Acta Pacis Westphalicae III A 1,1 : Die Beratungen der kurfürstlichen Kurie, 1. Teil: 1645 - 1647 / Winfried Becker
Konferenz der kaiserlichen und der kurfürstlichen Gesandten Münster 1645 Mai 5
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Münster 1645 Mai 5
DWartenberg II fol. 202–214 = Druckvorlage. Vgl. ferner DKurbayern K I p. 310–332
( damit identisch DKurbayern spA I p. 441–462 ); DVolmar fol. 409’–414 ( Druck Cor-
trejus p. 161–163, Extrakt-Druck Meiern I p. 394–396 ).
Antwort der französischen Gesandten auf die Verlautbarung der Kaiserlichen. Zeitpunkt der
französischen Proposition, Auslegung des Vertrags von Cherasco. Restitution des Herzogs von
Lothringen. Ansprüche Frankreichs auf Reichsgebiet. Genügt die Reichsdeputation als Stände-
vertretung bei den Verhandlungen? Umbesetzung der französischen Gesandtschaft? Frankreichs
Verbündete. Vorrangige Behandlung der Teutschen sachen. Friedensgarantie. Neutralität
Frankreichs in Konfessionsfragen. Tagungsgelegenheit der Reichsdeputation in Münster. Zulassung
Kurbrandenburgs und des restituierten Kurtrier im Kurfürstenrat. Nachrichten aus Osnabrück:
Bereitschaft Schwedens zur Proposition, schwedische Forderung nach Erörterung der Gravamina
und freiem Geleit für Stralsund, Verweigerung des Exzellenztitels seitens der Fürstlichen.
Im Quartier des Grafen Nassau [ Domberrenkurie ]. Vertreten: kaiserliche Gesandte ( Nassau,
Volmar ), Kurköln ( Wartenberg ), Kurbayern ( Haslang, J. Adolf Krebs ).
Auf Wunsch des Gf. Nassau fahren nachmittag umb 4 die kurkölnischen und
kurbayerischen Vertreter ins ksl. Quartier, denen der Volmari nachfolgende
proposition gethan und erstlich der mediatorn bey ihnen Kayserlichen
beschehene relation uber dasjenige, was die Franzosen gegen sie auf der
Kayserlichen mundliche replic und sonsten sich vernehmen laßen
Vgl. zum Gang der Verhandlungen Meiern I S. 386–389.
fuhrlich erzehlet, maßen in abwesen Ihrer Hochfürstlichen Gnaden dem
probsten Landsberg davon alle communication beschehen,
selben uberschrieben und hiervorn gemeld worden sein wurde. Nun sey
man zwarn damalen der mainung gewest, deßwegen alles biß zu wieder-
kunfft des Servients von Oßnabruck und man von seiner verrichtung allda
vernehmen würde, außzustellen. Da aber seine Abreise und Rückkehr gegen
versprechen sich verschoben haben, were zue bedencken, was bey seiner an-
kunfft zu thun, damit man dermaln die würcklichkeit der proposition her-
außpringen konte. Haben es deswegen für notwendig gehalten, mit den chur-
fürstlichen daruber zu communiciren.
Die substantia der Franzosischen plenipotentiarien andwort ist breviter
diese: 1. daß sie promptitudinem Caesaris ad pacem promovendam gern
vernommen hetten und hingegen auch deßhalber ahn der cron Franckreich
kein mangel oder zweiffel seye.
2º wurde sich, was de restitutione der abgenommener plätz und orthen
angedeuttet, bey den tractatibus pacis finden und schlichten müßen.
