Acta Pacis Westphalicae III A 4,1 : Die Beratungen der katholischen Stände, 1. Teil: 1645 - 1647 / Fritz Wolff unter Mitwirkung von Hildburg Schmidt-von Essen
40. Konferenz der Gesandten der katholischen Kurfürsten Münster 1646 April 18

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Konferenz der Gesandten der katholischen Kurfürsten


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Münster 1646 April 18

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Kurmainz B = Druckvorlage. Vgl. ferner Aachen I fol. 22–44; Köln ( Stadt ) B III p.
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707–738; Kurbayern A II fol. 357’–360 und A a II; Kurmainz A Fasz. 9 ( damit identisch
14
Kurmainz A Fasz. 14 ), Wartenberg / Register I fol. 169’–175 und I a.

15
Frage der Abtretung der norddeutschen Stifter an Schweden und Protestanten. Session und Votum
16
der Stiftsinhaber auf Reichstagen.

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[Im Kurfürstenratszimmer des Bischofshofs]. Vertreten: Kurbayern, Kurköln, Kurmainz, Kurtrier.

18
Kurmainz . Waß vor ein memoriale die herren Kayßerliche plenipotentiarii
19
dem Churmayntzischen directorio, darin bestehendt, daß Schweden undt
20
die protestirende die einhabende mediat- undt

29
20 immediatstieffter] Kurbayern A II präzisiert: welche die protestirende den 12. No-
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vembris stylo novo anno 1627. in possessione gehabt.
immediatstieffter in perpe-
21
tuum behalten, derentwegen votum et sessionem haben undt daruber indulta
22
et investituras praetendiren wollen, daß ist iüngster tagen communicirt
23
worden

33
Das Memorial liegt nicht gedruckt vor, doch wird sein Inhalt, der mit den vorliegenden Angaben
34
übereinstimmt, in der Relation der ksl. Gesandten 1646 April 20 erwähnt (vgl. C. W. Gärtner
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IX Nr. 39 S. 164ff.).
. Weillen von ihnen nuhn auff fürderliche resolution gedrieben
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wirdt, so wirdt ietzundt darvon zu reden sein, waß der herren abgesandten
25
oder viellmehr dero gnedigster herren principalen meinungh undt gedancken
26
hierüber seyen.

27
Kurtrier . Aus den kurfürstlichen Instruktionen ergibt sich,

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196, 27 –197, 20 daß – vergleichen] Der Wortlaut der kurfürstlichen Resolution ebenfalls
32
in Wartenberg / Register I.
daß Ihre Churfürst
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liche Gnaden zu Trier, unser gnedigster herr, auff alle eingewendte remon-

[p. 197] [scan. 265]


1
strationes sich fast schwerlich dahien resolviren wollen, den im letzteren
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Pragischen friedenschluß gesetzten terminum der 40 iahr zu prolongiren,
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gestalten dan erstlich gesteren, vermittelst eingelangter ordinari, die ratifi-
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cation der a dato noch 40 verwilligter iahren erfolgt, deren contenta zu
5
verleßen wir den geringisten scheuwe nicht dragen, alß nemblich §º drittens,
6
waß die ertz-, stiefft-, clöster undt geystliche gütter belanget, so laßens Ihre
7
Churfürstliche Gnaden bey dem einmahll gemachten ziell der 40 oder nuhn-
8
mehr der verbeßerten 50 iahr verpleiben, yedoch mit dieser außdrücklicher
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reservation, waß davon die catholische in handen, daß solches ad primam
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fundationem restituirt werden solle, sie auch dagegen eine Bäpstliche bull
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oder brieff sine consensu ordinariorum et provinciae in causa fundationis
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perpetuae irrevocabiliter factae nicht schützen können.

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Wofern aber andere ständte den protestirenden die anzahll der iahren auff
14
60, 80 oder gar auff 100 erstrecken wolten, haben sich Ihre Churfürstliche
15
Gnaden deßen nit anzunehmen oder zu beladen, gestalten vor ihre ertz-
16
undt stieffter Trier undt Speyr außtrücklich undt specialiter erclehren, daß,
17
wofern sie mit den 40 iahren (zu allem uberfluß von dato ahn) nicht con-
18
tentirt sein möchten, sie eine freye handt wie zuvorn per expressum vorbe-
19
halten haben, sich anderwertlich zeitlicher undt beßer mit einem undt
20
anderen interessirten zu vergleichen.

21
Bis zum Eintreffen neuer Instruktionen muß die kurtrierische Erklärung zu dieser
22
Frage suspendiert bleiben.

23
Kurköln . Die kurfürstlichen Instruktionen schärfen ein, daß in keinem Punkte
24
von den katholischen media abgewichen werde. Für die proponierte Frage müßte um
25
neue Instruktion ersucht werden.

