Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
4. Sitzung des Kurfürstenrats Münster 1645 September 20 vormittags

2

4. Sitzung des Kurfürstenrats


3
Münster 1645 September 20 vormittags

4
Kurmainz Rk FrA Fasz. 12 = Druckvorlage. Vgl. ferner Kurköln zA I fol. 34’–45
5
( damit identisch Kurköln Rs, Kurköln spA I fol. 64–85, Kurköln spA Ia fol. 70–91,
6
Kurköln zA Extrakt fol. 3’–4’ ); Kurbayern Rp I; Kurbayern K I fol. 112’–146’
7
( damit identisch Kurbayern spA I p. 179–227 ).

8
Zeremoniell bei Proposition der kaiserlichen Responsion, insbesondere Rangordnung bei Einbe-
9
gleitung der kaiserlichen Gesandten und Rangverhältnis zwischen den Vertretern der Kurfürsten
10
und des Kaisers. Zeremoniell auf Kreistagen kein Vorbild für den Kongreß.

11
Antwort der in Osnabrück vertretenen Reichsstände über das Beratungsverfahren. Rechtliche,
12
historische und aktuelle Gründe gegen die Admission von Magdeburg, Hessen-Kassel, Baden-
13
Durlach , Straßburg (Stadt). Mangelnde Legalität der Osnabrücker Reichsberatungen. Her-
14
kömmliche Votenzählung trotz neuartiger Ablegung der Voten an verschiedenen Orten. Vertretung
15
der kurkölnischen Stifter. Paritätische Reichsdeputation. Gültigkeit der Reichsbeschlüsse. Reichs-
16
beratungen und allgemeine Friedensverhandlungen.

17
Gesandtschaften von Kurtrier und Kursachsen stehen aus. Rolle der kaiserlichen Gesandten bei der
18
Übermittlung der Münsteraner Conclusen nach Osnabrück. Drängen auf Herausgabe der kaiser-
19
lichen Responsion.

20
[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurmainz, Kurköln, Kurbayern,
21
Kurbrandenburg.

22
Kurmainz

36
288, 22 –289, 28 proponebat – wollen ] Die übrigen Überlieferungen sind kürzer gehalten;
37
Kurbayern K I, spA I weist die meisten wörtlichen Übereinstimmungen mit der Vorlage
38
auf.
proponebat.

23
Es wolte sich gebühren, denn churfürstlichen hochansehentlichen herrn
24
abgesanden zu referiren, daß dem Fürstenrat folgende materiae ad deliberan-
25
dum gegeben worden wehren: 1. das gestern diktierte Schreiben der Osna-
26
brücker
Fürsten und Stände an die hiesigen fürsten undt stendt

39
Stände Osnabrück an Stände Münster, 1645 I X 4/14 ( Druck Meiern I S. 604–606 ).
auf die von hier
27
aus ihnen communicirte conclusa vom 2. und 4. September

40
Vgl. Conclusum des Fürstenrats Münster, 1645 IX 2 ( mit anschließendem Protokoll ) ( Druck
41
Meiern I S. 580ff. ), 1645 IX 4 ( Druck Meiern I S. 587–589 ), dazu die Bemerkungen der
42
Stände Osnabrück ( Meiern I S. 606 ).
; 2. hätten die
28
herrn churfürstliche vor guet angesehen, daß man sich eines gewisßen
29
vergleiche, ob die einholung der ksl. Gesandten zur geplanten Ablegung ihrer
30
Replik solenniter durch alle Stände oder wie jüngst in Frankfurt per deputatos
31
ordinarios et quidem principales in gutschen beschehen solte, wie weit auch
32
ihnen herrn Kayserlichen entgegenzugehen, wobei die Kurfürstlichen sich
33
verglichen hätten, daß die ksl. Gesandten propter dispositionem loci oben ahn
34
der stiegen empfangen werden sollten, und dan 3º, wann die credentiales zu
35
überraichen. Sie Churmaintzische betten zwar vernohmmen, daß die

[p. 289] [scan. 413]


1
herrn Kayserliche bey der propositionseröffnung solche zugleich uberrai-
2
chen wolten; so stünde nun zu bedencken, ob selbige ipso actu zu erbre-
3
chen und zu verlesen oder hernachmahls mit der proposition ad dictaturam
4
zu geben.

5
Sonsten haben sie

40
5 vorgestern ] Laut Kurköln zA I, zA Extrakt, Rs, spA I, Ia gestern; Kurbay-
41
ern
K I, spA I ohne Zeitangabe.
vorgestern Volmar gefragt,
wie sie herrn Kayserliche ihre
6
einholung desideriren mögten, und wehre ihme zu nachdencken gestelt
7
worden, ob selbige mit per deputatos ordinarios primarios beschehen könte,
8
welches er vor genehmb gehalten, und dabey vermeldet, daß 1º der alte
9
modus, weil kein fürstenstandtspersohn alhier, wie vor diesem beschehen,
10
auch diesmahl gebraucht werden könte, 2º thete der conventus nit den
11
anfang nehmmen, sondern wehren schon underschiedliche conferentiae,
12
sogar auch in der herrn Kayserlichen commissarien logiament, selbsten
13
gehalten worden.

14
Was pro 2 do ahnbelangen thete, ob die herrn Kayserliche commissarii
15
sich ihrer aigenen oder der Churmaintzischen gutschen bedienen solten,
16
da hetten sie zwar ebenermasßen damahls von herrn Volmarn vernohmmen,
17
daß er vermeine, der herr graff von Nasßaw werde auf begehren der herrn
18
churfürstlichen abgesanden ihme die bedienung der churfürstlich Maintzi-
19
schen gutschen nit zuwieder sein lasßen, wie er es dan seinesorths nit im-
20
probirte ; weilen aber gestern hochwohlgedachter herr graff von Nasßaw
21
sich vernehmmen lasßen, daß ihme niemahlen dergleichen zugemuetet
22
worden, dahero gemeint wehre, sich seiner selbstaigenen gutschen zu
23
bedienen, alß stehen diesem nach den herrn churfürstlichen zu bedencken
24
anheimb, ob die herrn primarii zu denn herrn Kayserlichen in ihrer gutschen
25
sitzen undt übrige gutschen nachvolgen lasßen wolten oder waß man son-
26
sten für ein expedient hierin zu ergreiffen vermeinte.

27
Ist 3. noch etwas dazu zu sagen, daß die ksl. Gesandten ihre credentiales während
28
der Proposition übergeben wollen?

