Acta Pacis Westphalicae I 1 : Instruktionen, Band 1: Frankreich - Schweden - Kaiser / Fritz Dickmann, Kriemhild Goronzy, Emil Schieche, Hans Wagner und Ernst Manfred Wermter
EINLEITUNG

[p. 327] [scan. 361]


1
EINLEITUNG


2
Schwieriger als bei Frankreich und Schweden sind die Kriegsziele und die Bedin-
3
gungen
, unter denen man einen Frieden einzugehen bereit war, beim kaiserlichen Hof
4
darzustellen

27
An älteren zusammenfassenden Werken über dieses Thema stehen zur Verfügung: M. Koch ,
28
einseitig und ziemlich unkritisch, A. Huber V, der auf die kaiserliche Friedenspolitik kaum ein-
29
geht , und als knappe Einführung M. Ritter III. Die beste Darstellung der verwickelten Vor-
30
geschichte der Friedensverhandlungen jetzt F. Dickmann . Bis zur Ankunft Trauttmansdorffs
31
in Münster im Herbst 1645, also bis zum Ende der vorliegenden Zusammenstellung, mußte
32
Dickmann allerdings auf die Heranziehung bisher ungedruckten Materials verzichten.
. In viel größerem Maß als die beiden »fremden Kronen« mußte sich der
5
Kaiser von den verschiedensten Rücksichten und Interessen leiten lassen. Abgesehen
6
von den religiösen Beweggründen, die noch am Anfang des unseligen Krieges mit an erster
7
Stelle gestanden hatten, bildete die Erhaltung der Erblande und damit der einzigen
8
Machtbasis in dem Kampf auf Leben und Tod, in den die Endphase des großen
9
Krieges für den Kaiser übergegangen war, das wichtigste der kaiserlichen Kriegsziele.
10
Dazu kam die Rücksicht auf die »Casa d’Austria«, auf den Zusammenhang mit dem
11
durch so viele Bande der Familie und der gemeinsamen Interessen verknüpften Königreich
12
Spanien

33
Über das Verhältnis Österreichs zu Spanien vgl. jetzt G. Mecenseffy , B. Chudoba und
34
H. Günter , Habsburger-Liga.
. Dann erst folgte das Reich mit den wichtigsten Verbündeten, den Kurfürsten
13
von Bayern und Sachsen, Mainz und Köln. Der militärisch bedeutendste unter ihnen, der
14
Kurfürst von Bayern, teilte die spanischen Neigungen des Kaisers nicht und bildete
15
gleichzeitig in der pfälzischen Frage das Haupthindernis einer Beilegung der Schwie-
16
rigkeiten
im Reich

35
Zur Politik Kurfürst Maximilians I. bis 1635 nunmehr D. Albrecht . Für die Zeit nachher
36
fehlt eine zusammenfassende neuere Monographie. Vgl. von der älteren Literatur vor allem
37
H. Egloffstein und K. Jacob , passim.
. Das Verhältnis zum Papst wurde ebenfalls durch das enge
17
Bündnis mit Spanien immer mehr getrübt und gelangte schließlich in den letzten Jahren
18
Urbans VIII. auf einen Tiefpunkt, in dem jede Mittlertätigkeit des Papstes den
19
Verdacht des kaiserlichen Hofes erregte

38
Zum Verhältnis Urbans VIII. zu den Habsburgern vgl. L. Pastor XIII 1, 2 passim, bes.
39
S. 1020–1031. Kritisch dazu K. Repgen und jetzt derselbe , Papst, Kaiser und Reich, 1.
. Dazu kam in den letzten Kriegsjahren eine
20
ständige Bedrohung von Osten durch die Türken und Fürst Georg Rákóczi von Sieben-
21
bürgen
, das Eindringen der Schweden in das Zentrum der Erblande, ein ständiges
22
Abbröckeln der Verbündeten im Reich und das völlige Versiegen der zum Krieg
23
nötigen Geldmittel.

24
Die verhängnisvolle Entwicklung war das Ergebnis der Dreißigerjahre. Nach
25
der Schlacht bei Nördlingen 1634 war Schweden am Rande seiner Kräfte, durch den
26
Abschluß des Prager Friedens 1635 schien die Stellung des Kaisers im Reich gesichert

40
Zum Prager Frieden vgl. oben S. 195 Anm. 1.
.

[p. 328] [scan. 362]


1
Ferdinand II. konnte die Wahl seines Sohnes 1636 ohne Schwierigkeiten durchsetzen
2
und Ferdinand III. im folgenden Jahr ein zwar finanziell zerrüttetes, aber doch noch
3
intaktes Erbe übernehmen. Die rapide Verschlechterung der Lage wurde in den näch-
4
sten
Jahren durch die militärischen Mißerfolge gegen Frankreich und die Schwächung
5
Spaniens durch die Aufstände in Katalonien und Portugal 1640 eingeleitet. Damit war
6
das Kräfteverhältnis vollkommen verändert und die Kriegslage für den Kaiser aus-
7
sichtslos
geworden. Der Krieg konnte nicht mehr gewonnen, sondern nur mehr zu einem
8
möglichst günstigen Zeitpunkt abgebrochen werden.

9
Unter diesen Umständen versuchte die kaiserliche Politik, durch mehr oder weniger
10
geschicktes Lavieren so viel wie möglich zu retten. Die Verhältnisse in Wien waren
11
allerdings einer einheitlichen Geschäftsführung nicht günstig. Schwerfällig wie die
12
Verfassung des Reiches war auch die Regierung am kaiserlichen Hof. Die Reichs-
13
kanzlei
und die österreichische Hofkanzlei standen sich als Rivalen im Kampf um
14
den Einfluß in der Außenpolitik gegenüber

33
Vgl. L. Gross .
. Neben dem Hauptberater und alter
15
ego des Kaisers, dem Obersthofmeister Maximilian Graf Trauttmansdorff

34
Eine der Bedeutung dieses Staatsmannes entsprechende Monographie oder Biographie fehlt. Kurzer
35
Lebensabriß in ADB 38 S. 531 . Über sein Wirken als Reichshofrat vgl. O. Gschliesser
36
S. 183f.; über seine Tätigkeit im geheimen Rat vgl. H. F. Schwarz S. 127ff., 372ff. Eine
37
schöne Charakterisierung bei F. Dickmann S. 195, 243f.
, standen
16
Ferdinand III. die beiden Gremien des geheimen Rates und des Reichshofrates zur
17
Verfügung. Besonders groß war der Einfluß der Kaiserin Maria Anna, der Schwester
18
Philipps IV. von Spanien. Die geheimen Räte waren teils alt, teils stark in privaten
19
Interessen befangen–fast alle hatten riesige Besitzungen von den beschlagnahmten
20
Gütern Böhmens erhalten. Einen gewiegten Politiker besaß der Kaiser in der Person
21
des Reichsvizekanzlers Ferdinand Graf Kurz

38
Über ihn vgl. L. Gross Reichshofskanzlei S. 336–340, O. Gschliesser S. 215f., H. F.
39
Schwarz S. 260ff.
. Die Reichshofräte bildeten das
22
diplomatische Korps des Kaisers, vor allem im Reich. Hinter all diesen Beratern bleibt
23
Ferdinand III. etwas unpersönlich im Hintergrund, er ist in seinen Ansichten schwer
24
zu fassen. Besonders das Vertrauensverhältnis zu Trauttmansdorff bewirkt, daß im
25
behandelten Zeitraum bis zur Abreise des Obersthofmeisters nach Münster im Herbst
26
1645 der Grad der Einflußnahme dieses Leiters der kaiserlichen Politik und der
27
Anteil des Kaisers in den wohl fast immer mündlichen Beratungen der beiden nicht
28
auseinandergehalten werden können. Im allgemeinen muß man den Eindruck gewinnen,
29
daß der Kaiser – trotz aller glänzenden Eigenschaften, die ihm von den scharfsichtigen
30
venezianischen Diplomaten zugeschrieben wurden

40
Besonders günstig sind die Berichte von Zeno und Contarini 1638 ( J. Fiedler S. 198f.),
41
Grimani 1641 ( ebd. S. 277f.) und Giustiniani 1654 ( ebd. S. 387ff.). In den beiden ersten
42
Berichten wird vor allem der Eifer des Kaisers, an allen Ratssitzungen teilzunehmen, betont.
43
Giustiniani hebt a. a. O. S. 387 hervor, daß der Kaiser selbst der beste Kopf im geheimen Rat
44
sei.
–, zwischen den oft entgegen-
31
gesetzten
Einflüssen der spanisch orientierten Kaiserin und des nüchternen » Real-
32
politikers
« Trauttmansdorff geschwankt hat. Erst nach dem Tod der Kaiserin im

[p. 329] [scan. 363]


1
Mai 1646 gewann Trauttmansdorff die Oberhand. Seinem Einfluß vor allem ver-
2
dankt
der Kaiser, was im Westfälischen Frieden zurückgewonnen und erhalten wurde.

3
Der offene Eintritt Frankreichs in den Krieg (1635) hat auf die Fixierung der
4
kaiserlichen Kriegsziele zunächst nicht eingewirkt. Die Grundlagen zu Verhandlun-
5
gen
sollten der Friede von Regensburg mit Frankreich 1630

38
Druck: J. Du Mont V 2 S. 615/18. Regest: L. Bittner S. 45 Nr. 234. Frankreich
39
ratifizierte den am 13. Okt. 1630 geschlossenen Frieden nicht. Über die Vorgeschichte vgl.
40
die Institutsarbeit von E. Kotasek und E. Kotasek , Staatsverträge.
und das sogenannte
6
Schönebeck’sche Projekt von 1635 mit Schweden bilden, das während der Verhand-
7
lungen
Kursachsens mit Oxenstierna entstanden war

41
Vgl. C. Th. Odhner S. 27ff. sowie oben S. 195 Anm. 2.
. Im Reich sollte der Friede
8
von Prag in Geltung bleiben, zur Amnestie der dort nicht eingeschlossenen Reichs-
9
stände
war man bereit. Die pfälzische Restitution wurde zwar ins Auge gefaßt, doch
10
hütete man sich am Kaiserhof begreiflicherweise, in den Instruktionen und Weisungen
11
an die Gesandten hierzu eine feste Stellung zu beziehen, um den Kurfürsten von Bayern,
12
den wichtigsten Bundesgenossen des Kaisers, nicht zu verstimmen

42
Vgl. dazu die Instruktion für Herberstein, Nr. 24 S. 394 und Nr. 25 S. 396f.
. Eine Rückgabe
13
der Oberpfalz hätte den Kaiser überdies gezwungen, seinerseits Maximilian das
14
ehemals verpfändete Land ob der Enns wieder abzutreten

43
H. Egloffstein S. 19.
.

15
Diese Ausgangspositionen boten schon vor dem Umschwung von 1640 Erfolgsaus-
16
sichten
nur für den Fall, daß man darüber hinaus zu Zugeständnissen bereit war. Davon
17
ist in der Instruktion der kaiserlichen Gesandten zu Verhandlungen mit Frankreich
18
beim Kölner Kongreß (vom 1. III. 1637) allerdings nichts zu bemerken

44
Text: Nr. 21 S. 355 ff. Der Inhalt ist zum Teil bei F. Hurter S. 202ff. wiedergegeben.
. Diese
19
Instruktion wurde schon unter Ferdinand II. im Herbst 1636 konzipiert und dann
20
mit geringen, den Tod des Vaters betreffenden Änderungen von Ferdinand III. über-
21
nommen
. Ihr Inhalt ist eine einzige Anklage gegen die französische Politik seit 1630.
22
Alle Verletzungen des Regensburger Friedens, den man am Kaiserhof trotz der
23
verweigerten französischen Ratifikation als rechtskräftig betrachtete, werden aufge-
24
zählt
und Antworten auf mögliche Einwände der französischen Unterhändler – die
25
bekanntlich in Köln nie erschienen sind – angegeben. In keinem Punkt wird den
26
Gesandten die Möglichkeit zu Konzessionen und damit zu einer eigentlichen Verhand-
27
lungsführung
gegeben. Trotzdem blieb die Instruktion auch für die Folge nicht ohne
28
Bedeutung, weil die kaiserlichen Instruktionen für Münster 1643 ständig auf sie ver-
29
wiesen
und weil sie noch im Herbst 1645 die Grundlage für die kaiserliche Antwort
30
auf die Propositionen Frankreichs bildete. Zu diesem Zeitpunkt war dies freilich
31
nur mehr ein Schutzschild gegen die Forderungen der Gegner, um bei dem zu erwar-
32
tenden
Feilschen eine möglichst gute Ausgangsposition zu besitzen.

33
Seit 1635 stand fest, daß der von Frankreich und Schweden geforderte allgemeine
34
Friedenskongreß immer mehr Ansprüche der unzufriedenen Reichsstände, der Prote-
35
stanten
und der im Lauf des Krieges depossedierten Reichsfürsten gegen den Kaiser
36
hervorrufen müsse. Aus diesem Grund wünschte der Kaiserhof, die beiden Haupt-
37
gegner
zu trennen und mit einem derselben auch unter großen Opfern einen Sonder-

[p. 330] [scan. 364]


1
frieden
zu schließen, um die Forderungen des anderen dann besser abwehren zu können.
2
Gegen die Interessen der katholischen Kurfürsten, die zuerst einen Ausgleich mit
3
Frankreich verlangten, wurden die ernsthaftesten Versuche zunächst bei den Schweden
4
unternommen. Hier ist es seit 1635 zu kaum jemals unterbrochenen geheimen Ver-
5
handlungen
und Fühlungnahmen, meist durch. Mittelspersonen, gekommen

38
Vgl. C. Th. Odhner S. 48ff. und oben S. 195ff.
. Der
6
Wiener Hof wurde dazu besonders aus Rücksicht auf die Erblande – die bei einem
7
Ausgleich mit Frankreich auf jeden Fall herangezogen werden mußten – und auf das
8
verbündete Spanien bewogen. Mit dem Tod des Kurfürsten Georg Wilhelm von Bran-
9
denburg
am 21. November 1640 und dem darauf folgenden Umschwung am Berliner
10
Hof wurden den Kaiserlichen territoriale Zugeständnisse an Schweden überdies wesent-
11
lich
erleichtert.