26
Diese materi ist mit den ubrigen Cölnischen gesandten reifflich communicirt
27
worden, welche insgesambt die consilia theologorum undt vorige acta er-
28
wogen , darin befindet underschiedliche motiva, daß man sich in perpetuum
29
salva conscientia nicht einlaßen könne, welche theils zu papier gebracht,
30
undt will dieselbe pro maiore informatione ableßen. Quod fit addendo,
31
Adolphus Coloniensium archiepiscopus habe propter cessionem bonorum
32
ecclesiasticorum et permissionem haereseos transactionem Passavicam nieh-
33
mahlen approbirt, cuius inhaerens vestigiis modernus uti et ipse ( Osnabru-
34
gensis ) Pirnensem modo Pragicam dictam nunquam nisi passive ex deductis
35
theologorum rationibus acceptarunt

42
Über Wartenbergs Haltung beim Abschluß des Prager Friedens vgl. K. Repgen , Papst, Kaiser
43
und Reich 1 S. 366ff.
.

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Schließet derowegen dahien, nachdeme hierüber von Churcöln specialiter
37
befelcht, daß bey der verglichenen iahracht zu verpleiben, in betrachtungh,
38
daß die noth ein anders nicht erfordert; 2. begeren es auch verschiedene
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protestirende nicht; 3. ist daß perpetuum ob rationes allegatas nicht zuläßigh,
40
könne Cölnischentheills einmahll darzu nicht verstehen, er habe dan sonder-
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bahren bevelch.

[p. 198] [scan. 266]


1
In dem memorial wirdt angezogen, daß theologi et politici ex praegnantibus
2
causis auff daß perpetuum sollen geschloßen haben, quod communicetur,
3
non sufficit enim nuda allegatio, undt fahlß man ahn Kayßerlicher seithen
4
keine stärckere rationes hatt, alß noch vorkommen, so muß man bey der
5
negativa verpleiben. Obß aber contradicentibus catholicis ex plenitudine
6
potestatis von Kayßerlicher Mayestett geschehen könne, stehet dahien; die
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werdens zu veranthworten haben undt können statum catholicum ad con-
8
sensum nicht nöttigen. Man solle hierbey thun, wie St. Ambrosius in simili
9
plane casu Valeriano

37
So statt Valentinian.
imperatori gethan, welcher pro pace concilianda eine
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eintzige kirch zu Meylandt den haereticis nicht hatt wollen ubergeben lassen.
11
Idem in praesenti materia sentit archiepiscopus Coloniensis.

12
Kurbayern . Nach Wiederholung der in Proposition gestellten Fragen: Erindert
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sich, daß in vorigen consultationen hiervon geredt undt einhelligh beschlo
14
ßen worden, daß man nicht nachgeben, sonderen interesse Dei et ecclesiae
15
eußerst behaupten solle, bleibet nachmahlß dabey, in betrachtung, es bil-
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ligh , vernünfftigh, recht undt gegen Gott veranthwortlich. Stellet es auch zu
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erwegen, fahlß die cron Schweden undt protestirende auff ihrer gefasten
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intention ratione perpetui beharren undt lieber mit vortsetzungh deß blü
19
tigen kriegs verfahren alß abstehen wolten, ob Caesar undt catholici nicht
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eine weitere resolution ergreiffen wolten. Churbayeren will keine maß geben,
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gehet allein zu gemüth, daß campagna vor der thür undt Schweden sich
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verlauthen laßen, wolten zum frieden nicht verstehen, es werden dan zu-
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vorderist die gravamina verglichen, weillen sie dieselbe pro propria causa
24
halten.

25
Laß es sich nicht zuwieder sein, daß die uninstruirte sich bescheides erhoh-
26
len , sich damit vergleichendt. Nachdemahlen auch Franckreich so stattliche
27
satisfaction geschehen, giebt zu consideriren, ob nicht rathsamb, daß die
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Kayßerlichen angelangt werden, per mediatores bey der cron Franckreich
29
den statum rei catholicae zu repraesentiren, undt weillen sie sich allezeit
30
vernehmen laßen, wollen pro bono catholicae fidei laboriren, sie deßen zu
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erinderen. Einmahll kahn sie die mit Schweden gemachte confoederation
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darab nicht hinderen, undt haben sie versprochen, wahn man ihnen in puncto
33
satisfactionis deferiren würde, wolten sie in favorem religionis den catholi-
34
schen assistiren

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Vgl. oben S. 119. Übrigens wird in der Relation der französischen Gesandten vom 19. April
39
1646 berichtet, daß man sich bemühe, derartige Bedenken bei den Protestanten zu zerstreuen
40
(vgl. Nég. secr. III S. 154; C. W. Gärtner IX Nr. 38 S. 158).
, undt wehre darmit desto mehr zu eylen, weillen einer ex
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plenipotentiariis Galliae nacher Osnabrüg verreyßen wirdt, köndte demsel-
36
ben auffgeben werden, mit den Schwedischen hierunder zu tractiren

41
Servien reiste am 22. April 1646 nach Osnabrück. In der Tat ist er dort in den Verhandlungen
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mit den Schweden und Protestanten für die Forderungen der katholischen Stände eingetreten (vgl.
43
seinen Schlußbericht vom 7. Mai 1646: Nég. secr. III S. 172ff.; C. W. Gärtner IX
44
Nr. 102 S. 617ff.).
[…].

