Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
23. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1646 Februar 27
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Münster 1646 Februar 27
Kurmainz Rk FrA Fasz. 9 II nr. 12 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurtrier zA ( damit
identisch Kurtrier spA p. 331–339 ); Kurköln zA I fol. 183’–186’ ( damit identisch Kur-
köln spA I fol. 395–401, Kurköln spA Ib fol. 412–418 und Kurköln zA Extrakt
fol. 16 ); Kurbayern K II fol. 146–152 ( damit identisch Kurbayern spA II p. 353–367 );
Kurbayern Rp II.
Kurbrandenburgs Forderung nach Zusammentritt des Kurfürstenrats in Osnabrück. Die fürst-
lichen Primargesandten beanspruchen den Vorrang vor den kurfürstlichen Sekundarien: Rang-
verhältnis der Kurfürsten zu andern europäischen Herrschern und Staaten, Gleichstellung aller
Mitglieder einer kurfürstlichen Gesandtschaft. Kompromiß zum Vorteil der Verhandlungen oder
Beharren auf dem kurfürstlichen Präzedenzanspruch?
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurtrier, Kurköln, Kur-
bayern , Kurbrandenburg.
16 Kurmainz ] In Kurköln zA I, spA I, Ib, Kurtrier zA, spA (dort als eigene sessio
bezeichnet) und in Kurbayern K II, spA II zusätzlich: Vor ankunfft der herrn Chur-
brandenburgischen bringt der kurmainzische Kanzler vor, daß Wittgenstein unter Beru-
fung auf den Kurfürstenratsbeschluß von 1636 verlangt hat, Kurbrandenburg müsse in Osna-
brück mit Kurmainz zusammen beraten und im Namen des gesamten Kollegs auftreten. Die
kurfürstlichen Gesandten stellen daraufhin einmütig fest, daß bei Anwesenheit des Kommit-
tenten , nämlich hier des Kurkollegs selbst, die commissio für einzelne Deputierte des Kur-
kollegs erloschen ist und Kurbrandenburg der Auftrag und die Instruktion seitens der übrigen
Kurfürsten fehlen, an ihrer Stelle zu entscheiden, zumal nicht in den religionssachen;
den Kurbrandenburgern ist allenfalls zu gestatten, ihr Einzelvotum dem Fürstenrat in Osna-
brück schriftlich einzureichen.
Weiterhin berichtet Raigersperger, daß Wittgenstein über das jüngst abgelegte kurbayerische
Votum sowie wegen der herrschaft Hachenburg
Hachenburg im Westerwald war kurkölnisches Lehen im Besitz der Grafen von Sayn-Wittgenstein,
wurde 1636 nach dem Tod des Gf. Ludwig von Sayn-Wittgenstein vom Kurfürsten von Köln als
erledigtes Mannlehen eingezogen, dem Bischof von Osnabrück übergeben, von osnabrückischen
Truppen besetzt und aufgrund des Westfälischen Friedens der gräflichen Familie von Sayn
restituiert ( Städtebuch IV S. 151, Handbuch 5 S. 124, Grossmann I S. 11, 43, 47f.,
62).
Freyßberg
Gräflich Saynsche „Grenzburg, Residenz“ und Herrschaft an der Sieg im Westerwald (heute
Krs. Altenkirchen). Freusburg war seit 1378 Lehen des Erzstifts Trier, wurde gegen wittgen-
steinschen und kurpfälzischen Protest von Gf. Heinrich IV. von Sayn († 1606) für 35 000 fl.
an Kurtrier verkauft, 1606 gegen wittgensteinische Erbansprüche von Kurtrier besetzt, 1626 vom
Reichskammergericht Kurtrier ganz zugesprochen, 1627 rekatholisiert. Von schwedischen Truppen,
die die Freusburg 1636 eroberten, gewannen kurtrierische Truppen die Herrschaft 1637 zurück
und hielten sie 1643 gegen erneuten schwedischen Ansturm. 1652 erhielt Gfin. Louise Juliana
von Sayn (regierend 1632–1652) das Amt Freusburg gegen Abtretung anderer Gebiete an
Kurtrier ( Spies S. 83–88, Grossmann I S. 66, II S. 145, Zedler 9 Sp. 1838f., Hand-
buch 5 S. 105f.).
