Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
DIE KAISERLICHEN INSTRUKTIONEN (1637–1645) BEARBEITET VON HANS WAGNER : 24 Geheiminstruktion für den Dominikanerprovinzial Georg von Herbersteinzu Verhandlungen mit Richelieu in Paris Wien 1642 November 22


6
24


7

Geheiminstruktion für den Dominikanerprovinzial Georg von Herbersteinzu Verhandlungen mit Richelieu in Paris.


8
Wien 1642 November 22

9
Abschrift von der Hand des Kanzleischreibers Konrad Zelffe in Staatenabtei-
10
lung
, Frankreich , Fasz. 40 fol. 3–13.

11

24
11 Instruction etc.] von gleicher Hand am Rande NB. Inserendi erunt ubique tituli
25
convenientes.
Instruction etc.

12
Waß in mein graffen von Trautmanstorffs nahmen bey des cardinals
13
Richelieu eminenz in Franckhreich der pater Herberstein

30
Wolf Georg Siegmund Freiherr von Herberstein, geb. 1594, gest. 1663. Er wurde 1623 Reichs-
31
hofrat und war Obersthofmeister Erzherzog Leopold Wilhelms. 1631 ist er in den Dominikaner-
32
orden eingetreten.
etc. in höchster
14
gehaimb, auch mit sonderbahrer dexteritet und vorsichtigkheit vor- und
15
anzubringen, zu tractieren und zu

26
15 schliessen hat] [ von der Hand Dr. Johann Söldners? ] am Rande Instructio pro P.
27
Herberstein nomine excellentissimi domini comitis a Trautmanstorff.
schliessen hat.

16
[1] Nemblichen wierdet erstbemelter pater Herberstein sich alsobalden
17
mit dem hiebeyliegenden an besagtes cardinals Richelieu eminenz lautenden
18
credentialschreiben

33
Kredentialschreiben, am 22. XI. 1642 von Kaiser Ferdinand III. ausgestellt, Abschrift
34
Staatenabteilung , Frankreich , Fasz. 40 fol. 1. Die Abschrift trägt den Vermerk:
35
Ist nie gebraucht noch exhibiert worden. Dieses Schreiben ist nicht identisch mit dem bei
36
M. C. Londorp V S. 819 gedruckten Empfehlungsbrief Trauttmansdorffs gleichen Datums.
von hinnen auf den weeg machen und seine reiß also

[p. 388] [scan. 422]


1
gehaimb und vorsichtig anstellen, auf daß niemandt davon wisse und nit
2
anderst, alß wan er in seines ordens angelegenen sachen zu verrichten hette,
3
auch damit er ehistes in Franckhreich an demselben orth, wo zur selben
4
zeit sein cardinals eminenz sich befinden werden, sicher anlange.

5
[2] Darauf, wan er alda ankomben, nach aller müglichkheit und mit guter
6
dexteritet sich befleissen, auf daß er einen access und audienz erlange, dabey
7
er bemeltes credential gebührend abzugeben und benebenst gegen ihrer
8
eminenz mein gantz freundtlichen grueß, gebührende dienst und geneigten
9
gueten willen zu vermelden und darauf seinen vortrag und negotiation
10
volgender gestaldt anzustellen, bevorderist aber dahin zu sehen hat, damit
11
diße handlung in der still und gehaimb verbleiben mögte.

12
[3] Und zwar erstlich ist ihme patri Herberstein ohne daß bekhandt,
13
welcher gestaldt nunmehr vor etlichen jahren zwischen der verstorbenen
14
Römischen Kayserlichen Mayestet hochseeliger gedechtnuß und dem
15
könig in Franckhreich allerhandt mißfälligkheiten sich erhoben, die auch
16
gar zue einer offentlichen ruptur der vorhin beederseits geweßenen guetten
17
freundt- und nachbahrschafft und zue denen offenen kriegen außgeschlagen,
18
welche nachgehents auf die jetzt regierende Römische Kayserliche Maye-
19
stet unseren allergnedigsten herrn mit succession dero angehörigen erb-
20
königreichen und -landen wie nit weniger mit antrettung der regierung des
21
heyligen Römischen reichs auf vorhergangene ordentliche wahll der herrn
22
churfürsten devolviert und gleichsamb mit anerwachßen.

