Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[61.] Sitzung des Kurfürstenrats mit Re- und Correlation Münster 1647 Mai 22
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Münster 1647 Mai 22
Kurmainz Rs FrA Fasz. 20 = Druckvorlage; damit identisch Kurmainz Rk FrA Fasz.
21 nr. 43. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit gleichlautend Kurbrandenburg Rk II fol.
88–94 ); Kurköln zA I fol. 311’–314’ ( damit identisch Kurköln spA II fol. 702–707’
und Kurköln zA Extrakt fol. 34’ ); Kurbayern Rp in K III fol. 527–531.
Intervention der Reichsstände für die Unabhängigkeit des Baxtellischen reichslehens von den
Niederlanden. Indirekte Reichsunmittelbarkeit. Exemtion Burgunds vom Reich. Von den Nieder-
landen bedrohte Dependancen der Bistümer Köln und Lüttich.
Streit zwischen den Grafen von Isenburg und dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt: Frühere
Verhandlungen, Einschaltung des Kurkollegs.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
Kurmainz. Die herrn gesanden werden sonder zweifel per dictaturam
empfangen und verleßen haben, waß die Kayßerliche herrn plenipotentia-
rien zum reichsdirectorio der Baxstellischen reichslehen
Stadt, Schloß und Herrschaft Boxtel in der Meierei Herzogenbusch mit neun Dörfern (Provinz
Nordbrabant), ursprünglich Reichslehen und freie Herrschaft, 1440 von Hg. Philipp II. von
Burgund der brabantischen Lehnshoheit unterworfen, gelangte dann in den Besitz der Grafen von
Horn ( Ersch-Gruber I 12 S. 164f., Zedler 4 Sp. 942, Hübner IV 1283f., Moser ,
Lehens-V. S. 881).
ten
Zugleich mit ihrer Proposition ans Reichsdirektorium (Münster 1647 V 8) hatten die ksl.
Gesandten das Zitationsschreiben Ks. Ferdinands III. an Gf. Albert von Hornes und Beaucignies
als den Inhaber des Reichslehens Boxtel (1646 VI 28) (vgl. Hübner IV 1284f.) sowie Briefe
des Kaisers an den Gouverneur der Spanischen Niederlande (1646 VI 20) und an die General-
staaten (1646 VI 28) eingegeben (Druck Meiern V S. 290–294 ), in denen verlangt wurde,
Boxtel wieder als Reichslehen anzuerkennen.
der Kaiserlichen an die Stände, sie wolten in conformität Ihrer Kayserlichen
Mayestät abgelaßenen schreiben sowohl bey den Staaden von Hollandt
alß der königlich Spannischen regierung thun, damit der inhaber besagten
reichslehens bey seiner immedietät rühig und unperturbirt verpleiben
möge. Zwar hetten sie wünschen mögen, daß man hiervon einige mehrere
information hette haben können, weiln aber solche nit zu erlangen geweßen
und es gleichwohl allein umb einige ahnmahnungsschreiben zu thun, so
hielten sie, die herrn gesanden, sich hieruber zu erclären, kein sonderbahr
bedencken haben werden.
Kurtrier. Seye dießes gar ein altes reichslehen, welches Philipus hertzog
von Burgundt
Hg. Philippe II. (le bon) (1396–1467), regierend seit 1419; er vereinigte unter sich die Graf-
schaften Flandern und Artois, die Herzogtümer Brabant, Burgund, Limburg, Luxemburg, die
Graf- und Herrschaften Namur, Hennegau, Holland, Zeeland, Westfriesland, Chiny ( Nouv.
Biogr. gén. 39 Sp. 980–987, Poullet II S. 234–237); über Boxtel verfügte er als Reichs-
vikar ( Meiern V S. 292 ).
zu lehen nit recognoscirt worden und also praescribirt. Sehen also nit,
wie vom reich die immedietät könte praetendirt werden, zumahln auch
die Burgundische exemption in weeg liege, in welche alle eingeseßene
fürsten, graffen und herrn eingeschloßen. Solten gleichwohl die herrn ge-
sanden vermeinen, daß mit den schreiben etwaß außzurichten, wolten sie
sich davon nit separiren. Eß wehre nit undienlich geweßen, wan man einige
information hette haben können, ob und waß die Spannische regierung und
Staaden von Hollandt Ihrer Kayßerlichen Mayestät widerumb geantworttet.
