Acta Pacis Westphalicae III A 6 : Die Beratungen der Städtekurie Osnabrück: 1645 - 1649 / Günter Buchstab
59. 42. Sitzung des Städterats Osnabrück 1646 Juni 1 8 Uhr
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Osnabrück 1646 Juni 1 8 Uhr
Nürnberg S I L 203 Nr. 19 fol. 101’–106 = Druckvorlage; Strassburg AA 1144 fol. 160–
166; Ulm A 1560 o. F.; Isny Büschel 868 o. F.; Esslingen „tomi actorum“ Bd. IV fol. 192’–
199’; vgl. ferner Bremen 2 – X. 8. m.
Sicherheit und Unterhalt des Reichskammergerichts, Neutralität der Stadt Speyer; Beileidsbezeu-
gung zum Tod der Kaiserin; Bericht der Deputierten zu den kaiserlichen und schwedischen Gesandten.
Anwesend: Straßburg, Lübeck, Frankfurt, Bremen auf der Rheinischen, Regensburg, Nürnberg,
Eßlingen, Memmingen und Lindau auf der Schwäbischen Bank.
Directorium proponirt: Nachdeme kurz verrukter tagen durch die reichs
dictatur etliche schreiben sambt ihren beylagen, welche von denen herrn
cameralibus zu Speyer unlängsten ihre securitet und salarirung
Erneute Beschwerde des Reichskammergerichts mit Beilagen vom 2./12. Mai 1646 ( Meiern III
S. 122–126 ; erstes Schreiben wegen Unterhalt und Sicherheit vom 9./19. Januar 1646 ebd. II
S. 234f). – Seit 1548 wurde das Gericht durch ordentliche Kammerzieler finanziert und nicht mehr
durch eigens bewilligte Reichsanschläge. Während des 30jährigen Krieges verschlechterte sich die
Zahlungsmoral der Stände zusehends (R. Smend S. 173f, 204f, 271, 294; T. Kaul S. 208ff;
J. F. Rönnberg , Reichsmatrikel S. 178).
etliche beschwerungen wider den commandanten zu Frankenthal
Frankenthal war seit dem Ausbau durch Kf. Friedrich IV. (1583–1610) von der Pfalz die
Hauptfestung der linksrheinischen Pfalz, von 1635 bis 1652 spanische Garnison (J. Wille S.
79ff, 111; K. Hauck S. 84, 100f; Handbuch Der Hist. Stätten V S. 100–102 ).
Kommandant war Giulio Antonio Frangipani (J. Wille S. 95 ).
etlich confiscirter malter früchten und daß sie bey demselben umb eines
ieden geringen dings willen allemal paßzettel suchen müßen, betreffend, ein-
kommen , communicirt und vom Churmainzischen directorio umb selbige in
deliberation zu bringen, zu dieser stund zu raht angesagt worden, als wolle
er selbige, weiln vermuhtlich nicht alle unter den herrn collegen solche
gesehen oder gelesen haben möchten, vorderist verlesen, inmaßen alsobald
geschehen, und alsdann, was diß orts dabey zu thun sein möchte, anhören.