23
[4] Wie nun hochsternendt jetz regierende Römische Kayserliche Maye-
24
stet ohne alle gegebene ursach et necessitate quadam inevitabili in dießen
25
kriegsschwall mit eingeflochten und wider allen dero willen darein gezogen
26
worden, alß haben sie ihres theils von gott dem allmechtigen niemals waß
27
höchers und mehrers verlangt, alß wie doch ein allgemeiner friden zwischen
28
denen christlichen potentaten, bevorderist aber mit der cron Franckhreich
29
mögte herwidergebracht, das alte guete vertrauen restabiliert und alle
30
freundt- und nachbarschafft ferrers fortgepflantzet werden, zu welchem ende
31
sie dieses dero friedtfertiges verlangen und aufrichtige begierde albereith
32
villmalls erscheinen und clärlich zu verstehen geben lassen, so offt nur ein
33
apertur und gelegenheit an die handt komben; bevorderist aber und für-
34
nemblich bey denen noch vor geraumber zeit angestelten universal fridens-
35
handlung , die sie mit der herren churfürsten des heyligen Römischen reichs
36
wissen, einrathen und zuthuen alsobalden et quidem ultro eingewilligt,
37
seithero die gantze zeit ihrer angetrettenen regierung instendig prosequirt,
38
mit grossen uncosten dero vollmechtige gesandten zu Cöln und anderer
39
orthen underhalten, und waß zu beförder- und würckhlicher vortstellung
40
derselben nur immer dienlich sein mögen, an ihrem orth nichts erwinden
41
noch ermanglen lassen.

42
[5] Sodan durch schickhung des allmechtigen nach verfliessung viller
43
jahren allerseits aufgewehnten schweren uncosten, sorgfeltige muehe und

[p. 389] [scan. 423]


1
fleiß undt noch inmitls außgestandenen villfeltigen kriegsbeschwerlichkhei-
2
ten so wohl in dem königreich Franckhreich selbsten alß dem heyligen
3
Römischen reich und bey allerseits angehörigen ständten und underthanen
4
es nunmehr dahin gelangt, daß vermög zwischen ihrer Kayserlichen
5
Mayestet reichshoffrath dem von Lützaw undt dem frantzösischen legatum
6
Claudium de Mesmes, grafen de Avaux, in Hamburg das verwichene 1641
7
jahr den 25. Decembris styli novi aufgerichten accords (welchen die
8
Römische Kayserliche Mayestett ungehindert allerhandt darwider einge-
9
fallenen gar erheblichen und billichen bedenckhen, bevörderist aber weilen
10
sich auch noch biß dato von Franckhreich wegen zu diesen tractaten nie-
11
mants gebührend legitimirt, einig und allein auf der königlichen würden zue
12
Dennemarckh wortt, umb des lieben fridens willen und denselben zue
13
menniglichs trost zu befürdern, ratificiert

40
Der zu Hamburg am 25. XII. 1641 zwischen d’Avaux und Lützow abgeschlossene Präli-
41
minarvertrag gedruckt bei J. Du Mont VI 2 S. 231.
) die praeliminaria zue dießen
14
universal fridenstractaten und daß, waß dabey nur desideriert und difficul-
15
tiert werden können, dermahlen seine entliche richtigkheit erlangt also, daß
16
numehr der erste Decembris nägstkombent zu außhendigung der allerseits
17
erforderten salvorum conductuum und würckhlichen vollzueg des vorge-
18
melten accords angesetzt, darzu auch des königs von Spanien erforderte
19
ratificationes gewißlich einlangen werden

42
Der Austausch der Geleitbriefe wurde erst am 2. April 1643 in Hamburg vollständig vollzogen
43
(C. Th. Odhner S. 73 ).
. Darauf dann der würckliche
20
congreß unzweiffentlich auch erfolgen wirdt und derowegen die zeit numehr
21
herzue nahet, daß der liebe friden und dessen herwiderbringung sich in
22
etwaß blickhen lassen wölle.

