn und ihren alliirten zu stifften sucheten, also sie benottiget,
33
alles mit ihren colligatis zue communiciren, und gegen andere sich nit
34
expectoriren dörffen. Er verhoffe nit, daß I. H. G. und Churbayerische
35
dergleichen correspondenz mit den Spaniern haben werden, kondten auch
36
dem churfursten zu Mainz, alß welcher gar zu gut Spanisch, umb desto
37
weniger trawen. I. H. G. Es seye niemandts, alß sie selbst hieran schul-
38
dig , indem sie denselben, wie auch alle andere stende beruffen, also under
39
so viellen nichts in secreto und der eng werde konnen gehalten, sondern
40
alles einem yeden communicirt werden muße. Worauf er, würden
41
gleichwol nit underlaßen in causis religionis die mit I. H. G. und den herren
42
Churbayerischen angefangene correspondenz und communicationes zu con-
43
tinuiren , inmaßen dan seine konigin in diesen eine sonderbare confidenz
44
habe. I. H. G. erwehneten, daß wenigers nit Churcölln und

[p. 196] [scan. 246]


1
Churbayern zu der königin und allen hohen ministris sonderlich in puncto
2
religionis eine große confidentz trugen, und were anietzo gute occasion ge-
3
west , alß Churbayerns confessarius

40
P. Johann Vervaux SJ.
nacher Pariß geschickt, daß man sich
4
pro bono publico in eine vertrewliche correspondentz zu solchem ende soli-
5
diren konnen, es were aber, wie sie berichtet, der ihme patern gegebene ab-
6
schied also geschwind und sine resolutione fundamentali gefallen, daß diese
7
gute gelegenheit zerunnen. Er. Der confessionarius seye so unhöfflich
8
und ohne resolution nit abgefertiget, sondern wer ihme genugsamb con-
9
testirtt , wie angenehm solche schickung gewesen, man habe ihn aber in
10
Paris nicht länger gelassen, weil Castel Rodrigo bei Oranien

41
Friedrich Heinrich Nassau-Dillenburg (1584 1647), Prinz von Oranien, Generalkapitän
42
der Vereinigten Niederlande 1625.
den Verdacht
11
zu erwecken suchte, Frankreich verhandle durch ihn hinter dem Rücken
12
seiner Verbündeten über den Frieden im Reich. Deshalb sei alles nach
13
Münster gewiesen, wo die Gesandten mit W und den Bayern verhandeln
14
könnten. Als W erklärt, er wisse über die Resolution für Vervaux nicht
15
mehr als die Bayern auch Servien mitgeteilt haben werden, antwortet Servien
16
verwundert [...] daß er von den Churbayerischen eben deßgleichen ver-
17
nommen hette, dahero dan ihre commission zuruckgeplieben, sintemalen sie
18
von hoff auß befelcht seyen, mit niemanden von des Churbayerischen
19
abgeordneten zue Pariß gethanen anpringen und empfangenen andwortt
20
zue communiciren, alß welcher zuvor davon auß Churbayerns bestendigen
21
bericht wissenschaft hette. 6. Vermeldete Servient, Churbayern seye ein
22
alter verstendiger herr, deme er ein langes leben gonnet und wünschte, er
23
were aber ein mensch, wan er ableibig werden solt, würde der Kayser und
24
das hauß Osterreich die tutel sich undernehmen, und dahero gleichsamb ein
25
ding mit Osterreich werden, biß der iezige churprintz

43
Ferdinand Maria von Bayern (1636–1679), Kurfürst 1651.
heran wachse, und
26
gebe diß auch in einem und andern billich nachdencken. W verweist
27
darauf, daß zunächst die beiden noch lebenden Brüder Maximilians

44
Kf. Ferdinand von Köln und Hg. Albrecht (1584–1666), Lgf. von Leuchtenberg 1646.
für
28
die Vormundschaft in Frage kämem. Wobey er sich angehen laßen, als
29
wan er von Ihrer Durchlaucht herzog Albrechten, daß sie im leben, nicht
30
gewist hette. Und nahme darmit hiervon einen absprung. Und subiungirte
31
7., es seye viel, daß Churbayern dergestalt gegen die Franzosen mit seinem
32
exercitu sich feindlich bezeigte, die Franzosische armada hette sich mit fleiß
33
auff die lincke seithen gegen Francken gezogen, was ihm in Osnabrück von
34
Schweden und Hessen vorgeworfen worden ist. I. H. G.: Ob und was
35
die Hessen und Schweden gesagt haben mögen, stunde dahin, es seye aber
36
die ordinanz, welche, wie sie vernehmen der Tourraine gehabt, anderst
37
beschaffen gewest, indeme er recta in Bayern zu gehen, expreßlich befelcht
38
were; zudem hetten sich die Franzosen ins land zue Francken, welches ein
39
Churbayerisches quartier, gezogen, welches ebensoviel, alß wan man eine

