Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
126. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 April 7
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Münster 1645 April 7
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( April – Juni 1645) fol. 1–5’, 30–32, praes.
1645 April 22 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 IV nr. 622 fol. 580–585’ –
Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 147 S. 717–733 – Druck: Gärtner
IV nr. 167 S. 735–745.
Mündliche Antwort der französischen Bevollmächtigten auf die Replik der Kaiserlichen: Schrift-
wechsel, Stimmrecht für die Reichsstände, Translation des Kurfürsten von Trier an einen dritten
Ort, Nichtbenennung ihrer Verbündeten, Hessen-Kassel, Vertragssicherung. Neue spanische
Vollmacht und französische Proposition an die spanischen Bevollmächtigten. Beratungen mit den
kurfürstlichen Bevollmächtigten über die französische Antwort. Religionsgravamina, spezifizierte
kaiserliche Proposition. Titulatur für Longueville. Hessische Auslassungen über die politische
Lage und die Friedensverhandlungen. Zweck der Gespräche Oxenstiernas mit den französischen
Gesandten in Münster.
Wir haben die Weisung vom 22. März
Vgl. [S. 242 Anm. 1] .
Relationen, insbesondere nr. 123. Am 31. März sind nach abgegangener Post abents
die herren mediatores zu uns kommen und haben uns über allen zwischen
inen und denen Franzößischen plenipotentiariis der proposition halber
erfolgten weitern verlauff weitlaüffigen relation gethan. Deren summa dahin
gehet, das, sovil die haubtsach selbsten anlangt, von inen einige satte erclä-
rung im geringsten nit heraußgebracht werden mögen. Im übrigen etlich
wenig unerhebliche, und mehrerntheils iren vorigen postulatis entgegen-
lauffende einwendungen vorgebracht worden, als erstlich, das man weiteren
schriftlichen handlungen vorkommen solte. 2. Inen zu wissen vonnöthen
wer, was es mit Ewer Kayserlichen Mayestät ertheilten und von uns ange-
zognen erclärungen, das die reichsstände irenthalben ungehindert sich auch
bei disen congressibus pacis einstellen möchten, vor eine beschaffenheit und
ob denselben auch das ius suffragii wurde zuegelassen sein. 3. Das noch-
malen die erlödigung oder wenigist die translation ad locum tertium dem
herrn churfürsten von Trier bewilliget werden solte, als daran die ergen-
zung dess churfürstlichen collegii gelegen und sonst kein legitimus conven-
tus geachtet werden könte. 4. Das sie vor dißmahl ire confoederatos nit
nambhafft machen noch ire caussas bestimmen könten, weil durante tractatu
derselben etlich Ewer Mayestät zuewaxen, oder von derselben ab und zu
inen tretten möchten, wolten es aber in progressu zu tractieren seiner zeit
und ortts thuen. 5. Das wir uns erclären wolten, ob wir von Ewer Kayser-
lichen Mayestät speciale mandatum mit der frau landtgräfin zu Hessen Cas-
sel zu tractiren heten, und letstlich das der punctus assecurationis bis zum
beschluss ingestelt möchte verbleiben. Alßdann sie, waßgestalt man wegen
Franckreich solche assecuration zu thuen begerte, sich erclären wolten.
Wie dann solches mit mehrern umbständten, und waß wir gleich damaln,
doch unverfänglich und allein discursweise, den herren mediatoren in eim
und anderm dargegen angefüegt haben, Ewer Kayserlichen Mayestät aus
dem extractu prothocolli lit. A iro gehorsamist referieren zue lassen geru-
chen wollen.
Folgenden sambstag haben wir von disem verlauff den churfürstlichen
deputatis umbständliche relation gethan und ir bedencken darüber anzu-
hören begert, wie dann solches ebenmäsßig am nachmittag gegen die Spa-
nischen plenipotentiariis geschechen, und uns von denselben dabey ange-
füegt worden, das inen mit damals eingeloffener ordinari von Brüsßel ire
neüe vollmachten dem depositierten concept von wort zu wort gleich-
lautend zukommen, daher noch selben tags die herren mediatores gegen
empfachung diser neüen vollmachten und beschechener collation und com-
munication mit denn Franzosen, die beyhanden in deposito gehabte Fran-
zößische proposition eröffnet und inen, Spanischen, zuegestelt haben, davon
sub lit. B. abschrifft beygelegt würdt.
Dieweil dann die churfürstliche deputati erst gestern sich über die von uns
inen beschechene communication vernemmen lassen, wie das beyligende
prothocoll lit. C. mit umbständten außweisen thuet, darinnen aber etlich
puncten uf hindersichbringen und einlangende resolution Ewer Kayser-
lichen Mayestät auch respective irer genedigisten herren principalen auß-
gestelt worden, hat uns abgelegen sein wollen, dieselbige hiemit auch aller-
undterthenigist vorzutragen; und zwar erstens, sovil den herren churfür-
sten von Trier anlangt, wiewol es sich ansechen lasset, das die Franzosen
entlich diß ir postulatum auf sich selbst möchten ersizen lassen, so würdt
von denn herren mediatoribus ieweils die translatio ad locum tertium insi-
nuiert, und gehet zwar das Cölnische votum dahin, das dise Trierische sach
inter caussas confoederatorum zum ersten möchte an die handt genommen,
und noch vor anfang der sachen vorbereitlich und eventualiter darvon
gehandlet werden, ob, wie, quibus conditionibus et quando alßdann sein
erlödigung möchte eingewilliget werden. Die Churbayrische aber zwar
noch derzeit ires aignen vermeldens ohne instruction vermeinen, das Ewer
Mayestät sich auf allen fahl genedigist resolvieren möchten, wann ie anderer-
gstalt die proposition in materia pacis von denn Franzosen nit könte erhal-
ten werden, die translation ad locum aliquem tertium im reich, iedoch mit
gewissem vorbehalt, und das man seiner person genuegsamb versichert
sein und bleiben möchte, einzewilligen.