12
Im Herbst 1639 war der Reichshofrat Kurt von Lützow zu den Hansestädten abge-
13
schickt
worden mit dem Auftrag, gleichzeitig dem schwedischen Residenten Adler
14
Salvius in Hamburg die Bereitwilligkeit des Kaisers zum Frieden mitzuteilen, falls
15
dieser mit ihm die geheimen Verhandlungen wieder aufzunehmen wünschte, die früher
16
kurze Zeit durch den Reichsvizekanzler geführt worden waren

39
Instruktion 1639 IX 19 in RK , Friedensakten , Fasz. 45 b, Konv. B fol. 3–10.
. Was Lützow bei
17
dieser Gelegenheit über die Forderungen Schwedens in Erfahrung bringen könnte,
18
sollte er nach Wien berichten. Am 26. Oktober dieses Jahres folgte dann eine etwas
19
ausführlichere Instruktion zu Friedensverhandlungen für den Reichshofrat Lützow
20
und Dr. Jordan mit einem Bericht über die bisherigen, hauptsächlich durch Vermitt-
21
lung
der Herzoge von Sachsen-Lauenburg zustandegekommenen Fühlungnahmen. Die
22
Instruktion enthält noch keine Einzelheiten zur Verhandlungsführung und keine
23
kaiserlichen Angebote

40
Ebd. fol. 22–33 und Mainzer Erzkanzlerarchiv , Reichstagsakten , Fasz. 153
41
fol. 99–106.
. Als Lützow 1640 endlich mit Salvius persönlich zusammen-
24
kam
und von der Bereitwilligkeit Schwedens zu einem Sonderfrieden unterrichtet
25
wurde, erbat er sofort ausführliche Instruktionen und Vollmachten

42
Vgl. C. Th. Odhner S. 67ff.
.

26
Die erbetene Instruktion wurde in Regensburg eiligst angefertigt und Lützow
27
chiffriert zugeschickt. Sie trägt als Datum den 10. Dezember 1640

43
Text Nr. 22 S. 376 ff.
. Lützow wird
28
durch sie ermächtigt, Salvius zur Entschädigung Schwedens nacheinander drei ver-
29
schiedene
Angebote zu machen. Als erster Grad werden 25 Tonnen Gold mit Ver-
30
pfändung
Stralsunds und der Insel Rügen, als zweiter Grad 30 Tonnen unter Ver-
31
pfändung
Stralsunds und Rügens, die bei Nichtzahlung des Geldes nach zehn Jahren
32
als Lehen an Schweden fallen sollen, angeboten. Der dritte Grad besteht aus der
33
sofortigen Belehnung der Königin von Schweden und ihrer männlichen Descendenz
34
mit Stralsund und Rügen

Text Nr. 22 S. 381 f.
. Nach weiteren Forderungen von Salvius wurden am
35
19. Jänner 1641 die kaiserlichen Angebote auf ganz Vorpommern ausgedehnt und
36
Lützow zur genauen Einhaltung der Verhandlungsstufen ein neues Schema der
37
kaiserlichen Zugeständnisse in neun Graden übersandt

44
Text Nr. 23 S. 386 f.
. Am 26. Februar berichtete

[p. 331] [scan. 365]


1
Lützow aus Hamburg, daß er Salvius den siebenten Grad – die Belehnung mit ganz
2
Vorpommern – angeboten habe

37
RK , Friedensakten , Fasz. 45a, Konv. B fol. 88.
. Schließlich wurde am 2. April der Entwurf eines
3
kaiserlichen Lehenbriefes für Vorpommern nach Hamburg geschickt und Lützow
4
gleichzeitig ermächtigt, als äußerstes Zugeständnis das ganze Herzogtum Pommern
5
der Königin von Schweden und ihren männlichen Nachkommen als Lehen von Kaiser
6
und Reich anzubieten. Für den Fall des Todes der Königin ohne männliche Leibes-
7
erben
sollte Pommern bis zur Zahlung von 60 Tonnen Goldes in der Hand Schwedens
8
bleiben. Dieses Angebot sollte Salvius allerdings erst bei einem drohenden Abbruch
9
der Verhandlungen mitgeteilt werden

38
Ebd. Fasz. 45c fol. 208f.
. Dazu ist es nicht mehr gekommen, da sich
10
Salvius inzwischen unter dem Vorwand der Unpäßlichkeit – in Wirklichkeit wegen
11
gegenteiliger Weisungen aus Schweden–von den Verhandlungen zurückgezogen hatte

39
Weisung 1641 IV 17 an Lützow, ebd. fol. 279–294; vgl. C. Th. Odhner S. 69f.
.

12
Jetzt erst wurde es den Kaiserlichen klar, daß die schwedische Vormundschafts-
13
regierung
– auch bei der Annahme eines wirklichen Bestrebens von Salvius, den
14
Frieden herbeizuführen – die Verhandlungen nur als Druckmittel gegenüber Frank-
15
reich
benützt hatte, um bei der bevorstehenden Erneuerung des Bündnisses bessere
16
Bedingungen zu erhalten. Statt des in Wien erhofften Sonderfriedens mit Schweden
17
kam es am 30. Juni 1641 zur Erneuerung der französisch-schwedischen Allianz,
18
wobei Schweden eine beträchtliche Erhöhung der Subsidien erreichen konnte. Der Ver-
19
trag
sollte bis zum gemeinsamen Friedensschluß Geltung haben. Für die Verhandlun-
20
gen
wurden nun Münster und Osnabrück vorgesehen

40
Text: J. Du Mont VI 1 S. 207. Vgl. oben S. 198.
.

21
So waren die Versuche, mit Frankreich zu einem Sonderfrieden zu kommen, von
22
Anfang an aussichtslos, da Frankreich an seine Verbündeten gebunden war. Schon
23
aus Rücksicht auf Spanien zögerte man am Kaiserhof auch lange, einen solchen Schritt
24
zu unternehmen

41
Vgl. hingegen über die spanisch-französischen Friedensverhandlungen A. Leman .
. Erst nach der Niederlage des Generals Lamboy bei Kempen im
25
Jänner 1642 war die Lage auch im Westen des Reichs gefährlich geworden. Bayern
26
und die bedrohten Kurfürsten von Mainz und Köln drängten nun immer stärker auf
27
Verhandlungen mit Frankreich, die durch Vermittlung der Kurie zustandekommen
28
sollten. Am Deputiertentag zu Mainz beschlossen die drei Kurfürsten, einen Gesand-
29
ten
an den Papst zu senden, um dessen Intervention herbeizuführen. Für die Sendung
30
wurde der Domdekan von Paderborn, Dietrich Adolf von der Recke, bestimmt

42
Bericht des nach Mainz abgeordneten Reichshofrats Ulrich Graf von Wolkenstein 1642 IV 14
43
( RK , Friedensakten , Fasz. 25, Konv. B fol. 42f.).
.
31
Eine Instruktion wurde ausgearbeitet, die ihn zur Anbahnung von Sonderverhand-
32
lungen
mit Frankreich ermächtigte

44
Instruktion 1642 V 23, Abschrift ebd. fol. 57–60.
. Zu deren Herbeiführung wollte man Frankreich
33
das Angebot machen, die Reichssachen vom Interesse der Krone Spanien zu separieren.
34
Daß man dabei auf heftige Abwehr am Kaiserhof stieß, ist verständlich. Im Reichs-
35
hofratsgutachten
vom 12. Juni 1642 wurden als Gegengründe die Rücksicht auf die
36
protestantischen Kurfürsten, vor allem aber die Verletzung der Bündnistreue und der

[p. 332] [scan. 366]


1
Pflichten des Geblüts gegenüber Spanien angeführt. Überraschend heftig ist die
2
Stellungnahme gegen den Heiligen Stuhl, der stets dem Reich und dessen Hoheit nach-
3
gestellt
habe

33
Ebd. fol. 91ff. Das Gutachten fährt fort, daß eine solche Absicht bei Verhandlungen noch mehr
34
zu befürchten sei, zumalen bei diesem pontificat und bei gegenwertigen leuffen, da man
35
stündlich in sorgen stehen muß, daß Ihre Heyligkeit nicht etwas wider das königreich
36
Neapoli oder auch wol wider andere status imperii in Italien attentiren (fol. 94’).
. Der Reichshofrat Justus von Gebhardt wurde nach Mainz abgeord-
4
net
. Ihm ist es dort gelungen, die Abreise von der Reckes, der schon die Instruktion
5
in Händen hatte, zu verhindern

37
Schlußrelation Gebhardts 1642 VIII 7 ( RK , Friedensakten , Fasz. 25, Konv. A fol. 85–
38
98).
.

6
Inzwischen war durch die in Wien zur Regelung der Pfälzer Frage anwesenden
7
kurfürstlichen Räte ein neuer Plan ausgearbeitet worden. Statt der Intervention des
8
Papstes sollte eine geheime Abordnung von bayrischen und kursächsischen Räten direkt
9
zu Richelieu geschickt werden. Sie sollten die Ursachen der französischen Verzöge-
10
rungstaktik
und die Absichten Richelieus ergründen und einen Separatfrieden anstre-
11
ben
. Über die Hauptpunkte sollten jedoch noch keine Verhandlungen geführt werden

39
Gutachten vom 1642 VII 21, ebd. Konv. B fol. 111–115.
.
12
Auch diesen Plan hielt man am Kaiserhoffür ebenso zwecklos wie die Gesandtschaft
13
nach Rom

40
Gutachten der deputierten geheimen Räte vom 27. Juli, ebd. fol. 117–128.
. Im Oktober 1642 wurde der Reichsvizekanzler Graf Kurz nach Mün-
14
chen
geschickt, um den über die ständigen Wiener Verzögerungen aufgebrachten Kur-
15
fürsten
Maximilian zu beruhigen und hinzuhalten. Ganz im Gegensatz zu den An-
16
sichten
des Kurfürsten sprach Kurz von der unbedingten Notwendigkeit, am Bündnis
17
mit Spanien festzuhalten, und wies auf die ungeheuren Kriegsziele Frankreichs hin

41
Regnum Austrasiae cum Francia orientali coniungendum: Replik des Grafen Kurz an
42
den Kurfürsten 1642 XI 4 ( RK , Friedensakten , Fasz. 25, Konv. C fol. 30–40).
.
18
Maximilian hingegen war bei der verzweifelten Lage, in die man geraten war, völlig
19
von der Notwendigkeit der Gesandtschaft nach Frankreich überzeugt, ja er drohte
20
sogar, daß er bei deren Verhinderung »auf andere Media denken würde, um sich und
21
die Seinigen zu salvieren. Um Spaniens willen dürfe das Reich nicht zugrundegehen«

43
Bericht des Grafen Kurz 1642 XI 6, ebd. fol. 44 und 66’.
.
22
Schließlich schlug Kurz vor, daß in Wien eine Instruktion für die Gesandtschaft aus-
23
gearbeitet
werden solle, die den Eventualfall einer Separation von Spanien nicht ent-
24
halte
. Diese Instruktion wurde dann auch am 26. Jänner 1643 an Bayern abge-
25
schickt

44
ebd. fol. 79–91. Ihr Inhalt ist ganz allgemein gehalten.
. Zur geplanten Gesandtschaft ist es aber nicht mehr gekommen.

26
Indessen hatte man sich in Wien unter dem Eindruck der drohenden Sprache
27
Maximilians und des dringenden Verdachts bereits bestehender geheimer Verbin-
28
dungen
zwischen Bayern und Frankreich zu eigenem Handeln entschlossen

45
Vgl. unten S. 334 Anm. 2.
. Es
29
schien für den Kaiser entschieden besser, die Stimmung in Frankreich durch einen
30
eigenen Vertrauensmann zu erkunden. Um die Sendung möglichst geheimzuhalten,
31
wurde kein Berufsdiplomat herangezogen, sondern der Konvertit Pater Georg von
32
Herberstein, damals Provinzial des Dominikanerordens, der sich vor seinem Ordens-

[p. 333] [scan. 367]


1
eintritt
bereits auf verschiedenen diplomatischen Sendungen bewährt hatte

39
Über Herberstein vgl. ADB 12 S. 33f. , und O. Gschliesser S. 211f.; beide erwähnen die
40
wichtige Mission nach Frankreich nicht. Dazu vgl. M. Koch I S. 389–393 und F. Katt
41
S. 36f.
. Die
2
Vorbereitungen blieben geheim, es existiert kein Schriftwechsel darüber. Nur eine
3
Abschrift der Instruktion hat sich erhalten, die nicht im Namen des Kaisers, sondern
4
zur größeren Vorsicht in dem des Grafen Trauttmansdorff am 22. November 1642
5
ausgestellt wurde

42
Staatenabteilung , Frankreich , Fasz. 40 fol. 3–16. Text: Nr. 24 S. 387 ff.
. Es waren direkte Verhandlungen mit Kardinal Richelieu vor-
6
gesehen
, dessen bedenklicher Gesundheitszustand aber schon eine Nebeninstruktion
7
für den Fall seines Todes notwendig machte. Herberstein sollte strikt auf Einbe-
8
ziehung
Spaniens in die geplanten Friedensverhandlungen bestehen (Art. 12–14).
9
Nach der Erwähnung des Elsaß und der Aufforderung, doch die armen Pupillen –
10
die unmündigen Söhne Erzherzog Leopolds V. von Tirol – nicht zu berauben
11
(Art. 11), enthält die Instruktion an reellen Zugeständnissen nur das Angebot der
12
Wiedereinsetzung des Kurfürsten von Trier und der Abtretung der Festungen Pinerolo
13
und Moyenvic (Art. 15 und 16). Für die zu optimistische Einschätzung der Lage
14
am Kaiserhof ist bezeichnend, daß man sich schon bei diesem Versuch einer Friedens-
15
anbahnung
Gedanken über eine künftige Waffenhilfe Frankreichs gegen die Türken
16
machte. Herberstein wurde aufgetragen, ein französisches Kontingent, das man ihm
17
eventuell anbieten würde, keinesfalls anzunehmen, sondern Subsidien zu fordern, mit
18
denen der Kaiser selbst 20 000 Mann aufbieten und unterhalten könne (Art. 22).
19
Immerhin sind ähnliche Bestimmungen dann in den Westfälischen Frieden aufgenom-
20
men
worden. Die Restitution der pfälzischen Besitzungen sollte der Pater gar nicht
21
erwähnen, aber die französischen Ansichten darüber in Erfahrung zu bringen suchen
22
(Art. 23). Die Nebeninstruktion kommt nochmals auf diese Angelegenheit zu
23
sprechen und drückt die Bereitwilligkeit des Kaisers, Spaniens und Bayerns aus, auf
24
billige conditiones des Hauses Pfalz-Bayern zum Ausgleich einzugehen (Art. 4
25
der Nebeninstruktion).