23
[6] Alß wierdet sein cardinals Richelieu eminenz er pater Herberstein
24
woll beweglich remonstrieren und zu gemüth führen, in waß unwider-
25
bringlichen schaden, ja eusseriste gefahr des undergangs die gantze christen-
26
heit gesetzt seye durch diese numehr so langwährige bluettige krieg zwischen
27
fast allen christlichen potentaten und herrschaften, dabey so viel unschul-
28
diges christenbluet vergiessen ja einmahl gegen gott nit zu veranttwortten,
29
alle reich und länder, so derselbe so reichlich gesegnet, also enervirt, an
30
ihren krefften abgemattet, an menschen, reichtumbern und aller behörigen
31
lebens nottürfften also außgesaugt, daß entlichen auch nuer einem kleinen
32
hauffen der unglaubigen und denen feinden christlichen nahmens nit werden
33
widerstehen khünnen, sondern zu einem raub sein müssen, wie solches die
34
vorigen historien, sonderlich aber bey dem orientalischen reich, welches
35
eben der gestaldt durch der christen uneinigkheit und bluettige krieg
36
endlich in der unglaubigen handt gerathen, genugsamb bezeugen.

37
[7] Und obzwar gott der allmechtige dises noch biß dato gnediglich
38
abgewendet, so seye doch kein zweifel, daß sie auf dise gelegenheit, ihren
39
barbarischen dominat zu erweiteren, ein wachtsambes aug haben und viel-

[p. 390] [scan. 424]


1
leicht wohl ehender, alß man vermeint, ein oder andere christliche provintz
2
anfallen und zue der dienstbahrkheit bezwingen möchten.

3
[8] Zevorderist aber sey woll zu bedenckhen, waß hierdurch der catho-
4
lischen religion und allgemeinem catholischen weeßen für nachtheil und
5
abbruch zugefuegt, wie viel tausendt, ja million seelen in ihren ihrthumben
6
gesterkht und damit in die ewige verdamnuß fürsetzlicher weiß gleichsamb
7
gestürtzt werden, in denen alle uncatholische durch die assistenz der cron
8
Franckhreich und mit derselben confoederation sich also fest und starckh
9
und damit die gewisse gedanckhen und hoffnung machen, endtlichen alle
10
ihre widrige und numehr von langer zeit hero gefaste intentiones hindurch
11
zu dringen, welches nichts anders alß nach und nach die vertreib- und
12
vertilgung der catholischen religion sein kan, die da in ihren glidern also
13
opprimirt und verschranckht, daß ihr selbst zue dero nothwendigen
14
defension nit mehr sufficiert wirdt sein khünnen.

15
[9] Wollen derohalben sein cardinals eminenz alß ein vornembe seülen
16
der christlichen catholischen kirchen und alß des aller christlichsten poten-
17
tatens des königs in Franckhreich erster und füernembster minister an
18
seinem hohen orth auch seiner selbst eigenen nation und vatterlandt zu
19
lieb dahin cooperieren, damit entweders vermittelst dieser herbeykhom-
20
benden universal fridenshandlung oder aber

39
20–21 neben derselben auch durch] von gleicher Hand am Rande eingefügt.
neben derselben auch durch
21
anderwertigen particular tractat, welches ihrer eminenz selbsten am besten
22
und der sachen am füerträglichsten zu sein vermeinen möchte, der so hoch
23
nothwendige liebe friden dermahleins herwidergebracht und dardurch alle
24
weitere gefahr der gantzen christenheit abgewendet, wie nit weniger daß
25
große praejudicium der religion verhuetet werde.

26
[10] Es hat aber hiebey seiner eminenz er pater von Herberstein dises
27
bestendig zu versichern, daß ihre Kayserliche Mayestet in dem heyligen
28
Römischen reich dasjenige, waß dißfahlß die reichsconstitutiones mit sich
29
bringen, bevorderist waß bey jungst zu Regenspurg gehaltenen reichßtag
30
geschlossen worden, vestiglich zu halten gedacht sein