Ib, zA Extrakt die folgende Proposition allerdings wesentlich kürzer wiedergegeben.
ratsdirektoren Österreich und Salzburg gestern erfahren haben, daß von den fürst-
lichen hauptgesanden denn churfürstlichen secundariis die bißhero gehabte
praecedenz hette strittig gemacht undt der vorzueg der fürstlichen prin-
cipalgesanden vor den churfürstlichen secundarien behauptet werden
wolte.
Zweifellos werden sich die kurfürstlichen Gesandten erinnern, daß beim Regens-
burger Reichskonvent 1641 und beim Frankfurter Deputationstag noch den kur-
fürstlichen Sekundarien nit allein bey mahlzeitten, begräbnusßen undt andern
offenen actibus die praecedenz guetwillig verstattet, sondern auch die
sessiones und der vorsitz yederzeit gegeben undt zugelasßen worden seye.
Ob nun bey so bewanden sachen denn fürstlichen principalgesanden zu
weichen, würdte bey gegenwertiger session davon zu reden sein, damit nit
ein yeder praesumiren möge, alß ob man diesem nachgegeben; pliebe
solchem nach zum nachdencken gestelt, wesßen man sich hierüber endt-
lichen vergleichen mögte.
Kurtrier . Heften vernohmmen, warumb dieser rathgang angesagt worden
[…]. Wehren zwar diesfals nit instruirt, hielten aber, daß gleich andern
ihnen gesanden zu attribuiren, was ihnen vermög herkommens gepürete.
Da der Kurfürst von Trier seit dem Frankfurter Kompositionstag von 1631
Der Frankfurter Kompositionstag, der unter Vermittlung Hessen-Darmstadts für den 3. August
1631 einberufen wurde und vom 15. September bis 14. Oktober 1631 tagte, war eine außerordent-
liche Reichsversammlung, weder Reichs- noch Deputations- noch Kurfürsten- oder Reichskreistag:
Hier waren die Protestanten gegen Aufhebung des Restitutionsediktes zur Anerkennung des
Geistlichen Vorbehalts und zur Garantie des geistlichen Besitzstandes nach dem Normaljahr
von 1620 bereit ( Frohnweiler S. 29f. mit Literatur, Gebauer S. 186–207).
keinen Reichs- oder Kollegialtag mehr besucht hat, können sie zu den von Kurmainz
angeführten Beispielen nichts sagen. Damals ist nicht strittig gewesen, daß die
churfürstliche allen vorgangen, in particulari erinnert sich der kurtrierische
Kanzler aber noch gar wohl, daß als anno 1629 die catholische liga eine
abordnung, dabey das collegium electorale vier, dan Würtzburg undt Eich-
stett auch ihre gesanden gehabt, ad Caesarem gethann
Der Heidelberger Ligatag von 1629 beschloß, den Kaiser um Einberufung eines kurfürstlichen
Kollegialkonvents zur Herbeiführung des Friedens, um Abstellung der Kriegsbeschwerden und um
weitere nur indirekte Unterstützung Spaniens seitens des Reichs zu bitten. Zu diesem Zweck
wurde eine Gesandtschaft vorgesehen, die Abgeordnete der Kurfürsten von Mainz, Köln, Trier und
Bayern, der Bischöfe von Würzburg und Eichstätt umfaßte; sie verhandelte vom 21. Mai bis
zum 28. Juni 1629 in Wien ( BuA II 4 nr. 259 S. 336, nr. 297 S. 373–408, Albrecht
S. 233f., Hurter , Geschichte Wallensteins S. 306–312, Häberlin 26 S. 14–17, Theatr.
Europ. II S. 47–53, Hurter III S. 261–263).
