Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
118. 100. Sitzung des Städterats Osnabrück 1647 September 8 8 Uhr
118
Osnabrück 1647 September 8 8 Uhr
Strassburg AA 1144 fol. 420–423’ = Druckvorlage; Ulm A 1560 o. F.; Stade Rep 5 a
Fach 39 nr. 3 a , Konv. V. Fasz. 1 fol. 7–8 ( Conclusum ); MEA FrA , RK ) Fasz. 25 o. F. ( Conclusum ).
Exemtion der Stadt Basel vom Reichskammergericht. Unterhalt und Sicherheit des Reichskammer-
gerichts . Abtretung der Dekapolis. Admission und Restitution des Herzogs von Lothringen.
Anwesend: Straßburg, Lübeck auf der Rheinischen, Nürnberg, Eßlingen [per Lindau] und Mem-
mingen auf der Schwäbischen Bank.
Herr Director proponirt: Es seyen vor- und gestern drey verschiedene
1. die Baselische exemptionssach, 2. des cammergerichts underhalt und
securitet und 3. in neulichkeit deliberirte drey Frantzösische satisfactions-
puncten betreffende concept per dictaturam communicirt worden
Druck Meiern IV S. 727–731.
zu diesem mahl zu reden stehe, dienstfreundlichst bittend, die herren abge-
sandten wolten ihre gedanckhen darüber ohnbeschwert eröffnen, mitt dem
ferneren andeutten, daß der herr Lübeckhische ihme sein votum über das
erste concept schrifftlich und zwar nachfolgenden inhalts zugestellet und
daneben, daß er sich, soviel die zehen reichsstätt anlange, mit seinem dißfalls
fürendem voto allerdings conformiren wolte, erbotten habe.
Lübeck. Demnach keine hoffnung von demjenigen, was einmahl under die
Aidtgenossenschafft kommen, ohne krieg widerzuerlangen, welche neue
bus modis zu praescindiren. Inmaßen 3 eben dahin dem instrumento pacis
einzuruckhende clausula zwischen denen herren Kayserlichen und beyden
königlichen gesandtschafften beliebet, so läßt man es bey dem auffgesetztem
concluso billich allerdings bewenden, zumahlen es denen cameralibus nur
bloß um das geldt oder particular streittigkeit, nicht aber einige recupera-
tion des reichs zu thun, sonsten auch, daß ohnstreitig bißhero beym reich
gewesenen soviel veralieniret wirdt, dasjenige, was vor 100 und mehr jahren
albereits davon gewesen ist, operose behaubten wollen, nur umbsonst und
vergebens sein wirdt. Bey welchen allen Basilienses pro rectius imposterum
administranda justitia zu erinnern sein möchten. Und dieß wegen Lübeckh,
Nordhausen, Goßlar und Bremen.
Nürnberg. Was fürs erste die Baselische exemption betreffe, vermerckhe er
ab deme deßwegen per dictaturam communicirten schreiben soviel, daß
sowohl die herren Kayserliche, chur- und fürstliche alß auch der frembden
cronen höchstansehenliche herren plenipotentiarii dahin, daß man der
Schweitzerischen Aidtgenoßschafft und in specie der statt Basel begehren
statt geben solle, beständig incliniren, weiln nun derenselben hiebevorige
conclusa jederzeit außtruckhlich dahin gangen und man in diesem exemp-
tionspass zu abwend- und verhüttung noch mehrerer, aus verwaigerung
etwa entstehender neuer und gefährlicher motuum etwas zu conniviren für
guth gehalten worden seye, alß laße er es bey der in obberührtem schreiben
deßwegen enthaltenen meinung seines theils auch bewenden.
Bey dem 2. des hochlöblichen cammergerichts underhaltung und securitet
betreffenden schreiben
Schreiben vom 24. Juli/3. August 1647 ( Druck Meiern V S. 336–339 ).
welche nicht allerdings außer acht zu laßen gewesen weren, auff die bahn
gebracht haben, wahrgenommen. Und obwohl die auffrichtung eines neuen
reichszolls, zumahlen das Römische reich vorhin mit zöllen überhäufft und
beschwäret, nicht leichtlich zu practiciren seye, were iedoch der auff die
poenas temere litigantium ziehlende vorschlag zu acceptiren, weiln nicht
allein 1. bekandt, daß sich in den stätten viel ohngehorsame bürger befinden,
welche, wann sie dergleichen muthwillige rechtshändel anfangen, durch die
darauff gesetzte straffen coercirt und im zaum gehalten werden köndten,
gerichtsordnung ein solches medium fundirt und 3. die zu Franckhfort an-
wesende herren deputati mit ihren meinungen darauff gegangen und also
denen herren cameralibus damit nicht aus handen zu gehen oder doch
daßelbe an hand zu geben.