Zum fall man ahn ertzhertzogen in den Niderlanden
ansehen solte, hilten auch zugleich wegen abschaffung der excessuum
wider die Brabandische güldene bull
Die Brabanter Goldene Bulle, erwirkt 1349 von Ks. Karl IV., verbot, die weltliche und geistliche
Gerichtsbarkeit des Reichs über Einwohner der Herzogtümer Lothringen, Brabant und Limburg
auszuüben, außerdem die Evokation von in diesen Gebieten anhängigen Prozessen an vom Reich
abhängige Gerichte sowie alle Sanktionen gegen die Einwohner der Herzogtümer und ihrer auch
außerhalb dieser gelegenen Güter ( Poullet II S. 41f., I S. 477, J. G. Wolf , Nachricht
S. 436–484).
23 thun] Laut Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II führt Kurtrier weiter aus:
Nach einem ihnen gestern abgestatteten Bericht des stadtkölnischen Gesandten ist ein Ant-
werpener Bürger in Köln arrestirt unnd, alß er bullam Brabanticam allegirt, relaxirt
worden, deßen er sich zu Antwerpen beclagt; unnd wehre darauff die statt Coln
citirt worden, ad videndum se in poenam 4000 goltfl. gefallen zu sein.
Kurköln. Die herrschafft Baxstell sey in der mayerey Hertzogenbusch
gelegen, uber welche deß exercitii religionis halber bißhero die Spannische
und Hollendische gestritten. Wehre undisputirlich, daß solche herrschafft
vor dießem zum reich gehörig geweßen; daß nun vorige Kayßer einem
und andern reichsfürsten commission ufgetragen, reichslehen zu begeben,
solches vermeinten sie keinesweegs praeiudicirlich zu sein,
6–8 maßen – hetten] Ausführlicher in Kurtrier zA, Kurbrandenburn Rk II:
Ein Reichsfürst kann, wenn nicht proprio, so doch imperii nomine einen vasallum uber
reichslehen einsetzen. Deshalb ist dieses Lehen, obschon nit immediatum, so doch sub-
alternum , zumal es kaiserlicherseits pro immediato gehalten wird.
Churcölln und sonder zweifel Maintz und andere mehr reichslehen zu bege-
ben hetten. Und hette man sich deßen umb soviel mehr ahnzunehmen,
weiln von den catholischen sowohl alß protestirenden, auch den Schwedi-
schen herrn plenipotentiariis selbsten vorkommen und in dem instrumento
pacis gesetzt worden, die reichsmatricul widerumb zu ergentzen. Zwar
gehöre diese sach uf einen reichsconvent, weiln aber die Holländer anietzo
in den tractaten mit den Spannischen begrieffen und dießfals dem reich zu
nachtheil leicht etwaß begeben werden könde, so hielten, nit allein die vorge-
schlagene schreiben abzulaßen, sondern auch die Kayßerliche, königliche
Spannische und Staadische gesanden mündtlich zu requiriren, um auch
späteren Streitfällen dieser Art vorzubeugen.
18–19 Wegen – sein] Laut Kurbrandenburg Rk II, Kurtrier zA führt Kurtrier
weiter aus: Denn die Niederlande und Spanien schatten die Reichsstände, so ihnen gelegen,
man considerire nur die Maaßcanten undt wie der graffe von Anholdt
Die freie und reichsunmittelbare Herrschaft Anholt (heute Landkreis Borken) war umgeben
von der Grafschaft Zutphen, dem Herzogtum Kleve, dem Hochstift Münster, kam im 13. Jahr-
hundert an die Dynasten von Bronckhorst, 1641 an die Rheingrafen von Salm, die für die Herr-
schaft Sitz und Stimme im westfälischen Reichsgrafenkolleg und auf den westfälischen Kreistagen
hatten; ein anderer Teil der Herrschaft gelangte über die Tochter Isabella des Gf. Johann Jakob
von Anholt an die Fürsten von Croy. Anholt mußte sich vor allem gegen Geldern behaupten,
dessen Herzöge seine Lehnsherren gewesen waren ( Handbuch 3 S. 26f., Ersch-Gruber I
4 S. 135f., Zedler 2 Sp. 321, Moser , Crays-V. S. 148, Delfos S. 89).
werde undt vielmehr im fürstenthumb Cleve undt anderswo: wehre zu recommen-
diren , damit solche stände nicht doppelt angeschlagen werden, dazu werden aber die
Niederlande erst durch den Frieden zu bringen sein.
sein.