26
Mit diesen Anweisungen, einem von Kaiser Ferdinand III. ausgestellten Creden-
27
tiale
und einem Empfehlungsbrief Trauttmansdorffs versehen, reiste Herberstein mit
28
Hilfe seiner Ordensbrüder Ende Dezember nach Paris. Dort war Kardinal Richelieu
29
inzwischen am 4. Dezember 1642 gestorben. Herberstein wurde viermal zu Audien-
30
zen
bei Mazarin zugelassen. Am 10. Jänner 1643 hielt er seinen Vortrag und wurde
31
auf die nun schon weit gediehenen allgemeinen Friedenstraktate verwiesen. Frankreich
32
begehre die Trennung des Reiches von Spanien nicht, so wie es sich selbst von seinen
33
Verbündeten niemals trennen lasse

43
Der Vortrag Herbersteins und die französische Antwort sind gedruckt bei C. W. Gärtner I
44
S. 29–37 (italienisch undfranzösisch), in deutscher Übersetzung bei M. C. Londorp V S. 819ff.
. Am 27. Jänner wurde Herberstein in Beglei-
34
tung
eines Vertrauensmannes Mazarins auf die Heimreise geschickt. Auch war er
35
während seines Aufenthaltes in Paris streng überwacht worden, da man seit dem Auf-
36
standsversuch
des Cinq-Mars mißtrauisch geworden war. Auf der Rückreise bemerkte
37
Herberstein voll Bewunderung den guten Zustand der Provinzen, die Fülle der Lebens-
38
mittel
und die Abwesenheit der Soldateska, alles in krassem Gegensatz zu den Zu-

[p. 334] [scan. 368]


1
ständen
im Reich

33
Undatierter Bericht Herbersteins (wohl Anfang Februar 1642) an Graf Trauttmansdorff, RK ,
34
Friedensakten , Fasz. 25, Konv. C fol. 97–104.
. Am 19. Februar erst wurde Kurfürst Maximilian von der
2
Sendung Herbersteins und deren negativem Ergebnis verständigt. Der Kurfürst ant-
3
wortete
am 27. Februar aus München, daß er schon von anderer Seite von der Reise
4
des Paters Nachricht erhalten hätte

35
Ebd. fol. 131ff. und 158. Daß der Kurfürst schon die ganze Zeit mit Frankreich in Verbindung
36
stand, beweist ein dem Kaiserhof offenbar von spanischer Seite zugekommener Auszug aus einem
37
Schreiben, nach dem der Jesuitenprovinzial von München nach der Rückkehr Herbersteins den
38
Rektor der Jesuiten in Paris ersucht habe, er möge sich bei den Ministern erkundigen, ob die
39
Sendung des Beichtvaters des Kurfürsten von Bayern erwünscht sei. Darauf habe er eine ab-
40
schlägige Antwort erhalten. Der Auszug ist undatiert, dürfte aber für Februar 1642 anzu-
41
setzen sein ( ebd. fol. 165).
.

5
Inzwischen war der durch den Hamburger Präliminarvertrag vom 25. XII. 1641
6
für den März 1642 geplante Beginn der allgemeinen Verhandlungen in Münster und
7
Osnabrück immer wieder verschoben worden. Der Tod Ludwigs XIII. am 14. Mai
8
1643 hat am Kaiserhof neue Hoffnungen auf eine günstige Beendigung des Krieges
9
erweckt, die aber bald zunichte wurden. Vom Reichsdeputationstag in Frankfurt, der
10
im Februar 1643 zusammengetreten war, zur Eile angetrieben schritten die Kaiser-
11
lichen
endlich zu den ersten Vorbereitungen. Am 21. Mai 1643 traf der Reichshof-
12
rat
Johann Krane aus Köln kommend in Münster ein, am 29. Juli folgte ihm Graf
13
Nassau

42
C. W. Gärtner I S. 241 (Bericht Krane, 1643 V 22) und S. 495 (Krane an Auersperg,
43
1643 VII 30).
. Beide sollten in Münster die Verhandlungen mit Frankreich führen. Für
14
Osnabrück waren Graf Auersperg aus Hamburg und Dr. Volmar bestimmt, der
15
dann auf Befehl des Kaisers nach Münster versetzt wurde, während Krane nach
16
Osnabrück ging

44
Kaiserlicher Befehl 1643 VIII 11. Druck C. W. Gärtner I S. 555.
.

17
Für die beiden Gesandtschaften wurden die Hauptinstruktionen in Wien ausge-
18
arbeitet
, die vom 15. Juli 1643 datiert sind. Sie enthalten beide nur allgemeine
19
Anweisungen

45
Text Nr. 26 S. 397ff. und Nr. 27 S. 413ff.
. In der Instruktion für Münster wird ausdrücklich auf die alte für
20
Köln aus dem Jahr 1637 hingewiesen, seit der sich der Status rerum allseits ver-
21
ändert
habe (Art. 1 und 2). Sie enthält Anweisungen für das Verhalten zum
22
Vermittler, dem päpstlichen Nuntius – den venezianischen Gesandten erwähnt erst
23
die Fernere Instruktion vom 23. IX. –, zu den fremden Gesandten, für den Austausch
24
der Vollmachten und die vorsichtige Erkundigung nach den französischen Forderungen
25
(Art. 3–5, 8). Erst wenn es sich als unmöglich erweisen sollte, vom Gegner zuerst
26
Vorschläge zu erhalten, sei die kaiserliche Proposition beim Nuntius vorzulegen
27
(Art. 9). Darin sollten die Gesandten die gegenseitige Rückgabe der besetzten
28
Gebiete verlangen und den Frieden von Regensburg 1630 als Grundlage annehmen.
29
Über die Vorgeschichte und die Ursachen des Konfliktes wird auf die Kölner Instruk-
30
tion
von 1637 verwiesen (Art. 10 und 11). Versuche Frankreichs, die Verhandlungen
31
zuerst auf die Stände zu konzentrieren, für die es Geleitbriefe erhalten hätte – der
32
Ausdruck Bundesgenossen wird vermieden –, seien zurückzuweisen (Art. 14). Zu

[p. 335] [scan. 369]


1
den Streitpunkten – Savoyen, Trier, die Pfälzer Frage und Hessen-Kassel –
2
werden Unterlagen mitgeteilt (Art. 16)

35
Die Beilagen wurden erst später abgeschickt. Am 19. August 1643 erklärte der Sekretär
36
und Reichshofrat Walderode, daß die Beilagen nicht aus Versehen weggelassen wurden, sondern
37
ehestens nachkommen sollen ( C. W. Gärtner I S. 601).
.

3
Ganz ähnlich ist die Instruktion für Osnabrück. Statt auf den Nuntius wird auf
4
den dänischen Gesandten verwiesen (Art. 1). Sollte auch Schweden auf der kaiser-
5
lichen
Proposition bestehen, wäre der Schönebeck’sche Traktat zu Grunde zu legen
6
(Art. 8). Aus den bisherigen Verhandlungen gehe hervor, daß sich Schweden stets
7
mit der Amnestie und der Entschädigung für die Truppen aufgehalten habe. Es wäre
8
darauf zu achten, daß dem Römischen reich und dessen gliedern an ihren
9
hoheiten, landen und leuten nichts entzogen werde (Art. 9). Es folgen dann
10
Anweisungen bei eventuellen Debatten über die Kriegsursachen (Art. 10). Die
11
Stände des Reichs, die zu Schweden halten und gleichzeitig in den Prager Frieden
12
eingeschlossen sind, sollen abgelehnt, die übrigen auf die Amnestie verwiesen werden
13
(Art. 11).

14
Aufschlußreicher als der Inhalt der Hauptinstruktionen sind die Voten der
15
deputierten Räte zu den von einer Kommission des Reichshofrates vorbereiteten Ent-
16
würfen

38
RK , Friedensakten , Fasz. 52d fol. 1–9, 20–25, zu Februar 1646 (Konzept mit Voten
39
zur Instruktion für Münster) und Fasz. 46 d fol. 495–508 (Voten zur Instruktion für Osna-
40
brück ).
. In den Voten für Münster wird die Zustimmung des Kaisers zu einer all-
17
gemeinen
Amnestie seit dem Jahr 1630 vorgeschlagen und zur Frage des spanisch-
18
niederländischen
Krieges offen ausgesprochen, daß trotz des Interesses des Reiches und
19
besonders des Erzhauses die Stände dort nie zum Eingreifen bewogen werden konnten,
20
sondern sich seit dem Reichsabschied von 1603 gleichsam neutral verhalten hätten

41
Ebd. Fasz. 52 d fol. 8’ und 24. Vgl. dazu F. Dickmann S. 300, 561.
.
21
In den Voten für Osnabrück richten sich die Räte gegen den Versuch weiterer
22
Sonderverhandlungen, die durch das französisch-schwedische Bündnis und neuerdings
23
durch das politische Testament Ludwigs XIII. ausdrücklich ausgeschlossen werden.
24
Die Erfahrung habe gelehrt, daß sie den verhofften success nicht, sondern
25
gemeinlich contrarium effectum gehabt und bey dem gegentheil sehr
26
ungleich außgelegt, auch nur pro medio, die Franzosen desto besser zum
27
geltgeben für die Schwedische armada zu bewegen, gepraucht worden

42
RK , Friedensakten , Fasz. 46d fol. 495’. Das Testament Ludwigs XIII. ist gedruckt bei
43
J. Du Mont VI 1 S. 271/273.
.
28
Es wurde auch eine Nebeninstruktion geplant, in der die kaiserlichen Gesandten
29
angewiesen werden sollten, beim Nichteintreffen der Vermittler direkt mit den
30
Feinden zu verhandeln, bei einer Gelegenheit zur Eröffnung von Geheimverhand-
31
lungen
zuerst dem Kaiser zu referieren und den spanischen Gesandten alles und jedes
32
vertraulich mitzuteilen und mit ihnen zu beraten, jedoch mit solcher Vorsicht, daß
33
die churfürstlichen gesanten keine gelosia oder ungleiche suspicion zu
34
schöpfen ursach haben möchten

44
RK , Friedensakten , Fasz. 46d fol. 503.
.

[p. 336] [scan. 370]


1
Den Hauptinstruktionen, die schon deshalb möglichst allgemein gehalten waren,
2
weil ihr Inhalt den Kurfürsten mitgeteilt werden mußte, folgte bald eine ausführliche
3
Fernere Instruktion an die Gesandten in Münster und Osnabrück gemeinsam,
4
ausgestellt im kaiserlichen Jagdschloß Ebersdorf bei Wien am 23. IX. 1643

33
Text Nr. 28 S. 413–440.
. In
5
ihr wird das Verfahren am Kongreß, vor allem das Verhalten der Gesandten zu den
6
Interpositores, den spanischen und kurfürstlichen Gesandten und denen der Feinde
7
genau geregelt. Sie ist viel interessanter als die Hauptinstruktionen und gibt ein
8
aufschlußreiches Bild von der fast unüberwindlich schwierigen Situation der Kaiser-
9
lichen
.

10
Vor allem erweisen sich die Interpositores eher als Hindernisse. Da der päpst-
11
liche
Nuntius keinen Befehl habe, sich aktiv oder passiv in die Interessen der Un-
12
katholischen
zu mischen, müßten die Verhandlungen über diese auch mit den Franzosen
13
unter Umgehung des Nuntius durch dritte Personen geführt werden. Dabei sei
14
äußerste Vorsicht geboten, um den Franzosen nicht Gelegenheit zur Behauptung zu
15
geben, daß die Kaiserlichen den Papst beiseite setzten (Art. 1 und 2). Sogar bei
16
Verhandlungen über Religionsfragen muß der Nuntius bei all den Punkten umgangen
17
werden, die nicht in den Reichsabschieden und dem Prager Frieden enthalten sind,
18
damit nichts davon auf dem Weg über Frankreich und Schweden zu den Reichs-
19
ständen
gelange (Art. 5)

34
RK , Friedensakten , Fasz. 46k Konv. A fol. 138f. Wie groß das Mißtrauen des Wiener
35
Hofes gegen die Kurie damals war, zeigt auch das Gutachten über die Instruktion vom 15. Juli
36
1643 für Osnabrück, wo anläßlich der geplanten Sendung eines kaiserlichen Vertrauensmannes
37
nach Rom zur Vorsicht gemahnt wird, weil man bis dato erfahren, daß der Römische hof
38
durch seinen nuncius alles nach Franckreich, die Franzosen aber mit den Schweden,
39
die Schweden mit ihren aliirten in Teutschlandt, diese Chursachsen, Brandenburg,
40
Hessen Darmbstatt und anderen dergleichen stenden und zu dem ende communiciren,
41
damit sie solche von E. K. M. ab- und zu sich ziehen möchten ( ebd. Fasz. 46 d fol. 506).
42
Vgl. dazu auch die bitteren, vorsichtshalber im Konzept getilgten Bemerkungen bei Art. 1
43
der Ferneren Instruktion von 1643, unten S. 414, 37–41
. Nicht einzusehen ist dabei freilich, warum dieselbe
20
Gefahr bei direkten oder indirekten Verhandlungen mit den Franzosen nicht be-
21
fürchtet
wurde.

22
Das Verhalten der Päpstlichen gegenüber den Protestanten machte die Beiziehung
23
eines venezianischen Vermittlers notwendig, der wie ein königlicher Gesandter
24
behandelt werden sollte. Aber auch seine Umgehung erschien wünschenswert, vor allem
25
mußte man bedenken, daß sich damals der Papst und Venedig im Kriegszustand
26
befanden

44
Zum Streit zwischen Urban VIII. und Venedig vgl. L. Pastor XIII 2 S. 870ff.
– die Instruktion spricht da vom welschen unwesen –, was auf
27
keinen Fall auch noch vor den Kongreß gezogen werden sollte (Art. 6–8). Außerdem
28
lag der Gesandte Venedigs mit den kurfürstlichen Abgeordneten in einem erbitterten
29
Präzedenzstreit. Um hier nicht hineingezogen zu werden, erhielten die kaiserlichen
30
Hauptgesandten Anweisung, ein persönliches Zusammentreffen mit den Venezianern
31
nach Möglichkeit zu vermeiden und sich durch die Gelehrten – Krane und Volmar –
32
vertreten zu lassen (Art. 9).

[p. 337] [scan. 371]


1
Mit den spanischen Gesandten waren die Hauptinstruktionen auszutauschen. Über
2
ihre Absicht, ebenfalls auf dem Regensburger Frieden zu bestehen, herrschte am
3
Kaiserhof kein Zweifel. Im Gegensatz zum Inhalt der Hauptinstruktion glaubte
4
man aber in Wien nicht mehr an eine Restitution aller seither verlorenen Gebiete
5
durch Frankreich. Die Spanier sollten daher auf die Lage des Reiches hingewiesen
6
werden. Von den meisten Ständen seien weder Geld noch Mannschaft mehr zu
7
erwarten. Ohne ausreichende spanische Hilfe bestehe die Gefahr des Ausschlusses der
8
Habsburger aus dem Reich (Art. 12 und 13).