im gehen also gehalten worden, daß zwar
1–2 dem – cavaglier] Laut Kurbayern K II ( Zusatz von J. Adolf Krebs ), spA II
einer von Tüngen, das dahmahligen herrn dhumbprobst zue Würtzenburg bruder
Von den Brüdern des Würzburger Dompropsts Conrad Friedrich I. von Thüngen (1579/80–
1629) ( Thüngen II S. 1–10) könnte allenfalls Neidhard IV. von Thüngen (1580–1634),
zunächst würzburgischer Rat und Amtmann, dann schwedisch-sächsischer Amtmann, in Kriegs-
diensten der Liga und dann Gustav Adolfs ( Thüngen II S. 10ff., 42–55, Bucelinus IV
S. 281) aus dem reichsritterschaftlichen fränkischen Geschlecht der Thüngen, erblichen Unter-
truchsessen von Würzburg ( Kneschke 9 S. 203–206, Zedler 43 Sp. 1816ff., Siebmacher
I 5 1 S. 7, II 1 S. 60), in Frage gekommen sein. Die adligen Teilnehmer Würzburgs am Heidel-
berger Ligatag waren allerdings Caspar von Than, fl. würzburgischer Geheimer Rat, Hofmeister
und Amtmann zu Arnstein ( Forst nr. 281 S. 283; vgl. Zedler 41 S. 1706, Kneschke
9 S. 130) und Veit Gottfried von Werdenau, Geheimer Rat und Domdechant von Würzburg
( Theatr. Europ. II S. 47, Hopf I 1 S. 56, hstam I 30 j. Krieg nr. 230 II).
alten undt vornehmen cavaglier vor theils churfürstlichen, yedoch mit der
reservation, daß es ohne praeiudiz geschehen solte, die ehr gegeben worden,
der fürstlich Eichstettische aber allen andern nachgangen.
Es sagten die fürstliche, daß nit mehr dan 7 und nit 14 oder mehr chur-
fürsten wehren. Ihre Kayserliche Mayestät wehren auch nur eine persohn,
hetten gleichwohl verschiedene gesanden undt würdten alle gleich gehalten,
wie dann auch die königliche gesanden sich ebenfals nit trennen liesen.
9 würden] Laut Kurbayern K II ( Zusatz von J. Adolf Krebs ), spA II weist Kurtrier
danach noch darauf hin, daß die kurfürstlichen Gesandten in crafft ihrer gemeiner pleni-
potentz alle hochwichtige negotia tractiren, also seye auch billich, das man den
secundariis in diesen bagatellen die ehr auch gönne, das sie also die commoda cum
incommodis et laboribus tragen.
so wehren auch absonderliche consilia, undt hette dieses mit dem fürsten-
rath keine gemeinschafft. Vernehmen sonsten, daß sie fürstliche sich er-
klärt , alle primarios vorgehen zu lasßen; wann nun diesem also, so folgte
consequenter, daß die fürstliche secundarii den stättischen primariis auch
nachgehen müsten, zumahlen es auch diversa consilia wehren. Endlichen
wolten sie, weilen wie gemelt Ihre Churfürstliche Gnaden zu Trier […]
in etlichen zeitten hero einige gesandtschafften zu denen vor gewesenen
conventibus nit geschickt undt dahero keine eigentliche nachricht hetten,
der herrn nachstimmenden vernünfftige vota gern anhören.
Kurköln . Es erhielten sich underschiedliche considerationes, undt zwar
erstlich, wie im Churtrierischen voto erwehnet, obwohlen der Kayßer-
lichen mehr alß einer, so würdte ihnen doch gleiche würde adhibirt wie
auch Spannischen und andern cronen, denen die herrn churfürsten vermög
der güldenen bull wolten gleich gehalten werden. Man sehe doch ein
gleichmasßiges von andern praetendiren, als zum exempel den Staden
undt Holländern, warumb solten dann die herrn churfürsten deterioris
conditionis sein undt nit eben daßyenige recht haben. Frembdt wehre es zu
vernehmmen, daß man den churfürsten disputiren wolle, wehn undt wie-
viel sie schicken wolten. In den gewalt pflegte sambt und sonders gesetzt
undt kein division noch distinction gemacht zu werden; wan sonsten die
herrn fürstliche keine rationes gelten lasßen wolten, solte ihnen dieses allein
nachdenckens veruhrsachen, daß nehmblichen daßyenige, so sie ahn die
churfürstliche suchen, daß solches auch von gräfflichen undt stättischen der
praecedenz halber ihnen zugemuetet werden dorffte.