Lübeck. Sagt hierauf, er bekenne, daß es christlich, billich und recht, daß
man sich ihrer annehme und gehöriger orten gute einwendung und unter-
bauung thue, damit ihnen in allen desideriis müglichste adsistenz geleistet
werde. Wie ihnen aber zu rahten und zu succuriren seye, stehe er in etwas an,
halte aber doch, in anerinnerung deßen, was bereits passirt, quoad securita-
tem dafür, daß ihnen beßer nicht gerahten werden könnte, als wann sie
gesambter hand, so wol von denen catholischen als evangelischen chur-,
fürsten und ständen, bey denen Französischen herrn legatis recommendiret
würden. Es seye (welches er allein zur nachricht andeuten wolle) schon
hiebevor mit herrn grafen von Trautmansdorff und herrn graf Oxenstirn
hieraus geredt und selbige umb assistenz und remedirung angesprochen
worden, und habe es jener zwar nicht allerdings abgeschlagen, doch aber
auch das gesuch für etwas schwer gehalten, daß Ihre Majestet mit denen
Franzosen hierinn ad paria gehen sollten und gesagt, wollten die acta laßen
auffschlagen und nachsehen, was dabey zu thun sein möchte, worauff biß
dato nichts erfolgt. Diese aber, wann sich die Kayserliche und Spanische
resolviren werden, den ort des neutralstandes geniesen zu laßen, solle ihrer-
seits alle feindseligkeit gegen demselben eingestellt verbleiben. Halte also
davor, daß das werkh zu reassumiren were, wo es damals geblieben, könnte
man also mit herrn grafen von Trautmansdorff per deputatos hieraus ferner
communiciren und ihme die neutralitet einrahten laßen. Stellts im übrigen
dahin, ob man die herrn Franzosen per deputatos (welches er für beßer halte)
oder per literas, sowol der securitet als der früchten halben, ersuchen und
umb assistenz bitten wolle?
Ad secundum, die salarirung betreffend, seye bekannt, was der Juden capi-
tation halben vorgewest und was für contradictiones dargegen vorkom-
men
Der Vorschlag der Judenbesteuerung war schon auf dem Frankfurter Deputationstag ventiliert
worden, aber auf die Ablehnung des Kaisers gestoßen (M. Koch II S. 15f). Da die Juden, die
meist in Städten lebten, gute Geldgeber waren, auch wenn sie während des Krieges die Zinsen erhöht
hatten (B. Kuske S. 181, 195), mußte die Erhaltung ihrer Leistungsfähigkeit für städtische
Belange ein wichtiges städtisches Anliegen sein. – Ursprünglich war die Judensteuer ein ksl. Regal,
das seit der Goldenen Bulle mit den Kurfürsten geteilt wurde (C. v. Stramberg II 20 S. 679–
683, 725f).
dato noch unresolvirt verblieben, als sehe er nicht, wie mit bestand auf eine
beständige resolution gedrungen werden könne. Die anzahl der herrn
cameralium seye für dißmal, wie bekannt, gering und haben fast die meiste
ständ ihr contingent abgetragen, daß also, nach proportion derselben, die
praesentes das ihrige wol bekommen können. Sollte es aber ie nicht zuge-
langet haben, sehe er nicht, wie vor erlangtem allgemeinen frieden ihnen
geholffen werden möge, sondern sie werden sich, weiln es communis cala-
mitas , mit andern gedulten müsen. Wir haben alle gleich gesündiget, müsen
also auch an der straff mittragen. Die ständ seyen ohne das genug geplagt,
man könne sich nicht eines dergestalt erbarmen, daß der andere dardurch
ganz ruinirt werde, sonsten es auff eine grose unbarmhertzigkeit außlaufen
würde.
Regensburg. Verstehe aus der ablesung soviel, daß des cammergerichts
suchen nicht nur auf der securitet und salarirung, sondern auch auf der
exemtion bestehen thue. Ad primum, seye sich, wie Lübekh erinnert, ihrer
wol anzunehmen, inmaßen nicht allein alhier bereits nach müglichkeit
geschehen, sondern auch schon auff jüngstem reichstag zu Regensburg
davor gehalten worden, man solle sehen, wie die statt in einen neutralstand
gebracht werden möchte, es habe aber am Kayserlichen hof gemangelt.
Were nochmaln zu versuchen, ob ihnen auf solchem weg zu helfen?
Der früchten halber wiße er nicht, was es für eine aigentliche bewandnus
damit habe. Die herrn Frankfurtische werden deßwegen bericht geben
können. Halte, daß mit denen herrn Spanischen deßwegen zu reden seye, ob
sie ein schreiben an den commandanten zu Frankenthal derenthalben ab-
gehen laßen wollten.