29
Die Antwort dnr Osnabrücker Stände läuft darauf hinaus, daß sich quoad
30
ipsum consultandi modum verglichen undt dabey vermeldeten, daß,
31
solchen modum nit zu amplectiren, sie keine uhrsach, hetten aber dabey
32
einige, und zwar folgende annotationes und errinnerungen gethan;

42
289, 32 –290, 40 als – sollen] Fehlt in den andern Überlieferungen. Laut Kurbayern K I,
43
spA I für die Einzelheiten auf die vor 8 tagen bereit von hier auß überschickhte beede
44
beylagen verwiesen.
als
33
nehmblich beim 1ten concluso, denn 2ten Septembris verfast, membro 1º,
34
welches dahien gangen, daß alle reichsstendt, „so bishero im heyligen
35
Römischen reich auf offenen reichstägen sessionem et votum gehabt“, ad
36
consultandum cum pleno iure suffragii admittirt undt zugelasßen werden
37
solten, hetten sie Osnabruckische solches (wie auch hier in diesem proto-
38
collo geschicht) understrichen, undt die verba formalia hiengegen gesetzt
39
„so diese tractaten beschickt oder noch beschicken werden“. In selbigem

[p. 290] [scan. 414]


1
concluso membro 5º, da die fürstliche für guet angesehen, daß daßyenige,
2
was berathschlagt, gehandlet und geschlosßen, auch von Ihrer Kayserlichen
3
Mayestät (b) ratificirt werden, für einen bestendigen (c) reichs- undt frie-
4
denschlues geachtet (d), hetten sie nach denen hierbey bedeuten signis
5
hienzugesetzt (b) „und den frembden cronen“, (c) „unwiederruflichen“,
6
(d) „und darwieder kein reservat undt protestation, gegenwertig oder künff-
7
tig gelten noch gehöret werden“ solle.

8
Ferners hetten sie Osnabrugkische bey dem 2ten concluso quaestione 3 a
9
num. 4º wie es mit den directoriis beederorthen, sonderlich im fürsten-
10
rath zu halten, folgende wort „biß so lang wenigst Saltzburg ankommen
11
undt sie sich wegen der alternation selbst undereinander vergleichen
12
mögen“, ebenfals understrichen undt darfür gesetzt „gleichwohl dem erz-
13
stifft Magdenburg sein zustehendes recht hierbey bedingt undt vorbehalten,
14
und hatt es auch bey denn frey- undt reichsstätten deß directorii halber
15
gleichergestalt bey deme, so dem reichsherkommen undt üblicher obser-
16
vanz gemees, sein verpleiben“.

17
Nit wenigers wehre durch erwehntes conclusum 2 dum quaestione 4 a num.
18
5º reservirt worden, was für ständt benantlichen ein undt andern orths
19
sich bey den consultationibus einzufinden. Da wehren für folgende worth
20
„durch obangedeutes negst vergangenes conclusum ist diese frag gleicher-
21
gestalt resolvirt, daß nehmblich bey dieser einstehender friedenshandlung
22
alle reichsstende, so bishero im Romischen reich auf offenen reichstägen
23
sessionem et votum gehabt, ad consultationes cum pleno iure suffragii
24
admittirt“, so gleich hier zu sehen anfangs underzaichnet

41
Im Original durch Unterstreichung und Klammern, im Druck durch Anführungszeichen hervor-
42
gehoben .
, gesetzt worden
25
„dahien resolvirt, daß, wie alle reichsstende ahn gegenwertigen friedens-
26
tractaten interessirt, also auch alle, die ihre gesanden nach Osnabrugk und
27
Münster abgeordnet oder noch dahien abordnen werden“, und dan weiters
28
für „admittirt“ „zu admittiren sein“.

29
In yetztgemelter quaestion bey dem num. 12º, in welchem versehen, daß
30
ein yeder chur-, fürst und stand, so ahn beede orth schicken würdte, nur
31
ein votum haben solte, wehre ebenmäsßig von denen Osnabruckischen
32
annectirt worden „dardurch aber gleichwohl denenyenigen stenden, so
33
gewohnlich mehr vota für sich oder vertrettungsweis führen, nichts
34
benohmmen wird“. Quaestione 5 a num. 16º wehren ebenfals additiones
35
beschehen, und zwar zwo principales, da versehen, daß zu den deputationi-
36
bus zu abfasßung eines gleichstimmenden conclusi von yeder banck zwen
37
verordnet werden solten, wehre 1º hinter „banck“ addirt worden „und bey-
38
derley religionen“, 2º hinter „zwen verordnet“ „und selbe nichtsweniger
39
die communicationes und handlungen nach befindung der wichtigkeit
40
under sich in schrifften verrichten sollen“ […].

[p. 291] [scan. 415]


1
Aus diesen erinderungen und dem Schreiben ist weiter abzunehmmen, das die
2
Osnabruckische starck auf ausantwortung der Kayserlichen hauptproposi-
3
tion undt dabey nit undeutlich sine discrimine auf aller fürsten und stendt
4
admission tringen; so würde hierauf zu bedencken stehen, ob undt wie weit
5
man ihren postulatis zu deferiren oder ob denn abgefasten chur- undt
6
fürstlichen conclusis zu inhaeriren; da auch hierüber einige vergleichen
7
beschehen solte, wie alßdann solches ahn mehrgedachte Osnabruckische
8
fürstliche undt stättische gesanden zu pringen.

9

36
9–15 Schlieslichen – herfürthete] Laut Kurköln zA I, zA Extrakt, Rs, spA I,
37
Ia, Kurbayern K I, spA I, Ia stellt Kurmainz nur zur Entscheidung, ob die Münsteraner
38
Antwort durch die ksl. Gesandten den Ständen in Osnabrück übermittelt werden soll.
Schlieslichen wolten sie Churmaintzische zu bedencken stellen, ob nit etwa
10
die herrn Kayserliche zu Osnabruck ahnwesende hochansehentliche herrn
11
commissarii zu ersuchen, das sie denn daselbst anwesenden fürstlichen undt
12
stättischen durch nachmahlig bewegliches zusprechen repraesentirten undt
13
zu gemüth führeten, wie augenscheinlich sich die retardirung undt verzö-
14
gerung der tractaten uff diese weiß und dergleichen unbefuegte begehren
15
zaigte undt herfürthete; dem hiesigen fürstenrath gleichwohl frey gelasßen,
16
ob selbige auff das ihnen von mehrgemelten Osnabruckischen zukommenes
17
schreiben wieder in schrifften antwortten wolten.

18

39
18 Kurköln ] Laut Kurbayern K I, spA I votiert Wartenberg in abwesenheit der
40
übrigen Curcöllnischen mitgesanden; im folgenden kurkölnischen und kurbayerischen
41
Votum Kurbayern Rp I, K I, spA I größtenteils gleichlautend mit der Vorlage.
Kurköln . Danken Kurmainz für angewandte mühe und sorgfalt.

19
Die proposition belangendt, befünde man dieselbe auf dreyen punctis
20
beruhendt 1. Gedankenaustausch mit den Fürstlichen, 2. Erklärung der ksl.
21
Gesandten zur einholung, 2. Antwort der Osnabrücker Stände. Soviel dan erst-
22
lich die communication mit den fürstlichen ahnbelangte, würde zu erwart-
23
ten sein, was sie sich diesfals in heutigem consessu vergleichen werden, was
24
sowohl den Osnabrugkischen zu antwortten als auch wesßen sie sich wegen
25
reception der Kayserlichen herrn plenipotentiarien vereinbahren werden.