8–11 2º – lasßen] Abweichend in Kurköln zA I, spA I, Ib und sinngemäß, aber knap-
per in Kurbayern K II, spA II: Andererseits geben die herrn churfurstliche den
fursten in person in ihr der herrn churfurstlichen behausung die vorhand, auch
machen die kurfürstlichen Gesandten under sich selbst den underschied, daß die pri-
marii erst hindereinanderfolgen und darnach die secundarii.
selbsten, daß zwischen den fürstlichen primariis undt churfürstlichen secun-
dariis underschiedt gehalten worden undt daß ihene bey vorgewesenen
offenen actibus die secundarios vorgehen lasßen; schwebeten also under-
schiedliche rationes vor; weilen sie aber diesfals nit instruirt, könten sie
sich hauptsachlich mit ihrem voto nit heraußlasßen. Da gleichwohl, ehe
ihnen fernere instruction zukommen sölte, ein actus vorgenohmmen werden
müste, so würde inmittels ein temperament, damit solcher nit gehindert
werde, zu finden undt zu ergreiffen sein. Sonsten errinnere man sich auch
nit weniger, daß es diversi modo gehalten worden, undt zwar auf diese maß,
daß der churfürstliche secundarius geringern den fürstlichen primariis
höhern standts zuzeitten gewichen undt vice versa diese denn andern. Man
könte aber alles dieses, biß man sich aigentlichen beschaidts erholet, in
suspenso lasßen; interim aber, wan ein actus vorgenohmmen werden müste,
könten dabey etwan die primarii oder secundarii allein sich einfinden.
Kurbayern . […] Nun wehre die frag, da man anderst in negotiis publicis
nit fortkommen könte undt dieses hinderung pringen solte, ob raisonabel,
daß die churfürstliche secundarii den fürstlichen primariis weichen solten.
Sie bezöhen sich auff daß Churmaintzische directorium, welchem alle actus
publici auß den protocollis bekant wehren, undt würdte man bey aufschlag
undt imitirung derselben leichtlich auß der sach kommen können. Wehren
zwar specialiter nit instruirt, zweiffelten yedoch nit, Ihre Churfürstliche
Durchlaucht die praeeminenz der churfürstlichen hochheit ihro yederzeit
angelegen sein lasßen würden. Die rationes, so von denn herrn vorstimmen-
den allegirt worden, wehren erheblich, in den vollmachten wehren die
gesandtschafften volkommentlich begriffen, also, daß wan ein oder der
ander leibsindisposition wegen nit abkommen könte, daß der ander desßen
stell vertrette, dahero den churfürstlichen keine maß oder ordnung zue
geben. In dem Churcollnischen voto wehre vernünfftig errinnert worden,
daß die Staadische ein exempel geben; in erwegung desßen nun könten die
churfürstliche denn Staaden in der praecedenz nit weichen, es würdte auß
diesem volgen, daß so gestalten sachen nach die churfürstliche secundarii
30 oder 40 fürstlichen nachvolgen müsten. Richtig hat Kurtrier bemerkt, daß
dann auch die städtischen Primargesandten vor einem Teil der Fürstlichen rangieren.
Die Meinung der Kurmainzer ist maßgeblich, weilen alle handlungen ihnen ahm
besten bekant.
Kurbrandenburg . Die rationes wehren in der herrn vorstimmenden
votis vernünfftig angeführt. […] Zu Osnabrugk hette es dieser
praeeminenz wegen gar kein disputat; was nun diesorths recht, wehre
pillig, daß man es auch alhier also halten thete. Hat es mit den angezogenen
Beispielen von den Tagen in Regensburg und Frankfurt seine Richtigkeit, dann ist
iha pillig, demeselben annoch zu
dahien bevelcht, niemandt zu weichen alß den gekröhnten häuptern undt
denn churfürstlichen principalgesanden, auch dahien angewiesen, deß
churfürstlichen collegii praeeminenz auf alle weis und wege conserviren
und beobachten zu helffen. Den Einwänden der Vorstimmenden wissen sie
wenig hinzuzufügen. Einmahl würdte ein grose absurdität ervolgen, wan
diesem des fürstenraths begehren deferirt werden solte, dan was im chur-
fürstlichen collegio nachgeben, solches würdte unfehlbarlich sich auch auf
die fürstliche extendiren, hierdurch aber bey den exteris coronis undt andern
geringen respect veruhrsachen. Man sehe, daß zwischen den Kayserlichen
undt frembden cronen ahn beeden ortten under sich gleichheit gehalten
werde; die Staden selbsten hielten es auch also, warumb dan nit auch die
herrn churfürstlichen. Die vollmachten seyen also eingerichtet, daß darin-
nen stünde, cum potestate substituendi; daß gantze corpus legationis
repraesentirte denn herrn, könte sich dahero nit trennen lasßen, noch ein
mandatarius anderst als der ander gehalten werden. Schlieslichen müste
man nit personam missi, sondern mittentis ansehen, welche mehr seye,
alß der da geschickt wehre; […] und obwohlen dem primario höhere ehr
geschehe, hette es doch damit eine andere bewandtnus undt seine
Ahn ihrem orth hielten sie nit rathsamb, daß man einiges temperament
eingehen oder ahnnehmmen solte, dann hierdurch daß inconveniens, so
man bey den Venedigern undt denn Staaden verhüeten wollen, erst recht
auf die bahn gepracht wurdte.
