Acta Pacis Westphalicae II A 1 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 1: 1643 - 1644 / Elfriede Merla
277. Auersperg an Ferdinand III Osnabrück 1644 Juni 2
–/ 277 /–
Osnabrück 1644 Juni 2
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 46e, Konv. a fol. 105–110’ = Druckvorlage – Kopie: ebenda
Fasz. 92 II ad nr. 284 fol. 516–519.
Diskurs Langermanns mit Salvius über dänische Interposition, über Ausgleichsbestrebungen zwischen
Dänemark und Schweden, über schwedisches Verhältnis zu Polen, Rußland, Siebenbürgen und
Türkei und über die Restitution der Reichsstände.
Demnach ich von einer geistlichen, diese aber von einer person, die sich
umb die Schweden täglich befindet, verstanden, daß der königlich Dänische
raht undt gesandte doctor von Langerman mit den Schwedischen gesanden
Salvio in einer von den Auspurgischen confessionsverwandten inhabenden
kirchen St. Maria eine unterredung drey stunden lang gepflogen habe, alß
habe ich ihm, Dr. Langermannen, alles fleißes desjenigen, so bey unß die
Schwedischen gesandten durch ihren secretarium laut unser gesambten
allerunterthänigsten relation von 30. dieses angebracht haben, zu wißen
gethan, beneben deme, daß solches bloß und allein zu continuirung unser
mit den Danischen ministris notwendig gutten correspondentz beschehen
thue. Hierauf hat er, Langerman, sich der gebühr bedancket undt mich
heimgesucht und alsobalden von der gepflogenen weitlauffigen conferentz
mit Salvio erwehnet, selbige zu ursach seiner besuchung angezogen und
vermelt, daß Salvius vonn ihme zu wißen begehrt, ob er sich mit ihme,
Salvio (maßen er, Salvius, sich hiebevorn durch den Oldenburgischen secre-
tarium erbohten hette), zu einiger zusammenkunft in dritten ort verstehen
wolte; und als nun er, Langerman, sich darzu, aus ursach, daß ihme selbige
von seinem gnädigsten könig nit verbohten sey, auch sie ihro die inter-
position in suspenso vorbehalten und deroselben sich nicht begeben hetten,
verstanden, weren sie in obbemelter kirchen den 29. erstabgewichenes
monats zusammengekommen, und hette Salvius den eingang seines discurs
wegen der von inhabern deß ertzbistumns Bremen jungst aufgehaltenen
post , auch das ihme wunder nehme, daz besagter inhaber sich wieder die
mächtige cron Schweden auch mit ihro aufgerichteten pacten
Siehe die Transaktion vom 8. Februar 1635. Druck ( Auszug ): Meiern I S. 170f. ( = I 1,10
Lit. F. ).
gegenwärtige feindtähtlichkeit einlaßen dörfte, genommen und drauf von
allerhandt sachen untereinander geredt, nemlich sie, die cron Schweden,
möchte wohl wiederümb leiden auch jederzeit gelitten haben, daz des konigs
gesandtschaft alhie der interposition abwartten möchte; er verhoffe, man
werde sich mit ihnen, den Schweden, vertragen undt mit Ewer Kayserlichen
Mayestät in keine verfängligkeit einlaßen, dan die cron Dennemarck ihr
(seindt die formalia) einen fluch der evangelischen stände auf den halß laden
und Ewer Kayserlichen Mayestät vor ihren succurs ein 200 000 gulden
begehren würden, die Dennemarck nicht zu bezahlen hette. Franckreich,
Churbrandenburg, Hollandt, Wirttenberg, Hamburg, Lübeck und Bremen
wolten auf alle weise, daz der friede zwischen beyden cronen getroffen
werde; zu diesem ende sey der junge hertzog von Wirttenberg nach Schweden
geschickt, umb den reichscantzler Ochsenstern dahin zu disponiren, der
könig von Dennemarck aber doch hülff- auch eigener mittel loß. Der reichs-
cantzler Oxenstern habe sich verlauten laßen, er wolle zwar zugeben, daß
beyder reichsrähte Dennemarcks und Schwedens an den gräntzen zusammen-
kämen
In einem Schreiben vom 9. Februar 1644 ( Druck: M. C. Londorp V S. 878f.; Meiern I
S. 172 ) hatte der dänische Reichsrat dem schwedischen Reichsrat ein Treffen an der Grenze für
den Monat April vorgeschlagen, auf das Schweden aber nicht einging. Vgl. J. A. Fridericia II
S. 379f.
einige meldung geschehe. Auß Poln von dem palatino Filnensi hetten sie,
die Schweden, die gewiße nachricht, daß selbige cron nicht allein den
frieden mit Schweden unbrüchig halten , sondern auch der stadt Dantzig
befehlen wolle, den könig von Dennemarck einige fernere werbung zu ver-
statten , maßen selbige dem general Paudiz albereit eingestellet were; von
Muscaw hetten sie gleiche nachricht, daß selbiger großfürst nichts wieder
daz die cron Schweden vermittelst des Torstensohns und ihrer alliirten den
fürsten auß Siebenbürgen wieder Ewer Kayserliche Mayestät und daß reich
in die waffen gebracht, damit der Türcke gleichfals vermischet werde; undt
könne den fürsten von Siebenbürgen nicht so übell gehen, daß sie es ihme
nicht übeler gönneten, damit allein der Türck umb desto ehender angereitzet
werde; dieses suchen sie, köntens auch christlich defendiren und behaubten.