26
Bei der einholung der ksl. Gesandten per ordinarios deputatos kann es umso
27
eher bleiben, als man bereits vom herrn Volmarn vernohmmen, daß dies-
28
halber bey ihnen kein bedencken sein werde.

29
Auf die andere frag nach der Fahrordnung wehre man in bedeuter iüngster
30
session in antiquis et observatis imperii consuetudinibus et terminis geblie-
31
ben , daß nehmblich die herrn Kayserliche sich in die Churmaintzische
32
gutschen setzen mögten. Daß aber nun der herr graff von Nasßaw vor
33
yetzt einige difficultet machen undt seine aigene gutschen im hien- undt
34
herfahren gebrauchen wolte, müste man anstehen, ob er herr graff einmahl
35
auf einem reichstag oder publico conventu seye deputirt gewesen. Man

[p. 292] [scan. 416]


1
wüste sich zwar zu errinnern, daß

38
1 die jahr hero] Kurbayern Rp I ebenso; in Kurbayern K I, spA I statt dessen
39
diese iahr hero, in Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia vor 2 jahren.
die jahr hero in Kayserlicher legation zu
2
Cölln sich eingefunden, zweymahlen auch Kayserliche commissiones
3
empfangen undt propositiones solennes bey den Niederwestphalischen
4
craißstenden abgelegt

42
Nassau und Krane eröffneten die ksl. Proposition zum niederrheinisch-westfälischen Kreistag von
43
1638/39 zu Köln am 2. Dezember 1638, zum Kölner Kreistag von 1642/44 am 11. Oktober 1642
44
( Leffers S. 84–102, Förster passim, Gschliesser S. 234).
, damahlen auch von denn Churcöllnischen sowohl
5
alß Münsterischen ausschreibenden fürsten und andern vom craiß deputirten
6
eingeholt worden, allwo er herr graff sein gutschen gebraucht haben möge,
7
von welchem gleichwohlen hiehero nit zu argumentiren oder exempel zu
8
nehmmen, sonderlich weilen in istis terminis der craißconventen es allemal
9
anderst alß bey reichs-, deputation- undt churfürstlichen collegialtägen
10
observirt worden, wann auch schon fürstliche persohnen von Ihrer Kayser-
11
lichen Mayestät solche commissiones gehabt hetten. Undt wehren noch
12
zwo grose rationes, so ihme herrn graven zu gemüeth geführt werden
13
könten, 1º daß sie pillig allerseits dahien zu sehen, masßen sie Collnische
14
in specie instruirt, daß alle novitates soviel immer müglich verhüetet undt
15
alles bey den alten reichsconstitutionibus, herkommen undt löblichen
16
gebräuchen verpleiben mögte, undt hette auch pillig, masßen ihnen nit
17
zweiffelte, daß löbliche Churmaintzische directorium, alß welches ahm
18
meisten concernirte undt deren gutschen allezeit gebraucht worden, solches
19
in obacht zu nehmmen. Die andere wehre 2º, demnach Ihre Kayserliche
20
Mayestät sich albereit erklärt undt ahnbevohlen, daß ihre gesanden denn
21
churfürstlichen in ihren heusßern weichen solten, und dann eines herrn
22
gutschen eben wie ein hauß zu rechnen, was dieshalber etwan für bedencken
23
geben mögte, wan die herrn churfürstlichen gesanden in der Kayserlichen
24
gutschen nachsitzen solten;

40
24–26 dies – lasßen] sowie 27–30 hette – 2º] Fehlt in Kurköln zA I, Rs,
41
spA I.
dies disputat oder praeiudicium zu verhüeten,
25
zweiffelten sie nit, werde er herr graff, wan ihme der alte gewohnliche
26
gebrauch remonstrirt werden solte, gefallen lasßen. Quo ordine aber die
27
gutschen zu fahren, hette man noch newliche exempla, inmasßen aus dem
28
protocollo abgelesen worden, welchergestalt nehmblichen es yederzeit also
29
gehalten worden, daß nehmblichen vors erste der Kayserlichen, chur- undt
30
fürstlichen officirer undt aufwartere vorangangen, 2º die Churmaintzische
31
gutschen, worinnen die Kayserliche neben denn churfürstlichen, dann
32
3º der fürstlichen ordinari deputirten und endtlich 4º die Kayserliche lehre
33
gutschen nachgevolgt; so erinnerte man sich auch, daß bey iüngster con-
34
sultation eben dergleichen modus zu halten guetbefunden worden.

35
3. Die ksl. Gesandten werden an der thür des gemachs, worinnen die pro-
36
position abgelegt wird, empfangen, womit ja auch Nassau und Volmar einver-
37
standen
sind.

[p. 293] [scan. 417]


1
4. Die credentiales können während der Proposition entgegengenommen werden,
2
weil dies den ksl. Gesandten freigestellt worden ist und weil exempel vorhanden,
3
daß dergleichen aushendigung der credentialium bey der proposition mehr-
4
mahls beschehen. […]

5
Zum dritten hauptpunct: Das diktierte und Kurköln eingehändigte Schreiben der
6
Osnabrücker Stände umfaßt 4 puncten.

7
1º würden im schreiben drey difficultates movirt. Die erste wehre wegen
8
Magdenburg; darüber und über Hessen Kassel und Straßburg ist schon vor Ankunft
9
der Kurmainzer in Wartenbergs Quartier mit Kurbayern und Kurbrandenburg am
10
19. Juli

39
Siehe oben nr. [ 29, S. 194ff. ]
und im Kurfürstenrat am 31. August 1645

40
Siehe oben nr. [ 39, S. 236ff. ]
beraten worden. Beziehen
11
sich auf das dort Gesagte, daß u. a. der jetzige Administrator von Magdeburg nur
12
nach Maßgabe des Prager Friedens sich in possession befinde und er danach
13
ausßer im Niedersachsischen craiß auf craißtägen, wie es etwa herpracht
14
sein worden mögte, sessionem et votum, anderwerts aber nichts zue
15
praetendiren hette. 2º so wüste man sich gar wohl zu errindern ex utraque
16
parte, daß eben dieser punct, nehmlichen der catholischen stiffter inhabere
17
praetensiones, daß sie auf reichs- und andern tägen die session praetendiren,
18
masßen sie dann ex parte evangelicorum, daß inter gravamina noch nit
19
vollig zur richtigkeit pracht sein solle,

36
19 selbst setzen] Ausgelassen im sonst von 293, 5 –295, 11 hauptpunct – Nieder-
37
landen ] mit der Vorlage gleichlautenden Kurbayern K I, spA I; steht allerdings in
38
Kurbayern Rp I.
selbst setzen.