3. Der zu Regenspurg gemachte schluß in den Mantuanischen und Italia-
nischen sachen seye fur nichts, konte auch nit allegirt werden, zumalen
der damaligen Franzosischer abgesandter monsieur Leon Brullart seiner
instruction gar weit zuwiedergangen, dahero er auch bey seinem konig in
ungnad kommen und relegirt worden were, hernacher auch zu bezeigung
der displicenz und nohtigkeit der vorgangenen handlung zu Carasca
ander vergleich uber diese materi, welchem auch nomine Caesaris der graff
Gallaß
Matthias Gf. Gallas, ksl. General aus einer Ministerialenfamilie des Bistums Trient, Reichs-
freiherr 1627, Reichsgraf 1632 (über ihn NDB 6 S. 46f. , ADB 8 S. 320–331 mit Schilderung
seiner Feldzüge).
4. Verwunderten sie sich, daß die restitution des herzogen von Lottringen,
da doch dieses eine ganz privat und den Kayser und das reich nit angehende
sach seye, wolle begert werden, gestalt auch bemelter herzog mit dem ver-
storbenen konig in Franckreich selbst und allein tractirt und ein vergleich
gemacht hette, den er gleichwol nit gehalten, sondern in vorige feind-
schafft selbsten sich wieder gesezt hette.
17–19 5. – possedirte] Deutlicher DKurbayern K I, spA I: Zum fünfften solle
die clausel, so die Kheyserliche ihrem scripto annectirt, nemblich daß alles daßjhenige,
so zum reich gehörig, reservirt verpleiben solle, welches die mediatores den Fran-
zosen explicirt, daß es uf Mez, Thull unnd Verdun zu verstehen, alß impertinent ganz
außgelaßen werden.
sachen sich nichts begeben wolle, selzam vor, indem die cron Franckreich
vom reich nichts possedirte. Neben diesem hetten auch die herrn media-
tores noch ferner in vertrawen vermeldet, sie vernehmen, daß die Franzosen
auff beysammenkunfft der stend mehr nicht sonderbar bestunden, nur daß
die, so gegenwertig, ad ius suffragii möchten zugelaßen werden, sonsten
auch aber die deputation und bey derselben gebrauchenden modum con-
sultandi fur nicht sufficient hielten, gestalt dan dieselbe, maßen etliche auß
den stenden selbst sagten, keine potestatem zu diesen tractaten hetten und,
wie sich theylß beklagten, ex protestantibus nur etliche wenig dabey weren;
welches den Französischen, der herrn mediatorn andeutten nach, von
Franckfurt- und Ulmischen abgeordneten
2º. Seyen von ihn mediatorn den Franzosischen die rationes, warumb die
restitution Churtryr anietzo sogleich nit, sondern suo loco et tempore zu
bewilligen, beweglich remonstrirt, wamit sie sich dan auch insoweit be-
friedigen laßen hetten.
3. Hetten gedacht, daß der Servient nacher Oßnabruck und dan der d’Avaux
wieder zuruck in Franckreich gehen werde. Ob der Longeville kommen
werd, konne man annoch eigentlich nit wissen.
4. Quoad confoederatos hetten sich die Franzosen erklehrt, dieselbe zu
seiner zeit zu benennen.
5. Weren sie zufrieden, daß die Teutsche sachen vorerst vorzunehmen und
zu tractiren, doch daß dadurch die Wälschen nit solten ganz außgeschlos-
sen oder zuruckgesetzt, sondern, wie es die gelegenheit gebe, mit tractirt
werden.
6. Wegen assecuration desjenigen, was geschlossen, wolten sie dieselbe vom
reich gewerttig sein und ex sua parte hingegen, was gewöhnlich und nottig,
prestiren etc.