Im übrigen können alle drey collegia per modum intercessionis bey denen
Kayserlichen und beeder königlicher cronen legatis einkommen, seye nöhtig
und der justiz beförderlich.
Das salarium 2. betreffend, seye schon unterschiedlichmal davon geredt
worden. Sie wollen nicht die neuen termin allein, sondern auch die extanzen
haben, wann was einkomme, nehmen es die eltesten hinweg und wollen
vorhero bezahlt sein. Der mangel stehe meistentheils an chur- und fürsten,
die stätt werden mit prozessen darzu vermöcht, müse sich sonsten ein ieder
bey diesen zeiten schmuken und streken nach der deke; wo nichts seye, könne
man ihnen auch nichts geben, ordinata charitas fange an sich selbsten an, seye
ein groß gravamen, daß die geringere ständ allein das ihrige geben, die
höheren aber nicht.
Die exemtion betreffend, beklage sich der raht gar sehr, daß die onera ihnen
allein auf den hals wachsen, in dem die cammer unterschiedliche leuth der
statt jurisdiction eximire. Wann man extraordinari contributiones anlege,
seye niemand frey. Wollen sie der securitet zugleich geniesen, müsen sie
auch zugleich mit heben und legen. Seye zwar auf erhaltung der freyheiten in
alle weg zu trachten, solchen fals aber gebe es schäle brüder, doch wolle er
sich hierinnen gern mit denen majoribus vergleichen.
Directorium bericht incidenter: Nachdem er hiebevor wegen der statt
Speyer ein absonderlich memorial übergeben und darinnen remonstrirt, daß
der cammer ohne der statt garauß nicht könne geholffen werden, wegen der
großen connexitet, damit ein theil dem andern zugethan, seyen darauf die
intercessionales an die königliche Französische, Schwedische und Spanische
plenipotentiarios, sowol für die statt als die cammer abgefaßt worden, biß
dato aber kein remedium darauf erfolgt.
Frankfurt. Bey dem ersten puncten würde ihren herrn und oberen gar lieb
sein, dafern ein zulangendes mittel ergriffen werden könnte, einem hochlöb
lichen Kayserlichen cammergericht dißfalls contento und satisfaction zu
geben; sie wollten aber nicht hoffen, daß man wieder auf die translation nach
Frankfurth einigen gedanken rühren sollte, dann selbenfalls werden sie obli-
girt , dafür höchlich zu bitten, sich zu verwahren und auf das jenige, was bey
leztem reichs- und deputationtag geschloßen worden, zu beziehen. Confor-
mirten sich aber mit denen jenigen votis, so auf die neutralitet und dazu dien-
liche mittel ihre meinung gerichtet hetten. Wegen der früchten zu Frankenthal
giengen allerhand discurs, wie deme aber, liesen sie es dabey, daß die herrn
camerales ihrem begehren nach verschrieben oder ihnen per deputatos
assistenz geleistet werde.
Bey dem andern puncten bleiben ihre herrn und oberen an ihrer quota der
unterhaltung das geringste nicht schuldig; wann die restanten bey andern
ständen mit dem rigor, wie in die statt Frankfurth gesezt wird, eingetrieben
würden, were der sachen schon geholfen.
Die Juden capitation werde von Ihrer Kayserlichen Majestet gänzlich
improbirt und verworfen, gereichete denen jenigen ständen, so Juden unter
sich hetten, zu höchstem praejudiz, nachtheil und ungleichheit und hetten
derselben Churmainz, Cöllen, wie auch Bamberg, Heßen Darmstat und
Frankfurth beständig wiedersprochen, dabey man es bewenden liese und sich
der cammergerichtlichen unterhaltung halben mit denen verglichen haben
wollte, die auf einbringung der restanten votirt hetten. Im übrigen weren sie
befelcht, bey denen höchst-, hoch- und ansehlichen herrn ständen und der-
selben rähten, pottschafften und gesanden, ob vielen von dem hochlöblichen
Kayserlichen cammergericht ihnen zustehenden sehr schweren begegnusen
und unleidenlichen scharffen proceduren sich höchlich zu beklagen. Nach-
dem sie aber umb fernerem bericht nach hauß geschrieben, wollten sie deßen
erwarten und vor dißmal ihrem habenden befehl nachzukommen, verscho-
ben haben.