20
Wann nun dieses pars gravaminum et materia tractatuum sein solte, so
21
sehe man nit, warumb gleich in ipso limine darauß zu schreitten, wenigers
22
wie solches mit füeglicher und gueter vernunfft von der andern seiten
23
praetendirt werden könne, und solches umb soviel da mehr, weilen 3º
24
dardurch eben die thür andern inhabern der ertz- und stiffter aufgethan
25
würdte, welches 4º gegen dem alten herkommen, und daß sich unsere
26
vorfahren respective mit gueten fundamenten opponirt, auch der ander
27
theil sich mit vernünfftigen rationibus beschlagen lasßen und acquietirt
28
hetten; wehre auch 5º notorium, daß die geistliche fürsten, wiewohlen
29
legitime electi, kein session oder votum im reich hetten, ehe undt zuvorn
30
sie die regalia von einem Römischen Kayser, wie sich gepührte, empfangen
31
hetten, welche dann die qualification zu solcher session undt stimb alleinig
32
geben.

33
6º. So hetten sie nit underlasßen, sich in ihrer instruction undt nachgevolgten
34
bevelchen zu ersehen, befinden, daß in solches petitum undt ungewohnliche
35
newerung sie sich in specie keinesweegs verstehen könten.

[p. 294] [scan. 418]


1
Zum 2. Punkt des Osnabrücker Schreibens, nämlich Zulassung von Hessen-Kassel
2
und Baden-Durlach

36
Mgf. Friedrich V. von Baden-Durlach war im Prager Frieden von Restitution und Amnestie
37
ausgeschlossen worden, seine Besitzungen waren weitgehend unter Kurbayern, Tirol und Baden-
38
Baden aufgeteilt. Von Schweden zum Besuch des Kongresses eingeladen, mußte es für den Mark-
39
grafen vor allem darum gehen, in den Genuß einer von 1618 an datierten Generalamnestie zu
40
kommen, da er 1622 destituiert worden war ( Bierther S. 54, 147, ADB 7 S. 457ff. , Alt-
41
mann
S. 102f., Meiern I S. 43 , II S. 249, 304f.). Zur Entwicklung der badischen Territorien
42
vgl. Ritter II S. 131f., Weech , Haas S. 42f.).
, die doch Feinde des Kaisers und seiner getreuen Stände sind,
3
beziehen sie sich ebenfalls auf ihre in beeden obgedachten conventibus vor-
4
gebrachten
rationes; undt movirten die allegirte uhrsachen inn bemeltem
5
schreiben so starck nit, daß man von obgedachter meinung abtretten solte.
6
Dann erstlich, was die praeliminaria ahnbelangte, so könte daraus gar nit
7
abgenohmmen oder einiger gestalt erzwungen werden,

30
7 weilen] Statt dessen in Kurbayern K I, spA I obschon, Kurbayern Rp I wie
31
Vorlage.
weilen Ihre Kayser-
8
liche Mayestät sich bey gedachten praeliminaribus erklährt hetten, in specie
9
denn Hesßen Casßelischen ein salvum conductum zu geben, daß sie solchen
10
ad sessionem et votum erzwingen wolten, sondern wehre dahien allein
11
angesehen, daß sie libere et secure ad loco tractatuum ut pars erscheinen
12
könten. Was Baden Durlach ahnbelangete, wehre in bemelten praeliminari-
13
bus gantz nichts vermeldet, es wolte sich dann derselbe mit Schweden under
14
die foederatos et adhaerentes bekennen, so seye er gleichergestalt pars; 2º
15
umb desto weniger könte ex praeliminaribus die intention, daß sie ad votum
16
et sessionem zuzulasßen, erzwungen werden, weilen ihre passaporti denn
17
Frantzösischen undt Schwedischen, auch andern gleichgesetzt undt allein
18
ad comparendum, nit aber de modo comparendi disponirt worden, alle-
19
girten sie gleichsamb possessionem et actus praeiudiciales, daß nehmblich
20
sie bereits zu Osnabrugk wehren zugelasßen worden. Nun wüste man sich
21
allerseits zu berichten, daß weilen man sich biß dato super modo consultandi
22
noch nit verglichen gehabt, daß zu yetztgedachtem Osnabrugk die consilia
23
nit pro reichsconventibus, sondern potius pro

32
23 privatis conferentiis] Statt dessen in Kurbayern K I, spA I ( in K I Zusatz
33
Haslangs ) particularconferenzien; Kurbayern Rp I hier unleserlich, in Kurbayern
34
K I ursprünglich freier Raum gelassen.
privatis conferentiis gehalten
24
worden undt zu halten seyen. Nit weniger allegirten sie pro 4º den reichs-
25
abschied anno 1641; wie es auf selbigem reichstag hergangen, seye genug-
26
samb bewust, daß nehmblichen ihnen Hesßischen nit allein die session nit
27
zugelasßen, sondern von denn gemeinen ahnwesenden stenden gar ein
28

35
28 decret] Davor von Haslang in Kurbayern K I eingefügt: Kaißerliches.
decret, weilen keinen salvum conductum gehabt, auß der statt sich zu bege-
29
ben , intimirt worden

43
Die Gesandten von Hessen-Kassel hatten wohl Pässe für den Besuch des Reichstags von 1640/41
44
bekommen, wurden aber am 23. August 1641 auf Antrag vor allem Kurbayerns wegen ihrer
45
Haltung in der Amnestiefrage aus Regensburg ausgewiesen ( Bierther S. 145, 201f.).
. Dergleichen wehre 5º zu Franckfurt beim iüngsten

[p. 295] [scan. 419]


1
reichsdeputationtag ihnen auch begegnet, masßen 6º mit ihrem vorwisßen
2
und nachgeben, weilen daß hauß Hesßen Casßell inter deputatos imperii
3
gerechnet werde, daß diesmahl und ohne praeiudiz Hesßen Darmbstatt
4
deputirt worden undt sessionem in consultationibus gehabt. So wehre auch 7º
5
kein exempel sowohl im Römischen reich alß auch bey andern cronen, wo
6
krieg geführet werde, daß dieyenige, so krieg führeten, würcklich inter
7
status vel parlamenta, wie die königreich hetten, zugelasßen würden.

8
So hette man auch 8º sich wohl zu errinnern, waß in casu multo minori
9
anno 1600 bey dem reichsdeputationstag

37
Gemeint ist der Speyerer Reichsdeputationstag von 1600, der hauptsächlich über das Reichs-
38
kammergericht und den Vierklösterstreit beriet ( Häberlin 21 S. 636–692).
gegen cardinalem Andream von
10
Österreich bischoven zu Costnitz

39
Kardinal Andreas von Österreich (1558–1600), Markgraf von Burgau. Er war der älteste Sohn
40
aus der nicht standesgemäßen Ehe des Ehg. Ferdinand II. von Österreich mit Philippine Welser
41
aus Augsburg. 1576 Kardinal, Bischof von Konstanz und Brixen, Gouverneur der ober- und
42
vorderösterreichischen Lande, wurde er von 1598–1599 stellvertretender Statthalter von Flandern.
43
Er war ein harter Vertreter der Gegenreformation; während seiner Gouverneurszeit in den Nieder-
44
landen machten die Spanier militärische Fortschritte am Niederrhein (über ihn Widmoser
45
S. 249–259 mit weiterer Literatur, Zedler 2 Sp. 171).
, welcher damahls auch gubernator
11
in denn Niederlanden gewesen undt denn krieg gegen die Holländer
12
geführt, ex parte der evangelischen movirt, daß sie keinen neben sich sitzen
13
könten noch wolten lasßen, welcher gegen ihre glaubensgenosßen, welches
14
doch ausßer reich wahr, die arma geführet undt gleichsamb mit bluetigem
15
schwerd bey ihnen sitzen solte.