anwesende stende legitime et iuxta constitutiones imperii von Ihrer Kayser-
lichen
sua privata erschienen weren, deren dan nur etliche wenig und mit denen
dergestalt, wie auf offentlichen reichs- und andern conventen nit konne
tractirt werden. Es weren allein drey genera conventuum im reich ge-
brauchlich , alß 1º ein allgemeiner reichstag, 2º die craißconventus und
3º die ordinaria deputatio. Nun seyen die iezt anweßende stende von des
reichs corpore gar nit committirt und also qua tales legitime nit erschienen,
sondern allein repraesentantes suos principales privatos und wie gedacht
in geringer anzal, welche denen in weit mehreren numero abwesenden
nichts praescribiren weniger praeiudiciren kondten; gestalt dan auch die
anwesende Franckische sich erklehrt hetten, daß durch solch ihre craiß-
abordnung weder den reichsstenden noch der im reich herkommenen
deputation nicht vorzugreiffen gedächten, es also nur scheinen thue, daß
die Franzosen durch dergleichen allein schismata und mehrer zweyspalt
under den stenden zu machen suchen.
Hinsichtlich der Restitution Kurtriers habe es mit ihr der Franzosen gethanen
erklehrung sein bewenden.
Drittens ratione des zu Regenspurg gemachten vergleichs seyen die sachen
weit anderst bewandt, alß von den Franzosen angeben. Dan 1. zeige der dem
zum Regenspurgischen tractat verordneten Franzosischen gesanden Leon
Brullart
nit allein omnimoda potestas transfigendi et concludendi geben, sondern
vom konig die hohe obligation darin beschehen, bey koniglichen wortten
alles, was verhandlet, zu ratificiren und zu halten.
Daß er nun ein andere instruction gehabt haben solle, konne man nit
glauben, dan solches nit auffrichtig gefochten were; und wuste man auf
Kayserlichen seithen nichts darumb, weilen er solche instruction nit auff-
gewießen noch auch yemalen sich darauff bezogen hette.
Wurde sonst einem solchen vornehmen konig und cron sehr disreputirlich
sein, eine plenipotenz zu geben und doch gegen dieselbe anderst zu befeh-
len .
Die Verhandlung von Cherasco ( Verweis auf Beilage 57 )
sehen gewest, das Regenspurgische conclusum ad executionem zu
und was etwa fur mehrer incidentpuncten in modo sich bezeigt haben,
daß also der Regenspurgische vertrag dardurch de novo confirmirt und re
ipsa allerseiz approbirt worden.
Welches sie Kayserliche den herrn mediatorn vorerst zur andwort geben,
sich gleichwol auff die herrn churfürstlichen, mit denselben darauß zu
communiciren, referirend; wobey sie mediatores nottig gehalten, daß man
werde bedencken mußen, was bey des Servients ankunfft zu thun oder
vorzunehmen.
Und vermeldeten sie Kayserliche noch dieses; nachdem bey anwesen der
herrn mediatorn iüngst von ihnen wegen der frag, welche den Franzosi-
schen vorgestelt worden, ob sie nemblich bey den tractaten den uncatho-
lischen zu assistiren gemaindt, zu referiren, auch sie Kayserliche nachzu-
fragen vergessen, seye nachgehendts er Volmari zum herrn nuncio gefah-
ren und uber der Franzosischen erklehrung in diesem punct sich erkundiget,
der ihme vertrewlich offenbart,
1–4 er – sein] Fehlt in DKurbayern K I, spA I, statt dessen dort aber ausführlicher
die französische Antwort: Dem vicomte de Turenne seye von Pariß auß ernnstlich
anbevolchen worden, allenthalben die catholische religion zu lassen, nichts darinnes
zu verendern, seine in der Pfalz außgelasßene mandata widerumb zu cassiren und alles
in vorigen standt zu sezen, mit diser frag wolle mann sy nur fangen und bey ihren
alliirten verhasst machen […] begerten aber gegen die religion nichts zu handlen,
dann falß sie sich vor die catholische offentlich erkhleren wolten, würden allererst
die protestirente bei ieziger coniunctur occasion nehmen, die catholischen noch
mehr zu vervolgen. Ausgelassen ist der gesamte Punkt in DVolmar .
sten ganz dextre vorgepracht, die Franzosische aber darauff anfangs gestuzt
und stillgeschwiegen und uber ein kleines heraußgestoßen, diß werde von
den Kayserlichen sonder zweiffel ahn hand geben sein. Sie wolten weder
fur die catholisch- noch uncatholische im reich stehen und sich passive
disfalß halten, biß sie sehen, daß den catholischen was praeiudicirliches
zugemutthet und aufgetrungen werden wolle, und alßdan sich erkhleren.