9
Das Verhältnis zu den Angehörigen des Kurfürstenkollegs ist genau angegeben.
10
Das engste Vertrauen sollten die Gesandten denen von Kurmainz entgegenbringen
11
(Art. 16). Auch Kurköln und Bayern verdienten enge Zusammenarbeit, mit Bayern
12
sollten besonders die Militaria und ein eventuell zu schließender Waffenstillstand
13
beraten werden (Art. 17). Mit Kursachsen war der Kaiser seit dem Prager Frieden
14
eng verbunden. Daß die Sachsen keine Gesandten schicken wollten, wird in der
15
Instruktion bedauert, da der Kaiser bey ihrer liebden solche devotion und
16
affection gegen uns und unserm löblichen ertzhauß verspüeret, daß wir
17
billich nitt zu zweifeln haben, sie werden uns mitt raht und that bey diesem
18
congress nitt lassen (Art. 18). Gegen Brandenburg herrsche kein Mißtrauen, es
19
wird aber doch empfohlen, mit den kurfürstlichen Gesandten sehr behutsam umzugehen
20
(Art. 19). Gegen Abgeordnete der übrigen Fürsten und Stände sollen die Gesandten
21
möglichst vorsichtig und zurückhaltend sein, besonders bei den in den Prager Frieden
22
nicht eingeschlossenen, den nondum reconciliati. Hüten solle man sich vor allem vor
23
den Städten, die unter dem Vorwand der Handelsnotwendigkeiten Korrespondenzen
24
mit Frankreich und Schweden führen und verlangen, daß die Amnestie bis 1618
25
zurück gewährt werden müsse (Art. 20–23).

26
Was den Inhalt der Verhandlungen mit den Feinden selbst betrifft, kommt hier zur
27
Hauptinstruktion hinzu, daß der venezianische Gesandte wie der Nuntius verwendet
28
werden sollen, um Frankreich wegen des Elsaß das mitzuteilen, was die Instruktion
29
des Paters Herberstein enthalten hat

42
Es handelte sich nur um Vorstellungen wegen der Beraubung der unmündigen Kinder Erzherzog
43
Leopolds V., vgl. unten S. 390f.
. Erst dann würden weitere Anweisungen
30
folgen (Art. 30). Frankreich habe erklärt, daß der Friede von der Trennung des
31
Reichs von Spanien abhinge, um so das Erzhaus bei den Reichsständen odios zu
32
machen. Sollten die Franzosen deswegen in die Gesandten dringen, solle man von
33
ihnen die Bekanntgabe dessen verlangen, was sie vom Reich überhaupt forderten
34
(Art. 31–33).

35
Noch komplizierter war die Lage in Osnabrück. Dänemark als Vermittler
36
wollte nicht, daß sich Schweden in den Ostseehäfen festsetze, weigerte sich aber
37
andererseits auch, sich mit dem Reich zu verbünden, ja leistete nicht einmal Beiträge für
38
Holstein. Sollten die Dänen daher von Abtretungen hören, würden sie es zu ver-
39
hindern
suchen oder auf eine Entschädigung Brandenburgs durch kaiserliche Erblande
40
dringen. Schweden hingegen könnte übelnehmen, daß ihm jetzt nur der Schönbeck’sche
41
Vergleich angeboten werde, nachdem man in einer für den Kaiser weit günstigeren

[p. 338] [scan. 372]


1
Situation halb Pommern und zwei bis drei Monatslöhnungen für die Armee geboten
2
habe (Art. 34–36).

3
Die Hauptschwierigkeit bei den schwedischen Verhandlungen stelle Brandenburg
4
dar. Zur Entschädigung für die Verluste in Pommern sollten den Kurfürstlichen
5
Magdeburg und Halberstadt genannt werden, die Hauptsache aber wäre, den Vor-
6
schlag
von Abtretungen an Schweden als von Brandenburg und nicht vom Kaiser
7
ausgehend darzustellen, vor allem gegenüber den Dänen. Nur wenn Brandenburg »selbst
8
das Eis breche«, sollten die Gesandten den Ersatzforderungen zustimmen. Die Höhe
9
dieses Ersatzes könne erst dann ausgehandelt werden, wenn die Größe der Abtre-
10
tungen
an Schweden bekannt sei. Dafür wären dann neue Instruktionen abzuwarten
11
(Art. 38–40).

12
Da die schwedischen Forderungen immer aus drei Punkten – der Amnestie, der
13
Entschädigung für die Krone und der für die Soldateska – bestanden haben, wäre
14
darauf zu achten, daß alles zugleich verhandelt würde, damit nicht nach einem
15
Vergleich über einen Punkt neue unmögliche Forderungen auftauchten. Zu vermeiden
16
wären geheime Separatverhandlungen nach den Erfahrungen von 1640/41

42
Die Verhandlungen zwischen Lützow und Salvius; vgl. oben S. 330 f.
. Auch
17
wenn Salvius die Wiederaufnahme der Lützow’schen Verhandlungen verlangen sollte,
18
müsse man auf der vorherigen Fixierung der schwedischen Forderungen bestehen (Art.
19
43–48). Die Fernere Instruktion schließt mit dem Hinweis auf die Schwierig-
20
keiten
, den Brandenburgern die ihnen bisher unbekannten Geheimverhandlungen
21
zwischen Lützow und Salvius zu eröffnen, der Frage einer Geldentschädigung an
22
Brandenburg und deren Aufbringung durch die Augsburger Religionsverwandten und
23
schließlich mit dem Befehl, daß im Falle eines Ausgleiches mit Schweden und Branden-
24
burg
auf Dänemark weiter keine Rücksicht zu nehmen sei (Art. 49–58).

25
Zur Hauptschwierigkeit, den Forderungen der Feinde, mit denen diese nicht
26
herausrücken wollten, möglichst nur so weit entgegenzukommen, daß sich die Verluste
27
in erträglichen Grenzen hielten, kommt also noch die mit den Vermittlern hinzu, die
28
aus verschiedenen Gründen eigentlich nicht zu brauchen waren. Ihre Rolle bei den
29
Verhandlungen ist ja dann auch sehr bescheiden geblieben. So war ein ständiges
30
Lavieren und Verstecken der eigenen Absichten bei den verschiedenartigen Interessen
31
der einzelnen Verhandlungspartner notwendig. Dadurch haben die kaiserlichen
32
Politiker am Kongreß vielfach den im großen und ganzen wohl unverdienten Ruf der
33
Unaufrichtigkeit und des Wankelmutes erhalten.

34
Daß es schon 1643 dem Kaiser sehr ernst war, einen baldigen Friedensschluß zu
35
erreichen, zeigt seine Anfrage bei den geheimen Räten im Juli 1643, wen man am
36
besten als Prinzipalgesandten abschicken solle und wie weit man Frankreich und
37
Schweden nachgeben könne. Zum ersten Mal kommen hier reelle Konzessionen auch an
38
Frankreich in Wien zur Sprache, die allerdings in den beiden Instruktionen vom Juli
39
und September noch keinen Niederschlag gefunden haben. Für diese beiden Punkte
40
haben die geheimen Räte Graf Trauttmansdorff, Slawata, Martinitz, Khevenhüller,
41
Schlick und Werdenberg, der Reichsvizekanzler Graf Kurz und der österreichische

[p. 339] [scan. 373]


1
Kanzler Dr. Prickelmeier Gutachten ausgearbeitet, die erhalten geblieben sind

32
StK , Friedensakten , Kart. 1. Es handelt sich um einen Teil der Dokumente, die früher im
33
Bestand Miscellanea der Familienakten waren. Sie dürften vom Kaiser selbst aufbewahrt und
34
dann in die Familienakten gekommen sein. Die Gutachten der Geheimen Räte vom Juli 1643
35
sind erwähnt bei F. Dickmann S. 553f.
.
2
Auf den Hauptinhalt dieser Lagebeurteilung durch die einflußreichsten Berater des
3
Kaisers soll hier kurz hingewiesen werden

36
Eine Darstellung der Lage Österreichs bis zum Beginn der eigentlichen Friedensverhandlungen
37
auf Grund dieser Gutachten und anderer Wiener Akten hofft der Bearbeiter in Kürze vorlegen
38
zu können.
.

4
Über die Sendung des Prinzipalgesandten waren sich die Räte einig. Außer Trautt-
5
mansdorff
, der auf diesen Punkt nicht eingeht, schlugen alle Geheimräte den Oberst-
6
hofmeister
selbst vor. Nur Martinitz, Slawata und Schlick nennen für den Fall der
7
Unabkömmlichkeit Trauttmansdorffs den Grafen Khevenhüller. Der Oberst-
8
hofmeister
wird als erster und hervorragendster Diener des Kaisers und ältester im
9
geheimen Rat bezeichnet – er war damals schon 59 Jahre alt. Mehrfach wird betont,
10
daß bei seiner Sendung die Feinde sehen müssen, daß es dem Kaiser nunmehr wirklich
11
Ernst mit dem Frieden sei

39
Khevenhüller erklärt in seinem undatierten Gutachten, daß bisher nicht nur die Fremden, sondern
40
auch ein Teil der kaiserlichen Untertanen und Diener – und ich wurdt gar den geheimen
41
rat nennen khinnen – der Meinung sei, der Kaiser hätte weder Eifer noch Verlangen zum
42
Frieden ( ebd. fol. 158’).
. Gegen die in der Literatur weit verbreitete Ansicht,
12
daß Trauttmansdorff ein Gegner der Spanier war, spricht die Meinung Khevenhüllers,
13
der als früherer Gesandter in Madrid und Obersthofmeister der Kaiserin Maria Anna
14
unbedingt zur spanischen Partei zu rechnen ist. Er führt aus, daß die Spanier voll-
15
kommenes
Vertrauen zu Trauttmansdorff hätten, der Marqués Castel Rodrigo in
16
Brüssel sei ihm devotissimo, die spanischen Gesandten in Münster hätten großen
17
Respekt vor ihm. Trauttmansdorff allein könne sie im Zaum halten

43
Ebd.
. Graf Kurz
18
betont ebenfalls die unbedingte Notwendigkeit der Sendung des Obersthofmeisters,
19
auch wenn ihn der Kaiser kaum entbehren könne. Er schlägt vor, daß die Abreise so
20
lange zu verschieben sei, bis die Gesandten der fremden Kronen alle zur Stelle seien und
21
man erfahren habe, woraus ihre Forderungen eigentlich bestünden

44
Undatiertes Gutachten des Grafen Kurz, ebd. fol. 152’.
. Genau das wurde
22
befolgt, und dadurch hat sich die Ankunft Trauttmansdorffs in Münster bis zum
23
Spätherbst 1645 verzögert.

24
Über die Zugeständnisse an Frankreich divergierten die Meinungen sehr. Kurz,
25
Werdenberg und Slawata gehen gar nicht darauf ein, den anderen ist es klar, daß
26
Frankreich zumindest das Elsaß verlangen wird. Trauttmansdorff ist für geheime
27
Verhandlungen zwischen dem Kaiser, Frankreich und Spanien, er will gradweise
28
Zugeständnisse machen, alle jetzt von Frankreich besetzten Festungen schleifen,
29
Pinerolo abtreten und eventuell das Elsaß bei einer möglichen Heirat zwischen Erz-
30
herzog
Ferdinand Karl von Tirol und «Mademoiselle», der Tochter Gastons von
31
Orléans, als Mitgift für die Braut abtreten

45
Gutachten 1643 VII 20, ebd. fol. 31ff. Mit Mademoiselle, Herzogin Anna Maria Louise von
34
Montpensier, wollte wenig später Mazarin den verwitweten Kaiser Ferdinand III. verheiraten;
35
vgl. C. V. Wedgwood S. 434.
. Weiter geht Martinitz. Er gibt die

[p. 340] [scan. 374]


1
Stadt Straßburg, die immer ein Freund der Feinde des Reiches gewesen sei, leichten
2
Herzens auf. Als letztes Zugeständnis führt er einen Rückempfang des Elsaß als
3
Lehen Frankreichs an

36
Gutachten 1643 VII 25, ebd. fol. 39f. Teilabdruck bei F. Dickmann S. 554.
. Khevenhüller will zwar an Frankreich so wenig wie möglich
4
abtreten, erwartet aber, daß zumindest das Elsaß und Breisach gefordert werden. Er
5
hält den Verlust des Elsaß zwar für ein Unglück für die Tiroler Linie, hat aber als
6
Historiker gleich den nicht sehr naheliegenden Trost bei der Hand, daß das Erzhaus
7
schon ansehnliche Länder in der Schweiz zurücklassen mußte

37
Ebd. fol. 161.
. Prickelmeier ist
8
gegen die Abtretung des Elsaß vor allem als Lehen, weil Frankreich dann als Reichs-
9
stand
zu allen Reichstagen Zutritt habe. Er stimmt für die Abtretung von Metz,
10
Toul, Verdun, Moyenvic und der »Pässe in Graubünden«

38
Gutachten 1643 VII 26, ebd. fol. 61. Dieses Gutachten wird in anderem Zusammenhang
39
erwähnt bei L. Gross S. 289.
. Schlick schließlich ist
11
sicher, daß Frankreich viel begehren wird, bestimmt das ganze Elsaß, sowohl den dem
12
Reich wie den dem Erzhaus gehörigen Teil. Dazu könne er nicht raten, Burgund und
13
teilweise Lothringen würden abgeschnitten, Frankreich würde durch den Besitz des
14
Elsaß ein Meister des Reichs und könne dann das Reich und die kaiserlichen Erblande
15
alle Tage beunruhigen. Wären Abtretungen unvermeidlich, neige er dazu, eher
16
Unterelsaß als Oberelsaß preiszugeben

40
Undatiertes Gutachten, StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 192f.
.

17
Bei der Entschädigung Schwedens und Brandenburgs ist die Hauptforderung
18
Schwedens, das Herzogtum Pommern, bekannt. Trauttmansdorff, Martinitz und
19
Schlick stimmen für das stufenweise Vorgehen Lützows mit der Hingabe ganz
20
Pommerns als Reichslehen als letzten Grad. Kurz, Werdenberg und Slawata gehen
21
auf keine Details ein. Khevenhüller meint, daß mit einer Geldabfertigung und der
22
Abtretung des Bistums Halberstadt, wo die katholische Religion ohnehin noch nicht
23
eingeführt wäre, auszukommen sei. Der Papst habe zur Erhaltung dieser Bistümer
24
schon in Friedenszeiten nichts hergegeben. Viel weniger werde er es jetzt tun, wo er
25
selbst in Kriege verwickelt sei

41
Ebd. fol. 161f.
. Schwieriger ist die Frage der Entschädigung für
26
Brandenburg beim Verlust Pommerns. Trauttmansdorff ist für eine Geldabfertigung,
27
eventuell für die Abtretung Halberstadts, bis die Schweden Pommern zurückgegeben
28
haben. Erzherzog Leopold Wilhelm könne mit Glogau und Sagan auf Lebenszeit
29
entschädigt werden. Prickelmeier rechnet auf Ansprüche Brandenburgs auf Schlesien
30
oder Teile davon

42
Ebd. fol. 33 und 63f.
. Schlick will Brandenburg mit einer vom ganzen Reich aufge-
31
brachten
Geldsumme entschädigen. Martinitz will dafür nur die protestantischen
32
Stände heranziehen, außerdem könne der Kurfürst keine volle Entschädigung bean-
33
spruchen
, da er sich selbst mit den Schweden eingelassen habe

43
Cum et ipse (der Kurfürst von Brandenburg) evocationis hostium causa fuerit non levis,
44
iis ultro adhaeserit et serpentem sibi ipsi in sinu aluerit ( ebd. fol. 40f.).
. Für den Notfall

[p. 341] [scan. 375]


1
schlägt er Halberstadt und Magdeburg vor, da diese Länder der Ketzerei schon ver-
2
fallen
seien. Die Abtretung des Herzogtums Crossen sei bis aufs äußerste zu ver-
3
meiden
, da Brandenburg ohnehin schon Ansprüche darauf habe. Trauttmansdorff
4
schließt sein Gutachten damit, daß alle Friedenshoffnungen zerstört würden, wenn
5
Schweden die Emigranten wieder in die österreichischen Provinzen zurückführen wolle

36
StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 33.
.
6
Dazu hat auch in der schlechtesten Lage niemand am Kaiserhof stimmen wollen –
7
ob hier religiöse, staatspolitische oder private Gründe (nämlich die Rücksicht auf den
8
bereits verteilten Besitz der Emigranten) bei den geheimen Räten überwogen, sei
9
dahingestellt.

