Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[41.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 August 23
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Münster 1646 August 23
Kurmainz K FrA Fasz. 9 II nr. 23/24 = Druckvorlage; damit größtenteils identisch Kur-
mainz Rs FrA Fasz. 14, Kurmainz Rs Extrakt FrA Fasz. 14 ( nur Proposition und Con-
clusum ). Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit identisch Kurtrier spA p. 906–918 ); Kurköln
zA I fol. 241’–245 ( damit identisch Kurköln spA II fol. 526’–536’ und Kurköln zA Ex-
trakt fol. 22’–23’ ); Kurbayern K III fol. 367–375; Kursachsen Rs I fol. 89–92’.
Überlassung der Festung Philippsburg an Frankreich. Kurtriers Sondervereinbarung über Philipps-
burg und das Suffraganbistum Speyer mit Frankreich. Günstige Konditionen der Übergabe: kur-
trierischer Jurisdiktions- und Besitzvorbehalt. Form der Landsatisfaktion an die auswärtigen
Mächte: iure feudi oder iure allodii. Erledigung der übrigen Friedenspunkte mit Frankreich.
Ablehnung neuer Forderungen. Frankreich soll positiven Einfluß auf Schweden nehmen.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kursachsen, Kurbrandenburg.
Kurmainz proponebat.
Eß hette bey ihnen sich gestern abend im nahmen der sambentlichen herrn
Kayßerlichen plenipotentiarien dero mitabgesander herr Volmar angemeld
und zu erkennen geben, welchergestalt die königlich Frantzösische gesan-
den zu reassumption der friedenstractaten ainige nochmahlige veranlaßung
gethan; dahero sie herrn Kayßerliche bewogen worden, mit den herrn
mediatorn hierauß vertrewlich zu communiciren, mit dem begeren, sie
wolten sich ihrer mediation noch ferner gebrauchen und die befurderungh
zuthun, damit die noch ubrige difficultäten verglichen und dieß hailsambe
friedenswerck dermahlen zu end gepracht werden mögte. Worauff sich
zwarn die herrn mediatorn willigh erklärt, dabey aber zu erkennen geben,
daß ehe und zuvorn Ihre Kayßerliche Mayestät in die begehrte uberlaßung
der vestung
bahr sein würden, mit dem ersuchen, daß Ihre Kayßerliche Mayestät sich
hierin lenger nit aufhalten, sondern, da es ihe anderst nit sein und die cron
Franckreich nit weichen wolte, sie in Philipsburg willigen wolten, zumahln
Ihre Churfürstliche Gnaden zu Tryr mit dießem der cron Franckreich
begehren auch albereit zufrieden seyen, solchem nach ihnen fernere hand-
lung zu pflegen nit zuwider sein würde. Ob nun wohl hochwohlgedachte
Kayßerliche herrn gesanden den herrn mediatorn hinwider angezeigt, daß
solches von Kayßerlicher Mayestät allein nit dependire und sie solches
begehren ohne vorwißen und belieben der reichsständ und des dhomb-
capituls nit willigen könden, auch zu solchem end ihre wahlcapitulation
angezogen
Einer Abtretung Philippsburgs standen entgegen Art. 8 der Wahlkapitulation von 1636, wonach
der König verpflichtet war, jedem Reichsstand wieder zu dem zu verhelfen, was ihm abgenommen
worden war, Art. 9, daß der König ohne Konsens der Kurfürsten nichts dem Reich Gehörendes
veräußern dürfe, Art. 3, der den König darauf festlegte, die Reichsstände in ihrem Stand, ihrem
Recht und ihrer Macht zu erhalten ( Ziegler S. 128f., 126). Auch Art. 10, dem Reich
gehörende Güter wieder dem Reich zuzustellen ( Ziegler S. 129), konnte angezogen werden. Vgl.