Ratione bullae aureae und deren darwieder vorgehenden excessuum halber
hette man sich nit allein, sonder auch anderer beschwehrten ahnzunehmen,
alß in specie Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Cölln sich dero ertz- und
stieffter Cölln und Lüttig halber wegen Mastrich
Generalstaaden zu beschwehren. Sie vernehmen, daß die Holländer noch
under wehrenden dießen tractaten bey den ständen eine schriefftliche con-
firmation ihrer mit dem reich habenden neutralitet zu suchen gemeint;
zunehmen . Weiln gleichwohl alles ungewieß, so vermeinten, man hette den
herrn Kayßerlichen gesanden ahn hand zu geben, demnach andere ständt
gleichwie die herrschafft Boxstell beschwehrt würden, derentwegen mit
zuziehung etlicher reichsstend mit den Staaden von Hollandt zu tractiren.
Kurbayern.
können, ob und waß die Spannische regirung und Staaden von Hollandt
sich gegen Kayßerliche Mayestät resolvirt; solte keine antwortt erfolgt sein,
werde schimpfflich fallen, im nahmen der reichsstendt zu schreiben. Ver-
meinten , die herrn
ländischen erinnerung zu thun, damit beym friedenschluß auch dießer
sachen in acht genohmen werden möge.
Kurbrandenburg. Bey dießer sachen gingen ihnen underschiedliche
rationes pro et contra zu gemüt; und weiln sie befinden, daß dieße herr-
schafft ein freyes reichslehen geweßen, so hielten, man hette sich auch
deßen anzunehmen, dann obschon in so langer zeit die recognition nit
erfolgt,
21–23 so – contradicirt] Ausführlicher Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II:
Hg. Philipp der Gute von Burgund hat hier kein ius erworben, weil er als vicarius imperii
investirt, wie andere churfursten mehr, alß Cöln, Tryer etc. Zudem erstreckt sich die
Burgundische transaction nur auff ihre provintzen unndt nit auff andere stände.
Kurbrandenburg ist gegenteiliger Information aufgeschlossen, glaubt aber, nachdeme das
reich vielfaltig dismembrirt, daß dieße herschafft zu reuniren.
deß reichs beschehen, welches dahero abzunehmen, weiln daß reich sich
bißher solches nit contradicirt; die schreiben ahn Spanien undt Holandt
konden nach ahnleitung der Keyserlichen schriefften abgelaßen werden.
Ob nun andere errinnerung mehr zu thun, werde sich finden, wan die
Staaden umb confirmation der neutralitet ansuchen werden.
Kurmainz. Recapitulirte der herren vorstimmenden vota, undt hetten
gleichfals vor sehr dienlich erachtet, wan man einige nachricht hette haben
können, ob undt wohin die Spanische regirung undt Staden von Holandt
Ihre Keyserliche Mayestät hinwiedder beandtwort. Weilen gleichwohl
solches nit ervolgt, so hetten dannoch nicht gehren ichtwaß underlassen
wollen, so dem Romischen reich zum besten gericht sein mach, und confor-
mirten sich mit Collen undt anderen vorstimmenden, daß dieser herschafft
Baxstell halber in conformität der Keyserlichen rescripten in nahmen der
reichsstend ahn Spanien undt Holand ohne berührung der meritorum
causae zu schreiben; wolte man auch darfurhalten, daß dieße sach den
Keyserlichen, Spanischen undt Holandischen gesandten mündtlich zu
recommendiren, solches stellten sie dahin, wie wenigers nit, daß die Keyser-
liche herren plenipotentiarien zu ersuchen, nechst zuziehung etlicher
reichsstend die notturfft ahn die Holandische deputirte wegen abschaffung
anderer gravaminum zu pringen.
18–20 Sonsten – mogen] Zusätzlich in Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II,
auch in Kurköln zA I, spA II: Hierüber ist unter Hinzuziehung der Stände zwischen
den ksl., niederländischen und spanischen Gesandten zu verhandeln, und zwar ohne Aufschub
noch vor Trauttmansdorffs Abreise. – Die folgende Umfrage wird in den übrigen Über-
lieferungen nicht gesondert aufgeführt, aber als Punkt 2 der ersten Umfrage behandelt.
guldene bull hin- undt wieder underschiedliche große excessus vorgehen,
dahero dan pillig dahin zu sehen, wie solche abgeschafft werden mogen.