Nürnberg. Finde an seinem wenigen ort kein zuträglicher mittel,
der statt und cammer geholfen werden könnte, als daß die neutralitet ihnen
erhandelt würde. Zu dem ende vergleiche er sich damit, daß herrn grafen
von Trautmansdorff Excellenzen nochmaln durch deputirte angesprochen
werden solle. Wann aber die resolution contrari fallen sollte, bestehe die
abhelfung nicht in der stände, sondern der cron Frankreich und Spanien
händen, bey welchen sie erhandelt werden müste. Weren also die herrn
plenipotentiarii, weil sie nicht hier durch schreiben zu erinnern und zu
bitten, daß sie dem commendanten zu Frankenthal und Speyer befehlen, die
camerales bey ihrer immunitet und freyheit zu laßen, wo aber seine ordre
anders lauten sollte, müste man das werkh gar an den könig gelangen laßen.
Sie fangen sonsten solche händel an, daß man nicht grose ursach hette, sich
ihrer anzunehmen, man habe aber doch dahin zu trachten, daß das cammer-
gericht nicht gar zerfalle. Seyen gar geschwind mit ertheilung der process,
ohne attendirung einiger consideration oder exception. Haben einem stolzen
theologo zu Kempten ungehört des magistrats process erkannt, nur allein,
unter der bürgerschafft widerwillen zu erwecken
Zu ähnlichem Verfahren gegen Lindau vgl. H. Loewe S. 78ff. Die Vorgänge in Kempten konnten
nicht völlig erhellt werden; vielleicht handelte es sich um Auseinandersetzungen der Stadt mit dem
Fürstabt Roman Giel von Gielsberg (1639–1673), möglicherweise aber auch um den unten [ S. 553 Anm. 8 ] skizzierten Konflikt.
Ad secundum, die salarirung anlangend, verstehe er, daß derselbe punct
unerörtert am Kayserlichen hof noch liege, man könne es pari passu bey
herrn grafen von Trautmansdorff Excellenzen suchen. Sie warten den stätten
nicht lang, seyen fertig mit processen. Man konnte sie erinnern, sie sollten
mit denen höhern auch so verfahren wie mit den geringeren. Seye unbillich,
daß wenigen allein zuwachsen solle, was vielen zugehöre. Die früchte betref-
fend , vergleiche er sich damit, daß die Spanische oder Burgundische
Burgundische Gesandte waren Dr. Antoine Brun (vgl. [ S. 127 Anm. 9 ] ) und P. Joseph de
Bergaigne, OFM, Ebf. von Cambrai, Bf. von s’-Hertogenbosch.
werden sollen, der sach abzuhelfen.
Bremen. Was den punctum securitatis betrifft, möge er seines theils ihnen
gerne geholffen sehen. Die neutralitet were wol das beste mittel darzu, wann
sie allein erhalten werden möchte. Wolle seine stimm auch dahin ertheilen,
daß sie gehöriger orten bester maßen gesucht werde. Wann die neutralitet
erlangt, habe es mit der exemtion auch seine richtigkeit.
Ad 2. Die Judencapitation seye nicht practicirlich, sondern müße der sach
auf eine andere weis geholffen werden. Könnten sie demnach die restanten
sowol bey den höheren als anderen eintreiben. Weiln sie es aber biß dato
nicht gethan, haben sie es ihnen selbsten zu imputiren. Wie ihnen sonsten
geholffen werden möchte, sehe er nicht, sondern seye des herrn Lübekischen
meinung, weiln es communis calamitas, daß sie sich patientiren, sehe nicht,
warumb sie das ihrige haben und andere es ermangeln sollten.