Stein S. 321f. über Philippsburg als Festung.
nichts verfangen wollen, sondern hätten dieselbe bedeut, daß ohne einwilli-
gung der vestung Philipsburg von Franckreich nichts zu hoffen. Wann
dann mehrhochwohlermelte Kayßerliche herrn plenipotentiarien angestan-
den , wie sie sich in dießen zugemuetheten friedensconditionen zu verhalten,
dann ihnen einestheils der bekande betrübte zustand des heyligen reichs,
anderntheils aber die durch uberlaßung Philipsburg dem Römischen reich,
absonderlich den benachparten chur-, fürsten und ständen zuwachßende
schwere inconvenientien zu gemüt gangen, sie auch die verantworttung,
welche ihnen, da etwan wider alle zuversicht der Allerhöchste uber die
Kayßerliche haubtarmada anietzo ein unglück verhengen solte, alß wann
sie mit zurückhaltung der vestung Philipsburg den frieden verzögert,
beygemeßen werden dörffte, nit gern uff sich laden wolten, alß wolten mit
den churfürstlichen herrn gesanden hierüber zuvorhero communiciren und
ihre meinung vernehmmen,
zum fall ihe die Frantzosen anderergestalt keinen frieden machen wolten,
zu willigen, alß lenger im krieg zu stecken. Stelten dießem nach zu der herrn
gesanden belieben, hierüber ihre beygehende gedancken und, waß den
Kayßerlichen herrn gesanden hinwider zu antwortten, zu eröffnen.
Kurtrier . Sie hetten nach und nach wegen der vestung Philipsburg und
stifft Speyer von Ihrem Gnedigsten Herrn dießen bericht erlangt, daß, nach-
dem Seine Churfürstliche Gnaden gesehen, daß die cron Franckreich die
vestung auß dem puncto satisfactionis nit kommen laßen wolte, sondern
dieselbe nit allein, waß die besatzung anlangt, sondern auch die proprietät
wie Elsaß begehren thue, alß hetten sie sich mit Franckreich vergleichen
müßen
Vor seiner Freilassung hatte sich Kf. Philipp Christoph durch Vertrag vom 12. April 1645 u. a.
verpflichtet, für die Rückgewinnung Philippsburgs zu wirken ( Knipschaar S. 41–43, Nég.
secr. I S. 343f., Koch II S. 49f., Theatr. Europ. V S. 723–728 ). Er überließ jedoch im
Sondervertrag mit Frankreich vom 19. Juni 1646 den französischen Truppen das Besatzungsrecht
in Philippsburg salva libertate imperii et immunitate ecclesiae; alle nicht auf die Besatzung
bezüglichen Souveränitätsrechte, „Grund, Boden, Jurisdiktion, Untertanen, Rechte und Huldi-
gung “ verblieben dem Kurfürsten. Im Gegenzug garantierte der König von Frankreich die kur-
trierischen Diözesanrechte in Metz, Toul und Verdun, den Anspruch Kurtriers auf Ehrenbreit-
stein sowie den Schutz der Person und der Güter des Kurfürsten ( Knipschaar S. 52–54, 45,
Stramberg 2, 1 S. 423, Barthold II S. 544, 493–495, 227, Meiern I S. 392, Dick-
mann S. 286ff., 292f. ). Zur Haltung der ksl. Gesandten vgl. Meiern III S. 24 , 28–30, 41,
45f., 570–572, 715, 725.
verpleiben und Franckreich daß ius praesidii in der vestung Philipsburg
behalten, die
ruckt beym stifft Speyer gelaßen werden solle. Wehren also höchstgedachte
Ihre Churfürstliche Gnaden der meinung geweßen, es wehre dießer accord
beßer, alß Philipsburg mit umbliegenden orthen erblich zu uberlaßen. Sie
hetten zwar solchen accord nit gesehen, zweivelten aber nit, Ihr Gnedigster
Herr ihnen solchen demnechsten abschrifftlich uberschicken werde. Sie
wehren auch nit bevelcht, hiervon zu votiren; sie halten aber davor, daß
Ihre Churfürstliche Gnaden von dießem accord nit weichen werden.