40
Der Reichsabschied des Reichstages zu Regensburg 1640/41 ist gedruckt bei E. A. Koch III
41
S. 548–574.
.

31
[11] Verrers und zum anderen wierdet seiner eminenz er pater Herber-
32
stein zu verstehen geben, wie deroselben alß hoch vernunfftig für sich selb-
33
sten woll wissendt, welcher gestaldt gott der allmechtig selbsten jederzeit
34
die verlassene pupillen und dero angehörige sachen in absönderlichen
35
schutz zu halten anbefohlen, solches auch bey allen völckheren löblich und
36
wohl observirt wirdt, also daß kein nation fast so barbarisch, welche sich
37
nit absönderlicher straffen befürchtet, wo denen pupillen ainiges unrecht
38
zugefuegt. Nun seye einmahl wahr, daß die junge ertzhertzogen in Tyrol

42
Ferdinand Karl (1628–1662) und Sigismund Franz (1630–1665), die Söhne Erzherzog
43
Leopolds V. und der Claudia von Medici.
,

[p. 391] [scan. 425]


1
noch ehe und zuvor man mit Franckhreich gentzlich zerfallen und zue
2
einem offenen kriegsstandt komben, pupillen worden und noch biß dato
3
in ihrem minderjährigen standt, auch dannenhero an diesem krieg für ihr
4
persohn gantz nichts schuldig sein. Nichtsdestoweniger aber sein ihre
5
angehörige landt und leuth, alß daß Elsaß sambt der vestung Preysach und
6
anderen ahngehörigen orthen sowohl diß- alß jenseits Rhein feindlich
7
überzogen und durch den gewallt der waffen ihnen abgenohmen, werden
8
auch noch verrers unschuldig bekhriegt und mit feuer und schwerdt
9
verfolgt. Dieweilen dan obbemelte landschafft Elsaß und vestung Preysach
10
neben anderen angehörigen orthen mehr ein unwidersprechliches uraltes
11
Österreichisches patrimonium und derzeit obbemelten minderjährigen
12
ertzhertzogen in Tyroll zugehörig ist, welche ihres theils gantz unschuldig
13
sein, alß werden sein eminenz ja an sich selbsten für recht undt billich
14
erkhennen, daß vor allen dingen aller dieser örther restitution ihren recht-
15
messigen nathürlichen erbherren alsobalden wider ervolge und dardurch
16
weiterer zorn gantz verhüettet wie auch die von oben herab widrigen
17
faalß zu gewarttende straffen abgewendet werden. Wie dan in diesem punct
18
er pater Herberstein seiner bekhanten dexteritet noch die weitere auß-
19
führung woll zu thun und die notturfft zu premieren wissen wirdt.

20
[12] Solte nun des cardinals eminenz auf disen vortrag und postulata
21
ihme patri Herberstein etliche oppositiones und einwürff und zweifelsohne
22
under andern gleich anfangs diesen machen, wan die Römische Kayserliche
23
Mayestet von der königlichen Mayestet in Spanien und derselben cron
24
interesse sich separieren, daß alßdan mit deroselben und dem Römischen
25
reich in Teutschlandt baldt zue einem friden zu gelangen sein wurde.
26
Darauf hat er pater Herberstein dahingegen zu explicieren, daß die könig-
27
liche würde in Franckhreich sich bishero je und alle zeit sowohl in particular
28
alß universaltractaten dahin außtruckhlich erclärt, daß sie ohne dero
29
confoederierten, auch sogar des geringsten, in kein einzige handlung sich
30
nit einlassen kündten noch wolten, und darumben ist eben bißhero daß
31
langwierige disputat geweßen, der allenthalben begehrten salvorum
32
conductuum halber.

33
[13] Dannenhero und bey solcher beschaffenheit ja auch ihrer Kayser-
34
lichen Mayestet mit einigem billichen fueg nit möge zugemuetet werden,
35
diejhenige und bevorderist die cron Spanien zu verlassen, alß welche
36
deroselben auf so viel weeg verwandt, in diesem krieg so trewlich assistiert
37
und die da in dergleichen landt und leuthen von Franckhreich bekhriegt
38
wierdt, welche unzweifentlich von dem heyligen Römischen reich zu lehen
39
ruehren und respectu derer sy ein unwidersprechliches glidt und standt
40
des reichs auch dannenhero wie andere dabey zu schutzen sein. Dergleichen
41
nahende verwandtschafften und vincula sich gleichwoll zwischen der cron
42
Franckhreich und Schweden oder andern dero colligierten nit befinden
43
und sye ja billich zwischen beederseits alliirten dißfalls wenigist ein gleicheit