[p. 197] [scan. 247]


1
vestung wurcklich belegerte. Und werde also Churbayern von niemandts
2
verstendigen oder unpaßionirten verüblet werden konnen, daß sie des ersten
3
streichs nit erwartten wollen. Zurückweisung der Behauptung, die französi-
4
schen
Gefangenen würden in Bayern schlecht behandelt. 8. Servient:
5
Die rencontre habe sich eben zugetragen, alß sie Franzosische mit den
6
Schwedischen und Hessischen Churbayerns interesse wegen geredet und
7
gehandlet hetten, und daßelbe befurderen wollen. I. H. G.: Hette man
8
sich ex parte Franckreich zu einem armistitio schon lengst verstehen wol-
9
len , wurde dieße occasio vermitten plieben sein. Er: Es were zu wun-
10
schen , daß man einen frieden treffen thette. I. H. G.: Solches stunde
11
auch allein bey ihnen, gestalt sie denßelben, und viel gutes, durch von
12
einer zeit zur andern so lang aufgezogene proposition verhindert hetten.
13
Kf. Maximilian hat gegenüber ihm und Kurköln versichert, daß er unerach-
14
tet
des Sieges auch beim Kaiser weiter auf den Frieden dränge. Servien:
15
Gleichergestalt seyen sie befelcht, damit es das ansehen nit habe, alß wol-
16
ten sie nur nach dießem unglucklichen rencontre auff revange wartten,
17
sondern sie mit der proposition verfahren solten, maßen ehester tagen
18
geschehen werde. 10. Alß I. H. G. occasione propositionis abermaln de
19
religione erwehnung gethan, sagte der Servient, sie wolten alles beßer pro
20
catholicis beobachten, alß die Spanier selbst, die umb ihres interesse willen
21
die religion nit ansehen, sondern allein fur einen mantel gebraucheten,
22
maßen sich solches in der Veldlin außgewiesen. Die Franzosen haben im
23
Veltliner Frieden

39
Die Franzosen, die nach dem Sieg Rohans bei Morbegno 1635 XI 10 ihre Herrschaft im
40
Veltlin durch die Artikel von Chiavenna 1636 II 7 eingerichtet hatten, wurden durch
41
eine von Habsburg unterstützte Erhebung 1637 III 19 vertrieben. Darauf bestätigte
42
Habsburg im Ewigen Frieden 1639 IX 3 die Rückkehr des Veltlin unter die Herrschaft
43
Graubündens, doch blieben dabei Bedingungen zur Sicherung des katholischen
44
Charakters des Veltlin zunächst bestehen.
die Religion vorbehalten, die Spanier die Graubündener
24
durch Nachgeben in diesem Punkt zu gewinnen gesucht, wodurch verschie-
25
dene
Klöster verlorengegangen sind [...]. 11. Den Spaniern seye einmal
26
zum frieden kein ernst, dan sie mit solchem phlegma und mactation pro-
27
cedirten . Vor dießem wisse man, wie bald in anderen occasionen, da die
28
Spanier die oberhand gehabt, die Franzosen den frieden so instendig
29
gesuecht und firderlich geschlossen, ietzt da sie underschidliche landen ver-
30
lohren , wie sie den frieden begehrten, wiste man gar wol, daß sie auf eine
31
rivolta in Franckreich ziehlen und wartten thetten, zu deren anstifftung
32
auch sich nit wenig befleissten, es würden sie sich aber darinnen wie biß
33
dato betrogen finden, dan nachdem die Hugenotten gedempft, und ein
34
anderer modus regnandi im konigreich angerichtet, hab man sich derglei-
35
chen sobald nit zu befahren, under dießer hoffnung aber die Spanier noch
36
wol ein und andern platz verliehren kondten. I. H. G.: Es seye zu
37
erbarmen, daß wir christen und catholische dergestalt uneins underein-
38
ander seind. Darauff Servient, daß eben diß sey, und haffte nur dar-

[p. 198] [scan. 248]