Kurköln ( von der Recke ). Weiln dießes eine schwehre sach seye, so
mögte er wünschen, daß seine herrn collegen zur stell wehren und sie sich
also gesambter hand vernehmmen laßen könden. Es scheine aber hiebey
periculum morae und wehre dahin zu sehen, damit niemanden die schuld
der verzögerung beygemeßen werden könde. Er hette sich in Ihrer Chur-
fürstlichen Durchlaucht zue Cölln bevelchen und instructionen ersehen
und befunden, daß, nachdemahln die Frantzosen so offt vorgeben, wann
ihnen Preisach bewilliget würde, sie alsopalden ohne fernern verzueg den
frieden schließen wolten, hochstgedachte Seine Churfürstliche Durchlaucht
der hoffnung gelebt, es würden sich dieselbe auch, alß ihnen solches endli-
chen eingewilliget worden, accommodirt und weiter nichts begehrt haben;
dahero sie auch mehrers nit, sondern bevelcht worden, den Frantzosen zue-
zusprechen , sich mit solchen offerten zu contentiren. Es hetten aber die
Frantzosen sich hinwider entschuldiget, daß sie ihre parola so weit nit
engagirt, daß sie nichts mehr begehren solten, mit dem bedeuten, daß sie
sich der vestung Philipsburg halber albereit mit Ihrer Churfürstlichen
Gnaden zu Tryr verglichen und nichts alß daß praesidium ohne allen unco-
sten des stiffts oder dhombcapituls zue Speyer suchen
darfürhalten, es würden die Kayßerlichen herrn gesanden die umbstend
der tractaten und, welchem ahm meisten zu trawen, auch ob es nit wie mit
Preisach hergehen mögte, consideriren. Und vermeinte, weiln Ihre Chur-
fürstliche Gnaden zu Tryr als bischoffzue Speyer sich albereit soweit erclärt,
wann auch zuvorhero andere nebentractaten, als mit Heßen Cassel, uber-
wunden sein, auch der punctus militiae vorsichtig erörtert
Kayßerlichen gesanden die uberlaßung des iuris praesedii der vestung
Philipsburg vor daß letzte extremum gehalten würde, Ihre Churfürstliche
Durchlaucht zue Cölln, […] wie ungern sie auch die uberlaßung sehen,
sich von den maioribus nit separiren werden.
Kurbayern . Ihre Churfürstliche Durchlaucht in Bayern […] begehrten
keinem stand zu praeiudiciren, noch ihr land und leuth abzuvotiren, sondern
allein daßienige verrichten zu helffen, waß dem heyligen Römischen reich
ersprießlich seye. Weiln sie aber von Tryr vernehmmen, daß Ihre Churfürst-
liche Gnaden, nachdeme die Frantzosen alles durch die waffen eingenohm-
men und daß eigenthumb ahn Speyer praetendirten, bewogen worden, mit
Franckreich sich in tractaten einzulaßen, und ahnstatt deßen die protection
angenohmmen und daß praesidium erlaubt, der hoffnung, es werde solches
dem stifft und reich dienlicher sein, und also res nit mehr integra, sondern
eine abgehandlete sach zwischen Franckreich und Ihrer Churfürstlichen
Gnaden zue Tryr seye, die Kayßerliche sie auch dahin inclinirt finden,
daß amore pacis endlichen solches zu uberlaßen, so wolten sich gern mit
Churtryr, -cöllen und andern vorstimmenden hierin conformiren. Doch
wehren die herrn Kayßerlichen dabey zu ersuchen, dieße resolution
Franckreich ehender nit zu eröffnen, man seye dann zuvorhero versichert,
daß sie ahn die ständ und stätt im Elsaß noch einige lineam communicationis
weiter nit praetendiren, sondern alles sincken laßen wolten,
puncten , welche in dennen zwischen den herrn Kayßerlichen und Frantzö-
sischen plenipotentiarien gewechßelten schrifften gedacht worden, voll-
komenlich verglichen, und also daß gantze werck in statum perfectum
redintegriren und, wann alles richtig, daß alsdann hochwohlgedachte
Kayßerliche herrn gesanden die Frantzosen ersuchen wolten, ihre partes
bey der cron Schweden zu interponiren, damit auß dem werck ein gantzes
gemacht werde.