10
Nach diesem ersten Versuch der Kaiserlichen, dem Unvermeidlichen entgegen-
11
zusehen
, sind die Verhandlungen in Münster noch zwei Jahre gar nicht vorwärts-
12
gekommen
. Nur langsam trafen die Gesandtschaften ein, endlos war der Streit um die
13
Vollmachten, um Rangfragen und darum, wer als erster mit Vorschlägen beginnen
14
sollte. Der Hauptgrund der Verzögerung war die Forderung der Gegner nach
15
Beiziehung aller Reichsstände, der Kaiser und Kurfürsten langsam unter dem Druck
16
der immer katastrophaler werdenden Lage nachgeben mußten. Trotz der 1643 mit
17
dem Ausbruch des dänisch-schwedischen Krieges erwarteten Erleichterung für die
18
Kaiserlichen waren die Schweden nach dem raschen Zusammenbruch Dänemarks und
19
des kaiserlichen Heeres in ständigem Vordringen. Nach dem glänzenden Sieg
20
Torstensons bei Jankau am 6. März 1645 näherten sich die Schweden Wien und
21
drohten, sich mit Georg Rákóczi von Siebenbürgen zu vereinigen, der sich seit
22
Februar 1644 in offenem Kampf gegen die Kaiserlichen befand

37
Über Vorgeschichte und Verlauf dieses Krieges vgl. A. Huber V S. 548–576 und M. Depner
38
S. 138ff.
.

23
Am 1. Jänner 1645 hat der Kaiser wegen der bedrohlichen Lage und des endlosen
24
Hinausziehens der Verhandlungen neuerlich schriftliche Einzelgutachten der geheimen
25
Räte gefordert, wie der Friede herbeizuführen und was bei der drohenden Trennung
26
der Reichsstände vom Kaiser zu tun sei

39
Eigenhändiges Schreiben Kaiser Ferdinands III. an Kollowrat, StK , Friedensakten , Kart. 1,
40
fol. 68.
. Die eingegangenen Gutachten haben sich
27
ebenfalls im Nachlaß des Kaisers erhalten

41
Ebd. fol. 71–119. Das Gutachten des Grafen Trauttmansdorff, das schon früher in die Friedens-
42
akten der Reichskanzlei gelangt ist ( Fasz. 48c fol. 21–24), ist gedruckt bei K. Jacob , S. 313ff.
. Nun sind sich die Räte fast alle einig,
28
daß zur Herbeiführung des Friedens die päpstliche Vermittlung angerufen werden
29
solle. Von Innozenz X. Pamfili, dem Nachfolger des im Juli 1644 verstorbenen
30
Urban VIII., versprach man sich anfangs viel. Graf Kurz stimmt dafür, den Papst
31
als Schiedsrichter im Streit mit Frankreich zu bestellen. Gleichzeitig erwartete er
32
sich von den Verhandlungen nach Heranziehung aller Stände nichts als Unheil für den
33
Kaiser und riet als letzten Ausweg, mit Hilfe des Papstes die Generaltraktate
34
überhaupt aufzulösen

43
StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 104ff.
. Geldmittel wollte er durch rigorose Einschränkungen beim
35
Hofstaat, Kürzung der Pensionen, neue Steuern und durch Verkauf oder Ver-

[p. 342] [scan. 376]


1
pfändung von Ländern an die Venezianer oder Bayern aufbringen

33
Ein Angebot an Bayern mit dem Vorschlag der Verpfändung von Görz, des Egerlandes oder
34
eines Teiles von Oberösterreich ist damals tatsächlich erfolgt. Vgl. den Bericht der nach München
35
abgeordneten geheimen Räte Martinitz und Kurz 1645 III 28 ( Kriegsakten , Fasz. 156
36
fol. 422), M. Koch II S. 33 und A. Huber V S. 569.
. Auch der Papst
2
sollte um Geld angegangen werden.

3
Im Spätherbst 1644 begannen endlich die Verhandlungen in beiden Kongreßstädten.
4
Im April 1645 wurde der Kurfürst von Trier aus seiner Haft in Linz entlassen und
5
damit ein Haupthindernis zur Auseinandersetzung mit Frankreich beseitigt

37
Zur Haft des Kurfürsten von Trier vgl. jetzt H. Sturmberger S. 5–22.
. Am
6
11. Juni wurden den kaiserlichen Gesandten Propositionen Frankreichs und Schwedens
7
übergeben, die allerdings im Hauptpunkt, den Entschädigungen für die beiden Kronen,
8
noch keine konkreten Forderungen aufstellten. Der Friede zwischen Dänemark und
9
Schweden wurde abgeschlossen und am 28. August folgte die allgemeine Einladung des
10
Kaisers an die Reichsstände, am Friedenskongreß teilzunehmen. Inzwischen hatte der
11
Kaiser unter großen Opfern am 22. August im Lager zu Lampersdorf auch mit
12
Georg Rákóczi Frieden gemacht. Damit war für die Erblande die Gefahr eines
13
Zweifrontenkrieges und einer Vereinigung der Schweden und der Siebenbürger gebannt,
14
Torstenson mußte die Belagerung Brünns abbrechen

38
Die Ratifikation des Friedens durch den Kaiser erfolgte am 16. Dezember 1645 in Linz. Vgl.
39
dazu R. Goos S. 718ff. Druck des Friedens: J. Du Mont VI 1 S. 329.
.

15
Entscheidend für dieses Nachgeben des Wiener Hofes in allen so lange strittigen
16
Punkten war das Verhalten Bayerns, des einzigen Verbündeten, der noch über Geld-
17
mittel
und eine schlagkräftige Armee verfügte. Kurfürst Maximilian drängte zur
18
Rettung seiner Länder und zur Behauptung seiner Erwerbungen ständig auf einen
19
Ausgleich mit Frankreich. Schon im Herbst 1644 wurden dem Kaiser die Versuche
20
Bayerns zur Sendung eines geheimen Unterhändlers nach Paris bekannt

40
Bericht des Kaisers an Kurmainz, 1644 XI 23, Kriegsakten , Fasz. 156 fol. 236f.
. Anfang
21
1645 erhielt Kurfürst Maximilian dazu die Bewilligung der Franzosen und die
22
Pässe

41
Maximilian I. an den Kaiser, 1645 II 12, ebd. fol. 381f.
. Im März trafen dann der Reichsvizekanzler und Graf Martinitz in
23
München zu Beratungen ein, die unter anderem auch die Instruktionen für den zur
24
Sendung bestimmten Pater Vervaux SJ, den Beichtvater des Kurfürsten, betrafen.
25
Maximilian drängte auf reelle Angebote des Kaisers. Er habe aus Paris die Nachricht
26
erhalten, man solle den Abgeordneten in realibus instruieren, sonst würde er dort
27
wenig willkommen sein

42
Instruktion für Kurz und Martinitz 1645 III 14, Bericht der beiden, München 1645 III 28,
43
ebd. fol. 398–433.
.

28
Im April ist Vervaux in Paris eingetroffen, im selben Monat begannen auch die
29
bayrischen Gesandten in Münster direkt mit den Franzosen zu verhandeln

44
Über die Sendung des Paters Vervaux nach Frankreich vgl. H. Egloffstein S. 21ff.,
45
L. Steinberger S. 42–45.
. Am
30
3. April 1645 machte der Kaiser einige Zugeständnisse an Maximilian. Pinerolo
31
könne abgetreten werden, in Breisach könne man die neuen Befestigungen demolieren
32
und darüber hinaus stufenweise eine französische Garnison bei gleichzeitigem Verbleib

[p. 343] [scan. 377]


1
des Ortes in der Jurisdiktion des Erzhauses oder zum Ersatz einen anderen Platz
2
im Elsaß anbieten. Als letzter Grad wäre die Abtretung Breisachs bis zur
3
Mündigkeitserklärung Ludwigs XIV. zu erwägen

34
Abschrift im Familienarchiv Trauttmansdorff Dd 2 fol. 96ff.
. Vervaux hatte inzwischen in
4
Paris nicht viel erreicht, immerhin erlangte er die Erklärung Mazarins, daß
5
Frankreich dem Kurfürsten in der Pfälzer Frage und bei der achten Kurwürde
6
entgegenkommen werde. Der dafür geforderte Preis wurde nicht in Paris, sondern in
7
Münster genannt. Am 6. Mai mußte Maximilian dem Kaiser mitteilen, er habe
8
erfahren, daß sich Frankreich mit Breisach allein nicht begnügen könne, es müsse das
9
Elsaß dazu bekommen, ebenso Philippsburg, um den Pfalzgrafen besser im Zaum
10
halten zu können. Auf den Einwand, daß das Elsaß Unmündigen gehöre, die mit
11
dem Krieg nichts zu tun hätten, wurde geantwortet, der Kaiser könne sie ja mit anderen
12
Gebieten entschädigen, Frankreich müsse ein Fürstentum und wie Spanien Sitz und
13
Stimme am Reichstag haben. Zu diesem Zeitpunkt stehen also die französischen
14
Forderungen schon fest und sind dem Kaiser bekanntgeworden

35
Kriegsakten , Fasz. 156 fol. 474ff. Vgl. dazu M. Koch II S. 52, K. Jacob S. 53.
.

15
Schon am 24. Mai schlug der Kurfürst dem Kaiser vor, eine Konferenz in München
16
über die von Vervaux aus Paris gebrachten Nachrichten abzuhalten

36
Staatenabteilung , Bavarica , Fasz. 1e fol. 59.
. Ferdinand III.
17
antwortete zustimmend aber hinhaltend. Er kündigte die Sendung des Reichsvize-
18
kanzlers
nach München an. Die Reise des Grafen Kurz verzögerte sich aber durch
19
die Bekanntgabe der französisch-schwedischen Propositionen, die in Wien erst
20
beraten werden mußten. Erst am 15. VIII. 1645 wurde die Instruktion für Kurz
21
nach München ausgestellt, in der auf die französischen Vorschläge eingegangen und
22
die pfälzische Frage und die Kurwürde ausführlich behandelt werden

37
Orig. ebd. fol. 139–201. Eine weniger ausführliche Instruktion für Kurz vom 12. VIII. 1645,
38
die nicht reingeschrieben, aber Kurz trotzdem mitgegeben wurde ebd. fol. 216–224.
. Von den
23
Verhandlungen in München hat Kurz laufend Briefe nach Wien geschickt. Schon am
24
25. VIII. teilte er mit, daß Vervaux in Paris erkannt habe, daß die Krone Frank-
25
reich
keinen Frieden zur Libertät, sondern zur Oppression des Reiches mit einer
26
neuen Form des Kaisertums und der Stände suche

39
RK , Friedensakten Fasz. 26, Konv. B fol. 112’.
. Im Bericht vom 2. IX. schreibt
27
Kurz, daß der Kurfürst Venedig auch als Vermittler in Osnabrück wünsche und
28
fügt als eigene Meinung bei, daß man nach dem Ausscheiden Dänemarks dort ohne
29
Interpositor nicht auskommen könne

40
Ebd. fol. 128ff.
.

30
Zur entscheidenden Unterredung sowohl für die Entstehung wie für die Gestaltung
31
der Instruktion Trauttmansdorffs ist Kurz am 2. September mit dem Kurfürsten
32
und am 4. mit den bayrischen Räten gekommen. Über den Bericht des Reichsvize-
33
kanzlers
zu diesen Konferenzen

41
Orig. Kriegsakten , Fasz. 159 fol. 48–59. Der Bericht ist gedruckt bei C. W. Gärtner
42
VI S. 46–60, dem die beiden letzten Folien nicht zur Verfügung standen. So ist auch das von
43
Gärtner angegebene Datum falsch, der Bericht ist nicht vom 4. IX. 1645; er trägt kein Datum
44
und wurde von Kurz am 10. IX. in Melk nach seiner Rückkehr dem Kaiser persönlich übergeben.
existiert ein Gutachten der dazu deputierten

[p. 344] [scan. 378]


1
geheimen Räte – des inzwischen zurückgekehrten Kurz, Martinitz und Kollowrat–
2
vom 18. und 20. September, in dem der Bericht des Reichsvizekanzlers über die
3
Verhandlungen wie üblich am Anfang in extenso wiederholt wird

37
RK , Friedensakten , Fasz. 26, Konv. B fol. 142–162. Auch die Protokolle dieser
38
wichtigen Sitzungen sind im Familienarchiv Trauttmansdorff Z 1, Nr. 16 erhalten.
. Bei der
4
Unterredung vom 2. IX. wurde ein Brief des Nuntius in Paris, Bagni, verlesen.
5
Er enthielt die Forderungen Frankreichs auf Breisach, Philippsburg und das
6
Elsaß sowie die Mitteilung, daß man in Paris nie bessere Absichten zum Frie-
7
den
gehabt habe als im gegenwärtigen Zeitpunkt. Der Kurfürst teilte dazu mit,
8
daß seine Gesandten in Münster bei den Franzosen angefragt hätten, was eigentlich
9
im Elsaß beansprucht würde. Die Antwort war, daß Frankreich nichts als
10
österreichischen Besitz begehre, die anderen Stände könnten immediat bleiben
11
wie zuvor. Dem Einwand von Kurz, daß es gegen alle Gerechtigkeit sei, daß Frank-
12
reich
etwas von Unmündigen haben wolle, die am Krieg nur passiv teilgenommen
13
hätten, stimmte Maximilian zu, sagte aber, es sei besser, etwas nachzugeben als alles
14
zu verlieren. Er fügte noch hinzu, daß Schweden auch nicht mit Pommern allein
15
z ufrieden sein werde

39
RK , Friedensakten , Fasz. 26, Konv. B fol. 143f.
.

16
Am 4. September erfuhr Kurz vom bayrischen Oberstkämmerer, seinem Bruder
17
Graf Maximilian Kurz, daß d’Avaux und Servien die bayrischen Gesandten in
18
Münster besucht hätten. Auf die Frage der Bayern, worin die Satisfaktion Frank-
19
reichs
bestehen solle, hätten sie das Elsaß, Breisach und den Breisgau mit allen
20
Rechten, die Österreich dort bisher gehabt habe, ferner Speyer, Mainz und Philipps-
21
burg
verlangt, Speyer und Mainz nur wegen der Session und des Votums am Reichstag,
22
ähnlich wie Spanien das für Burgund habe. Mazarin würde überdies auch etwas für
23
sich verlangen, nämlich eine Koadjutorie in Trier oder Mainz. Auf diese Eröffnungen
24
antworteten die Bayern, daß das im Effekt auf die Wiedererrichtung des Regnum
25
Austrasiae und auf einen sizilianischen Erzkanzler in Deutschland hinausliefe

40
So steht es im Gutachten der deputierten geheimen Räte, ebd. fol. 145’. Im Originalbericht
41
schreibt sich der Reichsvizekanzler den Einwand selbst zu, auch werden d’Avaux und Servien
42
nicht ausdrücklich genannt ( C. W. Gärtner VI S. 56).
.
26
Bezüglich des von Bayern schon längst begehrten Waffenstillstands wollten die fran-
27
zösischen
Gesandten erst das Eintreffen der kaiserlichen Gegenerklärung zu ihren
28
Friedensvorschlägen abwarten.