Kurmainz .
votis, ob nehmblichen die herrn churfürstliche den principalgesanden des
fürstenraths zu weichen, einige discrepanz nit. Nach Meinung Kurtriers,
Kurbayerns und Kurbrandenburgs ist nicht nachzugeben. Kurköln will Instruktion
erwarten und unterdessen einen Kompromiß praktiziert wissen. Churbayern
hette zwar auch gemeldet, daß super hoc puncto nit instruirt wehren,
stelten es aber zur decision undt außspruch des churfürstlich Maintzischen
directorii, denen ex actis et protocollis alle vorgangene actus bekant
wehren.
Sie beziehen sich nochmals auf den Vorrang der kurfürstlichen Sekundarien vor den
fürstlichen Primarien auf früheren Reichs- und Deputationstagen. Nachdemahln
auch Churtrier angezogen, daß nit allein bey dem Kayßerlichen hoff, sondern
auch sonsten actus praeiudiciarii contra principum legatos principales vor-
gangen , von Churbrandenburg mann auch abnehmme, daß zu Osnabrugk
einige difficultet derentwegen sich nit erhalte, undt dann von den herrn
vorstimmenden zu genügen wiederlegt worden seye, daß nehmblichen dieses
kein argument, dardurch die praecedenz a parte principum zu erzwingen,
daß nehmblichen einer genug, die churfürstliche persohn zu repraesen-
tiren , sondern weilen es von den Kayßerlichen, königlichen undt auch den
Staaden also practicirt werde, daß allen gleiche würde angethan undt respec-
tive praetendirt würdte, die herrn churfürsten aber vermög der güldenen
bull den gekrönten häuptern gleich gehalten undt nit geringeres recht dan
andere souverainen und respubliquen von undencklichen jahren herge-
pracht undt possedirt, also daß, wo man in ansehung der erheblichen ratio-
nen wegen nit per unanima schliesen, yedoch zum wenigsten die maiora
machen könte, so wolte mann yedoch mit dem concluso insolang ein- und
zurückhalten, biß Cölln undt Bayern sich deswegen fernern bevelchs erholet.
[…] Heften vernohmmen, daß die herrn Churbrandenburgische der
meinung, man ergreiffe gleich ein temperament, wie man wolle, würde es
dannoch nit ohne praeiudiz abgehen. Nit ohne wehre es zwar auch, daß sie
ebenfals expresse dahien instruirt undt bevelcht, der churfürstlichen hoch-
heit in nichts praeiudiciren zu lasßen, interim aber wehre gleichwohl nötig,
daß man sich eines gewisßen medii undt interims vereinbahre.
Umbfrag, ob undt was dann für temperamenta zu amplectiren.
Kurtrier . Hielten darfür, es mögte diese sach noch zur zeit in formam
conclusi nicht gebracht werden, weilen zu vermueten, wan man eines
machen solte, dörffte solches viel mehr praeiudicir- dan vorträglich sein.
Ihre meinung seye, daß, wan ein actus vorgenohmmen werden müste, man
sich im churfürstlichen collegio underrede undt vergleiche, ob die herrn
principales oder aber die secundarii allein solchen verrichten solten;
könte man sich alsdann pro re nata mit den fürstlichen auch vergleichen.
Sonsten vermeinte, daß auch yedesmahls nötig sein werde, zu consideriren
die persohnen, zu welchen man schicken thete, damit alsdann ein under-
schiedt gemacht werde.
