Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
368. Nassau und Volmar an Auersperg Münster 1644 August 24

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–/ 368 /–

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Nassau und Volmar an Auersperg


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Münster 1644 August 24

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Konzept: RK , FrA Fasz. 92 III nr. 369 b fol. 249–253 – Kopie: ebenda Fasz. 47a, Konv. B
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fol. 298–302 [ = nr. 369, 1 ] = Druckvorlage.

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Gutachten über Einladung Dänemarks zu den Friedensverhandlungen.

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Wir haben auß Ewer Liebden unnd Excellenz von gestrigen dato an unß
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(unnd zwar jeden absonderlich) abgangenen schreiben

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[ Nr. 365. ] Vgl. dort Anm. 1.
sambt desselben
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beylag vorderist vernohmben, was dem Keyserlichen residenten am könig-
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lich Dennemarkhischen hofe auf sein im nahmen der Römischen Keyser-
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lichen mayestädt beschehenes anbringen, daz namblich die widerwertige
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crohnen an dieselbe umb fortsezung der Münsterischen unndt Oßnabrug-
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gischen friedenstractaten starckh antringen und widerigenfaals de retardata
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pace ze protestieren sich verlauten lassen, derentwegen ihr mayestät auch
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der königlichen würden erklährung, wie der sachen ze helffen und diese
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ungüettliche auflage zu entfliehen sein möchte, zu vernehmben begehrte
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etc., für eine resolution und antwort von denen hinderlassenen königlich

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Dennemarckhischen räthen ertheilt , was auch darauff bedeüter Keyser-
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licher resident umb der sach mehrer fürdernuß willen für einen vorschlag
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gethan.

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Nun thuendt wir unnß gegen Ewer Liebden und Excellenz dieser vertraw-
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lichen communication unnd, daz sie auch hierüber neben der herrn Span-
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nischen gesandten zumahln unser bedenckhen anzehören verlangen, ganz
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freündtlich auch undterthenig und gehorsamblich bedanckhen unnd haben
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hiemit deroselben in antwort anfüegen sollen, das wür zwar entschlossen
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geweßt, diese begegnuß mit denn herrn Spannischen gesandten sambtlich
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zue berathschlagen, weil aber ich, Volmar, selbige heut beede beim Gottes-
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dienst in der Jesuiterkirchen angetroffen unnd vernohmben, daz herr don
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Diego seine meinung bereits in einem missivschreiben an Ewer Liebden
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unnd Excellenz gelangen lassen

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Nicht ermittelt.
, unnd zwar dahingestellt hette, daz er
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seinestheils, hierunder an die herren mediatores oder auch die Franzößische
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gesandten sambt oder sonders weniger oder viel ze bringen, gar nit rath-
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samb finden, doch darfürhalten thet, wann sie, Spannische, im nahmben
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ihres königs an den könig in Dennemarckh schreiben unnd ihne zue denen
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alher und Oßnabrugg bestimbten congressibus alß ein mitinteressierten
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und durch krieg belaidigten standt einladen theten, das solches allerdings
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unpraeiudicierlich und doch so weit verfenglich sein wurde, das mann sich
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uff alle faal bescheinen khöndt, daß mann dieserseits nichts hette underlassen,
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so zu befürderung des friedens dienstlich erfunden werden mögen. So haben
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wir unnöthig erachtet, mit ihnen weiter berathschlagung ze suechen, sondern,
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unsere bedenckhen hiemit absonderlich zu eröffnen, nit umbgehen wöllen.

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Unnd erstlich, so haben wür undter denn beilagen weiters nichts, dann
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allein eine abschrifft der Dennemarckhischen resolution, so hiemit wider
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zuruckhkhombt, und also von des von Plettenberg vorschlag khein andere
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nachricht, alß was in Ewer Liebden und Excellenz an unnß beede abgangnen
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schreiben begriffen, das namblich der frembden cronen ministri den könig
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in Dennemarckh ad tractatus einladen solten etc., befunden, dann er, von
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Plettenberg, in seinem ahn mich, grafen von Nassaw, lauttenden schreiben

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Nicht ermittelt.

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dessentwegen ganz kheine anregung thuet. Daher wür auch nit wissen, ob
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er solchen vorschlag für sich selbst oder auß ettlicher königlichen räthen
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gegebener anlaittung gethan, item, ob er villeicht bei seiner angebrachten
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werbung den von der Römischen Keyserlichen mayestädt vom 15. Junii
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abgangenen befelch , die widerabordnung der königlich Dennemarckhischen
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gesandten nach Oßnabrugg ze sollicitieren, bereits möchte empfangen unnd
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sein anbringen darauff gericht haben oder nit, wölche umbstende, diese jezt
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vorstehende frag zu erörteren, in wissenschafft ze haben, sehr nuzlich und
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vorstendig wehr.