Die ksl. Gesandten haben über den Streit zwischen dem Lgf. Georg von Hessen-
Darmstadt und den Grafen von Isenburg, über den zwischen beiden geschlossenen
Vertrag
Wegen gebrochenen Landfriedens und Kriegsdiensten auf Seiten der Union gab Ks. Ferdinand II.
die Gebiete der Grafen von Isenburg-Büdingen 1635 an Hessen-Darmstadt. Im Hauptvergleich
vom 24. November 1642 zwischen Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt und Wilhelm Otto
Gf. von Isenburg wurde Isenburg den Grafen restituiert, Hessen-Darmstadt behielt aber mehrere
isenburgische Ämter und die Expektanz auf die gesamte Grafschaft, falls der isenburgische
Mannesstamm ausstarb ( G. Simon , Geschichte II S. 317f., Bierther S. 147, 156, 184,
Ersch-Gruber II 24 S. 351f., Demandt S. 502). Wilhelm Otto von Isenburg wurde bereits
in die suspendierte Generalamnestie von 1641 eingeschlossen, endgültig wurden die Grafen erst
1648 amnestiert.
begehrt, ob die Angelegenheit ihrer art undt eigenschafft nach in die amnisti
mit einschlage oder nit. Bitten um entsprechende Meinungsäußerung. Fuhrten
beneben ahn, waßmassen sich daß churfurstliche collegium uff begehren der
Romischen Keyserlichen Mayestät wie auch beyder interessirter theill zu
underschiedlichen mahlen, undt zwahr anno 1639 zu Nurnberg undt bey
dem darauff gevolgten reichsconvent dahin bemühet undt interponirt, wie
die sach in der guette hingelegt werden möge,
weit pracht, daß der Hessen Darmstatt- undt Ysenburgische deputirte Dr.
Wolff
Johann Jakob Wolff von Todenwarth (1585–1655), ksl. und fl. hessen-darmstädtischer Rat,
Syndikus der Stadt Regensburg und Gesandter Hessen-Darmstadts am Kongreß, Bruder des
fl. bessen-darmstädtischen Geheimen Rats und Kanzlers (seit 1624) Dr. Anton Wolff Frhr.
von Todenwarth (1592–1641), der vorher (1630, 1632) Verhandlungen in der Isenburger Sache
geführt hatte ( Frohnweiler S. 11 Anm. 7, 172, 176f., Kneschke 9 S. 236f.). Aufgrund
eines Beschlusses des Nürnberger Kurfürstentages von 1640 vermittelte das Kurkolleg in der
Angelegenheit auf dem Regensburger Reichstag von 1640/41 ( Brockhaus S. 227f.).
Verhandlungspartner Wolffs während der Wiener Pfalztraktate von 1642, bei denen auf Ver-
mittlung des Kurkollegs auch die Restitution der Grafen von Isenburg–Büdingen verhandelt wurde,
war der kfl. brandenburgische Rat und Resident am ksl. Hof Mattheus Rebenick von Reben-
berg . Wilhelm Otto Gf. von Isenburg legitimierte ihn von vornherein nur unzureichend und ver-
wendete ihn alß ein solicitator, der günstige Verhandlungsangebote der Gegenseite hervorlocken
sollte (Vollmacht vom 17. Januar 1642, Fürstl. Ysenburg - u. Büdingensche Archiv-
verwaltung , Prozesse Fasz. 21 Bd. 121 nr. 14, vgl. ebd. nrr. 179, 128, 171).
eines gewissen verglichen; dieweiln sich aber nach der handt die herren
graven von Ysenburg daruber zum hochsten beschwert, vorgebent, daß
dero deputirter in vielen punctis uber seine habende instruction gehandlet,
alß hetten beyde theill solchen verglich wieder cassirt undt sich de novo
ohne vorwissen des churfürstlichen collegii mit zuziehung etlicher Wettera-
wischer graven miteinander verglichen.
Kurtrier. Seye dieße strittigkeit schon vorlengst, undt zwar anno 1630
zu Regenspurg auch vorkommen, allda der herr landtgraff von Darmbstatt
den graven von Ysenburg des landtfriedtbruchs undt criminis laesae
maiestatis beschuldiget, vorgebendt, es hette der graff von Manßfeldt auff
dem grafflichen Ysenburgischen hauß in beysein des graven von Ysenburg
den ahnschlag uff Darmstatt gemacht, waruber dan nit allein Darmbstatt
uberstiegen, sonderen auch er landtgraff gar gefenglich mit hinwegge-
fuhrt worden
Gf. Ernst von Mansfeld (1580–1626) drang im Juni 1622 in Hessen-Darmstadt ein, Lgf.