29
Die drei deputierten Räte sprechen sich im Gutachten nicht sehr schmeichelhaft
30
über die bayrische Politik aus, die versuche, sich den Feinden zu verpflichten und so
31
die eigene Sache vor anderen zu retten. Zunächst wird die Frage der Abtretung der
32
Oberpfalz durch Bayern – die nach den Verträgen den Verlust Oberösterrreichs
33
für den Kaiser mit sich bringen mußte – besprochen. In der Frage der Kurwürde
34
soll Bayern vorgestellt werden, daß man zur Schöpfung einer achten Kur die Zu-
35
stimmung
aller Reichsstände brauchen würde. Die Räte sind für das Alternieren
36
der Kur, schon um nicht drei Kurfürsten aus ein und demselben Haus zu haben

43
RK , Friedensakten , Fasz. 26, Konv. B fol. 154.
.

[p. 345] [scan. 379]


1
Was das Elsaß betrifft, sind die Räte der Meinung, daß die Lage zu gefährlich
2
und es zu vermeiden sei, daß man sich anderwärts unremedierlich praecipitiere
3
womit natürlich das Verhalten Bayerns gemeint ist. Der venezianische Bot-
4
schafter
Contarini habe gemeldet, daß Bayern der Anlaß der Ansprüche Frankreichs
5
auf das Elsaß wäre. Man könne aber von der Franzosen modestia bei ihrem
6
jetzigen Siegeslauf nicht erwarten, daß sie solche Ansprüche nicht stellen würden

35
RK , Friedensakten , Fasz. 26, Konv. B fol. 155f.
.
7
Man müsse den Tatsachen ins Auge sehen, mit bloßen Negationen käme man nicht
8
mehr weiter. Gradweise Zugeständnisse sollten ausgearbeitet und die Erzherzogin
9
Claudia in Innsbruck befragt werden, an welchen Orten im Elsaß ihr besonders
10
gelegen sei. Auch solle sie einen Gesandten nach Münster schicken oder Dr. Volmar
11
besonders instruieren. Die Forderungen der Franzosen auf Mainz, Speyer und Trier
12
nahmen die Räte nicht ernst. Vor allem aber hielten sie nun die Zeit zur Abreise des
13
Obersthofmeisters nach Münster für gekommen. Sie schlugen vor, der Kaiser solle
14
eigenhändig jemanden instruieren und bevollmächtigen. Dies könne nur Graf Trautt-
15
mansdorff
sein. Er sei je eher je besser fortzuschicken, er werde nichts hinden
16
lassen, waß zu erheben, nichts erheben wollen, waß mehrere ruina und
17
gefahr Eurer Majestät ertzhauß nach sich ziehet

36
Ebd. fol. 161f. Nach dem Sitzungsprotokoll hat Kollowrat den Vorschlag gemacht, daß der Kaiser
37
die Instruktion zur höchsten Geheimhaltung selbst aufsetzen solle ( Familienarchiv Trautt-
38
mansdorff
Z 1, Nr. 18).
.

18
Dieses Gutachten wurde am 23. September im geheimen Rat in Gegenwart des
19
Kaisers verlesen und mit geringen Änderungen für gut befunden. Am folgenden Tag,
20
einem Sonntag, wurden die Beratungen fortgesetzt. Der Kaiser schloß die Sitzung mit
21
dem Befehl, jeder geheime Rat solle seine Meinung über die Person und die Mittel,
22
durch die der Friede am besten zu erlangen sei, schriftlich und verschlossen an ihn
23
abliefern. Er wolle darüber nachdenken und sich dann selbst entschließen

39
RK , Friedensakten , Fasz. 26, Konv. B fol. 163’.
. Von
24
allen damals anwesenden Räten, nämlich von Trauttmansdorff, Schlick, Martinitz,
25
Kurz, Kollowrat und Prickelmeier, sind die Gutachten erhalten

40
StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 130–150 und 199–200, enthält die Gutachten der
41
Geheimräte außer dem Trauttmansdorffs. Dieses war zusammen mit der Geheiminstruktion und
42
dem Rechenschaftsbericht bisher in den Hofarchiven , Zeremonielldepartement ,
43
Varia , und ist nun ebenfalls zu StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 201–204, eingeteilt
44
worden. Die in diesen Gutachten enthaltenen Meinungen der Räte werden beim Text der Geheim-
45
instruktion
im Apparat gebracht; vgl. unten S. 440 ff.
. Sie sind alle
26
eigenhändig und vom 25. bis 29. September datiert. Der Obersthofmeister der Kai-
27
serin
, Graf Khevenhüller, fehlte bei den Sitzungen und hat auch kein Gutachten
28
abgeliefert.

29
Unter diesen Vorschlägen der geheimen Räte, wie man zum ersehnten Frieden
30
kommen könne, erweckt natürlich die Ansicht des Obersthofmeisters das größte
31
Interesse. Sein Gutachten ist am ausführlichsten und läßt gut seinen Plan für die
32
spätere Verhandlungsführung erkennen. Er fordert zunächst, mit denen am eifrigsten
33
zu verhandeln, die den Frieden ebenso herbeisehnen, die gleichen Kriegslasten wie der
34
Kaiser zu tragen haben und nicht viel geringere Gefahr als dieser liefen, das Ihrige zu

[p. 346] [scan. 380]


1
verlieren. Ebenso wichtig wie der Ausgleich mit den Feinden sei die Satisfaktion
2
der Reichsstände. Bei einem Frieden nur mit den auswärtigen Kronen bleibe doch
3
»der Zunder des Feuers im Reich, mit jeglichem Wind wieder angezündet zu werden«.
4
Bei den Gravamina könne mit Hilfe der Stände ein Ausgleich leicht gefunden
5
werden, ohne das Gewissen des Kaisers zu beschweren. In der Pfälzischen Frage ist
6
Trauttmansdorff für den Wechsel der Kurwürde und hält sich im übrigen an das
7
Gutachten der deputierten Räte. Gegen alle Religionszugeständnisse in den Erb-
8
landen
, deren Forderung von Kursachsen und anderen Ständen erwartet werden könnte,
9
stimmt der Obersthofmeister entschieden. Hier sei nichts zuzugestehen, es sei kein
10
Zweifel, daß man von solchen Forderungen wieder abgehen werde. Für den äußersten
11
Fall könne man eine Herabsetzung der Strafen für den Auslauf – den Besuch
12
auswärts gelegener protestantischer Gottesdienste – und eine Verlängerung der Emi-
13
grationstermine
ins Auge fassen. Mit Hessen-Kassel könne man sich mit einigen
14
Opfern ausgleichen. Die größte Schwierigkeit sieht Trauttmansdorff bei den Reichs-
15
und
Hansestädten, die sich nicht zu einem Zusammengehen gegen die Feinde verstehen
16
wollten. Hier müßten die Kurfürsten und Fürsten einen Weg finden, wie die Städte
17
zu bestimmen wären, kurze Zeit auf ihren aus dem Schaden des Reichs erzielten
18
Gewinn zu verzichten.

19
Gegenüber den fremden Kronen ist Trauttmansdorff zu Opfern bereit, allerdings
20
gesteht er Frankreich weniger zu als seine Ratskollegen. So ist nicht anzunehmen, daß
21
in der Geheiminstruktion die über alle Gutachten hinausgehenden Konzessionen auf
22
ihn zurückgehen. Sie dürften vielmehr dem Kaiser selbst zuzuschreiben sein. Schweden
23
wollte der Obersthofmeister mit Geld abzufertigen suchen, schließlich aber eher Pommern
24
aufgeben als alles deswegen in die Schanze zu schlagen. In diesem Fall könne man
25
Brandenburg mit Halberstadt und Teilen Magdeburgs entschädigen. Erzherzog
26
Leopold Wilhelm solle dafür Glogau und Sagan in Schlesien auf Lebenszeit erhalten.
27
Die Kosten für die schwedischen Truppen in Höhe von zwei oder drei Monatslöhnungen
28
sollten von Sachsen aufgebracht werden. Frankreich sei Pinerolo, Metz, Toul und
29
Verdun zu übergeben und Moyenvic zu schleifen. Was Breisach betreffe, solle es bei
30
dem bleiben, was der Kaiser gegenüber Bayern schon zugestanden habe. Alles solle im
31
Einverständnis mit Erzherzog Ferdinand Karl vorgenommen werden, eventuell müsse
32
man die Lasten auf beide habsburgischen Linien aufteilen. Trauttmansdorff schließt
33
mit der Mahnung, unter diesen Bedingungen auf alle Fälle Frieden zu schließen. Bei
34
noch größeren Forderungen der Feinde sei es schwer, sich obstinat zu zeigen, wenn die
35
Mittel zum Widerstand nicht mehr vorhanden wären, aber es sei ebenso schwer, das
36
Seinige in grosso aufzugeben. Gott der Allmächtige solle des Kaisers und des Reiches
37
Waffen mit Sieg segnen und dadurch zu einem leidlicheren Frieden verhelfen. Frank-
38
reich
müßte eigentlich durch die Bedrängnis der Christenheit in Candia und Europa
39
durch die Türken und durch die gefährliche Lage des Königs von England zum baldigen
40
Friedensschluß bewogen werden.

41
Die Geheiminstruktion selbst ist vom Kaiser ganz eigenhändig geschrieben und auf
42
den 16. Oktober datiert

43
Jetzt StK , Friedensakten , Kart. 1 fol. 209–217. Über die Auffindung vgl. S. 354.
. Außer dem Gutachten Trauttmansdorffs ist sie von

[p. 347] [scan. 381]


1
Martinitz und Kollowrat am stärksten beeinflußt worden. Der Reichsvizekanzler und
2
Schlick haben sich zu kurz gefaßt, Prickelmeier weicht in seinen Ansichten stark von
3
ihrem Inhalt ab. Die Instruktion ist aber durchwegs selbständig redigiert, wobei dem
4
Kaiser ein großer Anteil zugesprochen werden muß. Ihre noch über die Gutachten
5
hinausgehenden Zugeständnisse sind wohl zum Teil durch das Bestreben zu erklären,
6
Trauttmansdorff eine möglichst große Elastizität in der Verhandlungsführung zu
7
ermöglichen, sie zeigen aber auch deutlich den unbedingten Willen des Kaisers, unter
8
allen Umständen zum Frieden zu kommen. Bei diesem Inhalt ist auch die absolute
9
Geheimhaltung zu verstehen, die Entstehung und ferneres Geschick dieser Instruktion
10
begleitet hat. Ein vorzeitiges Bekanntwerden hätte den Gegner zu noch größeren
11
Forderungen bewogen.

12
Es wurde sofort bekannt, daß Graf Trauttmansdorff mit sehr großen Vollmachten
13
ausgestattet war. Schon am 1. Oktober wußte der in Wien zurückgebliebene vene-
14
zianische
Botschafter Giustiniani–der Hof befand sich schon seit August in Linz–,
15
daß der Kaiser den Entschluß gefaßt habe, Trauttmansdorff con dispotica autorità
16
zum Friedensschluß nach Münster zu schicken

35
Staatenabteilung , Venedig , Dispacci 90 p. 362 (Abschrift des im Staatsarchiv Venedig
36
liegenden Originals).
. Am 4. November berichtet Giusti-
17
niani
bereits, daß der Obersthofmeister »die wichtigsten und detailliertesten Instruk-
18
tionen
mit sich führe«, von deren Inhalt man noch keine sichere Nachricht habe, da er
19
sie dalla lingua e dalla mano des Kaisers ohne die Hilfe eines anderen empfangen
20
habe

37
Ebd. p. 400. Vom Inhalt der Instruktion weiß Giustiniani nur von einer sehr einflußreichen
38
Person, daß Trauttmansdorff auch Vollmacht habe, in eine Trennung von Spanien einzuwilligen,
39
also gerade das, was in der Geheiminstruktion ausdrücklich untersagt ist.
. Auch die kaiserlichen Gesandten in Münster erfuhren bald, daß der Feind
21
Kenntnis von einer besonders weitgehenden Instruktion des herannahenden Hauptbevoll-
22
mächtigten
hatte. So berichtet Volmar am 28. Oktober dem Marchese Caretto di
23
Grana, dem kaiserlichen Gesandten am spanischen Hof, daß in der Instruktion die
24
Überlassung der vorderösterreichischen Lande an Frankreich enthalten sei, wie die
25
Franzosen selbst behaupteten. Er vermutet die Bayern hinter diesen Indiskretionen,
26
die den Feind in seinen Forderungen nur bestärken mußten

40
Konzept in der Österreichischen Geheimen Staatsregistratur (Repertorium N),
41
Kart. 2, Fasz. 2/4 fol. 63f. Ein ähnliches Schreiben hat Volmar am 27. X. 1645 auch an
42
Trauttmansdorff gerichtet ( Familienarchiv Trauttmansdorff Z 66, Nr. 71 a fol. 33).
.

