Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
[39.] Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 Juni 13
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Münster 1646 Juni 13
Kurtrier zA = Druckvorlage; damit identisch Kurtrier spA p. 800–806. Vgl. ferner
Kurmainz Rk FrA Fasz. 14 nr. 40 ( damit identisch Kurmainz Rs FrA Fasz. 15 ); Kur-
köln zA I fol. 234’–236 ( damit identisch Kurköln spA II fol. 510’–514’ und Kurköln
zA Extrakt fol. 21’–22 ); Kurbayern K III fol. 350’–353’.
Sicherheit und Unterhalt des Reichskammergerichts. Beschluß des Osnabrücker Fürstenrats dazu:
Neutralität für Speyer und das Gericht, Verschiebung der Strafprozesse wegen säumiger Unter-
haltszahlung , Judencapitation. Spanischer Generalpaß. Opportunität der Beschwerde bei Frank-
reich .
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
Am 2. Juni ist der Mehrheitsbeschluß über Sicherung und Unterhalt des Reichs-
kammergerichts bis zur Osnabrücker Stellungnahme vertagt worden. Nach Mel-
dung Richterspergers, die gestern diktiert worden ist, haben dort die Fürstlichen
beschlossen
Vgl. Protokoll des Fürstenrats Osnabrück vom 11. Juni 1646 mit Conclusum (Druck Meiern
III S. 533–538 ): Beratung über das Beschwerdeschreiben des Reichskammergerichts vom 12. Mai
1646 ( ebd. S. 122f.).
der cron Franckreich plenipotentiariis uber daß von dem commendanten
zu Speyr ertheiltes patent erclehrungh begeren, dabenebenst auch die
herren Spanische belangt werden möchten, womit nicht allein von dem
gubernatoren zu Franckenthal die auffhaltende 22 malter früchten restituirt,
sonderen auch ein generalpaß vor daß löbliche camergericht ertheilt werde;
darin man allerdings eins, außerhalb Trier undt Cöln wegen der Juden-
capitation , darauff gleichwoll die maiora im chur- undt fürstenrath alhie
und zu Osnabrüg außgeschlagen, alß verhoffet, wahn Ihre Churfürstliche
Gnaden undt Durchlaucht zu Trier undt Cöln verstehen werden, daß es
nuhr auff ein eintziges mahll angesehen undt den landtschafften ohnedem
zum besten gereicht, sie werden sich hierzu auch gern bequemben.
Uberdieß seindt von den fürstlichen zu Osnabrüg zwo erinderungen
beschehen, daß die herren bey allen kriegenden theillen sich bewerben
wollen, damit der statt Speyr undt dem camergericht sicherheit möge
geschafft werden, und daß pro 2 do Kayßerlicher Mayestät einzurathen, sie
wollen bey dem camergericht die versehungh thun, damit daßelbe gegen
die ständte, welche wenigers nit alß daßelbe durch daß kriegsweßen ver-
derbt , mit geschwinden executionsprocessen nicht verfahren solle.
Will uber die Judencapitation Trier undt Cöln, wie auch andere puncten sie
undt reliquos vernemben, ob die beide erinderungen dem guttachten ahn
Ihre Mayestät einzurücken.
Kurtrier . Repetit propositionem undt laßet sich gar woll gefallen, wahn
die statt Speyr undt daßiges camergericht konten allerdings befreyet
werden; ist vor diesem ahn seithen Kayßerlicher Mayestät undt Churbaye-
rens difficultirt worden, und dorffte sich daßmahll die cron Franckreich
wegen deß paß auff Philipßburg weigeren. Dieser bedencken halben ist
man vordem auff daß temporale remedium wegen der salvaguardi gefal-
len , will mans doch tentiren, solle Churtrier nicht zuwieder sein. Wahn
man aber dieses biß zu dem frieden auffschieben will, ist zu hoffen, es
werden sich die herren camerales gern bequemben. Waß wegen der exe-
cution erindert, laßet sich gleichergestalt belieben undt kan camera umb
so beßer acquiesciren, weillen von Kayßerlicher Mayestät die ständte erin-
dert werden sollen, mit allem fleiß die schuldigkeit beyzutragen.
Wegen der Judencapitation ist Ihrer Churfürstlichen Gnaden die notturfft
zugeschrieben worden, darauff aber noch keine anthworth erfolget. Hoffen,
sie werden ein so geringes nicht difficultiren, mit erbiethen, die einlangende
resolution gebührendt anzuzeigen.
Kurköln . Ihre Fürstliche Gnaden haben wegen der Juden gleich wie Trier
geschrieben, undt werde die anthworth mit nechstem erwartet. Wollen
nachmahllige erinderung thun, gentzlicher hoffnungh, es werden sich Ihre
Churfürstliche Durchlaucht nicht separiren, sonderlich, wahn der Juden
vorschuß den landen zum besten kompt.
Die zwo fürstliche additiones belangendt, wehre zu wünschen, es könte
die befreyungh vor statt undt camergericht zugleich erhalten werden,
wie von Trier gar woll angeregt. Wehre dahero die clausul zu laßen, daß
sich die herren Kayßerliche darumb bewerben sollen; wahn es sich aber
steckt, so wehre es zum wenigsten vor daß camergericht allein zu befür-
deren .
Gnaden in particulari begegnet, daß, also sie in exilio geweßen, der fiscus
usque ad bannum gegen sie procedirt, darauff, alß sie indignitatem rei
ahn Kayßerlichen hoff remonstrirt, inhibitio erfolget.