32
15–17 Hette – dulden] Zusätzlich in Kurbayern K I, spA I ( entsprechend Kurbay-
33
ern
Rp I ): da doch das reich sich mit außlendischen khrigen nicht einmischen
34
wollen.
Hette man nun damahlen bedenckens
16
getragen, hochermelten herrn cardinalem neben sich umb angedeuter
17
uhrsachen willen in consiliis zu dulden, wieviel mehr hette man yetzo
18
uhrsach, da doch noch de facto auch sogar gegen die getrewen undt deren
19
reichsmittstende selbsten mit so barbarischem sengen undt

35
19 brennen] Laut Kurbayern K I, spA I folgt danach noch: erger alß eß der erbfeindt
36
selbst machen khöndte.
brennen täglichs
20
verfahren werde, daß solche ad consilia anderer getrewen reichsstende nit
21
admittirt werden solten.

22
Mann wüste auch 9º, was für difficulteten eben die Schweden gemacht het-
23
ten , denn Chursachsischen abgesanden die salvos conductus hiehero zu
24
schicken, vorgebendt, daß solches in praeliminaribus nit wehre versehen
25
und daß Sachsen ihr würcklicher feind seye; wie aber remonstrirt, daß auch
26
die Frantzösische ihnen insoweit unrecht geben, so hetten sie Schwedische
27
dieselbige verwilliget. Man vernahmme aber gleichwohl, daß noch iüngst
28
Chursachsen expresse geschrieben, daß denn salvis conductibus nit trawen,
29
wenigers seine gesanden hiehero schicken könte. Daß von ihnen angezo-
30
gene ius gentium 10º betreffend, würde sich weit ein anders befinden,
31
nehmblichen daß sie als offentliche feinde in dergleichen congressibus nit

[p. 296] [scan. 420]


1
sitzen solten;

38
1–4 umb – machen] In Kurbayern K I ( übernommen in spA I ) von Haslang hinter
39
tractandum eingefügt sit.
umb desto mehr, weilen 11º notorium, daß sie in consiliis
2
hostium imperii sowohl alhier bey den Frantzosen alß dort zu Osnabrugk
3
bey denn Schwedischen yedesmahl befinden und also selbst pro partibus
4
cum quibus tractandum machen.

5
12. Verweisen auf das ksl. incitationschreiben vom 29. August 1645

44
Druck Chemnitz 4, 5 S. 137f.
, nach-
6
dem
das kurfürstliche Conclusum zur Admissionsfrage vorlag, masßen dann Ihrer
7
Fürstlichen Gnaden zu Osnabrugk gestern mit der post wegen dero drey
8
stiffter dergleichen zukommen, darin Ihre Kayserliche Mayestät

40
8 alle] In Kurbayern K I, spA I statt dessen: alle gethreue unnd gehorsame Reichs-
41
stände
; Kurbayern Rp I wie Vorlage.
alle reichs-
9
stendt alhero und nacher Osnabrugk beschrieben, mit dem allergnedigsten
10
begehren, daß sie deroselben durch dero gesanden mit rath undt thadt
11
assistiren wolten, den werthen frieden dermahlen im reich wieder zu
12
erlangen.

13
13º. Wehre notorium, das eben diese tractaten ex parte imperii dahien ange-
14
sehen , daß die reichsstendt alß ein corpus einmüetig mit ihrem oberhaupt
15
guete friedsame consilia ergreiffen solten.

16
14º. Wehren sie Hesßen Casßell undt Baden Durlach nur selbst in

42
16 causa] In Kurbayern K I, spA I und sinngemäß in Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia statt
43
dessen culpa, Kurbayern Rp I wie Vorlage.
causa
17
undt hielten sich auf, dan wan sie als reichstende sich den conclusis imperii
18
exemplo aliorum undt auch der so offt angebottenen Kayserlichen gnaden
19
und amnistia, so durch gemeinen reichsschlues bewilliget, bequemen
20
wolten, so wehre den sachen leicht geholffen, undt könten sie ihre praeten-
21
dirte satisfaction mit gueten füegen erlangen. Daß sie aber dabey anhangk-
22
ten , dafern ihnen nit satisfaction gegeben werden solte, so stünde zu
23
bedencken, ob sie nit durch andere weg durchzutringen uhrsach undt
24
gelegenheit haben würden; ob nun diese minae, auch anderer so dato in
25
discursibus vorkommen, einige anzaig aufrichtigen gemüeths zum frieden
26
geben, oder ob nit vielmehr man noch feindtlicher weis alles durchzutringen
27
gedencke, könte ein yeder verstendiger leicht erachten.

28
15º. Was auch sie biß dato immer feindtlich wie gemelt mit sengen undt
29
brennen, auch andern unkristlichen actionen thun können, hetten sie
30
nichts underlasßen, undt erführe man tägliche exempla; man hette auch
31
keine declaration, weniger einige assecuration, daß sie studio pacis der-
32
gleichen gegen ihre mittreichsstende undt dem vatterlandt underlasßen
33
wolten.

34
Ad punctum 3 ium wegen der statt Straßburg, da repetirte man gleicherge-
35
stalt die abgelegte vota ahn beeden obangezogenen orthen, daß man nehmb-
36
lich damahls im churfürstlichen collegio der meinung gewesen, das solcher
37
punct proprie hieher nit gehörig, sondern ahn stättrath zu verweisen;

[p. 297] [scan. 421]


1
undt sehe man wie gemelt ex parte Cölln kein sonderbahr bedencken,
2
weilen gedachte statt sich in kein offentliche feindtschafften dergestalt wie
3
andere gegen daß heylige Römische reich und Ihre Kayserliche Mayestät
4
sich gebrauchen lasßen, sondern eine neutralitet biß dato vorgeschützt undt
5
sich dabey so weit verhalten; glauben sich in Übereinstimmung mit dem Kaiser.