Wan wir Kayserlichen albereit die vollmacht bey handen hetten (so er nicht
glaube) auch vorzeigen wolten, so könten sich doch die Schweden vor
ankunfft der reichsständte in nichts einlaßen, dern gegenwart also vonnoh-
ten , daz, wan sie, die stände, sich auch a part mit Ewer Kayserlichen Mayestät
in allen vereinbahret, es die frembden cronen nicht zugeben, sondern eß
dahin mit gewalt bringen wolten, damit solches vermittelst ihr, der cron,
geschehe, dern krieg undt interesse auf den interno bello et interesse statuum
unabsonderlichen gegründet, ja sogar, da auch der friede in übrigen gantz
geschloßen, so wolten sie selbigen nicht vor geschloßen halten, biß aus-
drucklichen in einem paragrapho gesetzt, Ewer Kayserliche Mayestät hetten
die status imperii auf vermittlung und anhalten der cron Franckreich undt
Schweden in omnibus et per omnia restituiret auch ihnen, denen cronen, die
versicherung deßhalben schriftlich eingehändiget werde, welche sie nach
volnziehung erstbesagter restitution, undt nit eher, aus händen geben wol-
ten; undt hette der könig von Dennemarck sie, die cron, darmit am meisten
offendirt, daß sie an Ewer Kayserliche Mayestät, auch an die stände selbsten,
zum offtern geschriebenn undt denselben eingerahten, ihre gravamina vor-
hero mit Ewer Kayserlichen Mayestät undt nicht in loco tractatuum zu
erledigen. Er, Salvius, wüste, daß hochst- und offtermelte königliche würden
an Churbayren gelangen laßen, sie begebe sich zwar der interposition, soweit
selbige die cron Schweden betrifft, nicht aber die status imperii, bey welcher
sie verbleiben wolte. Sie, die Schweden, weren entschloßen, unß ehester
tagen eine protestation einzuschicken, darauf eine conferentz mit den Frant-
zosischen gesandten zu halten undt sodan sich nach Münden zu begeben.
Ich hette den paßbrief den Tullerie auß eigener feindtschafft geweigert,
weiln er wieder mich in den Haag vor vier jahren negotirt
gesande zu Münster hette ausdrücklichen vermeldet, es were zu wüntschen,
daß man ihme, den Langerman, von hier wegbrächte, weiln derselbige die
gemeine wohlfahrt einig undt allein mit seines königs interesse verhinderte.
Welches alles der Salvius mit solcher weitlaufftigkeit, auch erzeigung un-
christlicher passionen vorgetragen, daß sie drey stunden undt drüber dar-
mit zubringen müßenn. Hierauf hab ich kürtzlich geandtworttet, dergleichen
reden geschehen bloß undt allein auß ungedult undt unlust, welchen die
Schweden dahero faßeten, daß Ewer Kayserliche Mayestät der königlichen
würden in Dennemarck interesse den ihrigen gleich halten undt mit auß-
schließung deßelben sich in nichts einlaßen wolten. Ewer Kayserliche
Mayestät werden deroselben zu hülffe kommen auß affection, lieb undt
dankbarkeit. Er, Langerman, solle selbst urtheilen, ob bey christenmenschen
eine mehrere gottlosigkeit sein möge, alß sich zu erfrewen undt zu rhümen,
daß man den Türcken wieder die christenheit anführe undt verleite auch
den fürsten von Siebenbürgen gelt, hülf und alles gutes so beteuerlichen
versprochen und sich darzu verpflichtet, und dennoch an seinem übell, umb
noch ein großers zu werck zu richten, ein wohlgefallen habe. Worauf er,
Langerman, ferner vermeldet, er überschicke alles seinem gnädigsten könig
und herrn undt vermercke auß allen umbständen, dafern sie sich nicht wohl
vorsehen, daß sie von diesen cronen zu mercklicher gefahr ihrer landt undt
leute nichts den betrug undt listigkeit zu gewartten hetten wie auch, daß
weiln die frembden cronen auf der stände uneinigkeit auch discontento,
ihre meiste macht undt hoffnung stellen, dahero abzunehmen, wie vorträg-
lich Ewer Kayserlichen Mayestät sein würde, sofern sie die amnistiam
publicirenn ließen
Vgl. hierzu APW [ I S. 247 Anm. 2 ] .
wandt , sie zu verleiten, alß auch den ständen die gelegenheit, selbigen
anzuhangen, benommen werde.
Belangende die bedrohente protestation, die gethane bekändtnüß wegen
des Türckens auch waß der Venedische gesandte wieder der königlichen
würden zu Dennemarck ministrum solle geredet haben, habe ich durch
eignen Ewer Kayserlichen undt königlichen Mayestät von Hispanien ge-
sandten nacher Münster berichtet, auch ihnen ferner nachdencklich anheimb-
gestellet , ob nicht rahtsam oder auch nohtwendig sey, mit eingebung der
schrift wieder die Frantzosische vollmacht
Vgl. [ nr. 273,1 ] und [ nr. 278,3 ] .
men , weiln alßdan erscheinen wirdt, daß die gegentheil solche wegen anneh-
mung des königs von Dennemarck interesse vornehmlich haben verfertigen
laßen. So alles Ewer Kayserlichen Mayestät ich hirmit, zumahln dero reichs-
hoffraht Cran allererst anheute nach abgang der post alhier anlangen kann,
inn unterthanigkeit nicht verhalten sollen.