Hetten also hiemit sie Kayserliche den churfürstlichen von allem vertrew-
lich parte geben wollen; und stehe dahin, was ferner zu thun seye.
Die Schweden sind zur Proposition bereit, die Frage ist, wie man Frankreich auch
dazu bringt. Nach Serviens Rückkehr aus Osnabrück müssen die Mediatoren noch-
mals ernsthaft angesprochen und ihnen auch Argumente gegen die Ausflüchte der
Franzosen nahegebracht werden.
Und erstlich wegen der deputation, weiln dieselbe auf den 15. dieses von
Churmainz anhero beschrieben und es also noch umb etliche wenig tag
zu thun biß zur beysammenkunfft, alßdan sie vermuthlich ihr autoritet
und esse in acht zu nehmen und zu defendiren nit underlaßen wurden,
underdeßen aber were zu bedencken, weilen die Franzosen selbst der
sammetlichen stende zusammenkunfft fur vergebens halten, muste noht-
wendig auf ihr so instendig begehren ein anderer modus vorgenommen
werden. Nun seye kein schleuniger oder bequemlicher alß die deputation,
welche auch von herkhommen und in den reichsconstitutionibus fundirt;
dan notori, was die circulos angehet, daß nur zwen fur sich selbst abgeord-
net und die andere zu schicken nit gedächten, es also von dem corpore
circulari noch sehr weit und daßelbe, wan nur zwen davon abgingen, nit
gultig were.
Den reichstag hetten die Franzosen wegen länge der zeit, so darzu gehorig,
ungelegenheit des orts, und daß doch alle stend nit erscheinen wurden,
schon selbst fur unpractizirlich erachtet.
Die deputation seye anno 1555 omnium statuum consensu verglichen und
angeordnet, deren gewalt auf anno 1570 mit gesambtem der stende bewilli-
gen erweittert
Die ordentliche Reichsdeputation war im Zusammenhang mit der Reichsexekutionsordnung von
1555 entstanden und umfaßte ursprünglich die Kurfürsten, das Erzherzogtum Österreich, die
Herzogtümer Bayern und Jülich, die Landgrafschaft Hessen, die Hochstifte Münster und Osna-
brück , die Abtei Weingarten, die Grafschaft Fürstenberg sowie die Reichsstädte Köln und
Nürnberg; 1570 kamen vier weitere Deputierte hinzu: der Bischof von Konstanz, die Regierung
des Burgundischen Kreises sowie die Herzöge von Braunschweig und Pommern. Wegen des hohen
Einflusses der Kurfürsten, die in der Reichsdeputation vollzählig (außer Böhmen) und korporativ
zugleich vertreten waren, war der Deputationstag eher „ein durch fürstliche Assistenz erweiterter
Kurfürstenrath als eine Delegation des Gesammtreichstages“ ( Stöckert S. 24f.).
Es hetten zu dieser deputation noch iungst nacher Franckfurt etliche craiß
geschickt, deßgleichen auch andere stende solche anhero zu transferiren
begert, in specie die landgraffin zu Cassell pro hoc effectu nacher Franck-
furt schreiben abgehen laßen; auß welchem dan allein, anderß zu geschwei-
gen , gnugsamb erscheinen thue, daß die deputatio von den stenden fur
sufficient zu diesem ende erkendt, gehalten und begert werde.
3. So seyen auch der Franzosen schreiben ahn bemelte deputation in Aprili
et Septembri 1644 abgangen
Siehe oben S. [ 3 Anm. 4 ] .
citiren und, ihr ankunfft zu maturiren, instendig begehren, noch bey
handen.
