Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
34. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 Mai 5
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Münster 1646 Mai 5
Kurmainz Rk FrA Fasz. 14 nr. 39 = Druckvorlage; damit identisch Kurtrier zA, Kur-
trier spA p. 614–618. Vgl. ferner Kurmainz Rp FrA Fasz. 14 ( ohne Proposition und
Conclusum ), Kurköln zA I fol. 227–228 ( damit identisch Kurköln spA II fol. 494–496,
Kurköln zA Extrakt fol. 20’); Kurbayern K III fol. 10’–15 ( damit identisch Kurbayern
Rs in K III fol. 330–334 ).
Zeremoniell für den mantuanischen Gesandten. Seine Zulassung im Reichsfürstenrat.
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurköln, Kurbayern, Kur-
brandenburg .
Mantua war vertreten durch Francesco Nerli conte Valdery und Girolamo conte Sannazaro
( APW [ III D 1 S. 347 ] ). Die Gesandten zogen am 4. Mai 1646 ein; Trauttmansdorff weigerte
sich, ihnen die erste Visite zugeben, da Mantua dem Kaiser untertan sei ( Nég. secr. III S. 220,
233). Vgl. auch H. Becker , Speyerer Reichstag S. 29–33, dza Rep. 12 nr. 136 b III fol, 26.
angelangt und bey ihnen daß praedicatum
stünde anietzo zu deliberiren, ob ihme hierin zu willfahren und wie man
sich sonsten der visiten halber zu verhalten.
Kurtrier . Hatt sich vor dem rathgang beym directorio entschuldigen
laßen, daß sie dießmahl wegen vorgefallener verhinderung nit erscheinen
können, dabey gleichwohl bedeutet, daß sie sich mit demienigen, waß
hierin per maiora geschloßen werde, gern conformiren wolten.
Kurköln. Es hette der Mantuanische gesande albereit vor sechs tagen
Ihrer Fürstlichen Gnaden von Oßnabrück seine ankunfft durch secretarium
notificiren und beneben begehren laßen,
sander duc de Longeville sich erpotten, ihme die gutschen entgegenzu-
schicken , ob Ihre Fürstliche Gnaden dem hauß Mantua zu ehren ein
gleichmeßiges thun wolten
ein particulier ihre schuldigkeid gern beobachten wolten, weiln sie aber
von Churcöllen zugleich gevollmächtiget, alß müsten zuvor mit andern
churfürstlichen gesanden hierauß communiciren, dann einer ohne den
andern in dergleichen sachen nichts thun dörffte. Wartenberg hat außerdem
erwidert, daß von dem Beschluß der einholung allein durch die nationales, der
gegenüber Frankreich, Spanien und den Niederlanden praktiziert worden sei,
schwerlich abgegangen werden könne. Es wehre auch verglichen worden, wann
die Kayßerliche entgegenschicken würden, daß alßdann auch die chur-
fürstliche gesanden denselben volgen solten; man wüste aber nit, waß
hochwohlgedachte herrn Kayßerliche hierin zu thun gemeint. Wartenberg
wurde geantwortet, daß zwar der Mantuanische gesande dergleichen einholung
zu Oßnabrück ahn graven von Trautmanßdorf begehrt, es hette aber
derselbe zur antwortt geben, weiln er al incognito in die statt kommen und
von niemanden eingeholt worden, also könde er auch solches andern nit
thun, dabey es dann verplieben.
Und nachdemahl derselbe seine ankunfft anietzo den churfürstlichen ge-
sanden notificirt, so werde sich gepüren, daß man zu ihme schicke und
darzu gratuliren laße.
Hinsichtlich des Prädikats und anderer ceremonien soll man Mantua und Sa-
voyen , die beide in Italien in pari gradu tractirt würden, gleich behandeln. Zwar
hette man hierbey auch die Teutsche fürsten zu consideriren; Pfaltz New-
burg , alß welcher vom hauß Bayern wehre
Der regierende Pgf. Wolfgang Wilhelm gehörte der zweibrückischen Linie der Pfalzgrafen an;
er war mit dem Haus Wittelsbach, das 1214 die pfälzische Kur erhalten und sich 1329 in eine
bayerische und eine pfälzische Linie geteilt hatte, nur durch seine bayerische Heirat verwandter
als die übrigen Pfalzgrafen ( Häusser I S. 649ff., 497, II S. 734ff, Spindler III 2 S. 1323ff.,
1456 Tafel VI).
davorhielten, Mantua nit weichen thete, hette dergleichen entgegen-
schickung vor dero gesanden nit gesucht,
23–26 maßen – hetten] Statt dessen in Kurköln zA I, spA II: Man soll sich
nach den Kronen richten; laut Kurbayern K III, Rs empfiehlt Kurköln, legatus
Mantuanus als Ausländer und deswegen, weil die alte Kaiserin und die Königin von Polen
aus mantuanischem Hause sind
Gemeint sind Hgin. Eleonora von Mantua († 1655), 1622 zweite Gattin Ks. Ferdinands II.