[p. 199] [scan. 267]


1
Weillen dan der Sachßischer legatus zu Osnabrüg angelangt undt Seine
2
Churfürstliche Durchlaucht sich gegen Kayßerliche Mayestett auff

38
2 80] Wartenberg / Register I: 100.
80 iahr
3
erclerth, so köndten Kayßerliche auch ersucht werden, ahn herren graffen
4
von Trautmansdorff zu schreiben, daß er die Sachßische gesandten anmah-
5
nen wolle, seine collegas auch auff ein temporaneum zu

39
5 vermögen] Nach Wartenberg / Register I wird noch um die Zustellung des erwähnten
40
kurkölnischen Aufsatzes gebeten.
vermögen.

6
Kurköln . Addit voto suo, so vorhien außgefallen, daß in der Schwedischen
7
satisfaction Camin, Bremen undt Verden vermeldet. Soviell nuhn die zwey
8
letztere, Bremen undt Verden, angehet, habe 39 rationes dem herren graffen
9
von Trautmansdorff ubergeben, daß selbige nicht können alienirt werden

41
Vgl. Diarium Volmar S. 288.
;
10
Camin aber belangendt, weillen dieser stiefft in Pomeren gelegen, vor diesem
11
extinguirt undt camerae applicirt worden, undt nuhn der cron Schweden
12
loco satisfactionis ubergeben solle, ist zu consideriren, ob er auch valide in
13
feudum könne auffgetragen werden. Concludirt, daß darmit zu halten gleich-
14
wie mit anderen ertz- undt stieffteren, daß also in feudum nicht können
15
gegeben weder in perpetuum alienirt werden.

16
Kurmainz . Befindet, daß Trier undt Cöln craft habender instruction von
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den mediis nicht weichen können, denen Bayeren beyfallet. Ihrestheilß,
18
sobalt sie daß memoriale bekommen, habens Ihrer Churfürstliche Gnaden
19
umb gemeßenen bevelch zugeschickt. Waß nuhn darauff einlangen wirdt,
20
solle zu seiner zeit eröffnet werden.

21
Waß sonsten von Bayeren ratione deputationis vorgeschlagen worden,
22
damit will sich gern vergleichen, wahn ubrige darzu verstehen.

23
Kurtrier . Conformirt sich mit denen im löblichen Churbayerischen voto
24
vorgeschlagenen deputationen.

25
Bittet den Bischof von Osnabrück, die Franzosen um Unterstützung in puncto
26
gravaminum zu ersuchen. Dies soll möglichst rasch geschehen, da die Franzosen
27
bald nach Osnabrück reisen wollen. Die kurtrierischen Gesandten werden diese Frage
28
in der Audienz, die sie am Nachmittag bei den Franzosen haben, berücksichtigen.

29
Kurköln . Findet die zwey vorgeschlagene mittell dienlich undt nöttigh,
30
per ordinarios zu verrichten, waß aber Franckreich angehet, weillen es
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wegen Mayntz difficultät abgeben möchte, undt dan Trier darzu befelcht,
32
so können die herren Trierische undt Bayerische, welche cum authoritate
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reden konnen, solche visita uber sich nehmen. Will seinestheils den nach-
34
mittagh in propriis die herren Frantzösische besuchen undt alßdan auch
35
diese sache bestens recommendiren.

36
Kurbayern . Die Deputationen sollen noch heute vorgenommen werden. Bei den
37
Franzosen sollen die Mediatoren sich interponieren.

[p. 200] [scan. 268]


1
Kurmainz . Halte vor rathsamb, daß die deputation ihren effect heuth er-
2
reiche , ersuchet hierzu Trier undt reverendissimum Osnabrugensem wegen
3
Churcöln, gestalt solche bey Franckreich zu ubernehmen, ordinarii autem
4
exequentur illam ad Caesareos

30
Zur Deputation zu den ksl. Gesandten vgl. C. W. Gärtner IX Nr. 39 S. 164 und Diarium
31
Volmar S. 297f. Mit ordinarii sind hier die Deputierten des Kurfürstenrates ( Kurmainz und
32
Kurbayern ) gemeint.
, damit sich allerdings vergleichendt undt
5
schliessendt.

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