11–14 Wie – hetten] Fehlt in DKurbayern K I, spA I, statt dessen dort: Zwar
hat der Frankfurter Deputationstag laut Reichsabschied von 1641 nur über die Justiz zu be-
raten , weillen aber die deputati numehr alhier de puncto pacis et belli zu handlen,
werden sy genuegsambe vollmachten von ihren herrn principalen mit sich bringen;
zudeme solten einige iustitisachen hier vorkhommen, werde man selbige ahn gehörige
tribunalia, andere reichssachen aber zu anderen conventen verweisen unnd die
reichsdeputation sich deren decision gar nicht underfangen oder arrogiren, sonder
einzig unnd allein dahin getrachtet werden, wie dem nothleidenten vatterlandt vor
dißmahl zu helffen und der werthe friden widerumb zu erhöben.
Osterreich damaln zu Franckfurt dagegen opponiret, sich deßen die ganze
deputation angenommen und dem Osterreichischen starck zugeredet und
manutenirt, daß nomine imperii sie solchen gewalt hetten, welches alles
fundamenta et rationes pro deputatione weren und den Franzosen wol
werden bestendig vorpracht werden konnen.
Eigentlich hätte über Kurtrier erst unter dem Punkt der Konföderierten verhandelt
werden dürfen. Nun seye anietzo der status mutirt, indeme Ihre Kayserliche
Maiestät underm 18. Aprilis ihnen Kayserlichen zugeschrieben, wasgestalt
sie mit Churtryer nunmehr allerdings verglichen und daß den 25. die con-
cessio regalium beschehen solle
zu seinen ertz- und stifftern wieder abraißen werde
Vgl. Ferdinand III. an Gesandte Münster, Wien 1645 IV 18 ( Druck Gärtner IV nr.
179 S. 779–781, Kopie in RK FrA 92/IV nr. 653 fol. 697–698 ). Vgl. auch Meiern I
S. 389–393 , Theatr. Europ. V S. 724.
Stehe nun zu gewartten (wie der Venetus iüngst erwehnet hette), ob ihme
die Franzosen seine inhabende plätze wiederumb abtretten und restituiren
werden.
3. Quoad 3. wegen des Mantuanischen zu Regenspurg gemachten ver-
gleichs musten in vertrawen erinnern, daß denselben auch die Venediger
niemaln gern gesehen, sondern allezeit propter primatum dawieder gewe-
sen ; was aber auf solchen tractat und vergleich zu halten, besage die an-
gezogene Franzesische plenipotenz, dern pillich
8 zuzutrawen] Aus DVolmar noch zu entnehmen, daß Volmar auf Serviens Unterschrift
unter dem Vertrag von Cherasco hinweist, aus DKurbayern K I, spA I, daß Volmar aus
dem Vertrag selbst zitiert und mitteilt, die ksl. Gesandten hätten die dafür ehemals gültigen
Vollmachten des Kaisers, Brularts und des Père Joseph zur Hand.
lauttheten unwillen, welchen der konig deßhalber gegen den Brullart ge-
schopfft haben soll, belangt, hab man die nachricht damaln gehabt, daß
solches allein zum schein geschehen und es nur ein angenommenes werck
gewesen. Und weise die darauff zu Carasco geschlossene execution, wie
oben gemelt, alles genugsamb auß, obwoln die Franzosen arglistig vor-
geben und selbigen tractat dahin außdeutten wollen, daß er allein die
Italianische sachen, welche nemblich zu ihrem wunsch und willen, mit
restitution Mantua und sonst, disponirt, die Teutsche aber, alß der ihr
gegen Teutschland gefasten bitterkeit willen, nit nach ihrem sinn gewest,
gar nit concerniren thue.
Warnach die herrn Kayserliche der churfürstlichen mainung zu vernehmen
begerten, wie man nemblich weitter repliciren und sonderlich der Fran-
zosen proposition befurdern mochte.