27
In der Literatur ist die Instruktion immer wieder erwähnt und oft vergeblich
28
gesucht worden. Koch hat sie mit der Vollmacht vom 4. Oktober im Trauttmansdorff-
29
Familienarchiv verwechselt

43
M. Koch II S. 139.
. Unter diesem Datum und an diesem Ort haben sie dann
30
Odhner , Jacob und Egloffstein vergeblich gesucht. Jacob hat den Irrtum
31
Kochs nachgewiesen und aus späteren Berichten Trauttmansdorffs an den Kaiser das
32
richtige Datum erschlossen

44
K. Jacob S. 95 Anm. 4.
. Alle Suche blieb vergeblich, da die Instruktion dem Kaiser
33
am 2. II. 1649 wieder zurückgeschickt wurde, von da ab im habsburgischen Familien-
34
archiv
versteckt lag und erst vor kurzer Zeit durch einen Zufall gefunden wurde.

[p. 348] [scan. 382]


1
Der Inhalt der Geheiminstruktion überrascht durch die Größe der Zugeständnisse
2
für den äußersten Fall, die das im Friedensschluß Geopferte in vielen Fällen übertrifft.
3
Die Amnestie im Reich hätte bis zum Jahr 1618 zurückgehend ausgedehnt werden
4
können, während im Frieden der 1. Jänner 1624 bestimmt wurde (Art. 2). Aus-
5
genommen
davon wurden nachdrücklichst die Erbkönigreiche und Erblande. In diesem
6
Punkt waren sich auch die Gutachten der Räte einig. Die sogenannten Gravamina
7
werden den Ständen zur Beilegung überlassen, auch für den Geistlichen Vorbehalt
8
werden keine präzisen Angaben gemacht. Hier sollte das für die Katholiken Günstigste
9
erreicht werden (Art. 3 und 4). Im Reichshofrat werden drei bis vier protestantische
10
Räte zugestanden, im äußersten Fall könne dort auch die Parität der Religionen
11
bewilligt werden (Art. 5). Im Fall Hessen soll Trauttmansdorff ausgleichend unter
12
Begünstigung der kaiserlich gesinnten Darmstädter Linie wirken (Art. 6).

13
In der Frage der Pfälzer Kurwürde besteht der Kaiser auf der Alternatio, dem
14
Wechsel der Kur zwischen den rivalisierenden Häusern der Wittelsbacher. Nur im
15
äußersten Notfall sollte eine achte Kur, aber mit gleichzeitiger Schaffung einer neunten
16
für das Erzhaus zugestanden werden. Das konnte später nicht durchgesetzt werden.
17
In Bezug auf die Oberpfalz sieht der Kaiser eine Restitution an die Pfälzer Linie im
18
Notfall vor, jedoch bei einem gleichzeitigen Verzicht Kurfürst Maximilians auf
19
einen Teil der Summe, die ihm seinerzeit als Kriegsentschädigung zugesprochen worden
20
war und für die er das Land Ob der Enns als Pfand erhalten hatte. Dem Kaiser
21
sollen höchstens drei Millionen – statt dreizehn – als Entschädigung an Kurbayern
22
zugemutet werden (Art. 7). Das entsprach genau den Vorschlägen von Martinitz
23
und Kollowrat. Diese Entschädigungssumme konnte dann von Trauttmansdorff auf
24
nahezu ein Fünftel vermindert werden.

25
Das größte Interesse erwecken die Anweisungen der Instruktion zur Satisfaktion
26
der fremden Kronen. Schweden soll in gradweiser Abstufung schließlich ganz Pommern
27
und die »Stifte« – die Instruktion bestimmt sie nicht näher –, eventuell auch Teile
28
des Erzstiftes Bremen als Lehen der Königin in männlicher oder weiblicher Erbfolge
29
und schließlich als schwedische Kronlehen angeboten werden (Art. 10). Unter den Räten
30
sind Kollowrat und Prickelmeier die einzigen, die auch den Verlust Bremens voraussehen.
31
Zur Entschädigung Brandenburgs für die Erbfolge in Pommern wird das Herzog-
32
tum
Crossen – allerdings de facto schon im Besitz der Hohenzollern –, eine Geld-
33
summe
und Halberstadt, eventuell auch etwas aus dem Magdeburgischen genannt
34
(Art. 11). Für Frankreich wird in drei Stufen das Elsaß, Breisach und schließlich
35
auch der Breisgau in Aussicht genommen. Dafür soll den Franzosen Sitz und Stimme
36
am Reichstag bis aufs äußerste verweigert werden (Art. 12 und 14). Hier geht die
37
Instruktion über alle Gutachten hinaus. Schlick will keinen Finger breit rechts des
38
Rheins abtreten, ebenso stimmt Kollowrat gegen die Preisgabe Breisachs. Der Breis-
39
gau
wird von keinem Rat erwähnt. Bei den Zugeständnissen der Geheiminstruktion
40
muß aber noch berücksichtigt werden, daß sie auch getrennte Verhandlungen und eine
41
Separation Frankreichs von Schweden ins Auge faßt, wobei dann natürlich die für
42
den zu gewinnenden Teil gebrachten Opfer durch geringere gegenüber dem Partner
43
wettgemacht worden wären (Art. 9).

[p. 349] [scan. 383]


1
Nur in einem, allerdings dem für den Kaiser wichtigsten Punkt konnte Trauttmans-
2
dorff
kein positives Ergebnis erreichen. Die ausdrücklich untersagte Separation von
3
Spanien, die auch in keinem Ratsgutachten erwähnt wird, konnte schließlich nicht
4
verhindert werden (Art. 15). Die restlichen Punkte: Waffenstillstand, Abdankung
5
der Kriegsvölker und Sicherungsbestimmungen (Art. 16, 17 und 19) enthalten keine
6
bestimmten Anweisungen. Der Wunsch des Kaisers nach teilweiser Vergütung seiner
7
riesigen Kriegsunkosten durch die Einführung neuer Zölle ist in dieser Form unerfüllt
8
geblieben (Art. 18). Bezeichnend ist für die Wichtigkeit, die man am Kaiserhof den
9
Vermittlern, dem päpstlichen Nuntius und dem venezianischen Botschafter, beimaß,
10
daß diese in der ganzen Geheiminstruktion und auch in den Ratsgutachten dazu mit
11
keinem Wort erwähnt werden.

12
Mit dieser Instruktion und zahlreichen Vollmachten, Beglaubigungsschreiben und
13
Abschriften wichtiger Dokumente zu den Verhandlungen versehen

32
Aus der Expedition der Reichskanzlei führte Trauttmansdorff 19 Schreiben mit sich, darunter
33
zwei Vollmachten zusammen mit den kaiserlichen Gesandten in Münster und Osnabrück, zwei
34
Vollmachten für den Obersthofmeister allein für Münster und Osnabrück, Beglaubigungsschreiben
35
an die drei geistlichen Kurfürsten, an den spanischen Gesandten, den Nuntius und den veneziani-
36
schen Botschafter. Die Geheiminstruktion ist in der erhaltenen Liste der Reichskanzlei natürlich
37
nicht enthalten ( Familienarchiv Trautmansdorff Z 1, Nr. 3). An Abschriften wichtiger
38
Dokumente nahm Trauttmansdorff unter anderem die der Instruktion für Köln 1637, der
39
Instruktionen und der Ferneren Instruktion von 1643 für Münster und Osnabrück, der Friedens-
40
schlüsse von Regensburg und Cherasco 1630 und 1631 und der Instruktion für den spanischen
41
Gesandten in Münster mit (Abschriftenkonvolut in StK , Friedensakten , Kart. 1, Nr. VIII
42
fol. 5–136).
, ist Trauttmans-
14
dorff
am 24. Oktober unter dem Jubel der Bevölkerung, die auf einen baldigen Abschluß
15
des Friedens hoffte, von Linz aufgebrochen

43
Bericht Giustinianis vom 28. X. 1645, Abschrift in Staatenabteilung , Venedig ,
44
Dispacci 90 p. 380.
. Diese Erwartungen erwiesen sich
16
allerdings als trügerisch, es sind noch drei Jahre bis zu dem ersehnten Zeitpunkt ver-
17
gangen
. Die Hoffnungen, die der kaiserliche Hof an die Gesandtschaft des Obersthof-
18
meisters
knüpfte, sind aber nicht enttäuscht worden. Seiner geschickten Verhandlungs-
19
führung
haben der Kaiser und Österreich viel zu verdanken. Das kommt besonders in
20
dem gut stilisierten und ganz auf die Geheiminstruktion abgestimmten Rechenschafts-
21
bericht
zum Ausdruck, den Graf Trauttmansdorff am 2. Februar 1649 zusammen
22
mit der Rückstellung der Instruktion seinem Kaiser abgelegt hat. Er schließt sich
23
textlich so sehr an die kaiserliche Instruktion an, daß seine Wiedergabe trotz des
24
zeitlichen und inhaltlichen Hinausgreifens über den hier gesteckten Rahmen an dieser
25
Stelle geschehen mußte

45
Text Nr. 30 S. 453 ff.
. In diesem Erfolgsbericht schildert der alte und schon von
26
Todesahnungen erfüllte Staatsmann alles, was er seinem Herrn gegenüber dem Wort-
27
laut
der Instruktion und späteren noch darüber hinausgehenden Weisungen des Kaisers
28
retten konnte und vergißt auch nicht, am Rande die ersparten riesigen Beträge auszu-
29
werfen
. Überdies enthält dieses Dokument auch frühere Verdienste Trauttmansdorffs
30
um das Erzhaus, wie sein Verhalten in der Wallenstein-Krise und bei dem Überfall
31
Banérs auf Regensburg. Es schließt mit der Bitte, diese Verdienste an den Kindern

[p. 350] [scan. 384]


1
des alten Mannes, der für sich selbst nichts mehr beansprucht, zu belohnen. Zwei kurze
2
Handbriefe des Kaisers vom 10. Mai zeigen, daß Ferdinand III. die Leistungen
3
seines treuen Dieners und Begleiters von Jugend an zu würdigen wußte

38
Text Nr. 31 S. 457 f.
.

4
*

5
Die Reichshofkanzlei hat bereits eine eingehende Darstellung gefunden

39
L. Gross , Reichshofkanzlei; im folgenden wird darauf verwiesen.
, sie war
6
allerdings zu dieser Zeit nicht mehr die einzige Kanzlei am Hof. Ferdinand II. hat
7
für die Erblande eine eigene österreichische Hofkanzlei gegründet, die immer mehr
8
Geschäfte an sich zog. Bis zum Abgang des tatkräftigen und geschickten Reichsvize-
9
kanzlers
Graf Ferdinand Kurz konnte aber die Reichskanzlei die Führung der aus-
10
wärtigen
Geschäfte behaupten

40
Dazu vgl. L. Gross .
. Immerhin saß der österreichische Hofkanzler,
11
Dr. Matthias Prickelmeier, bereits im geheimen Rat und beeinflußte so auch die
12
Außenpolitik. Die beiden Abteilungen der Reichshofkanzlei, die deutsche und die
13
lateinische Expedition, konnten die ungeheuren Schreibarbeiten, die der Krieg und
14
besonders die langwierigen Friedensverhandlungen mit sich brachten, nur mit Mühe
15
bewältigen. Immer wieder mußten ganze Bündel von Abschriften als Beilagen für
16
Weisungen und Instruktionen angefertigt werden. Es ist kein Wunder, daß die Kanzlei
17
oft nicht nachgekommen ist

41
Beispiele dafür sind die Instruktionen für Lützow 1640 und für die Gesandten von Münster und
42
Osnabrück vom 15. Juli 1643.
.

18
Die im Text wiedergegebenen Schriftstücke sind zum größten Teil aus der Kanzlei
19
hervorgegangen, so die Instruktionen von 1637 und 1643 für die Friedenskongresse und
20
die Instruktionen für die Sonderverhandlungen Lützows und Herbersteins. Von
21
einigen Stücken sind mehrere Stufen vorhanden, Entwürfe, Reinkonzepte, Originale,
22
Dechiffrierungen und zahlreiche Kopien, da die Instruktionen ständig als Beilagen für
23
spätere Verhandlungen abgeschrieben werden mußten.

24
Die lateinische Expedition hatte vor allem die Korrespondenz mit dem Ausland
25
und den nichtdeutschen Reichsgebieten zu führen. Von ihr stammt die Instruktion
26
für Köln 1637, die lateinisch abgefaßt wurde. Der Sekretär der lateinischen Expedi-
27
tion
war damals Johannes Walderode von Eckhusen, der 1637 in den Reichshofrat
28
aufgenommen wurde, aber seine Sekretärstelle weiter beibehielt. Er machte eine
29
einzigartige Karriere, noch unter Ferdinand III. wurde er geheimer Rat, unter Leo-
30
pold
I. war er geheimer Sekretär des Kaisers und Mitglied der geheimen Konferenz

43
L. Gross , Reichshofkanzlei S. 420ff.
.
31
Seine Unterschrift trägt auch die deutschsprachige Instruktion für Münster vom
32
15. VII. 1643, während die Osnabrücker vom gleichen Tag Dr. Söldner, der Sekretär
33
der deutschen Expedition, unterfertigt hat. Das war durch den großen Arbeitsanfall
34
zur Zeit der Friedensverhandlungen bedingt – Walderode hat auch zahlreiche
35
Weisungen in deutscher Sprache gezeichnet –, es wurden aber von den Hauptinstruk-
36
tionen
von 1643 auch lateinische Fassungen angefertigt, um den spanischen Gesandten
37
die Einsicht zu ermöglichen.

[p. 351] [scan. 385]


1
Der deutschen Expedition stand Dr. Johann Söldner als erster Sekretär vor

40
L. Gross , Reichshofkanzlei S. 387ff.
. Er
2
konzipierte und verbesserte die Reinkonzepte und unterfertigte die Originale. So
3
wurde das Postscriptum der Instruktion Lützows von 1640 und die Aufstellung der
4
Grade der Abtretungen an Schweden 1641 von ihm aufgesetzt Das Konzept der
5
»Ferneren Instruktion« trägt Korrekturen von seiner Hand. In den Vierzigerjahren
6
konzipierte Söldner auch viele Gutachten der deputierten Räte, die dann den Weisungen
7
und Instruktionen zugrundegelegt wurden.