Eßlingen. Ad 1. Könne in dem wohl einig sein, daß ihnen nothdurfftige
securitet auf alle mittel und weg, sonderlich aber durch die neutralitet
angeschafft werde. Conformire sich demnach mit vorgehenden votis.
Ad 2. Beruhe dieser punct einig und allein auf dem außschlag dieser trac-
taten , laufen sie wol aus, werden sich schon remedia erzeigen, daß sie ihre
salaria darauß haben und bekommen können, es werde sich aber hievon bey
dem puncto justitiae beßer als diß orts reden laßen. Sin secus seye es umb
die justitiam gethan. Die stände seyen schon dergestalt ruinirt, daß sie nichts
mehr beytragen können, camerales meritirens nicht umb die geringere ständ,
daß sie sich ihrer annehmen, weiln die process gar starkh wieder sie gehen.
Memmingen. Ad 1. Wolle sich gern mit dem vorgeschlagenen conformiren;
die neutralitet würde wol das beste mittel sein.
Ad 2. Seine herrn werden nicht verschonet, sondern zimlich von der
cammer außgeplaget. Wann die höhere ständ auch wie andere beytragen,
könnten sie sich, weiln ihrer wenig, wol contentiren. Anderer gestalt, wo
keine gleichheit gehalten werde, müßen sie sich patientiren. Die meisten
process berühren ihre salarirung oder mandata de solvendo. Die statt
Kempten betreffend, habe die unruhige bürgerschafft alles erhalten können,
der magistrat aber nichts.
Lindau. Ad 1. Weiln man allerseits auf die neutralitet gehe, wolle er sich
nicht separiren, seye billich dahin zu trachten, daß das cammergericht erhal-
ten werde. Wann die neutralitet erhalten, werde sich die exemtion mit
finden. Ad 2. Seyen seine herrn principalen mit processen so starkh getrieben
worden, daß er nicht glaube, daß sie etwas schuldig seyen; wann sie bey
höheren auch also theten, hetten sie sich nicht zu beklagen, besonders weiln
ihrer für dißmal wenig, wollen sie aber derselben schonen, mögen sie es
ihnen selbsten
30 imputiren] Fortsetzung und Schluß des lindauischen Votums in Nürnberg , Strassburg ,
Isny Wegen Kempten seyen die uncosten allein bereits auf 30 000 fl. hinaußgelauffen.
Der Rest des hier aufgeführten, aus Ulm übernommenen Votums fehlt. Dort wurde es mit fol-
gender Begründung ergänzt: Weiln der protocollist, wie
pflegt, den herrn Lindauischen abgesandten in seinem voto bey der 42. session nit
recht assequirt, alß bittet er, daß ohnförmblich inserirte votum zu
verleibte formalia an deßen stell zu setzen ( Text eines eingeschobenen Blattes bei Ulm ).
Waß in unterschiedlichen votis
kommen , das erfahre unter anderen auch die statt Kempten, allda können die
cives factiosi process gleichsam nach belieben außbringen, der magistrat
aber keine erlangen. Wie dann, alß der magistrat wider eine zeugenverhör ad
perpetuam rei memoriam ganz erhebliche exceptiones eingewandt, deren
ganz ohnangesehen wider den magistrat ein paritori [!] und folgends auf
anruffen und clag des fiscals auch ein condemnation dahin ergangen, daß er
über
seyen.
