Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[69.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1647 September 16
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Münster 1647 September 16
Kurköln spA II fol. 743–746’ = Druckvorlage; damit identisch Kurköln zA I fol. 330’–
332 und Kurköln zA Extrakt fol. 37–37’. Vgl. ferner Kurbayern Rp in K III fol. 504–
504’.
Reichsconclusum über Lothringen, Metz, Toul, Verdun, die 10 Reichsstädte im Elsaß.
Niederländer verlangen bessere Anrede. Stadt Herford contra Kurbrandenburg.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofsbofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern .
Kurmainz. Entzwischen daß anheuth den fürstlichen und stättischen an die
hand gegeben, die conclusa yber die 3 puncta: Lothringen, die 3 stifft
Mez, Tull und Verdun und die 10 reichsstätt im Elsaß betreffend, zu ver-
lesen und zu vergleichen, were disohrts jüngst veranlaster massen von der
Holländern praetendierenden tractament zu reden; dem Churbrandenbur-
gischen sey nicht angesagt, einestheills weillen er sich etliche mahl hero
des erscheinens entschuldiget,
verlesen wolten, was 10. huius in puncto satisfactionis militiae Suecicae
und dan manutenirung der cammeralpähs bey dennen herrn Kayserlichen
durch die ordinari deputirte angebracht und zur antwortt bekommen.
Similiter würd abgelesen, was die Churmainzische zu Osnabruck yber das
aldorthen in der statt Hervorde
Reichsstadt in der Grafschaft Ravensberg. Herford, reichsunmittelbar durch Kammergerichts-
urteil von 1631, wurde Ende August 1647 durch kurbrandenburgische Truppen überfallen und
besetzt; im Rezeß vom 6. Dezember 1647 erzwang der Kurfürst den Verzicht der Stadt auf die
Reichsunmittelbarkeit. Auf dem Nürnberger Exekutionstag trat der Kaiser für die Rechte der
Stadt ein, Ende 1650 zog die brandenburgische Garnison ab, kehrte aber bald darauf wieder und
nahm die Stadt erneut ein; am 5. Oktober 1652 leistete die Stadt den Treueid auf den Kurfürsten
von Brandenburg ( K. Meyer , Beiträge S. 5–7, Tümpel S. 17, 19–20, Londorp VI S.
706–752, Meiern IV S. 743 , Niederau S. 147).
Das Herforder Memorial (Druck Meiern IV S. 744 f.) wurde unverzüglich diktiert und
beraten.
auch die Churbrandenburgische einkommen
Deduktion der kurbrandenburgischen Rechtsansprüche (Druck Meiern IV S. 753–757), die
u. a. darauf zurückgingen, daß die Stadt 1547 von der Benediktinerinnenabtei Herford an die
Herzöge von Jülich als Landesherren der Grafschaft Ravensberg abgetreten worden war.
wenigen hiervon gered werden.
Kurtrier. Patt umb communication der herrn Kayserlichen erklehrung,
warumb diselbe nicht rathsamb befünden, daß noch zur zeit die deliberation
yber den punctum militiae Suecicae vor sich gehe.
2º. Entschuldigt sich, das der Staatischen praetendierten titulatur halber
sich aus mangel instruction nicht konte vernehmmen lassen. Wolte aber
discurrendo dafürhalten, weillen das begehren „Celsipotentes Domini“
mit dem Teutschen „Hochmögende Herrn“ fast ybereins komm und sie
Holländische den herrn churfürsten des reichs attribuirten „Serenissimi
Celsissimi“, es werde dissfalls kein groß bedenken, sonderlich, wan sie
iezt vom könig in Spanien pro republica libera solten declarirt werden,
abgeben.
Similiter beim 3 tium allegirte defectum mandati, das factum aber sey ein
bruch des landtfriedens, unnd müsten die von Churbrandenburg vor-
gebende iura annderst nicht als via iuris ordinaria gesucht werden; fals
man für guet befünde, ehe sie specialiter instruirt, an Ihre Churfürstliche
Durchlaucht zu schreiben, werde sich Churtryer nicht separiren.
Kurköln. Quoad 1. fünden bedencklich, ohne vorwissen Ihrer Churfürst-
lichen Durchlaucht sich herauszulassen. Von deroselben sey bisher kein
annderst praedicat geben, alß in ingressu „Hochmögende Herrn“ und in
contextu „Die Herrn“, womit sich auch die Holländer contentirt, und
ihro hingegen „Ihre Churfürstliche Durchlaucht“ attribuirt. Zum fall mann
nun hier eines anndern sich vergleichen solt, welches höchstgedachte Ihre
Churfürstliche Durchlaucht möchten difficultiren, würde es desto schwerer
sein, und nicht zu zweifflen, daß durch dise bewilligung die Holländtische
desto mehrers sich würden herfürthuen und denen Venetianern gleich
achten; dahero die determinatio bis zu der principaln selbst erklherung
billich außzustellen.
Was im Churtryrischen voto erwehnt, daß dem begehren desto ehender zu
deferiren, wan von königen in Spanien die Holländer für frey erklehrt,
concludire eben nicht, zumahln die Schweizer für eine republique erkennt,
deßwegen aber dennselben ein mehrers praedicat nicht wäre gegeben
worden.
Damit aber das Baxstellische negotium, occasione deßen von Holländern
dise titulatur gesucht, nicht erliege, werde der negste weg sein, wan durch
die herrn Kayserliche gesandte mit den Holländischen plenipotentiariis
deßhalber alhier immediate tractirt würde.
Das Hervordische weesen betreffend, sey ärgerlich und von grossem nach-
dencken , daß einer statt, welche sich in statu libero haltet, dergestalt zuge-
setzt werden solt; dahero die ständt ihrer billich sich anzunehmmen und
Churbrandenburg desto weniger befrembden werde, weillen die uncatho-
lischen darzue mit der statt Donawerth ursach und exempel geben
Hg. Maximilian von Bayern intervenierte 1606 für die katholische Minderheit der freien Reichs-
stadt und exekutierte 1607 die Reichsacht gegen sie, indem er sie besetzte und seinem Territorium
einverleibte ( Neuer-Landfried S. 27f., Droysen S. 442–449, Spindler III 2 S. 1034,
931, II S. 371 mit Literatur).
gehöre aber dise sach hieher allein nicht, sonderen für die reichscollegia
alle drey, solang mit ihrer erklehrung hieryber einhielten.
Kurbayern. Ad 1. hätte gewünscht, daß das schreiben in dem Baxstellischen
negotio, wie nahmens Churbayern damahls gerathen, hinterbliben, alsdann
man in diß disputat nicht gerathen. Vergleich sich mit den vorstimmenden,
daß in dem neuerlich suchen ohne der herrn principaln willen und befelch
nichts zu thuen. Erpothe sich, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu
referiren.
Wegen des Hervorder suchen wie Churcölln.
Kurmainz ( Raigersperger ). Erpothe sich zur communication, was die
herrn Kayserliche ratione Suecicae satisfactionis militum erklehrt.
Circa petitum Hollandorum habe er dem Holländtischen legationssecre-
tario remonstrirt, was vor disem und bißher für ein titulatur gegen die
herrn Staaten in ybung gewesen, derselbe aber replicirt, daß iezt die herrn
Staaten der Verainigten Provinzien mehr considerabl etc.
Conformierten sich mit den herrn vorstimmenden, daß ieder vorher sich
befelchs zu erhollen habe.
Von Hervordischen weesen wurde negst donnerstag können geredt
werden.