Kurköln . Heften vorhien erwehnet, daß sie nit instruirt, wehre dahero
kein conclusum zu fasßen. Sind dafür, daß man sich jeweils von Fall zu Fall
einigt.
Kurbayern . Theten sich geliebter kürtze halben conformiren, daß yedes-
mals im churfürstlichen collegio deliberirt werden solte, ob die primarii oder
secundarii allein den vorstehenden actum verrichten solten.
Kurbrandenburg . Wegen des temperamenti hetten sie sich bereits erklärt
Hielten solches zwar nit räthlich, weilen sie aber verstünden, daß auf bege-
bende fälle, aber nit in forma conclusi, weilen zu besorgen, daß solches
propalisirt werden dörffte, einiges amplectirt werden solte, so könten wohl
geschehen lasßen, daß man sich yederzeit vergleiche, ob die primarii oder
secundarii solchen actum verrichten solten. Daß aber von Churtrier angeregt
worden, man solte authoritatem personarum yedesmahls consideriren,
solches hielten sie zumahl nit rathsamb.
Kurmainz . Befünden die herrn churfürstliche einer meinung zu sein, daß
nehmblichen zwar kein conclusum zu fasßen, yedoch aber yederzeit hien-
führan sich zu vergleichen, daß bey vorfallenden actibus entweder die herrn
primarii oder secundarii allein sich einfinden solten, wamit sie sich confor-
miren theten.
Finita sessione thate der Churbrandenburgische hauptabgesander, herr
graff von Wittgenstein, gegen denn herrn Churmaintzischen cantzlar in
beysein aller herrn churfürstlichen eine lange sermon, ungevehrlich des
inhalts: Sie Churbrandenburgische hetten vernohmmen, ob solten die herrn
Kayßerliche, in specie aber der herr graff von Trautmansdorff, bey seiner
ahnwesenheit zu Osnabrugk denn herrn Schwedischen plenipotentiariis pro
satisfactione daß hertzogthumb Pommern in nahmen Ihrer Kayserlichen
Mayestät zugesagt haben.
Neben deme nun Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg in
dieses versprechen nimmer gehehlen könten, hetten die Höllander undt
Staaden sich expresse erklärt, wan auch schon Ihre Churfürstliche Durch-
laucht zu Brandenburg dieses eingehen wolten, würden sie doch ihres dabey
mit underlauffenden hoch- undt fürnehmen interesse wegen nimmermehr
darzu verstehen können. Wolten ehe lieber mit Spannien sich vergleichen
undt ihre vires dahien anwenden, damit diese vornehme seehäffen, deren uff
9 oder 10 wehren, auß der Schweden handen undt gewalt gerettet undt bey
yetzigem possessorn erhalten würden, dan vermüetlich sie nach deren
erlangung den commercirenden kauffleuthen grose hinder- und sperrung
sein würden.
Ersuchte dahero in nahmen Ihrer Churfürstlichen Dürchleuchtigkeit die
herrn churfürstliche abgesandte allerseits gepürendt, bey diesfals vorgehen-
den deliberationen daß werck wohl zu erwegen undt dahien es befürdern
zu helffen, damit dieses so ansehentliche fürstenthumb, welches in die 80
meilen wegs sich in die lenge erstrecken thete undt gleichsamb weit besßer
dann die von den Frantzosen praetendirte landtgraffschafft Elsas seye, vom
reich und auß handen Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht nicht entzohen,
sondern vielmehr dahien collimiren werden, auf daß die darin annoch von
den Schweden einhabende orthe undt vestungen Ihrer Churfürstlichen
Durchlaucht zu ihrem besitz undt genosß würcklich wieder abgetretten
undt eingeraumbt werden mögten.
Hierauf ist ihme zur antwort worden, daß man hierüeber ohne allen zweiffel
zuvorhero under den stenden deliberiren müste; undt werdte vermüethlich
ohne deren consens nichts hauptsachlichs geschlosßen werden können.
Würde sehr guet sein, da anderst ihnen es also belieben solte, wann diese
yetzt allegirte rationes und remonstrationes zu papir gebracht undt den herrn
churfürstlichen zu besßerer ihrer nachricht communicirt werden mögten.
Worzu sie sich ex parte Churbrandenburg erpietig gemacht.