1
ahn , daß die Spanier den frieden mit beßerem ernst begehren und befurde-
2
ren solten; umb soviel mehr, weilen das hauß Osterreich wegen des Turcken
3
in Ungarn, Sicilien und der orth die erste gefahr außzustehen habe. Wan
4
der fried getroffen, kondten die Christen ahn beyden orth zusammen halten,
5
und dem erbfeind desto kräfftiger resistiren. 12. Dießem nach fing der
6
Servient selbst ahn des churfursten von Tryer zu gedencken, und zu fragen,
7
wo er sich auffhielte. Und andwortteten I. H. G. sie vermainten mit
8
negster post zu bekommen, daß er zu Munchen, allwohin er von Chur-
9
bayern gar freundlich eingeladen, angelangt sein werde. Und nachdeme
10
nun er Servient sich zu erinnern haben wurde, daß gegen I. H. G. er iungst
11
gemeldet, ob weren die herrn churfursten ahn seiner lengeren detention
12
schuldig, sie ihme damalen das contrarium remonstrirt, seitther nun hab
13
mans klärlich gnug gesehen, indeme der churfurst selbst contestirn, und
14
Ihrer Kayserliche Maiestät pro motivo ubergeben, daß Churcollen, Bayern
15
und Brandenburg sein [!] liberation nit zugegen, sondern dieselbe lieber
16
befurdert sehen wolten; daß also durch diß ihme Servient ungleich besche-
17
hene information, den herren churfursten diese imputation ungleich zuge-
18
zogen . Er beandwort dieses allein mit wenigem, daß es wahr, ihme aber
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anfangs der bericht geschehen seye. Darumb dan, sagten I. H. G.,
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möchte er ihro und anderen aufrichtigen Teutschen, maßen sie hiebevor
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offters gesagt, in dießem und anderen balder glauben und trawen, alß
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denen unruhigen leuthen, die nur diffidentz und zweyspalt zu machen ge-
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dächten . Auf Bitten Ws sagt Servien weitere Bemühungen wegen
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Gehrde und eines Passes für den Paderborner Weihbischof zur Vornahme
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bischöflicher Funktionen im Stift Hildesheim zu.

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Bayern bei W. Beratung mit Reck, Landsberg, Buschmann über das
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Mainzer Schreiben. Die Bayern meinen, da wegen Geleitung der Mediat-
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stände
die Schweden sich erklehrt, negst beyseitssezung solch ihrer
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praetension die proposition zu thun, daß mans damit anstehen zu laßen,
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und demnegst, wan weitters davon movirt werden solt, alßdan die
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iungsthin bedachte rationes zu opponiren, und zu sehen, wie weitt es zu
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pringen sein werde. Die Zulassung der Mediatstände cum iure suffragii,
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seye ein petitum contra constitutiones imperii et diversa conclusa, zumalen
34
nur drey comitiorum generalium im reich gebrauchig, und die reichsdepu-
35
tation , welche die außwertige cronen und protestirende reichsstende
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selbsten also starck urgiret, zwischen Ihrer Kayserlichen Maiestät und den
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deputirten stenden zu Franckfurt anhero verglichen, dabey mans zu laßen,
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und die Churbrandenburgischen, daß sie die fürstlichen abgesandten von
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solch ihrem suchen glimpflich divertiren wolten, zu erpitten. Maßen sie
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doch yedeßmalß bey den auß selbigem craiß deputirten Abgesandten sich
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angeben, und ihre notturfft vorpringen laßen kondten. Daß die Chur-
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mainz - und Brandenburgische difficultiren, vorgeschlagener maßen das
43
officium mediationis zu suppliren, ruhre daher, daß sie das werck anderst,
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und pro formali interpositione nehmen, da es andere mainung nit gehabt,

[p. 199] [scan. 249]