Nach genommenem abtritt undt vorgangenen underredung mit den Chur-
cölnischen geheimen räthen und folgendts communication mit den herrn
churfürstlich Bayerischen haben Ihre Hochfürstliche Gnaden nomine Chur-
collen fur sowol iezt alß schon zuvor in ihrem abwesen dem probsten
Landsperg beschehenen communication sich gebuhrend bedanckt und
negst wiederholung der pro et contra vorkommener materien und puncten
vermeldet, daß sie solches alles von ihn herrn Kayserlichen wol uberlegt
und vernunfftig beandtworttet befünden, auch den herrn mediatoren noch-
maln zu remonstrieren und zu begeren, daß bei ankonfft des Servient sie
doch die proposition weiters urgieren und pro sua discretione, dexteritate
et occasione zu ableinung dern eingeworffenen unbestendigen difficulteten
dieser information sich gebrauchen wollten.
Benebenst, daß auß allen umbstenden erscheinen thette, wie die fortsezung
der friedenstractaten principaliter ahn der sammetlichen reichsstende rech-
ten zusammensetzung hafften thue, also inter caetera principaliter mit dahin
zu gedencken, was fur ein medium guter verstendnus und vertrawlichen
zusammenhaltung, auch modus procedendi et agendi allhier zu erfinden.
Deßwegen weren bey den reichsstenden und den collegiis diversae con-
siderationes , indeme man in medio et fine, also nit, wie es behort, möchte
ubereinkommen. Man höre beraitz underschiedlich, daß die gravamina
religionis von den Schweden zu diesen tractaten mit wollen gezogen wer-
den , welches dan außer allen zweiffel nit nur die Churbrandenburgische,
sondern alle andere uncatholische stende gern mit annehmen werden, und
also kunfftig bey den communicationibus et consultationibus, wavon die
Churbrandenburgische nit wol außzuschließen, etwas behutsamb wurde zu
gehen
wolten Ihre Hochfürstliche Gnaden nit scrupuliren oder disputiren; wie
aber den herrn Kayserlichen sowol alß churfürstlichen, vermog habenden
befelchs, auff der Franzosen beschehenes anhalten in hoc puncto behut-
samb zu gehen gewest, also hetten wol wunschen mogen, daß von solcher
resolution und vorgehabten vergleich mit Churtryer sowol den herrn chur-
fursten alß ihnen Kayserlichen gesandten vorhero einige nachricht gegeben
worden, damit sie nit dergestalt bei den auslendischen in discredito gesezt
wurden. Und wurde wenigstens nun, Ihrer Hochfürstlichen Gnaden dafur-
haltens , vonnothen sein, den herrn churfursten von vorgangenem ver-
gleich , wie und welchergestalt (maßen außer zweiffel geschehen wird)
umbstendliche nachricht und parte zu geben, zu dem endt mit, daß man
wisse, wie es bey der Churtryerischen abgeordneten negstkunfftig ver-
muhtlichen anherokunfft in admissione zum churfürstlichen collegio zu
halten sein möge.
An welchem Ort soll die Frankfurter Deputation hier tagen? Dan auch auf
solche proposition zu gedencken, durch welche der chur-, fursten und
stende des reichs mit Ihrer Maiestätt alß dem hochsten oberhaubt rechte,
bestendige zusammenhaltung in ordine ad pacem disponirt, conserviert
und befurdert werden mochte; und werde man auch ratione Brandenburg,
wan sie allhero gelangen, quoad consultationes electorales woll allerley zu
beobachten haben.