Kursachsen .
stand von hertzen gern gönnen, daß er sein land und leuth behalten und
doch gleichwohl der liebe, wehrte frieden erlangt werden könde. Dieweil
man aber verspüren und mercken müße, daß es laider dahin kommen, daß
im heyligen reich kein fried zu hoffen, es seye dann, daß etliche provinzien
von demselben weggegeben werden, so vermeinten Ihre Churfürstliche
Durchlaucht, man hette sich dahin zu bemüehen, daß man so wenig, als
es immer sein könde, von demselben den außwertigen cronen verwillige,
und zwar nit iure allodii, sondern iure feudi. Dardurch dann die außwertige
cronen solchergestalt zu vinculiren, daß sie ihren gepürenden respect gegen
Ihre Kayßerliche Mayestät und daß reich yederzeit tragen, auch die onera
contributionum abstatten müßen, damit nit andern ständen des reichs
dieselbe zuwachßen.
Kursachsen sähe es lieber, wenn man der neuen französischen Forderung enthoben wäre.
Wann aber der frieden uf keine andere maß zu schließen alß durch con-
cession dießer forderung und die herrn Frantzösische plenipotentiarii sich
dahin vernehmmen laßen, daß dießes ihr ultimum postulatum sein solte
und daß sie nichts quoad proprietatem, item quoad iura superioritatis und
waß deme anhengig, von dießem bischthumb und vestung begehren wolten,
so würden Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Sachßen sich von dem
maioribus hierinnen nit separiren, sondern, daß man die bewilligung thete,
consentiren. Es würden aber auch die herrn Frantzösische plenipotentiarii,
inmaßen von Churbayern gedacht worden, dahin zu erinnern sein, daß
sie die befürderung thun helffen mögten, damit auch mit der cron Schweden
richtigkeid getroffen und also der völlige frieden dem heyligen reich er-
worben werden mögte.
Kurbrandenburg . Sie hetten zwar dießer Sachen halber keinen special-
bevelch , daß Philipsburg den Frantzoßen zu uberlaßen, sondern allein
dießes, daß sie alles verrichten helffen solten, waß zu befürderung des
friedens dienlich und von den herrn vorstimmenden nutzlich erachtet
werden solte, uf welchen fall sie sich zu conformiren und davon nit zu
separiren. Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg […] mögten
auch wünschen, daß keinem stand wegen seiner landen ichtwas praeiudi-
cirt , sondern vielmehr daß reich in seinem wohlstand und flor erhalten
werden mögte. Es hette aber die erfahrung geben, daß die cronen ohne
satisfaction sich zum frieden nit bewegen laßen werden; und wehren under-
schiedliche provintzien in vorschlag kommen, auch von Kayßerlicher Maye-
stät albereit einige offerten den cronen beschehen, maßen dann Ihr Gne-
digster Herr dabey auch schmertzlich vernohmmen, daß den Schweden
Pommern offerirt worden. Dieweiln aber Seine Churfürstliche Durchlaucht
der meinung, es werden die ständ nit gemeint sein, einigen stand, sonderlich
ihro, hierdurch etwas abzuvotiren, alß hetten sie diesselbe ersuchen laßen,
sich bey Schweden zu interponiren, maßen sie dann darumb hiemit nach-
mahls pitten theten. Solten nun einige provinzien müßen gegeben werden,
so seyen höchstgedachte Ihre Churfürstliche Durchlaucht der meinung, mit
den cronen so genaw alß müglich zu handlen.
Daß nun Franckreich ohne zurücklaßung Philipsburg keinen frieden zu
schließen gedencke, da wehren zwar underschiedliche rationes dagegen
anzuführen, warumb solches nit zu willigen; sonderlich würden dardurch,
wie Maintz angeführt, die benachparte ständ incommodirt werden. Wehre
auch zu besorgen, wenngleich der fried mit Franckreich geschloßen werden
solte, daß doch hiernechst solcher orth wider zu newen motibus ursach
geben dörffte. Dieweiln gleichwohl ohne uberlaßung Philipsburg kein fried
zu hoffen, so werde zu consideriren sein, ob nit beßer seye, solchen orth zu
uberlaßen alß dardurch die gantze friedenstractaten zu zerschlagen. Solte
nun dießes daß extremum sein, so werde Ihr Gnedigster Herr es auch
dahin stellen, daß es beßer sein werde, solchen orth, bevorab wann es mit
vorbehalt der landsfürstlichen obrigkeid beschehen könne, zu uberlaßen.