Directorium. Die securitet betreffend gehe selbige nicht auf eine translation
der cammer, sondern exemtion von einquartirungen und contributionen. Die
camerales seyen zimlich daselbst begütert und haben bey diesen zeiten von
der bürger liegenden gütern gar viel vilissimo precio an sich gebracht und
aller beschwerden freygemacht. Werden also nicht leichtlich von der statt
wegtrachten. Zu erlangung der neutralitet aber halte er, daß vorige media
widerumb zu ergreifen sein werden, obwoln biß dato nichts darauf erfolget;
habe wegen der statt bey denen herrn Schwedischen erinnerung gethan, aber
anderst nichts zur antwort bekommen als, sie hetten noch keine gelegenheit
gehabt, mit denen herrn Franzosen darauß zu communiciren, die herrn
Spanische haben sich zwar zimlich erklärt, seye aber auch nichts würck
lichs darauf erfolgt, sondern die statt müße noch bestendig nach Franken-
thal contribuiren. Halte es für ein desperat werkh, solang der friede nicht
gemacht oder Frankenthal in andern stand gebracht werde. Die herrn
camerales sezen selbsten, die bürgerschafft seye außgesogen, stehen also in
der beysorg, es möchte an sie auch kommen, obwoln bißhero wieder sie
nichts ungleiches vorgenommen worden. Wann durch die stände der statt
sowol als denen herrn cameralibus geholffen werden könnte, were ihnen
nicht aus handen zu gehen, sondern voriger process zu reassumiren. Aus der
herrn Kayserlichen dilatorischen antwort seye so viel abzunehmen, daß sie
keinen großen lust darzu haben, sonderlich weiln der ort nicht in ihren
mächten und gewalt stehet.
Was der früchten halber incidenter einkommen, weil man keinen satten
bericht davon habe, were
anders mit untergeloffen sein, welches aus verübter confiscation abzuneh-
men . Wolle man aber derselben, wie auch des paßes, daß sie nicht umb eines
iedwederen geringen dings wegen einen suchen müsten, gegen denen Spani-
schen gedenken und sie umb remedirung bitten, solle es ihm nicht zuwieder
sein.
Ad 2. seye es an dem, daß es lediglich an chur- und fürsten haffte, man
schone seiner herrn principalen umb soviel weniger, weil sie nahe geseßen;
wann sie bey höhern etwas suchen, verfange es nichts, auß mangel gelts und
execution. Deßwegen es über die stätt allein außgehe. Sie könnten auch wol
Ihre Majestät umb monitoriales ersuchen, sie würdens ihro nicht zuwieder
sein laßen. Seye denen ständen an diesem gericht, daß es erhalten werde, viel
gelegen; daß es aber schlecht damit bestellt, daran tragen die stätt keine
schuld. Zu erhöhung der salarien zu rahten, laße sich nicht thun, weiln chur-
und fürsten nichts geben und es also allein die stätt treffen würde.
Conclusum. Soviel desiderirte securitet betrifft, weiln zu erlangung der-
selben kein beßer und zuträglicher expediens obhanden, als wann die über
mäßige guarnison auß der statt genommen, die bürgerschafft sowol als die
herren camerales der contributionen und einquartirungen befreyet und von
allen kriegenden parteyen für neutral geachtet würden, wie nicht allein in
anno 1641 zu Regenspurg in vorschlag kommen, sondern auch unter
werenden diesen tractaten intercedendo aller orten gesucht worden. Als seye
solchem wege noch ferner zu insistiren und sowol bey denen herren Kayser-
lichen als königlichen Französ-, Span- und Schwedischen vormalige bitt per
deputatos auß allen dreyen collegiis zu erfrischen, insonderheit aber die
herrn Spanischen zu ersuchen, bey dem herrn gubernatore zu Frankenthal
außträgliche einwendung dahin zu thun, daß weder die herrn camerales noch
der statt Speyer angehörige umb eines jeden geringen dings willen, einen
specialpass zu begehren genöhtigt werden.
Des anderen begehrens erledigung solle biß zu außgang dieser tractaten auf
sich beruhen, laufen selbige wol ab, werden sich die media zu des cammer-
gerichts unterhaltung schon erzeigen. Sin secus werde es besorglich umb die
justitiam gethan sein. Interea könnten wieder die saumseeligen diejenige
media ergriffen und practicirt werden, damit man bey diesen geldklemmen
zeiten von den geringeren ständen ihre quotas zum größern theil herauß
gebracht .