Was 3. das reichsbedenckhen antreffe, bestehe selbiges, wie er gesehen, in
dreyen membris: 1. Bey deßen letsterem puncten er es bey dem stättischen
theils jüngsthin gefaßtem concluso bewenden laße, soviel aber die reichs-
steuern anlange, daß dieselben dem hauß Österreich appropriirt und dem
Römischen reich entzogen werden solten, halte er darum nicht für practi-
cabel , weiln die Elsaßische lande von dem hauß Österreich nicht dependiren,
daß also seines erachtens dieser von denen reichssteueren redende pass aus
dem bedenckhen zu laßen were. 2. Was die Lothringische sach betreffe, seyen
die wegen seiner restitution allegirte rationes zimblich scheinbar, weiln
aber auß deme, daß die herren Frantzosen sich auff die vorhin mit dem
hertzogen von Lothringen gepflogene tractaten reflectiren, wohl zu ver-
muthen , daß sie von demjenigen, was deretwegen verhandelt worden,
schwärlich abstehen werden, alß habe man, wann diesem bedenckhen nach-
gegangen werden solte, keines anderen als schädlicher verzögerung des
gantzen fridenswerckhs zu erwartten. Wiße sich auch dabey, daß vor diesem
sich frembder händel, alß des Spanischen fridens und anderer dergleichen
sachen, bey diesen Teutschen tractaten nicht anzunemen, für guth angesehen
und geschloßen worden seye, noch wohl zu erinnern. Und ob man zwar an
seitten der stände des reichs dem hertzogen von Lothringen in ansehung
deßen, daß er ein standt des reichs seye, zu seiner restitution behülfflich zu
sein, dafür halten wolte, habe er doch denenselben alles gebrandte hertz-
leydt angethan und seine actiones mehrers zu ruinir- als conservirung des
Römischen reichs dirigiret und geführet und also, daß man sich seiner viel
beladen solle, nicht verdienet oder, wann man ie stättischen theils hierinnen
etwas zu thun gedächte, köndte doch daßelbe anderst nicht, dann salva
pace Germaniae und sofern derselbe nicht dardurch retardiret werden
möchte, geschehen.
Soviel 3. die reichslehen concernire, seye ihme, was deretwegen vorgangen,
außer deme, daß sie in satisfactionem Gallicam gezogen werden wollen,
sonsten nichts bekandt, halte gleichwohl dafür, es werde derenselben an die
cron Franckreich vorseyende cessio salvo jure tertii und dahin zu verstehen
sein, daß sie mehr nicht, als die bischoffe gedachter stiffter jederzeit gehabt,
darauff praetendiren können.
Bey der wegen des bistums Straßburg angehängten cautel könne es, weiln
selbige vernünfftig hinzugesetzet worden, ebenmäßig sein verbleiben haben.
Eßlingen per Lindau. Er habe auch, was für 3 verschiedene concept in
deliberationem gestellet worden, verstanden. Soviel nun das erste, nemb-
lichen die Baselische exemption anlange, könne er, nachdem man, daß Ihre
Kayserliche Majestät, beede königliche cronen wie auch chur- und fürstliche
dahin ziehlen, daß das cammergericht der statt Basel mit erkennung fernerer
proceß verschonen solle, aus dictirtem schreiben verstehe, nicht sehen, wie
man sich an seitten der erbaren stätt bey dem werckh länger auffzuhalten oder
daßelbe zu difficultiren hette, bevorab weiln niemand seye, der, die Schweit-
zer widerum zum reich zu bezwingen, die cräfften habe, und jetzige zeitten,
deßwegen noch mehrere
leiden wollen.