6
Zum 4., den annotata der Osnabrücker zu den 2 fürstlichen conclusa; und
7
zwar 1º ad 2 um conclusum quaestione 3 a num. 4., alwo post verba „ahn
8
beeden orthen bestellen wolten“ daß übrige interlineirt und margine dar-
9
vorgesetzt worden „gleichwohl aber

36
9–10 dem – etc.] Fehlt in Kurbayern K I, spA I, nicht aber in Kurbayern Rp I;
37
Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia ohne genaue Zitation wie auch bei den folgenden Belegen,
38
die in Kurbayern K I, spA I, Rp I nur nach den Anfangsworten knapp zitiert und in
39
Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia indirekt umschrieben werden.
dem ertzstifft Magdenburg sein zuste-
10
hendes recht hiebey bedingt undt vorbehalten; et caetera etc.“, da ver-
11
meinten sie, daß solcher passus insoweit in suo sensu, wan nehmblich ex
12
parte Magdenburg die rechte alte qualification ad sessionem et votum sich
13
würde angelegen sein lasßen, daß es alßdan des löblichen ertzstiffts iuribus
14
et privilegiis deshalber unabbrüchig sein solte.

15
Ad quaestionem 4 am stünde post verba „diese frag ist gleichergestalt etc.“
16
„dahien resolvirt, daß wie alle reichsstende ahn gegenwertigen friedens-
17
tractaten interessirt, also auch alle die ihre gesanden nach Osnabrugk undt
18
Münster abgeordnet oder dahien abordnen werden etc. et caetera etc.“;
19

40
19–20 diesen – habilibus] Laut Kurbayern K I, spA I bemerkt Kurköln noch,
41
daß dieser Passus eigentlich auff Magdeburg gemeint; in Kurbayern Rp I steht dies
42
noch nicht.
diesen passum verstünden salvis superioribus declarationibus et terminis
20
habilibus.

21
Was ad num. 12 um in eadem quaestione addirt worden, „das gleichwohl
22
denyenigen stenden, so gewohnlich mehr vota für sich oder vertrettungs-
23
weis führeten, dardurch nichts benommen werde“, dasßelbe könte duplicem
24
sensum haben, dann man gar wohl wüste, 1º daß viele chur-, fürsten undt
25
stendt geist- undt weltliche wegen underschiedlicher immediatlandt undt
26
-herrschafften, so ihnen heimbgefallen undt nunmehr solche in besitz hetten,
27
auch underschiedliche vota im reich hergepracht, in illo sensu sehe man kein
28
difficultet. Wan es aber auf commissiones oder subdelegationes verstanden
29
werden wolte, so müste man distinguiren, ob selbige habiles oder nit, undt
30
wehren alßdann dieyenige vota, welche ad sessionem et votum habiles seyen,
31
zu zehlen.

32
Ad quaestionem 5 am § um 16 um , da wüste man, wie es im reich bey den depu-
33
tationen herkommen seye, und wehre pillig dabey zu lasßen, hetten sich
34
auch die evangelische umb desto weniger zu beschwehren, weilen sie vor
35
diesem selbst die adiunction nur in causis religionem concernentibus prae-

[p. 298] [scan. 422]


1
tendirt hetten; vermeinten also, dieser punct in illis terminis undt nit also
2
general zu verstehen seye.

3
Was aber in concluso 1º gleich anfangs wegen abordnung zu den friedens-
4
tractaten von den Osnabruckischen wehre beygesetzt worden, solches seye
5
bereits bey der 4 ten quaestion des zweiten conclusi ex parte Churcölln
6
beantwortet.

7
Ad 5 um punctum befinde man hinzugesetzt „und den frembden cronen“,
8
bey diesem puncto vermeinte man Churcollnischerseits, daß solches pillig
9
zu distinguiren seye, dann erstlich wehren die tractaten, so zwischen Ihrer
10
Kayserlichen Mayestät und des Romischen reichs stenden beschehen, daß
11
man sich vergleiche und firmiter schliese, was den frembden cronen auf ihre
12
propositiones undt petita zu antwortten sein mögte; dieser passus, was
13
alhier geschlosßen, gehe auf dieses gar undt zumahl nit, undt hetten ermelte
14
cronen nichts zu schliesen noch zu ratificiren, weilen sie kein votum noch
15
session im reich hetten. Wan aber 2º daß reichsconclusum zwischen Ihrer
16
Kayserlichen Mayestät und denn stenden gefast, denn frembden cronen
17
proponirt wirdt undt sie solches acceptiren oder was mit ihnen weiter
18
geschlosßen wirdt, das alsdann solche ratificatio für einen unwiederruffli-
19
chen gemeinen friedenschlues zu achten seye: und dieses wehre, so ihnen
20
Churcöllnischen zu gemüeth gangen.

21
Haben noch dreierlei zu bemerken.

22
1. Erst am 20. September ist Antwort aus Osnabrück auf den Beschluß vom 2. Sep-
23
tember
angelangt, so daß zu Recht in vorigen votis remonstrirt worden, daß
24
uber so geringe sachen zwo, drey undt wohl mehr wochen zubracht würden,
25
welches verhoffentlich hiernegst die zu Osnabrugk ahnwesende stende oder
26
deren abgesanden pro amore pacis et patriae nit ausßer acht lasßen würden,
27
und sonderlich auch, weilen sie in ihrem schreiben anregten, daß man die
28
begierdt zum frieden ex ista parte ohne dergleichen difficultirung

41
28 ihrer] In Kurbayern K I, spA I irrtümlich statt dessen würdt. Dadurch wird dort
42
der gesamte Gedankengang, der sonst wörtlich mit der Vorlage übereinstimmt, unklar.
ihrer
29
begehren bezeigen wolte, daß hiengegen auch von ihnen begehrt werden
30
mögte, damit diese und dergleichen newerungen, sonderlich wegen Magden-
31
burg und anderer, fallen lasßen und alles bey den alten reichsconstitutioni-
32
bus bewenden lasßen wolten,

43
289, 32 –299, 8 und – wolte] In den meisten Formulierungen Vorlage und Kurbayern K I,
44
spA I mit Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia gleichlautend.
und solches umb soviel desto mehr, weilen aus
33
bemeltem schreiben soviel abzunehmmen, daß auf daß alte herkommen undt
34
constitutiones schir gar kein reflexion mehr zu machen wehre, und man
35
ihnen zu gemüth führete die hohe pflicht, so Ihr Kayserlichen Mayestät und
36
dem heyligen Römischen reich schuldig, die liebe zum vatterlandt, die
37
gefährliche newerungen, welche bis dato gezaigt hetten, was für confusiones
38
in harmonia imperii sich ausweisen, was für difficultates auch durch derglei-
39
chen newerung, die tractatus zu remoriren, entstünden. Hetten sich die
40
voreltern so viel hundert jahr hero, iha auch hundert jahr nach entstandener

[p. 299] [scan. 423]


1
evangelischen religion dergestalt befunden, daß man in frieden undt gueter
2
Teutschen vertrewlichkeit leben, handlen undt wandlen können, daß man
3
doch solche leges fundamentales, löbliche consuetudines, nit so gering
4
achten undt in diesem schweren tractatu den rechten weg zur einigkeit
5
endern, sondern alles alte gebaw deß heyligen Römischen reichs auf denn
6
rechten seulen stehen lasßen, undt den löblichen voreltern vielmehr in
7
diesem nachfolgen, alß wegen einigen privatinteresse oder absehen zu ruin
8
des vatterlandts newerung ergreiffen wolte.