Die Churbayerische haben hierauff ihre mainung gleichfalß eroffnet, in
effectu mit dem Churcolnischen voto sich verglichen und in specie dieses
ferner vermeldet, sie befünden alle quoad deputationem vorbrachte rati-
ones et fundamenta sehr wichtig und gut, vermainten aber ahn ihrem orth
unvorgreifflich, daß man damit zu verhütt- und vorkommung newer dispu-
tat , biß die Franzosische selbst davon moviren, inzuhalten und die media-
tores deßwegen noch zur zeit nichts zu gedencken hetten. Wegen restitu-
tion Churtryer seye es eine geschehene sach; und wisen nun anderst darzu
nichts, alß fur die ietzt beschehene communication
4 danckzusagen] Außerdem votiert Kurbayern laut DKurbayern K I, spA I:
Der Kaiser wird wohl die Freigabe des Kurfürsten von Trier den übrigen Kurfürsten selbst
melden, diese werden ihre Gesandten entsprechend unterweisen, also villeicht khein weitere
sollenitet darzue erfordert. Kurbrandenburg kann von den consultationen in keiner
Weise außgeschlossen werden und wird bei Beratung der Pommernfrage schon sich selbsten
in causa propria absentiren.
3. Beym 3 ten punct ratione des zu Carasco mit Franckreich vorgangenen
tractats seyen die angezogene fundamenta gleichfalß trifftig und gutt.
Mainten aber auch dabey, gleich oben in puncto deputationis gedacht,
daß iezo bey den Franzosen davon nichts zu moviren, biß davon in der
Franzosischen proposition oder sonst erwehnung beschehen mocht; alß-
dan ihnen schon würde konnen begegnet werden.
Hierauff haben die herrn Kayserliche sich miteinander underredet
Churcollen- und -bayerischen votis sich durchgehendts verglichen und
wegen Churtryer erwehnet, daß ihnen von solch so geschwind genommenen
resolution zumal nichts wissend gewest. Hetten sich hoch verwundert,
ihnen auf ihr verscheidene dieser sachen wegen sowol ahn Ihre Kayserliche
Maiestät alß dero ministros bis dato underschidlich abgelassene schreiben
und anfragen, was in dieser sachen endlich guttbefunden werden mocht,
nichts zur andwort worden, daß sie dannenhero auß sich die muthmaßung
geschöpfft, daß villeicht einige tractatus bevor. Zweiffelten nun ganz nit,
Ihre Maiestät den herrn churfursten davon annoch nottige notification
thun werden und dieselbe darauf ihren gesandten weitter instruction und
verhaltensnachricht zukommen laßen werden.
Was drittens wegen Churbrandenburg gedacht, sey wol zu consideriren.
Wie sonsten verlautthen wolle,
24–25 sollen – bestehen] In DKurbayern K I, spA I statt dessen: Nach Angabe der
kurbrandenburgischen Gesandten wird Schweden nicht Pomern, sonndern bißthumber
praetendiren. Nach Meinung Volmars wird sich Kurbrandenburg von der consultation
selbsten absentiren, wenn es um sein aigen interesse gehen wird, wie dies andre Stände und
Österreich auch tun.
so starck mehr nit bestehen; wegen deßen, so contra deputationem vor-
kommen mochte, halten, werd bey derselben zusammenkunfft schon nottig
beandworttet,
reich zu erinnern und behutsamer zu gehen, undersagt und zugesprochen
werden konne.
Die erinnerung de modo et loco consultandi bey ankunfft der deputation
seye gleichfalß wol zu beobachten. Sie wüsten alliier nicht wol einen orth,
der zu den rhatsgängen bequehm.
Auf welches Ihre Hochfürstliche Gnaden, weiln die herrn Kayserlich und
churfürstliche, Franzesische, Spanische daherumb in der nähe ihre woh-
nung hetten, hielten sie die hiesige furstliche canzley nicht ungelegen.