Hiebey werde auch zu bedencken sein, ob nit auch daß dhombcapitul zu
Speyer darin zu consentiren; so hette man auch den cronen allein alles iure
feudi zu uberlaßen, dardurch die cronen verursacht würden, einen respect
gegen Ihre Kayßerliche Mayestät zu tragen,
consilia nit zu führen und also alles, waß im reich verglichen würde, auch
ihrestheils genehmzuhalten.
Hielten also schließlichen davor, wann die herrn gesanden solche uber-
laßung dem reich zuträglich zu sein erachten würden, Ihr Gnedigster Herr
sich davon nit separiren werde. Und verglichen sich im ubrigen mit den
herrn vorstimmenden, daß die cron Franckreich, wann die tractaten mit
derselben geschloßen, zu ersuchen,
rungen ab- und, daß sie sich zu pilligen mitteln lencken wolten, zu er-
mahnen . Versehen sich, chur-, fürsten und ständ solches anderst nit, alß
wie es dem reich zum besten gemeint, verstehen werden.
Kurmainz . Sie hetten auß der herrn Churtryrischen voto vernohmmen,
daß über Speyer und Philippsburg zwischen dem Kurfürsten von Trier und Frank-
reich bereits verhandelt und es von kurtrierischer Seite aus allschon ein abge-
handlete und richtige sach wehre. Sie könden auch auß der herrn Chur-
cölln- , -bayr-, -sachß- und -brandenburgischen abgelegten votis anderst
nichts abnehmmen, alß daß dieselbe sambt und sonders uber die in der
proposition gestelte frag der meinung, wann die cron Franckreich von
dießer ihrer praetension des iuris praesidii nit zu weichen, sondern ehender
die tractaten zerschlagen und den krieg vortzustellen gedächte, daß uf
solchen fall viel räthlicher sein werde, in solche begehrte protection und
ius praesidii zu willigen alß lenger im krieg zu stecken. Da es nun mit der
herrn vorstimmenden ietzteröffneten votis dieße und keine andere mei-
nung habe, so mache sich daß conclusum per maiora von selbsten, daß
nemblich den Kayßerlichen gesanden einzurathen, dieß der cron Franck-
reich weitaußsehendes suchen soviel mensch- und müglich zu decliniren,
da aber ohne deßen verwilligung zum frieden nit zu gelangen, daß alßdann
in dem nahmen Gottes beßer sein werde, weil ohnedaß res nit mehr integra,
neben anderm auch dieß postulatum, yedoch uf gewiße maß, nachzusehen,
alß lenger im bluetigen, alles verzehrenden krieg steckenzupleiben.
aber mit der herrn vorstimmenden geführten votis ein andere meinung
haben, so werde a parte directorii gepetten, ehe den herrn Kayßerlichen
gesanden daß conclusum eröffnet werde, solches ietzo zu erleutern.
NB tacuerunt et adprobarunt conclusum omnes.
Dießem nechst und soviel Ihre Churfürstliche Gnaden zu Maintz belangen
thete, alß welche bey dießem werck der nachparschafft halber fast ahm
meisten interessirt, da befinden sie sich noch zur zeit hierüber nit instruirt,
dahero sich auch in nichts haubtsachliches vernehmmen laßen könden.