9
Der ander punct wehre, was in gemelten conclusis errinnert würde, darau-
10
sich auch die Osnabruckische nichts in specie erklärten, sondern pro conf
11
cluso hielten, daß nehmblich Churcölln undt Ihre Fürstliche Gnaden zu
12
Osnabrugk ihre gesanden auch nacher Osnabrugk abfertigen solten.
13
Wiederholen entsprechend ihrer früher im Kurfürsten- und Fürstenrat abgelegten
14
Voten und neuem kurkölnischen Befehl, daß sie sich nit dergestalt darzu verste-
15
hen könten, daß sie ihre ordinari gesanden von ein oder andern stiffts
16
wegen zu Osnabrugk halten solten […].

17
Drittens weilen man auch vernehmme, daß Churtrier, inmasßen sie sich
18
gegen

41
18 einen] In Kurbayern K I, spA I statt dessen die; Kurbayern Rp I ohne Artikel.
einen Churcöllnischen gesanden zu Coblentz expresse vernehmen
19
lasßen, ihre gesanden zu hiesigen tractaten nit eher alß Sachsen schicken
20
wolte, regt Kurköln ein Kollegialschreiben an die Kurfürsten von Trier und Sachsen
21
mit der Bitte um schnelle Abfertigung ihrer Gesandten pro maiori respectu colle-
22
gii und um des Friedens willen an.

23
Auf die kurmainzische Anfrage schließlich, wie die antwort ahn die Osnabrucki-
24
sche hienwieder zu pringen, vermeinte, wann man vernehmmen werde,
25
waß im fürstlichen collegio in istis punctis geschlosßen, undt man sich
26
einer meinung werde verglichen haben, daß in continenti undt per expres-
27
sum zu gewinnung zeit nacher Osnabrugk ahn die herrn Kayserliche solches
28
conclusum zu gelangen, mit begehren, daß sie solches nit allein den ahn-
29
wesenden fürsten undt stenden sondern auch in specie den Magdenbur-
30
gischen wegen deren newerungen vortragen undt sie capaces machen, da-
31
mit doch durch ihr dergleichen unbefuegtes begehren dem allgemeinen
32
wesen zu schaden die Kayserliche proposition durch ihr vorzeitiges newer-
33
liche begehren länger nit differirt werden mögte.

34
Sonsten wehre in allewegen bey denn herrn Kayserlichen ahn beeden orthen
35
die ausliefferung bemelter Kayserlicher erklärung undt was sie weiters
36
in commissis hetten, zu urgiren undt zu befördern, dann nit allein die noth
37
deß Römischen reichs solches erforderte, sondern auch die frembde cronen,
38
so albereits praegustum von der Kayserlichen resolution undt das selbige
39
angelangt seye, hetten, mit verlangen darauf warteten. Deshalb ist dahin
40
zu wirken, daß die ksl. Gesandten

42
40 künfftigen montag] Zeitangabe fehlt in Kurköln zA I, Rs, spA I, Ia.
künfftigen montag

43
25. September 1645.
proponieren.

[p. 300] [scan. 424]


1
Kurbayern. Danken und votieren, würde quoad 1 um zu erwartten stehen,
2
wesßen sich die fürstliche auf die für guet angesehene puncten wegen ein-
3
holung der Kayserlichen gesanden vergleichen würden.

4
Was 2º wohlbesagter herrn Kayserlichen commissarien einholung ahn sich
5
selbsten belangte, hette man pillig bey demyenigen, was collegialiter ge-
6
schlosßen , zu verpleiben, daß nehmblichen die herrn Kayserliche per depu-
7
tatos ordinarios eingeholt werden solten. Daß aber 3º der herr graff von
8
Nassaw sich difficultire, in die Churmaintzische gutschen einzusitzen, […]
9
da wolte man darfürhalten, da mehrbesagten herrn Kayserlichen commis-
10
sarien , daß alte herkommen nachmahlen remonstrirt werden solte, selbige
11
werden einige difficultet ferners nit machen, dann man ahn seiten der chur-,
12
fürsten und stend davon auszusetzen nit gedencke;

43
12–14 wegen – solte] Fehlt in den andern Überlieferungen.
wegen einhändigung
13
der credentialien, hette es 4º dabey sein bewenden, daß nehmblichen die
14
extraditio bey eröffnung der Kayserlichen proposition beschehen solte.

15
Denn 3 ten undt hauptpuncten betreffend sind sie der Meinung, daß in dem Ant-
16
wortschreiben
der Osnabrücker Fürstlichen und Städtischen vor allem drei Punkte
17
strittig sind: die Admission von Magdeburg, Hessen-Kassel ( und Baden-Durlach ),
18
Straßburg.

19
Soviel nun anfänglich die Magdenburgische betreffe, da seyen in den vor-
20
stimmenden Churcöllnischen voto solche hochvernünfftige fundamen-
21
talrationes fürpracht worden, daß denn Magdenburgischen gesanden mit
22
ihrem begehrten voto und session nichts eingewilliget werden könte,
23
das seinestheils weiter nichts zuzusetzen wüste, sondern vielmehr sich mit
24
ermeltem Churcollnischen voto allerdings vergliche, nit zweifflendt, da
25
solche treffliche rationes ihnen Magdenburgischen nochmahlen zu gemüeth
26
geführt werden solten, sie würden selbsten von ihrem petito abweichen,
27
der vernunfft undt pilligkeit auch altem herkommen sich bequemen undt
28
mit deme contentiren lasßen, daß ihr begehren alß ein sach, die vor diesem
29
von den evangelischen ad gravamina religionis gezogen worden, zu selbiger
30
erörterung wie pillig verpleiben solte.