[p. 392] [scan. 426]


1
zu halten, kan auch Franckhreich mit einigem schein daßjenige, waß seines
2
theils für recht und billich haltet, diesseits nit improbieren noch unbillichen,
3
zumahlen die aigenschafft der tractaten selbsten nit zugeben wolte, daß
4
Franckhreich alle seine alliirte mit bey sich haben, ihre Kayserliche Mayestet
5
aber die ihrige beyseits setzen und außschliessen solte, alldieweilen der-
6
gestaldt daß tractandum wie auch diejenigen, mit welchen zu tractieren,
7
ermanglen würden. Dabey aber er pater Herberstein diese versicherung zu
8
thuen, wan man mit der cron Spanien zugleich tractieren wirdt, daß ihre
9
Kayserliche Mayestet die königliche Mayestet in Spanien zu eingeh- und
10
annembung sicherer erbahrer und billicher fridensconditiones zu disponiren
11
gewißlich nit underlassen werden, wie sy dan woll versichert sein, daß ge-
12
dachter könig dahin gleichfals incliniren und selbige nit außschlagen wierdt.

13
[14] Wie dan er pater hiebey sich höchstens befleißen wirdt zu vernemben
14
und solches auch gar zu begehren, mit waß conditiones man dan mit
15
Spanien zu tractieren gemaint? Wie dann ihme patri Herberstein dißfalls
16
zu seiner nachrichtung so viel angedeutet wirdt, daß albereith nacher
17
Spanien uber diß werckh die nothwendige communication beschehen und
18
daß auch von dannen auß woll eine gewisse persohn in gehaimb zu diesem
19
endt nacher Franckhreich abgeschickht werden möchte.

20
[15] Nechst diesem und für daß andere wierdet zweifelsohne des herrn
21
churfürsten von Trier sachen und dessen restitution moniert werden.
22
Dabey kan er pater von Herberstein sich so viel vernemben lassen, man
23
wolte zwar diesseits nit hoffen, daß sich der könig in Franckhreich in diese
24
sachen mischen werde, als die da einem churfürsten und standt des reichs
25
betreffe, consequenter niergendts anderst wohin alß fuer einen Römischen
26
kayser und daß reich gehörig seye. Jedoch sey ihre Kayßerliche Mayestet
27
nit entgegen, dem könig von Franckhreich zu gefallen den herren chur-
28
fürsten zu restituiren, wan nuer dahingegen auch er sein noch bißhero
29
erzeigte vindictam fallen lassen und die sachen zwischen dem thombcapitl,
30
seinen landtständten und anderen verglichen ist. Wie dan zue solchem
31
endt die allerseits interessierte albereith citirt undt wierdet derentwegen mit
32
dem allernegsten ein guetige handlung fürgenomben und dabey ohne allen
33
zweifel daß gantze werckh hingelegt werden

36
Der Kurfürst von Trier, Philipp Christoph von Sötern, wurde erst im April 1645 aus der Haft
37
in Linz entlassen und wieder in seinen Besitz eingesetzt.
.

34
[16] Desgleichen, da fuers dritte wegen beeder vestungen Pignarolo

38
Pinerolo war im Geheimvertrag von Cherasco vom 31. III. 1631 zwischen Frankreich und
39
Savoyen an Frankreich abgetreten worden. Im Westfälischen Frieden mußte der Kaiser dieser
40
Abtretung zustimmen.

35
und Moinwickh

41
Die zum Bistum Metz gehörige Festung Moyenvic in Lothringen war 1630 durch kaiserliche
42
Truppen besetzt worden. Es wurden große Befestigungen errichtet, die aber nicht hinderten, daß
43
sich die Franzosen unter Marschall de la Force 1631 des Platzes bemächtigten. Auch Moyenvic
44
wurde 1648 an Frankreich abgetreten.
waß gemeldet wurde, mag er pater darauf dis andeuten,

[p. 393] [scan. 427]


1
daß dieser beeder örther halber sich der friedt in dem geringsten [nit]
2
spören solle; und seye man disseits gar woll zufriden, wan es auch ex parte
3
Franckhreich also beliben werde, Moinwickh gar zuschlaipfen zu lassen.