Ludwig V. von Hessen-Darmstadt geriet in Gefangenschaft bei Pgf. Friedrich V.; im gleichen
Jahr plünderte Gf. Wolfgang Heinrich von Isenburg u. a. das darmstädtische Amt Nidda. Der
Reichshofrat und 1630 das Kurkolleg befanden die Grafen von Isenburg des Landfriedensbruchs
schuldig und verurteilten sie zu Schadenersatz. Vgl. Frohnweiler S. 170–172, G. Simon ,
Geschichte II S. 295f., zum Feldzug Mansfelds ADB 20 S. 222–232 , Hofferberth S. 15f.,
44, Hurter II S. 496f., Ütterodt passim.
halber entschuldiget undt daß der graff von Manßfeldt sein hauß ebensowohl
mit gewahlt occupirt undt daßelbe selbsten gantz spolirt. Undt weilen
Ihre Churfurstliche Gnaden zu Trier den graven vor unschuldig erkennet,
hetten sie derzeit hieruber nicht votiren, auch daß churfürstliche guetachten,
so in favorem deß herrn landtgraven ergangen, nit mit volnziehen wollen.
Ob undt wie sich nun beyde theill miteinander verglichen undt ob sie auff
alle kunfftige reichsschlueß renunciirt, seye ihnen unbewust;
daß factum, die zeit undt ursach ansehe, musten sie dafurhalten, daß es ad
amnistiam gehörig.
action ohne vorwissen des churfürstlichen collegii vorgangen, also daß
man davon keine nachricht hette. Undt wurden die Keyserliche ex actis
genugsamb vernehmmen können, ob die sach ad amnistiam gehorig oder
nit.
Kurbayern. Ob dieße sach ad amnistiam zu ziehen, da vermeinte, weilen
die herren Keyserliche albereit in diesem puncto vielfaltig negotiirt, sie
werden auch solches leicht erortern konnen. Undt weilen ein generalissima
amnistia geschloßen werden solle, so werde auch dieße sach schwehrlich
davon konnen gezogen werden; yedoch wolte sich hierinnen von den
maioribus nit separiren.
Kurbrandenburg.
21–25 Hetten – konne] Fehlt in Kurköln zA I, spA II. Laut Kurbrandenburg Rk II,
Kurtrier zA bringt Kurbrandenburg weiter vor: Es mag bei dem Vergleich der partheyen
under sich selbst bleiben. Das angezogene kurfürstliche Gutachten verliert an Wert durch
den defectus mandati der damaligen Kontrahenten. Zwar kann der Kaiser die solennitates
suppliren ex plenitudine potestatis; ob dieses aber auch platz habe in defectu
voluntatis, stünden sie nicht weinig ahn.
gehorig, werde sich auff den actis befinden, dan die actio ex capite criminis
laesae maiestatis constituirt seye. Undt ließen dahingestelt sein, waß die sach
von sich selbsten rede; weilen nun alle andere in die amnisti mit einge-
schloßen werden, so sehen sie nit, wie dieß davon excipirt werden konne.
Kurmainz.
1–11 Wan – nit] Laut Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II, sinngemäß Kur-
köln zA I, spA II nimmt Kurmainz außerdem noch auf seine Instruktion Bezug,
Heßen Darmstatt in allen thunlichen sachen möglichen beystandt zu thun, und
begründet das wenig entschiedene Conclusum damit, daß Kursachsen noch gehört werden muß.
Laut Kurtrier zA, Kurbrandenburg Rk II folgt noch: Bei der Re- und Correlation
verlangen die übrigen Reichsräte, das ratione bullae Brabanticae eine clausul zu subnec-
tiren undt sowoll wegen der herschafft Bachstell als anderer eingezogener undt
verstuckkelter lehen nit allein zu schreyben, sondern auch das werck mundtlich zu
recommendiren. Laut Kurköln zA I, spA II ist Punkt 2 in den anderen Kollegien
nicht proponirt worden.
daß die privation ex crimine laesae maiestatis et turbatae pacis herrühre,
considerirten, so mogte es wohl daß ansehen haben, daß diese sach schwehr-
lich von der amnistia, angesehen dieselbe generalissima sein solle, werde
eximirt pleiben können. Dieweilen gleichwohl beyde theill nach der handt
sich a part ohne vorwissen undt interposition des churfürstlichen collegii
allein under sich mit zuziehung etlicher Wetterawischen graven verglichen
und man von solchem vergleich keine eigentliche nachricht hette, so wehren
sie der meinung, die sach ahn die Keyserliche wiederumb zu remittiren
undt denselben ex actis zu erkennen anheimzustellen, ob diese sach ad
amnistiam gehorig oder nit.