8
Ein weiterer höherer Kanzleibeamter, der bei den in der Einleitung genannten
9
Dokumenten beteiligt war, ist der zweite Sekretär der deutschen Expedition, Wil-
10
helm
Schröder. Er war ebenfalls in der politischen Abteilung tätig und seit 1642
11
ständiger Sekretär des geheimen Rates. In dieser Eigenschaft hat er die Protokolle
12
und Vorträge des geheimen Rates an den Kaiser ausgearbeitet. Im Herbst 1645
13
begleitete er Trauttmansdorff zu den Kongreßorten und hat dort eine gewisse Rolle
14
gespielt. Er schrieb laufend Berichte an den Reichsvizekanzler und stand in enger
15
Verbindung zum Erzkanzler, dem Kurfürsten von Mainz, der ihm früher die Stelle
16
in der Reichskanzlei verschafft hatte

41
A. a. O. S. 391ff.
.

17
Vom unteren Kanzleipersonal sind nur einige Schreiber mit Sicherheit durch ihre
18
charakteristische Schrift oder ihre Vermerke auf den Konzepten nachweisbar. Diese
19
Vermerke bedeuten zunächst nur, daß von ihnen die Reinschriften angefertigt wurden.
20
In vielen Fällen stammt aber auch das den Vermerk tragende Reinkonzept vom
21
selben Schreiber. Heinrich Hermann Carenott, Kanzleischreiber von 1633 bis 1637

42
A. a. O. S. 473.
,
22
verfertigte, wie aus anderen Schriftstücken zu erkennen ist, einen Großteil des 1636
23
entstandenen Konzeptes für die Instruktion von 1637. Die erhaltenen Originale
24
stammen von anderer Hand, Carenott wird die noch im Jänner 1637 von Ferdinand II.
25
ausgestellte Instruktion mundiert haben. Gerhard Max Ostermay, zuerst Kanzlei-
26
schreiber
, dann von 1648 bis 1658 Registrator der lateinischen Expedition

43
A. a. O. S. 470, 472.
, schrieb
27
das Konzept der Hauptinstruktion für Münster 1643, nach seinem Vermerk auch
28
das verlorene Original. Am stärksten ist in den hier wiedergegebenen Dokumenten
29
die Hand des offenbar aus Niederdeutschland stammenden Kanzleischreibers Konrad
30
Zelffe vertreten, der von 1637 bis 1647 in der Kanzlei tätig war

44
A. a. O. S. 473.
. Er hat das
31
Konzept der Instruktion Lützows mit Ausnahme des Postskriptums geschrieben und
32
auch viele Verbesserungen – vielleicht nach Diktat – angebracht. Auf dem Kon-
33
zept
befindet sich der von ihm unterschriebene Vermerk, daß chiffrierte Ausfertigun-
34
gen
hergestellt wurden. Diese Chiffrierungen, die Originale, stammen ebenfalls von
35
Zelffe, wie man aus dem nicht chiffrierten Anfang und Schluß erkennen kann. Zelffe
36
hat auch die Abschrift der Instruktion für Pater Herberstein angefertigt, zu der
37
weder Konzept noch Original gefunden werden konnten. Er hat auch Entwurf, Kon-
38
zept
und sicher auch die verlorenen chiffrierten Originale der langen »Ferneren Instruk-
39
tion
« von 1643 geschrieben.

[p. 352] [scan. 386]


1
Der normale Geschäftsgang war – auf das Wesentliche abgekürzt – folgender:
2
Zunächst wurde der Eingang durch den Reichsvizekanzler auf die Reichshofräte und
3
Sekretäre zur Bearbeitung verteilt, die den ersten Entwurf herstellten, der dann
4
gewöhnlich von einem Kanzlisten abgeschrieben und nochmals korrigiert wurde. Bei
5
größeren Änderungen konnte das auch mehrmals geschehen. Die letzte Stufe, das
6
Konzept, nach Groß das Reinkonzept, wurde in den meisten Fällen dem Reichsvize-
7
kanzler
vorgelegt, der es seinerseits beim Kaiser zum Vortrag brachte, wenn es sich
8
um ein wichtiges Stück handelte. Die dann hergestellte Reinschrift wurde zuerst vom
9
Sekretär, dann vom Reichsvizekanzler und zuletzt vom Kaiser unterschrieben.

10
Bei wichtigen Fragen wurde der Eingang einer Kommission von deputierten Räten
11
vorgelegt. In den meisten Fällen wurden diese dem Geheimrat, in den Fragen der Reichs-
12
politik
auch dem Reichshofrat entnommen. Ihre Gutachten – meist von den Sekre-
13
tären
geschrieben – wurden dann im geheimen Rat besprochen, an dem der Kaiser
14
regelmäßig und Erzherzog Leopold Wilhelm bei seinen Aufenthalten am Hof teil-
15
nahmen
. Den Vorsitz führte Trauttmansdorff in seiner Eigenschaft als Obersthof-
16
meister
. Die Gutachten tragen vielfach nur den Vermerk, daß sie im geheimen Rat
17
genehmigt wurden, gewöhnlich mit Aufzählung der anwesenden Räte. Nur von einigen
18
wenigen Sitzungen besitzen wir eigene Sitzungsprotokolle, schlagwortartige Auf-
19
zeichnungen
des Gangs der Verhandlungen durch den Sekretär. Aus ihnen geht die
20
Stellungnahme der Teilnehmer hervor. Ein solches Protokoll ist z. B. von den Sitzun-
21
gen
der deputierten geheimen Räte am 18. und 20. September 1645 erhalten, in denen
22
die Abreise Trauttmansdorffs und die Anfertigung der Geheiminstruktion beschlos-
23
sen
wurde. Die geringe Zahl der Sitzungsprotokolle, die nicht wie früher in Bücher
24
gebunden, sondern einzeln aufbewahrt wurden, läßt vermuten, daß diese Protokolle
25
seit Ferdinand II. nur in Sonderfällen angefertigt wurden.

26
Noch interessanter als die Sitzungsprotokolle mit ihren meist schlecht lesbaren
27
Schlagworten sind die schriftlichen Einzelgutachten der geheimen Räte, die nur von
28
Fall zu Fall vom Kaiser selbst bei wichtigen Entscheidungen angefordert wurden.
29
Sie sind für die Friedensverhandlungen dreimal, vom Sommer 1643, vom Jänner 1645
30
und vom September desselben Jahres erhalten. Sie wurden dem Kaiser persönlich
31
übergeben, waren nur in Ausnahmefällen nicht eigenhändig geschrieben und wurden vom
32
Kaiser verwahrt. Sie tragen keine Kanzlei- oder Registraturvermerke und haben mit
33
der kaiserlichen Kanzlei ebensowenig zu tun wie die Geheiminstruktion, der Rechen-
34
schaftsbericht
Trauttmansdorffs und die Handschreiben des Kaisers von 1649.

35
*

36
Wie schon dem kurzen Überblick über die Kanzlei zu entnehmen war, ist die
37
Überlieferung der Texte verhältnismäßig gut. Von den unzähligen Schriftstücken der
38
Reichs- und Hofkanzlei zu den Friedensverhandlungen ist ein Großteil erhalten ge-
39
blieben
. Nur die bei den Friedensdelegierten selbst verwahrten Akten sind teilweise
40
durch Brand zugrundegegangen

42
L. Bittner , Gesamtinventar I S. 351.
. So erklärt sich das Fehlen der Originale der
41
Instruktionen vom 15. VII. 1643 für Münster und der »Ferneren Instruktion« vom

[p. 353] [scan. 387]


1
23. IX. 1643. Alle in der Einleitung erwähnten und im Text edierten Stücke
2
befinden sich im Haus -, Hof - und Staatsarchiv in Wien. Die Schwierigkeit
3
bestand nur darin, die wichtigeren Dokumente in den verschiedenen Betreffreihen, in
4
die sie im Lauf der Jahrhunderte gelangt waren, auszusuchen und aufzufinden.

5
Der größte Teil stammt aus den Friedensakten der Reichskanzlei . Sie
6
sind aus Stücken der Reichshofkanzlei und der österreichischen Hofkanzlei gemischt.
7
Die Zusammenlegung erfolgte zum Teil schon in der napoleonischen Ära beim
8
Zwangsaufenthalt der Archive in Paris. Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurden
9
sie nach Betreffen und den einzelnen Verhandlungen geordnet und genaue Behelfe ange-
10
legt
. Später kamen noch Stücke aus den Registraturen der Friedensunterhändler dazu

39
L. Bittner , Gesamtinventar I S. 350ff.
.

11
Die zweite Abteilung, die Friedensakten der Staatskanzlei , enthält zur
12
Vorgeschichte des Westfälischen Friedens wenig. Aus der Zeit der Verhandlungen in
13
Münster und Osnabrück sind vor allem Berichte und Korrespondenzen aus der Hof-
14
kanzlei
hier eingeteilt worden

40
A. a. O. S. 435ff.
. Außerdem befindet sich hier ein Konvolut mit
15
Friedensakten aus den Miscellanea des habsburgischen Familienarchivs ,
16
das in die Hofarchive gelangte und dann von L. Gross in die Staatskanzlei
17
übernommen wurde. In ihm befinden sich wichtige Akten, darunter die Gutachten der
18
geheimen Räte von 1643 und 1645.

19
Die österreichische geheime Staatsregistratur enthält eine Samm-
20
lung
vorwiegend politischer Akten aus der Hofkanzlei, aber auch Teile der Registra-
21
turen
der Gesandten Isaak Volmar und Caretto di Grana neben Stücken aus der
22
Reichskanzlei, die wohl als Vorakten hierher gelangt sind. Nach der Signatur des
23
genauen, am Anfang des 19. Jahrhunderts angelegten Repertoriums wird dieser
24
Bestand auch Repertorium N genannt. Er ist nach der Auflösung in Betreffe, vor
25
allem in die Staatenabteilung , von Gross fast vollständig rekonstruiert worden

41
A. a. O. S. 395.
.

26
Ein Teil der Verhandlungen mit Bayern ist in die Kriegsakten gelangt, eine eben-
27
falls
uneinheitliche Sammlung von Militaria, die aber auch politische Betreffe enthält.
28
Für sie ist in neuester Zeit ein ausgezeichneter Behelf angefertigt worden

42
W. Heydendorff .
. Ein
29
weiterer Teil der bayrischen Verhandlungen fand sich in der Staatenabteilung ,
30
großen Betreffreihen diplomatischer Akten, den sogenannten Nationalia der Reichs-
31
kanzlei
und Beständen der Staatskanzlei, denen im 19. Jahrhundert Teile kleinerer
32
Archivkörper angeschlossen wurden

43
L. Bittner , Gesamtinventar I S. 511.
. Hier befindet sich auch die Abschrift der
33
Instruktion für Georg von Herberstein.

34
Besonders wichtig für die Friedensverhandlungen ist das Familienarchiv der
35
Fürsten Trauttmansdorff , das sich als Depot im Haus -, Hof - und Staats-
36
archiv
befindet. Es enthält das Archiv des Grafen Maximilian, das aus seiner
37
Privatkorrespondenz, aber auch aus einem Großteil seiner Amtsakten besteht

44
L. Bittner , Gesamtinventar IV S. 442–447.
. Durch
38
das Entgegenkommen der Fürsten Trauttmansdorff konnte es für die Arbeiten an den

[p. 354] [scan. 388]


1
APW benützt werden. Leider ist eine begonnene Neuordnung des Archivs nicht
2
vollendet worden, so daß nun praktisch keine Behelfe dafür zur Verfügung stehen.

3
Schließlich muß auf das habsburgische Familienarchiv hingewiesen
4
werden, das unter anderem die persönlichen Nachlässe und Korrespondenzen der
5
Angehörigen des Kaiserhauses enthält. Aus den Miscellanea der Familienakten
6
wurde ein Konvolut mit Akten aus dem Nachlass Kaiser Ferdinands III. zusammen
7
mit vielen, das Hofzeremoniellwesen betreffenden Stücken den Hofarchiven
8
übergeben. Bis zur Neuordnung der Zeremonialakten wurde es den zahlreichen
9
ungeordneten Dokumenten beigefügt. Dieses Konvolut wurde dann dort wieder
10
ausgeschieden und von Lothar Gross in die Friedensakten der Staats-
11
kanzlei
eingereiht. Wahrscheinlich schon früher sind drei wichtige Stücke, das
12
Gutachten des Grafen Trauttmansdorff vom 29. IX. 1645, sein Rechenschafts-
13
bericht
von 1649 und die Geheiminstruktion Kaiser Ferdinands III., daraus weg-
14
gekommen
und in den Varia des Zeremonielldepartements verblieben. Dort
15
wurden sie vom Bearbeiter bei der Neuaufstellung des Bestandes im Sommer 1957
16
aufgefunden. Sie befinden sich jetzt ebenfalls in den Friedensakten der Staats-
17
kanzlei
.
18
*

19
Die Textgestaltung erfolgte nach den von Johannes Schultze aufgestellten
20
Richtlinien

35
Vgl. J. Schultze Sp. 37–45.
. Danach sind die Texte in drei Gruppen, lateinische (Nr. 1), deutsche
21
aus einer Kanzlei (Nr. 2–8) und Schriftstücke bekannter Persönlichkeiten (Nr.
22
9–11) einzuteilen. Nur in zwei Fällen wurde von den Regeln Schultzes abge-
23
wichen
. Bei den Stücken aus der kaiserlichen Kanzlei hätte der Konsonantismus
24
vereinfacht werden können. Davon wurde abgesehen, da Doppelkonsonanten nicht
25
so häufig aufgetreten, daß sie die Lesung der Texte erschweren, und da sie unter Um-
26
ständen
ein Kriterium für die Tätigkeit einzelner Beamter bei der Textgestaltung bilden
27
können. Dies kann gerade bei der von Gross schon gut erforschten kaiserlichen Kanzlei
28
von Bedeutung sein. Die zweite Abweichung betrifft die Heraushebung fremdsprach-
29
licher
Ausdrücke in allen drei Gruppen. Dies konnte nicht mehr wie zur Zeit
30
Schultzes , als die Verwendung der Fraktur noch allgemein üblich war, durch
31
Setzung in Antiqua bei deutschen und in Fraktur bei lateinischen Texten erfolgen.
32
Die von Schultze bei allgemeiner Verwendung der Antiqua vorgeschlagene
33
Bezeichnung dieser Worte durch Häkchen wurde nicht angewendet, da sie sich in
34
modernen Editionen nicht durchgesetzt hat

36
An dieser Stelle sei es dem Bearbeiter gestattet, Herrn Dr. Wilhelm Engels für zahlreiche
37
Hinweise und Auskünfte zu danken. Er hat bei seinen Sammelarbeiten für die APW die
38
Bestände des Haus -, Hof - und Staatsarchivs unermüdlich durchforscht, genaue Karteien
39
angelegt und seine hervorragenden Materialkenntnisse dem Bearbeiter liebenswürdigerweise zur
40
Verfügung gestellt.
.

Documents