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Deme aber seye, wie im wölle, so khönden wir aber gar nit rathsamb oder
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thuenlich finden, das mann uff diesen vorschlag hien bei denn herrn media-
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torn das geringste anbringen unnd werben solle. Dann erstlich sehen wür
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nit, mann bringe dieses in genere oder specie, obscure oder determinate an,
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wie sich der von Plettenberg dessen, so darauff erfolgen möcht, zu ihrer
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Keyserlichen mayestädt nuzen werde bedienen oder daher anlaaß nehmben
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khönden, von denn königlichen rathen oder auch ihr königlichen würde
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selbst ein mehrere specialerklährung ihr Keyserlichen mayestädt intention
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zum bessten begehren, sondern es stüende vilmehr zue befahren, wie mehr
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der Keyserliche resident darauff tringen, je mehr diejenige consequenzen,
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so Ewer Liebden und Excellenz in ihren ahn unnß beederseits abgangenen
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schreiben hochvernunfftig andeüten thuend, darauß erfolgen wurden. Am
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anderen ist bewußt, das der herr nuncius apostolicus sich seinestheils zue
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einem solchen einladen und anlangen propter diversitatem religionis nimmer
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würdet vermögen lassen, consequenter mueß alles durch den Venetianischen
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pottschaffter negociert werden, dieser würdet nichts thuen ohne vorwissen
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unnd einrathen der Franzosen, wölche sonder allen zweifel ihre intention
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dahien richten werden, damit durch diesen actum der Keyserlichen coniunc-
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tion mit Dennemarckh ein merckhlicher stoß gegeben werde, darzue sie
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sich auch des Venetianischen getrewer mitwürckhung neben andern vor-
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nemblich der Ursachen wol versichert halten khönden, das mann gleich
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anfangs auß vielen undterschiedlichen colloquiis et propositionibus clarlich
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verspürt, alle seine sinn und gedanckhen dahien gangen seyen, wie er sich
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unnd seine

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24 republic] in der Kopie steht rempublic.
republic auch in die interposition zwischen Keyserlichen maye-
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stät , dem reich und Schweeden einschlagen möchte. Da er aber seit anhero
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wol sovil vermerckt und nachricht erlangt haben würdt, das mann am
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Keyserlichen hoff gar kheinen lust darzue und sogar das wiederspiel resol-
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viert habe, consequenter mann sich in hoc puncto Keyserlicher seithen
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einiger auffrichtiger handlung gegen ihme nit versehen khan.

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Gesezt aber den faal, daz dergleichen bedenkhen nit obhanden wehren,
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so müessen wir doch gleichsamb in ungezweiffelten gedanckhen stehen,
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sobaldt wir den mediatorn in genere solche proposition thuen solten, das
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sie alsogleich von unnß deütlich zu vernehmben begehren werden, ob
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mann den könig alß mediatorem oder alß partem belligerantem einladen
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solte. Werden wir es ipsorum arbitrio heimbstellen oder sonst in terminis
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genericis verbleiben lassen, so würdts bei denn Franzosen an ungleicher
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außlegung nit ermanglen, daz wir nemblich nach des königs mediation khein
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verlangen tragen und ihme heimblich diese ehr nit mehr gönden, darumben
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auch dem kindt kheinen namben geben wolten. Sagen wir alß mediatorem,
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so würdts ohne nachtheil ihr Kayserlichen mayestädt nit ablauffen unnd
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endtlich das facit heraußkhomben, weil die acceptatio mediationis in genere
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bewilligt, daß mann hernach uff undterlauffende disputata de qualitate media-

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1
tionis , solche etwan restrictive in einem puncten, der ihr Keyserliche maye-
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städt gar nit verstendig sein khan, würdet gelten lassen müessen. Sagen wür
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aber alß partem belligerantem et interessatam, so würdts der könig also
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auffnehmben, daz mann ihne Keyserlicherseits per indirectum der mediation
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zu entsezen oder sonst, in was qualitet er bei denn tractaten erscheinen solt,
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maaß unnd ordnung vorschreiben wolt, unnd also mit dieser einladung bei
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ihme gegen der Keyserlichen mayestädt ein grosses misßtrawen und ab-
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günstigkheit verursacht werden. Wir bleiben demnach, wie obgemeldt, der
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bestendigen meinung, das solche vorgeschlagene einladung weder bei denn
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mediatorn, noch vil weniger bei anderen gesandtschafften durchauß nit zu
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handlen oder zu werben seye.