Kurbayern . Erhofft Sekurität immer noch vom Fortschritt der allgemeinen Ver-
handlungen . Nur wenn der Friede sich verzögert, wirdet man de translatione aut
neutralitate reden müßen. Wehre derowegen noch zur zeit praematura res
undt noch in etwaß einzustellen.
In puncto salarii repetit anteriora vota wegen der Judencapitation, undt
daß umb so mehr, weillen Trier und Cöln auch darzu scheinen, zu derselben
zu incliniren, sich vergleichendt, daß Kayßerlicher Mayestät zugeschrieben
werde, camergericht zu vermahnen, daß es die unvermögende ständte
mit den achtserclerungen nicht ubereyllen solle.
Kurbrandenburg . Seye unnöttig, viell zu repetiren, sonderen will die
meinung kürtzlich anzeigen, und zwar quoad securitatem solle nichts
underlaßen werden, so zu erhaltung der heylsamben justici ye ersprießlich,
die salvaguardi vor statt undt camergericht möchte bey Kayßerlicher Maye-
stät undt Franckreich woll practicable sein. Stehet aber ahn, ob Franckreich
derzeit zu der neutralität verstehen werde. Kahn es doch erhalten werden,
will sich gern vergleichen, wie auch mit Cöln conformiren, daß, wahn die
salvaguardi nicht zugleich auff die statt undt camergericht zu erhalten,
dieselbe auffs wenigst vor daß camergericht allein zu procuriren.
In puncto salarii additur, daß dieyenige chur-, fürsten undt stände, welche
weniger nit alß Speyr gelitten, mit der execution nicht zu hart sollen
beschwerdt, welches ia aller billigkeit gemeß, undt solle bey ahnmanungs-
schreiben in acht genohmben werden; undt weillen pro 3 tio daß ordinarium
nicht beylanget, so wehre der vorschlagh wegen der Juden, wie alhie undt
zu Osnabrug resolvirt, zu amplectiren, insonderheit, weillen es kein conti-
nuum , sonderen semel pro semper ist. Der von den Juden vorschießende
goltsgulden oder reichßthaler müste den ständen ahn ihrer quot nicht abge-
hen , sonderen, weillen es ein absonderliches regal vom reich, Juden haben,
demselben zum besten gedeyen.
Kurmainz . Befindet in den votis eine sonderbahre discrepantz nicht,
zumahlen Trier undt Cöln Hoffnung auf Zustimmung machen. Quoad securita-
tem ist man nachmahls der meinungh, daß den tractaten zuzuwarten. Ver-
gleicht sich damit, undt kan dieses camerae Imperiali respondirt werden.
Erfolget aber der friede nicht, will man nit underlaßen, ante dissolutionem
huius conventus auff ergiebige mittell bedacht zu sein. Stehet ahn, ob vor
die statt Speyr die neutralität werde zu erhalten sein; Kayßerliche Mayestät
undt Churbayeren habens vor diesem difficultirt, dha fieleicht Franckreich
darzu verstanden hette. Zweiffelt aber sehr, ob selbige cron es ietzunder
thun werde, undt wirdet camera keine ursach zu clagen haben, wahn sie
bey der salvaguardi maintenirt wirdt.
Ratione salarii ist man fast einer meinungh, ausserhalb daß Trier undt Cöln
sich auff bescheidt beziehen; weillen doch die maiora mit dem fürstenrath
eins, so will daß bedencken auffsetzen undt ehist den herren Kayßerlichen
uberliefferen
Mit Schreiben vom 17. Juni 1646 empfahlen die Reichsstände dem Kaiser die Judencapitation
(Druck Meiern III S. 543 –545).
Wegen der Frantzösischer erclerungh uber daß patent undt Spanischen
paßes ist in votis nichst vermeldet worden.
bey voriger erclerung sein bewenden haben, daß es nemblich per ordinarios
den herrn Kayßerlichen anbracht werde; stehet wegen der fruchten ahn,
weillen dieselbe umb Franckenthall gantz ruinirt, deßgleichen auch bey
dem anbringen bey den herren Frantzoßen, weillen noch zur zeit keine
clagh einkomben, will sich doch gern conformiren.
Kurtrier . Ist vorhien beschloßen, daß wegen deß generalpaßes per Caesa-
reos Spanien solle belangt werden, darumben keine meldungh davon
beschehen. Wirdet die restitution der 22 malter früchten geweigert, muß
mans geschehen laßen, undt siehet doch daß camergericht, daß man sich
seiner alhie pro possibili angenohmben.
Ad 2 d um wirdet nicht geclagt, daß camerae einig ungleich wiederfahren,
sonderen besorget sich deßen allein, weillen daß patent general. Hette
derowegen darfurgehalten, wahn ohnedem die herren mediatores eines bey
den herren Frantzösischen plenipotentiariis zu thun, daß sie ihnen daß
patent vorweyßen undt die erclehrungh mit gütter manir hetten begeren
können.
Kurköln . Repetit votum Trevirense.
Kurbayern . Repetit daß vordem abgelegte votum,
salvaguardi woll genoßen, möchte es incivil sein, wahn man sich ohne
ursach beclagte, der commendant dörffte es auch empfinden. Zudem ist auch
vorhien beschloßen, daß secuta pace die evacuation mit gutter ordre
geschehen solle. Wegen der früchten undt paßes vergleichet sich mit vor-
stimbenden .
Kurbrandenburg wie Trier undt Cöln.
Kurmainz . Deßgleichen, et ita concludit.