( Hübner I 307, 31), und Maria Gonzaga († 1667), verheiratet mit Kg. Wladislaw von Polen
(siehe oben S. [ 396 Anm. 2 ] ).
nischen auch angedeut, der sich aber hinwider vernehmmen laßen, daß
allein die churfürsten ihre gesanden, die fürsten aber nur deputirten alhie
hetten.
Sie vernehmmen, daß ermelter Mantuanische gesander auch sessionem
im fürstenrath begehre.
aber zur antwortt bekommen, daß selbiger hertzog von Kayßerlicher
Mayestät die lehen nit empfangen noch anhero beschrieben worden und
also sich nit qualificirt gemacht; wie es aber mit dem Mantuanischen dieß-
fals beschaffen, seye ihro unbewust.
Kurbayern . Sie wehren derentwegen in specie nit instruirt, wolten aber
nit underlaßen, demnechsten ihrem herrn hiervon relation zu erstatten und
sich bevelchs zu erholen. Sonsten per discursum ginge ihnen zu gemüt, daß
vielleicht andere große fürstliche Teutsche häußer wegen dießer praeten-
dirten ehr jalousie empfangen mögten, dann Östereich, Newburg, Braun-
schweig und andere mehr vielleicht Mantua in der praecedenz nit cediren,
sondern Ostereich und dergleichen ein ebenmeßiges praetendiren würden,
dahero man hierin entweder weit gehen oder ohne praeiudiz nit verfahren
könde.
Mit Savoyen hette man daß absehen gehabt, weiln dieselbe sich nit geringer
alß Venetianer achteten, ihnen auch von den Frantzosen und andern selbige
ehr erwießen worden, so wehre man der meinung geweßen, man werde
auch ein wenigers nit thun können.
Wann der Mantuanische gesande sessionem und votum praetendiren solte,
werden alle dieienige, so im fürstenrath vor ihme sitzen, dergleichen ehr
haben wollen. Sie hetten auß den reichsabschieden nit ersehen, ob derselbe
ihemals alß ein fürst des reichs beschrieben worden und sessionem et
votum gehabt, dahero die beste nachricht von den herrn Kayßerlichen und
Churmaintzischen zu haben sein werde.
Kurbrandenburg . Ratione Excellentiae, visitationis et sessionis allegirten
defectum mandati. Per discursum zu reden, hetten die hertzogen von
Mantua viele privilegia, so die Teutsche fürsten nit hetten, dan dieselbe
macht hetten,
welches den reichsständen nit gepürete. Daß praedicatum Excellentiae
wehre ihme desto mehr zu geben, weiln der Venetianische ambassador auch
damit tractirt werde, dieße beyde aber der praerogativ halber miteinander
certirten. Hingegen wehre auch nit außer consideration zu laßen, waß
Bayern angezogen, daß nemblich die fürsten im reich dem hauß Mantua
nit gern weichen, sondern wenigst da pari tractirt werden wollen.
Die praetendirende session belangend, werden die reichsabschied und
protocolla außweißen, ob Mantua dabevorn im reich session gehabt. Solte
sich solches befinden, hette es seinen gewießenen weg, wehre von selbigen
gesanden zu vernehmen, ob er sich tanquam status imperii oder in waß
qualitas alhie befinde.
Kurmainz . Soviel daß praedicatum Excellentiae belangend, ließen sie
dahingestelt sein, bis die herrn gesanden bevelch erlangt. Die session hette
er zwar bey dem directorio gesucht, wehre ihme aber zur antwortt geben
worden, daß er zuvorhero von Kayßerlicher Mayestät ein außschreiben
beypringen und sich qualificirt machen solte, sonsten wolten sich in den
reichsprotocollis ersehen, ob daß hauß Mantua dabevorn yehmahls einige
session und votum gehabt, und, waß sie befinden werden, den herrn
gesanden hinwieder nachrichtlichen andeuten.