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Wie aber der von Plettenberg hierauff zu beantworten, damit er sonderlich
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uff den faal, ihme solches etwan von denn Dennemarckhischen räthen wehre
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an die handt geben worden, denselben es mit guetem glimbff widerumb
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außreden möge, da halten wür khurzlich darfür, ihme wer zue schreiben,
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daß man solchen vorschlag, inn faal einige hoffnung sein khöndten, dar-
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durch was fruchtbarliches außzerichten, ins werckh ze sezen sich besster-
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maassen wurde beflissen haben. Mann khönde ihme aber zum bericht nit
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verhalten, daß mann nun zue viel underschiedlichen mahlen in gehaltenen
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underredungen mit beeden herrn mediatorn so viel verspürt und dieselben,
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sonderlich aber der Venetianische pottschaffter, sich hetten vernehmben
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lassen, das sie einmal nit sehen, sondern vielmehr aller vernunfft zuwider-
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lauffen erachten theten, das die königliche würde in Dennemarckh, were
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nun bei noch wehrender vehd mit Schweeden oder auch nach erfolgter
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befriedung mit dennselben, zum interpositionsofficio weiter solte admittiert
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unnd zuegelassen werden; ja sie wehren auch vestiglich darauff beharret,
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das mann auch gar nit gestatten khöndt, selbige alß ein parthei respectu
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controversiarum regni Daniae contra Suecos bei diesen veranlaßten congressi-
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bus zuezelassen, seitemahln sie in dem Hamburgischen praeliminarvergleich
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nit begriffen wehren, wölches alles vom Venetianischen pottschaffter ver-
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muettlich der ursachen so hoch bestritten werde, weil ihme nit unbewußt,
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das die cron Schweeden sich hette vermerckhen lassen, die mittlung gegen
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der Römischen Keyserlichen mayestädt und dem reich der republica von
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Venedig auffzetragen; daher mann in sorgen stehen müeß und gleichsamb
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nit zue zweiflen, wann anyezt etwas directe an diese herrn mediatores und
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durch dieselben an die Franzosen sambt oder sonders solte gelangt werden,
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daß sie es eintweeder rund abschlagen oder also einrichten wurden, daß
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ihr königliche würden vil mehr offension, alß reputation darvon zue ge-
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warthen und zu empfinden hetten.

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Wir sehen zwar benebens wol, daz bei solcher beschaffenheit der könig
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allzeit ein freye unnd offene handt behaltet, mit denn Schweedischen durch
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oder ohne zuethuen der Franzosen und Hollenderen einen frieden ze trac-
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tieren unnd diesen feindt dem Keyser und dem reich wider auff den halß
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ze weisen. Daher man auch die augen wol auffzuethuen hat, auff daz mann

[p. 599] [scan. 629]


1
nit die jezige coniunctur, da mann villeicht mit Schweeden in ein verträg-
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lichen friden tretten khöndt, auß der acht lasse und sich endtlich mit
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Dennemarckh auch betrogen finde. Diß ist aber eine frag, so aigendtlich an
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ihre Keyserliche mayestädt selbst gehördt und deroselben zu erledigen stehet;
5
die haben unnsers ermessens zum wenigsten ursach, uff diese außgefallene
6
Dennemarckhische resolution desto eiferiger nachfolgen ze lassen, daz der
7
könig sich auch etwas nähers gegen ihr Keyserliche mayestädt erklähren
8
und etwann die Dennemarckhische, Schweedische unnd Keyserliche fridens-
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tractaten zuesambengezogen werden möchten.

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Bei wölchem paß unnß zwar diese gedanckhen einfallen, ob nit das aller-
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rathsambist und best sein solt, nachzetrachten, wie die tractaten mit Schwee-
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den von Oßnabrugg genzlich ab- und an einen dem könig in Dennemarckh
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nechstgelegenen orth möchten gezogen auch an demselben die Denne-
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marckhischen , Schweedischen unnd Keyserlichen interessi sambtlich trac-
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tiert , ihr Keyserliche mayestädt in abhandlung des fridens mit Schweeden
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von Dennemarckh, dieser aber reciproce von Keyserlicher mayestädt assi-
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stiert werden. Dann uff solchen formb wurde die so enge verknipffung
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der Franzosen mit Schweeden, wo nit re ipsa, doch distantia locorum auch
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forma tractationis merckhlich voneinander abgesöndert, die einmischung
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der reichsständten wurde guetentheils auß den weeg gehalten, dem könig
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in Dennemarckh were sein reputation erhalten, indeme die Schweeden nun-
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mehr ihme so weit nachgehen müeßten, die assistentia were reciproca unnd
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loco interpositionis. Doch müeßte dieses ansinnen nit von ihr Kayserlichen
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mayestädt ministris, sondern von dem könig in Dennemarckh selbst auf
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die baan gebracht werden. Es dörfften sich auch die Schweeden, wofern der
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Allmechtig die Keyserlichen wafen in der Dennemarckhischen coniunction
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etwas mehrers segnen solte, hierauff nit lang besinnen, sondern ungehindert
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der Franzosen contradiction darzue gern bequemben.

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Wir erachten zwar leichtlich, daz dem von Plettenberg, etwas dergleichen
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ze negocieren, ohne außtruckhlichen Keyserlichen befelch nit gebühre,
31
geben aber nichtsdestoweniger Ewer Liebden unnd Excellenz zue bedenck-
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hen anheimbd, ob ihme zum wenigisten nit sovil andeütung ze thuen, daz er
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etwan mit eim oder anderm königlichen rath zu begebender occasion, doch
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allein vor sich selbst und discursweiß, von einem solchen modo ein conver-
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sation anzetlen thet, damit mann einige apertur erlangen khöndt, wie
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khömfftig das werckh anzegreiffen wer.

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