4
[17] Waß dan zuem vierten den hertzog von Lothringen anbetrifft,
5
wierdet er pater Herberstein diß zu verstehen geben, daß ohne allen zweifl
6
mit erfolgendem friden auch dieses herrn hertzogens restitution zue seinen
7
angehörigen landen und leuthen ervolgen werde, zumahlen ihre Kayser-
8
liche Mayestet dem könig in Franckhreich zu gefallen auch den herrn
9
churfürsten zue Trier völlig widerumb restituiren wollen, da doch jener
10
bey weitem nit so viel gegen Franckhreich alß dieser gegen ihrer Kayser-
11
liche Mayestet, dem heyligen Römischen reich und allen dessen anverwand-
12
ten ständt und mitglider beschuldigt werden khündte, und hat er pater
13
diese Lothringische mit der Trierischen restitution in alle weeg zu condi-
14
tionieren .

15
[18] Wegen der frawen landtgräffin zu Hessen Cassel seyen zum fünfften
16
albereith underschiedliche guetige handlungen fuergeloffen und stehet man
17
annoch in verreren tractaten. Es seyen aber ihre Kayserliche Mayestet
18
gnedigst resolvirt, es nachmahlen bey deme verbleiben zu lassen, waß
19
albereith zwischen ihrer churfürstlichen gnaden zu Maintz und ihr der
20
frawen landtgräffin und derer beederseits delegiert- undt subdelegierten in
21
einem undt anderen verhandlet und etwo noch verrers verhandelt werden
22
möchte

41
Gemeint ist der durch den Kurfürsten Anselm Kasimir von Mainz am 25. VII. 1639 vermittelte
42
Ausgleich mit Hessen-Kassel, den der Kaiser am 11. IX. 1639 ratifizierte ( J. Du Mont
43
VI 1 S. 175–178).
.

23
[19] So seyen

39
23 zuem sechsten] von gleicher Hand am Rande eingefügt.
zuem sechsten der

40
23 cron] statt getilgtem von eingefügt.
cron Schweden auch albereith solche
24
offerta geschehen, die sie anzunehmen ainiges billiches bedenckhen nit
25
haben kan, und ist man disseits nachmahlen gewölt, diser cron praetension
26
mit einer gewissen summen geldts und imitelst, biß selbige richtig abge-
27
führt , mit hypotecier- und in handen lassung eines stuckh landts oder
28
provinz satisfaction zu geben.

29
[20] Da aber sein eminentz hiemit nit content zu sein sich erzeigen
30
wurde, so wolle von derselben er pater von Herberstein begehren, daß sie
31
dero gedanckhen vertrewlich und in höchster gehaimb zu eröffnen ihnen
32
wolten belieben lassen, mit waß conditionen sie dan mit dieser cron einen
33
billichen friden zu treffen vermainen, bey gegenwertigem zustandt der
34
christenheit und der catholischen religion.

35
[21] Sibentens wierdt auch kein bedenckhen sein, der Madama oder
36
verwittibten hertzogin zue Saphoia auf erfolgenden friden mit der cron
37
Franckhreich ein tutorium oder curatorium zu ertheilen, inmassen dero-
38
selben in denen salvis conductibus zu denen universal fridenstractaten

[p. 394] [scan. 428]


1
ohnedaß der titulus tutricis et regentis albereith eingewilligt und gegeben
2
worden

39
Christine, Tochter des Königs Heinrich IV. und der Maria Medici, war die Witwe des 1637
40
verstorbenen Herzogs Viktor Amadeus I. von Savoyen und Vormünderin für Herzog Karl
41
Emanuel II. Sie wurde Madama oder Madama Reale genannt. Kaiser Ferdinand III. entzog ihr
42
1639 auf Betreiben der Linie Savoyen-Carignan die Vormundschaft, sie vermochte aber im darauf
43
folgenden Bürgerkrieg ihre Ansprüche mit Hilfe Frankreichs durchzusetzen.
. Welches alles er pater von Herberstein, wan von disen puncten
3
meldung geschicht, also zu eröffnen wissen wirdt.