31
[…] Was Hesßen Casßell undt Baden Durlach ahnbelangete, thete sich
32
gleichergestalt mit dem Churcöllnischen voto conformiren, wie dann uner-
33
hört seye, das ihemahlen einige reichsfeinde, so gegen den Römischen
34
Kayser alß höchsten oberhaupt, dann dem Römischen reich undt dero
35
getrewen chur-, fürsten undt stenden die offene waffen führen, zu denn
36
reichsconsultationibus solten zugelasßen werden. Es seyen auch bemelte
37
fürstliche heusßer, daß sie diesmahl nit admittirt würden, selbsten in culpa,
38
undt da sie sich mit der Kayserlichen Mayestät versöhnen und accomodiren
39
würden, würde selbigen alßdann ihr gepürendes votum undt session gar
40
nit zu difficultiren sein; daß aber eben bey diesem puncten von den fürst-
41
lichen undt stättischen zu Osnabrugk ahnwesenden gesanden einige undt
42
nit wenig nachdenckliche commination angehenckt worden, wehre solche

[p. 301] [scan. 425]


1
nit ohne beschwerlichkeit ersehen worden, schiene darauß, alß wan ahn-
2
statt der güete undt vertrewlichen zusammensetzung alles mit tröhen undt
3
gewalt durchtringen wolle. Mann verhoffte auch, weilen hierdurch Ihr
4
Kayserliche Mayestät, hochheit, authoritet undt reputation nit wenig daran
5
gelegen, daß selbige allein dero getrewe chur-, fürsten undt stende, gantz
6
aber nit dero undt des heyligen reichs feinde zu denn reichsconsultationen
7
ziehen, es werden die frembde cronen, auf welche diese commination gemeint
8
sein müsße, dieser unerhörten newerung nit ahnzunehmmen begehren,
9
sintemahlen selbige sich yederzeit verlauten lasßen, daß sie der Kayser-
10
lichen Mayestät, authoritet undt hochheit nichts zu benehmmen gedachten.
11
3. Steht zur Admission Straßburgs, das im neutralstandt ist, wie Kurköln positiv.
12
4º. Die annotata, so die fürstliche undt stättische gesanden zu Osnabrugk
13
bey den iüngst hier verglichenen beeden conclusis super modo consultandi
14
beyzusetzen undt einzurücken vermeint, da wehre quoad 1 um punctum
15
num. 1º von Cölln bereits erleuterung darüber beschehen, wobey sie es
16
ihrestheils auch bewenden liesen.

17
Bey dem 5ten puncto eiusdem conclusi, seye ebenfals von Colln die distinc-
18
tion geschehen, daß die consultationes undt handlungen zwischen Kayser-
19
licher Mayestät undt denn stenden bestünden, bey welchem man dan der
20
frembden cronen ratification nit vonnöthen; was aber hernach ahn seiten
21
der gesambten chur-, fürsten undt stendt Ihr Kayserlicher Mayestät guet-
22
achtensweis eingerathen undt von deroselben ratificirt wirdt, alsdann auch
23
mit den frembden cronen im friedenschlues verglichen, seye pillig, daß
24
von besagten cronen gleichfals die ratificatio eingeholt werde.

25
Im andern

39
25 concluso] Zusätzlich in Kurbayern K I, spA I, Rp I: vom 4. Septembris.
concluso quaestione 3 a num. 4º, wobey wegen des Magden-
26
burgischen rechtens reservation meldung beschehe, vermeinten, nit be-
27
dencklich zu sein, diesen § um dem vorigen concluso gemees verpleiben
28
zu

40
28 lasßen] Danach folgt laut Kurbayern K I, spA I ( in Rp I sinngemäß ) noch: dan dieses
41
am maisten Össterreich unnd Salzburg wegen der alternation betrefe; Kurköln
42
zA I, Rs, spA I, Ia ohne genaue Zitation, aber inhaltlich nicht weniger vollständig. Kur-
43
bayern
Rp I berichtet bis zum Schluß des Votums nur noch stichwortartig, Kurbayern
44
K I, spA I weicht für diese Passagen formulierungsmäßig von der Vorlage ab.
lasßen, da man aber die addition in fine solches § i annectirn wolte, würde
29
man ahn seiten Churbayern kein sondere difficultet machen, wan nehmb-
30
lichen dabey auch gesetzt würdte „da es sich capacem machen würdte“.

31
Ad dicti conclusi quaestionem 4 am num. 5 tum vergliche sich, wofern es
32
anderster den verstand auf dieyenige stend, so admissibiles.

33
Ad num. 12 um eiusdem quaestionis wehre ebenfals von Cölln die erleuterung
34
gethan worden, womit sie sich verglichen.

35
Bey der 5 ten quaestion gemelten conclusi num. 16º, wo beygesetzt worden
36
„undt beeden religionen“, da hette über dieses, so von Cölln errinnert
37
worden, noch dieses beyzusetzen, da man aber ihe zu zeiten bey diesem

[p. 302] [scan. 426]


1
reichsconvent, so es die notturfft erfordert, iheweils neben den ordinari
2
deputatis auch andere gesanden mit deputiren wolte, daß es allerdings dahien
3
verstanden werde, daß sich Churbayern sowohl im chur- alß fürstlichen
4
collegio als ordinari deputatus nit ausschliesen lasßen werde, wie man dann
5
auch nit hoffen wolte, daß von denen Osnabrugkischen dergleichen exclu-
6
sion ab ordinaria deputatione zugemuetet werden solte […].

7
Entsprechend den Ausführungen Kurkölns sind den Osnabrückern die Verzögerungen
8
dieses modus consultandi darzulegen und sie zu würcklicher bezaigung
9
begierde zum frieden bestermasßen zu ersuchen undt von allen ahnmueten-
10
den newerungen glimpflichen abzumahnen. Von wehme aber solche errin-
11
nerung zu beschehen, verglichen sich gar gern, daß darzu die herrn Kayser-
12
liche commissarii mögten ersucht werden, wolte aber indifferent sein, ob
13
es ahn die hiesige Kayserliche mündtlich solle gebracht undt selbige ersucht
14
werden, solches ahn dero herrn collegas zu Osnabrugk zu pringen, oder
15
aber ob von den hier anwesenden churfürstlichen

34
15–16 ahn – immediate] Abweichend in Kurbayern K I, spA I: an sie die fürstliche
35
zu Ossnabruckh.
ahn gedachte herrn Kay-
16
serliche zu Osnabrugk immediate zu thun seye. Vermeinten gleichwohl,
17
daß zu gewinnung zeit solches füeglicher durch hiesige herrn Kayserliche
18
plenipotentiarios geschehen könte, nit zweiflendt, da fürsten undt stendt
19
ihrer pflichten, anrühmenden lieb und begierde zum frieden, beruhigung
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des lieben vatterlandts, auch wiederaufrichtung des gueten alten vertrawens
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von wohlgedachten herrn Kayserlichen commissariis beweglich errinnert
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würden, sie würden von diesem ihe einmahl unpillig, auch zum theil uner-
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horten postulatis gern abweichen und denn tractaten keine weitere hinde-
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rung veruhrsachen, welches dann dennselben vorderist bey Gott, dann der
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Römisch Kayserlichen Mayestät alß höchstem oberhaupt, der gantzen
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erbaren weit, auch der lieben posteritet zu verantwortten allein obliegen
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würdte.

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Mit der Anregung Kurkölns, die Kurfürsten von Trier und Sachsen um Absendung
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ihrer Gesandten zu bitten, thete man sich wegen Churbayern allerdings verglei-
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chen , mit der angehenckten pitt, daß hoffentlich, wan in dem churfürstlichen
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collegio man sich desßen einmüetig verglichen haben würdet, dem churfürst-
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lich Maintzischen directorio nit zuwieder sein werde, ein solches gehor-
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sambste ersuchungsschreiben […] ehistens unbeschwert zu verfasßen.

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