1
alß daß einer auß den gesandschafften, auch wol ein secretarius die bericht
2
und gegenbericht hin und wieder pringen, und allein pro referendario et
3
internuncio sich gebrauchen laßen solle, dahero man ihnen die intention
4
was beßer zu expliciren, imgleichen auch die inconvenientien, so auß
5
verlegung der tractaten ad unum locum, und sonderlich aber, wan man erst
6
einen reichstag vergleichen und ausschreiben solt, umstendlich zu remon-
7
striren , mit andeutten, daß dergleichen von den Schwedischen und prote-
8
stirenden stenden vorpringenden postulatis nit sobald gehor zu geben. Den
9
Kurfürstlichen den Exzellenztitel zu verweigern, hätten die Fürstlichen so-
10
viel weniger fug, weilen ihnen daßelb sowohl die Kayserliche alß der cro-
11
nen gesandten attribuirten, und seyen sie dahin expreßlich instruirt, die-
12
jenige , welche sich darin sperren wurden, zur visita nicht zu admittiren.
13
Wegen der Präzedenzstreitigkeit mit Venedig sei von den Ksl., nachdem sie
14
den letzten Vorschlag abgelehnt haben, ein ander expediens zue begehren,
15
wan sich aber keines wolte finden, seyen sie von ihrem gnädigsten herrn
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gemeßen instruirt, alßdan kein praeiudicium vorgehen zu laßen, sondern
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bey der possession gegen den Venetianischen sich bestens zu manuteniren.
18
Mitteilung eines Schreibens Kf. Maximilians 1645 V 24. Nach Beratung
19
der Kölner stimmt W dem bayerischen Votum zu, insonderheitt aber den
20
Churmaintzischen wegen translation der tractaten ad unum locum, oder
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eines reichstages woll zue inculciren, waß nemblich darzue für große zeitt,
22
iah woll eines gantzen jahrs langh gehören wolle. Daß der von Löwen bey
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den Churmaintzischen nadifragh zu haben, ob sie ahn hiesige Churcolln-
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und Bayerische gesandtschafften gewießen, da wiße man woll, daß jedder
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seine instruction für sich, aber keine dependetz insoweith von einander hab,
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gleichwoll aber, wie im churfürstlichen collegio herkohmmens, nöthig sein
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werde, über die vorfallende puncta daß negotium pacis betreffendt, unter-
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einander zue communiciren, und sich einer meinung zu vergleichen. So seien
29
auch dieses keine absonderliche tractaten, sondern vigore praeliminarium
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expresse determinieret, das in utroque loco pro uno eodemque tractatu zu
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hallten seien. Ratione deß praedicati Excellentz conformirten sie sich auch
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in dehme, daß derjenigen visitae, welche solches zu geben difficultiren, dah
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es doch von den Kayserlichen gegeben würde, nicht zue admittiren. Wegen
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Venedig sei daß vorgeschlagene temperamentum wegen mehrer ehrbezei-
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gung dem Venetianischen, alß mediatorn nachmahln zu tentiren und kein
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Präjudiz zuzulassen. Stünde zu verhoffen, wan der Venetus den ernst ahn
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dießer seythen sehe, daß er sich eines anderen woll bedenckhen, und nicht
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eben darumb, wie der herr nuncius vermainet, von hier sich begeben
39
möchte. Im ubrigen thäthen sie sich mitt der herrn Churbayerischen mei-
40
nung vergleichen; vermainten auch daß die Kayserlichen von gesambten
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curfürstlichen zu ersuechen, das sie auf mitl wie die inconvenientia zu ver-
42
hietten , bedacht sein wollten. Es wird beschlossen, über ein- und anderen
43
punct die Brandenburger zu informieren und sie zu ersuchen, in der vene-

[p. 200] [scan. 250]


1
zianischen
Sache mit zu den Ksl. zu gehen. Bericht Ws über das Ge-
2
spräch
mit Servien [...].

3
D’Avaux an W: Überlassung einiger Domherrnkurien, da er sein Quartier
4
an Longueville abgetreten hat.

5
Reck bei Chigi. Dringlichkeit einer Regelung in der venezianischen Präze-
6
denzfrage
, da Bergaigne am Donnerstag einziehen will. Da Contarini
7
weiter mit seinem Abzug droht und Frankreich vielleicht die päpstliche
8
Vermittlung nicht länger zuläßt, Gefahren für die Verhandlungen zu
9
befürchten. Contarini hat gegen den Vorschlag, daß beide Mediatoren zu-
10
sammen
fahren, heute wieder Einwände erhoben, sich auch etwas pensolo und
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zuruckhaltendt in discursu bezeigt. Bei einem zweiten Gespräch am Abend
12
hat er wiederholt, er wolle den Kurfürsten kein Präjudiz zuziehen, könne
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aber auch keines hinnehmen und müsse dann abreisen. Wie er dan seines
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theils daß werck also beschaffen befunde, daß wie mehr es beruhret unndt
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movirt wurde, wie mehr eß sich veräiteren und verschlimmern mogte,
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unndt were eß so zartes wesen, daß wan eß mit einem formaldisputat
17
beruhret, wurde auch dergestalt in ipsa disputatione desuper habita absque
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actu positivo konte verletzt werden. Contarini hat wieder darauf bestanden,
19
daß es den Kurfürstlichen, wiewohl es mehrere seien, leichter als im fallen
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werde, unter dem Vorwand von Sachen der Landesregierung oder der
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Erholung auf den benachbarten Häusern dem Einzug ohne Präjudiz
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fernzubleiben, und Chigi ersucht, ihm bis morgen mitzuteilen, wie die
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Kurfürstlichen sich verhalten würden. Reck: W hat Bergaigne durch
24
den Guardian der Franziskaner die Bedenken gegen einen öffentlichen Ein-
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zug
nochmal darlegen lassen; vermutlich wird daraufhin der Einzug
26
verschoben [...]. Chigi: Seines theilß muste bedenckens tragen, den
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Spanischen hierin etwas zu rhaten, ob der Bolducensis all’incognito oder
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publicamente hereinkommen solte. Wan er anfenglich unnd zum ersten
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alhier gewesen, wolte er verhuetet haben, daß mans mit dem endtgegen-
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schicken der carozzen nie hette angefangen [...] dan alhier keines
31
potentaten corte zur stell, unndt ein ieder in einem frembden hauß logirte
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[...].

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