4
[22] Zuem beschlueß aber diser seiner negotiation wolle er gelegenheit
5
suchen zu reden von einem krieg gegen dem Türckhen, wan derselb an
6
einem oder anderen orth wider die christenheit brechen solte, und sich
7
dabey dises befleissen von des cardinals eminentz zu vernehmen, waß auf
8
solchen faal die cron Franckhreich fuer hülffen, wo nit offentlich und
9
directe, doch zuem wenigisten heimblich und indirecte beyzutragen ge-
10
meint seye. Dabey ihme patri zu wissen, daß noch vor diesem von m/10 man
11
gemeldet worden, welche da sie anjetzo widerumb solten angebotten werden,
12
hette er dieselben in Frantzösischen völckheren kheinesweegs anzunehm-
13
ben , sonderen dahin zu bearbeithen, damit jährlichen ein gewisse summa
14
geldts erlegt würde, davon ihro Kayserliche Mayestet m/20 man selbsten
15
aufbringen und underhalten möchten.

16
[23] Von dem Pfaltzischen negotio hat er seines theils gantz nichts zu
17
melden, sondern wierdt allein dextre sehen und zu penetrieren sich be-
18
fleißen , wohin man dißfalß bey Franckhreich inclinieren und waß aldorten
19
füer sensus seyen. Solte aber des cardinals eminentz davon waß moniren,
20
so hette er sich hierinnen dahin vernehmen zu lassen, daß diß negotium
21
noch woll werde ad partem khünen hingelegt werden, wie dan zu verreren
22

38
22 ersehen] folgt getilgt wolte.
tractaten der 10. Januarius nägstkombent bereith

37
22 widerumb] folgt getilgt an jez.
widerumb angesetzt.

23
[24] Wan nun hierauf er pater von Herberstein einige gelegenheit
24
ersehen solte, gleich alsobalden mit dem könig in Franckhreich durch des
25
cardinals eminentz waß zu schliessen, so mag er solches nach außweißung
26
dieser seiner instruction thuen und eingehen. Da aber bey einem oder
27
anderen punct zweifelhafftige sachen fuerfallen, die einer mehreren erleute-
28
rung oder aber auch resolution und gewaldts vonnöten hetten, wierdet er
29
dasselb unverlangt zu berichten und sicher durch Bruessel (dahin auch
30
bereith die nothwendige erwiderung beschehen) an den Kayserlichen hoff
31
zu überschreiben wissen, darauf ihme, so baldt es nuer müglich, weitere
32
befelch und resolution zuekomben sollen.

33
[25] Wan waß also privatim geschlossen, welches einer weiteren solem-
34
nisation vonnötten, kan dasselb inmittelst und biß dahin in gehaimb
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gehalten werden und mag er auf solchen faal auch woll gar einen anstandt
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zwischen denen disseitigen und bey ihr Kayserlichen Mayestet stehenden

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und denen Frantzösischen waffen auf vier monath lang zu diesem endt
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bewilligen und eingehen, damit immittels und in solcher zeit die noth-
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wendigen communicationes hinc inde beschehen, wie nit weniger die
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bedürfftige solemniteten ervolgen mögen. In alleweeg aber hat er dahin zu
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sehen, damit auch diß pactieret und geschlossen werde, daß der könig in
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Franckhreich sich hinführo in die reichssachen verrers nit einmische,
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wie dan ihre Kayserliche Mayestet auch keines weegs gedacht seyen, sich
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im geringsten in die Frantzösische händl einzumischen.

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[26] Und diß ist also, waß mehr bemelter herr pater von Herberstein
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bey dieser abschickhung nacher Franckhreich, doch aber alles wie anfangs
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gemelt, in höchster gehaimb und allein in mein graffen von Trautmans-
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torffs nahmen, handlen und verrichten soll. Welches wie ers bevorderist
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gott dem allmechtigen zue ehren, der gantzen christenheit zu guetem und
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erhaltung der catholischen religion guetwillig auf sich genohmen, also
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werden ihre Kayserliche Mayestet ein solche mühewaltung gegen ihme
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und seinem heyligen orden wie auch gegen seiner freundschafft in kayser-
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lichen gnaden würckhlich zue erkhennen nit underlassen. Und zu urkhundt
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dessen hab ich diese instruction mit meinem angebohrnen insigel und handt
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underschrifft becräfftigt.

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Beschehen in Wien den 22. Novembris diß 1642 jahrs.

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