Was 2. des cammergerichts underhalt betreffe, were es deretwegen bey
jüngstem stättischen theils gemachten concluso bewenden zu laßen
Conclusum vom 18. August 1647 s. o. [ S. 557 ] .
aber gleichwohl auch, daß in dem schreiben der dreyen ziehler, als wann
selbige von chur-, fürsten und ständen einmüthiglich geschloßen weren, der
zweyen von den stätten bewilligten ziehler aber gantz nicht gedacht werde,
schwer zu vernemen seye. Solte man also angeregtem vorigem concluso
inhaeriren und dahin, daß selbiges dem schreiben inseriret werden möchte,
angelegenen fleißes trachten.
Übrige drey in dem reichsbedenckhen enthaltene puncten anreichend, halte er
dafür, die herren Frantzösischen werden mit deme, was der reichslehen
halber in demselben gedacht, nicht wohl zufrieden sein. Ratione der 10 stätt
könne es bey nächsthin gefaßtem concluso sein bewenden haben. Soviel aber
die restitution des hertzogen von Lothringen angehe, seye ihme zwar die-
selbige , sofern der Teutsche friden dadurch nicht gehindert werden möge,
wohl zu gönnen, weiln es aber die cron Franckhreich schwärlich dahin
ankommen laßen werde, köndte man um befahrender der gantzen fridens-
tractaten verzögerung willen diesem begehren nicht wohl deferiren, sondern
es zu denen mit Franckhreich vormahls vorgehabten particulartractaten auß
gestelt sein laßen. Neben dem halte er auch dafür, daß die in obangeregtem
bedenckhen enthaltene exemplificatio des herren hertzogen von Württemberg
alß gantz inconvenient außzulaßen seye, maßen der Württembergische herr
abgesandte ihme vorhin etliche rationes, daß selbige nicht statthaben könne,
zu dem ende, daß er solche denen herren abgesandten pro informatione
communiciren möchte, zugestellt und daßelbe auch dies orths zu anden
gebetten habe. – Nürnberg
Memmingen. Er habe zwar, daß von der Baselischen exemption und der
herren cameralen underhalt anietzo deliberirt werden solte, keine aigent-
liche nachricht gehabt. Nachdem er aber verstehe, daß Ihre Kayserliche
Majestät die cronen und samptliche chur- und fürsten, selbige der statt Basel
gedeuen zu laßen, geneigt, alß köndte es dabey, zumahln sie schon eine
zimliche zeit die exemption de facto practicirt und um beßeren fridens und
einigkeit willen seines wenigen ermeßens gelaßen werden.
Daß man 2. der von den stätten beliebten zweyen ziehler in dem schreiben
nicht gedacht, stünde selbiges, ohnangesehen chur- und fürstliche bey den
dreyen bestehen wolten, ohnumbgänglich zu anden.
Wegen des hertzogen von Lothringen restitution were bey vormahligem
concluso, ohnangesehen ihme, daß in dem bedenckhen, ob hetten gesambte
reichsstände sowohl hier als drüben zu Münster auff selbige geschloßen,
gesetzet werden, wunderlich vorkommen seye, zu verbleiben. Bey übrigen
beeden puncten aber wolle er sich mitt vorigen vernünfftigen votis con-
formiren und vergleichen.
NB. Demnach alle von dem herrn directore beschehene und pro voto vor-
gebrachte erinnerungen in nachstehendem, alßbalden abgelesenem und von
übrigen herren abgesandten auff anderwertlich beschehene umbfrag belieb-
tem concluso enthalten und begriffen, alß seindt, selbige doppelt einzutragen,
für ohnnöthig erachtet worden.
Conclusum. Es halten der erbaren frey- und reichsstätt anwesende räthe,
bottschafften und gesandten ihres orths dafür, daß in deme, der statt Basel
praetendirende exemption betreffenden concept 1. die wortt „wie nicht
weniger betrohlichen“ beßer außzulaßen, alß dadurch dem interessirten theil
der muth vielleicht zu stärckhen und zu vermehren were. Laßen 2., ob diß
orths habende motiven, dem cammergericht zu eröffnen und dadurch zu
weitteren disputen anlaß zu geben, nöthig oder rathsam seye, fernerem nach-
denckhen anheim gestelt verbleiben und vermeinen 3., daß zu mehrerer
process und der execution halben außgelaßene mandata“ etwa auff eine
andere und volgende weiß eingerichtet würden „erkandte executions pro-
cess und deretwegen außgelaßene mandata“, weiln es um einstellung
derselben tam in futurum quam praeteritum für dißmahl aigentlich zu
thun. Das übrige aber, wie denen daselbsten mit der statt Basel oder
derenselben angehörigen in rechten verfangenen partheyen anderwerthlich
und dergestalt zu prospiciren seye, damitt sie nicht gar rechtloß gestellet und
bißher auffgewandter hoher spesen gäntzlich verlustigt werden mögen, zu
fernerer „Ihrer Kayserlichen Majestät und gesambter reichsstände“ (welche
wortt dem concept in alleweeg beyzuruckhen) erclärung differirt und auff-
geschoben bleibet.