Gelebten gleichwohl der tröstlichen hoffnung, dafern ohne zurücklaßung
der vestung Philipsburg, soviel die protection betrifft, kein frieden im
heyligen Römischen reich zu erhalten, daß höchstgedachte Ihre Churfürst-
liche Gnaden sich hierinnen von dero herrn mitchurfürsten, wie schwehr
es ihro auch fallen dörffte, nit separiren, sondern auch ihresorths in die
begehrte protection und ius praesidii, gleichwohl mit vorbehalt der lands-
fürstlichen superiorität, willigen würden. Wobey gleichwohl sie in alle weg
nöthig zu sein erachten theten, daß hierüber ein hochwürdiges dhomb-
capitul des stiffts Speyer zu hören und entweder vermittelst der Kayßer-
lichen herrn plenipotentiarien oder durch sonsten yemanden deßen consens
einzuholen; wie dann wenigers nit dahin sorgfaltiglichen zu sehen sein
mögte, daß dieße Kayßerliche und des reichs einwilligung daß extremum
und uber solches a parte Franckreich weder vor sich noch die Heßen Cas-
selische fraw wittib noch auch die militia ichtwas ferner gesucht, sondern
bey dießer einwilligung ein vor allemahl sein bestendiges verpleiben haben,
die friedenstractaten darauf geschloßen, und von den herrn königlich Frant-
zösischen plenipotentiariis bey der cron Schweden alle guete officia ein-
gewendet und auch daselbst und also durchgehend der fried im heyligen
Römischen reich erhebt werden möge. Zwar wehre der herrn vorstim-
menden meinung nach höchlich zu wünschen, daß ein yeder stand bey dem
seinigen, absonderlich Ihre Kayßerliche Mayestät bey dero Elsaßischen
erblanden, Churbrandenburg bey dero hertzogthumb Pommern und andere
von aller satisfaction befreyhet pleiben und also daß Römische reich unzer-
gliedert beysammen erhalten werden könde. Dieweiln aber anderergestalt
der fried nit zu erhalten und man durchgehend der meinung, daß beßer seye,
etwaß zurückzulaßen alß lenger im krieg steckenzupleiben, so werde man die
sach Gott bevehlen und dahin sehen müßen, damit mit den cronen so
genaw alß immer müglich gehandlet werde. Und könden auch ihrestheils
dahingestelt sein laßen, daß die Kayßerliche herrn gesanden erinnert werden,
alles dahin zu richten, damit die zuerücklaßende stück von Ihrer Kayßer-
lichen Mayestät und dem Römischen reich iure feudi recognoscirt und der
respect allerseits erhalten werde. Und weiln man nunmehr allerdings einig,
deputatos dießes conclusum zu hinderpringen, wobey sie dann die herrn
gesanden samt und sonders erinnert haben wolten, hierin gepührendes
silentium zu halten, damit den Frantzosen solches nit vor der zeit und ehe
zwischen den Kayßerlichen und ihnen hierüber tractirt würde, offenbahr
und also andere puncten hernacher desto schwehrer gemacht werden.
Nach abgefastem concluso ist vor rathsamb angesehen worden, den Kay-
ßerlichen herrn gesanden volgende erinnerungen zu thun, so auch in dem
Maintzischen voto mit wenigem angeführt worden ,
1º daß alles, waß beyden außwertigen cronen pro satisfactione eingeraumbt
wird, da sie anders darzu zu bewegen, von Ihrer Kayßerlichen Mayestät
und dem reich iure feudi recognoscirt werde,
2º daß zu verhüten, damit uber die eingewilligte Philipsburgische pro-
tection der Heßen Cassellischen fraw wittiben einige satisfaction absonder-
lich von den geistlichen chur- und fürstenthumber nit gewilliget werde, so
auch auff die militia zu verstehen,
3º daß alle ubrige zu befürderung des friedens dienende puncta ehistens
adiustirt und also in allem richtigkeid getroffen werde,
4º daß die uber Philipsburg eingewilligte protection und ius praesidii zu
keiner gefährlicher nachvolg und sonderlich auf den ertzstifft Tryr, Prim,
Weißenburg, Maximin
Die päpstliche Übertragung der Reichsabtei St. Maximin in Trier an den Kurfürsten von Trier
1624 war vom Kaiser nicht bestätigt worden; während der Besetzung des Erzstifts durch die
Franzosen 1632 nahmen selbst diese, wie vorher die spanischen Truppen, die Abtei gegen Philipp
Christoph in Schutz ( Knipschaar S. 8f., 33).
thumb und landen nit gezogen, sondern dießfals guete vorsehung gethan,
einige bawcosten von der statt oder ertzstifft Tryr nit gefordert, die Frant-
zösische völcker daselbsten und sonsten allerorthen abgeführt und alles in
dem stand, wie es vor anfang dießes unsehligen kriegs geweßen, gesteh und
gelaßen werden möge.