Auffm rhathauß sey keine accommodation, auch etwas mehrer allen von
der hand und sonst andere considerationes, so dabey mit underlauffen
mochten. Und wie darauff sowol die Kayser- alß Bayerische gleich gefallen
und vermeldet, daß zun deputationsrhatsgängen drey zimmer, alß zu yedem
collegio eins, und das dritte zur gemeinen zusammenkunfft bey den re-
und correlationibus etwas großer erfordert wurden, haben Ihre Hochfürst-
liche Gnaden ubernommen, Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht davon zue
berichten, auch underdeßen mit der hiesigen räthen bey dero wiederzuruck-
kunfft von Caßel
Siehe oben S. [ 33 Anm. 1 ] .
darin sein, wie die zimmer etwas mit tappeten oder tüchern reichsgebrauch
nach konte behangen werden.
Nach diesem ist vom Volmari der Oßnabruckischen Kayserlichen eine
relation ahn die hiesige verlesen, worinnen erstlich, daß, wie zu vermercken,
die gravamina religionis von den Schweden durchauß dorthin wolten ge-
zogen werden, 2º daß auf beglaitung der statt Stralsund noch immerhin
wolle bestanden werden und welchergestalt darüber Ihrer Maiestät under-
schiedlich referirt und in der andwort sie ahn die churfürstlichen und fürst-
lichen zu Oßnabruck remittirt. Mit denen hetten daruber communicirt;
und bestunden die Churmainzische, auch anwesende furstliche, in specie
Mecklenburg starck auf der negativa. Die Churbrandenburgische aber
hetten zu bedacht genommen und darunter Ihren Gnedigsten Herrn zu
referiren sich erpotten.
3. Hetten die Hessen Darmbstattische
Johann Jakob Wolff von Todenwarth (1585–1655), Syndikus der Stadt Regensburg, ksl. Rat und
hessen-darmstädtischer Rat ( Frohnweiler S. 11, Walther S. 70) und Justus Sinold gen.
Schütz (1592–1657), Prof. iur. in Gießen, hessen-darmstädtischer Geheimer Rat ( Walther
S. 70). Beide waren nach der Liste Wartenbergs vom 24. April 1645 in Osnabrück anwesend
( Kurköln VI 242 a fol. 203, 201f.); die Vollmacht Hessen-Darmstadts fehlt in MEA
CorrA 9 und MEA CorrA 7b [4], ist aber beim kurmainzischen Direktorium eingegeben
worden.
scheidene andere furstliche undereinander sich verglichen, den churfürst-
lichen gesandten das praedicatum „Excellenz“ nit zu geben, und daß
darauß ein newes gravamen im reich endstehen wurde.
Letzlich vermeldete der Volmari, mit den Churcolnischen seye hiebevor
in Martio consultirt, welchergestalt ein armistitium generale zu introdu-
ciren und zu erheben. Begerten anietzo nachmaln zu vernehmen, wie da-
selbe etwan weiters zu incaminiren. Darauf haben sowol Ihre Hochfürst-
liche Gnaden alß Churbayerische referirt, was fur eine andwort der her
nuncius deßhalber von Rom bekommen und welchergestalt solch begehren
vom cardinal Mazzarini
Jules Mazarin ( Giulio Mazarini ) ( 1602–1661 ), Kardinal, französischer Staatsmann, am
5. Dezember 1642 Nachfolger Richelieus als Minister des Inneren und Äußeren ( über ihn
Chéruel I S. IX-CXXX mit ausführlicher Besprechung der älteren Literatur, Nouv.
Biogr. gén. 34 Sp. 561–591, Biogr. univ. 27 S. 412–426, Grand Mesnil und Guth ).
ches auch die Churbairische vom hern nuncio vernommen zu haben ebener-
gestallt referiert,
12 woruber – verwundert] Statt dessen aufschlußreich DVolmar : Etsi dicere potera-
mus , haec talia clam nobis fieri non debuisse: tarnen melius videbatur, mentem nostram
non aperire. Igitur haec pauca tantum subiunximus; ergo pugnandum aut moriendum
aut serviendum. Dann daß messer ist an die gurgel gesetzt.
ist damit diese conferenz geendiget worden.