Bey dem anderen, die cammergerichtsunderhaltung und securitet anreichen-
den concept wirdt vorderst die am 18./28. August nechsthin geschehene
erleutterung hiehero widerhohlet, daß nemblich a parte der erbaren frey- und
reichsstätt, als welche ohnangesehen ihrer kundtbaren ohnvermögenheit am
wenigsten im hinderstandt verbleiben, nichts deßto minder aber mit der
execution vor anderen ständen jederzeit betroffen werden, mehr nicht dann
zween termin und auch dieselben mit gewißer maß allein verwilligt worden
und demnach an statt des wortts „richtiger“ „möglicher erlag“ zu setzen
seye. So dann ferners dabey erinnert, daß des cammergerichts securitet nicht
so sehr in respectirung deßelben passzettul als neutralisirung der statt Speyer
bestehe, zu deren ehisten erlangung bey allerseits kriegenden theilen er
sprießliche recommendationes einzuwenden, man nochmahlen inständigstes
fleißes gebetten haben will.
Des dritten, jüngstdeliberirte drey Frantzösische satisfactionspuncten in sich
haltenden bedenckhens halber, beziehet man sich vorderist, soviel die
Lothringische admission und restitution betrifft, auff vormahls ertheilte,
dahin ziehlende gutachten, daß selbige Ihrer Hochfürstlichen Durchlaucht,
wann sie ohne auffenthalt und hindernus des Teutschen fridens geschehen
könne, wohl zu gönnen seye. Haltet demnach dafür, daß die exemplification
mit dem herrn hertzogen von Württemberg als odios und different auß
zulaßen seye. Im übrigen, soviel die über Rhein gelegene zehen reichsstätt
concernirt, laßt man es bey dem auffsatz allerdings bewenden und stehet
allein in deme an, ob die wortt „da hingegen gemelte reichssteuer Ihrer
Kayserlichen Majestät disposition in andere weeg wie herkommens, damit
zu verfahren, überlaßen werde“ sich mit demjenigen compatiren, was in der
Kayserlichen wahlcapitulation §º 31 „Und nach deme daßelbige“ versehen
und enthalten ist, daß nemblich, weiln das Römische reich in fast großes
abnemen und ringerung, sonderlich der zu führung des Kayserlichen Staats
erforderte gefäll, gerathen, nicht zu gestatten seye, daß solche reichssteuern
dem reich und gemeinen nutzen wider recht und billichkeit entzogen, son-
dern vielmehr diejenigen, so bereits in anderer personen hände erwachsen
und verschriben seindt, wiederum zum reich gezogen werden sollen. In
erwegung, daß auff vorgeschlagene maß diese reichssteuern dem reich
gäntzlich entgehen und dagegen dem hauß Österreich ewiglich verbleiben,
consequenter die ordinari gefäll noch um ein mehrers verringert würden und
deßhalben beßer were, disen vorschlag mit stillschweigen zu umbgehen.
Bey außnam des bistumbs Straßburg von dem landgraviatu Alsatiae were
schließlichen hochnöthig, daß umb mehrerer sicherheit willen, die wortt
„und andere stände des reichs“ gedachtem stifft connectiret würden, weiln
derjenigen, so zum wenigsten per consequentiam dabey interessiret, noch
mehr denen durch einseittige benambsung des bistumbs Straßburg etwa
praejudicirt oder doch beschwärliches disputat über kurtz oder lang causirt
werden köndte
Die Änderungswünsche osnabrückischer Gesandter zum kurmainzischen Bedenken in Meiern
IV S. 732 .