Lübeck. Referirt, daß man vorgestern im fürstenraht beysammen gewest
und unter andern auch der condolenz gegen denen herrn Kayserlichen
wegen der verstorbenen Kayserin gedacht, zumaln für gut angesehen habe,
weiln es die churfürstliche bereits a part gethan, daß es auch die übrige beede
collegia absonderlich thun sollten. Stellts, was man diß orts thun wolle?
Directorium. Quaestionem an belangend, seye es bereits eine außgemachte
sach, das decorum erfordere es, werde allein darumb zu thun sein, wieviel
und wer zu deputiren seye?
Conclusum. Von jeder bankh zween und zwar die vorsizende herrn abge-
sande , nemlich Straßburg und Lübekh, Regenspurg und Nürnberg.
Lübeck und Nürnberg, als deputati zu denen herrn Kayserlichen zu hinder-
bringung des memorials, referiren, daß die deputation bey ihnen wol aufge-
nommen und vertröstet worden seye, selbiges übrigen, so einkommen, bey-
zulegen und mit des herrn grafen von Trautmansdorff Excellenzen nach
überkunfft, darauß ferner zu communiciren und den inhalt zu beob-
achten
Vgl. Meiern III S. 150.
Lübeck und Eßlingen, als deputati zu denen herrn Schwedischen, referiren
gleicher gestalt, daß ebenmäßig die deputation wol angesehen worden mit
der antwort, daß die reichsstätt wol daran theten, wollen das anbringen
beobachten und wo sie anstehen, weiteren berichts sich erholen. Und weiln
herrn graf Oxenstirns Excellenz allein bey der audienz sich gefunden, hetten
sie sich des andern tags auch bey herrn Salvii Excellenz angemeldet, welcher
die deputation, wie voriger, angesehen und unter andern gesagt, daß er das
instrumentum pacis also abfaßen wolle, damit es dabey bleiben könne. Man
möchte ihme erstlich die communia cum reliquis statibus an hand geben,
darnach allein indicis loco, worinnen wir mit denen fürstlichen different, und
dann 3. specialissima cujusque civitatis, deßwegen er ferners mit denen
deputirten darauß reden wollte.
Der herr Oxenstirn hette unter andern auch erzehlt, die Chursächsische, als
sie bey ihme gewesen, ihre intention gerühmt und zu secundiren sich erbot-
ten haben, 2. davor gehalten, daß der terminus amnistiae nicht eben auf
annum 1618 zu stellen seye, wann nur sonsten den gravirten ständen gehol-
fen und particularia mit eingeschloßen werden
Vgl. zu der schwedisch-sächsischen Unterredung vom 25. und 28. Mai 1646 J. Oxenstierna und
Salvius an Kgin. Christine APW [ II C 2 nr. 126 S. 313–320 ] , hier [ S. 313f ] .
anlange, seye auf die wort so hoch nicht zu sehen, wann man den effectum
erhalte. Wegen der Pfalz möchte es 4. villeicht dahin zu richten sein, daß die
untere Pfalz gänzlich restituirt, mit der dignitet aber alternirt und von Bayern
oder auch wol deßelben herrn sohn der anfang gemacht würde. Sonsten
seyen zwey schlimme particularia mit eingeloffen, 1. wann man eine solche
resolution gefaßt haben werde, dabey endlich zu bestehen, werde zu wißen
nöhtig sein, wie der militiae satisfaction zu thun? Sie bestehe würklich auf
60 000 mannen, seyen böße kerl darunter, welche, da ihnen kein bezahlung
geschehen sollte, schlimme händel anstellen dörfften. 2. Daß er gefragt, zum
fall der krieg ferner continuirt werden müste, was man thun wolle? Die stätt
seyen nicht alle enervirt, habe dem Lübekischen damit auf die achsel ge-
klopfft und gesagt, sie können nochmal etwas dabey thun.