Was dann zum anderen die verglaittung der statt Stralsundt und anderer
mediatständen betreffend von gedachten Churbayrischen erinnert worden,
halten wir, es uf deme zu beruchen hab, waß wir inen für bericht darüber
gethan, und das sonder zweifel von Ewer Kayserlichen Mayestät in hoc
puncto mit eheistem ein genedigiste resolution einlangen wurde.
Drittens die in beeden votis insinuierte gegenfraag an die Franzosen in
puncto der religionsgravaminum betreffend, hat der herr bischoff hierzue
aus demihenigen, waß hernach von der frau landtgräfin zu Cassel in der
relation einkombt, anlaaß genommen, als welche solche gravamina pro
caussa belli sezen thuet und daher der mainung bleibt, das davon bei disen
universalfridenshandlungen und nit anderstwo noch an anderen orten
müeste gehandlet werden. Wohin dann auch das unlengst im churfürsten-
rath zue Franckfurth von dem Churbrandenburgischen gesandten gefüer-
tes sehr weit aussechendes votum zihlen thuet. Möchte also der sachen nit
undienlich sein, wan von denn Franzosen ein cathegorica resolutio zu ja
oder neün könte heraußgebracht werden. Dann solten sie sich, wie sie
billich schuldig, zu nein erclären, so wurde man desto stärcker sich solchen
widerigen intentionibus der uncatholischen opponieren mögen. Wir wollen
uns iedoch angelegen sein lassen, mit diser anfraag caute und also zu ver-
fahren, das die mehr von dem herrn nuncio ratione officii als von uns her-
geflossen zu sein scheinen soll.
Zum vierten, ob uf den fall, die Franzosen noch lenger mit iren haubt-
postulatis zurugghalten solten, nit rathsamb wer, an seiten Ewer Kayser-
lichen Mayestät mit einer rechten specificierten und auf alle conditiones
abgesezten proposition heraußzugehen. Da werden Ewer Kayserliche
Mayestät aus unserer an die mediatores verfasten vorigen informations-
schrifft
Gemeint ist die Replik [nr. 112,B.]
bedeütet worden, und heten Ewer Kayserliche Mayestät hiezue sovil meh-
rers ursach, weil die gegentheil selbst gleich anfangs die gethane general-
proposition für recht gestelt passieren lassen, und gleichwol Ewer Mayestät
als parti laesae [kein mensch] anderst als wol außlegen kan, wann sie ire
postulata nach allen absäzen, wie die ex consequentia dess Regenspurgi-
schen fridenschluss nacheinander folgen mögen, in formb einer specificier-
ten proposition wurden vortragen lassen, darüber wir dann genedigisten
weitern bevelchs in underthenigkeit zu erwartten haben, inmitlst aber wie
solche specialia zuesamenzutragen und aufs papyr ze sezen sein möchten,
nach anweißung unserer vorigen instructionum mit denn churfürstlichen
uf ir deßwegen gethanes anerbieten nachdenckens ze halten uns angelegen
sein lassen, auch Ewer Kayserlichen Mayestät mit negstem davon gehorsa-
miste relation erstatten wollen.
Das dann zum fünfften mit dem herzog von Longevilla die im prothocollo
bedeüte neüe difficulteten vorfallen thuend, gibt wol sovil nachdenckens,
das man am Französischen hof den friden zu beförderen schlechte anmuet-
tung hab, ob aber ie zu seiner ankonfft das praedicat d’altezza ze geben,
das stehet zu Ewer Kayserlichen Mayestät allergenedigister resolution.
Besorglich wirdt es bey Spania nit eingewilliget werden, weil unsers wissen
denn Spanischen herren gleiches gradus solche praedicata in Teütschlandt
hievor nit gegeben worden, auch noch heütigen tags ime, von Longevilla,
nit gegeben werden soll.
Was dann solchem nach dieihenige sachen anlangt, so von der fraw landt-
gräfin zu Hessen Cassel gegen den bischofflich Münsterischen deputatis, als
dieselben unlengst aldort wegen ratification dess mit denn Hesßischen im
stifft einquartierten kriegsvölckeren getroffenen verglichs
Es handelt sich wohl um die Konvention von Dülmen vom Januar 1645, auf die auch der [S. 163 Anm. 1] genannte Bericht verweist.
außgeschlagen worden sein sollen, haben wir aus der gethanen communi-
cation folgende puncta vermörckt: Erstlich, sie were zwar dess fridens
mehr da begihrig und dessen bedürfftig, könte aber ire aliirte nit verlassen,
es weren hievor die zwischen iren und Churcölnischen, als Kayserlichem
commissario, obgeschwebte Zsappenburgische tractata
Die Verhandlungen auf dem Jagdschloß Sababurg im Reinhardtswald führten am 10./20. Dezem-
ber 1635 zu einem Vergleich, der nie bestätigt wurde. Der Sababurger Vergleich ist häufig
gedruckt worden, so bei M. C. Londorp IV S. 484–486; J. Chr. Lünig VII S. 103f.;
J. DuMont VI 1 S. 121f. und im Theatrum Europaeum III S. 530–532; vgl. auch
Chr. v. Rommel VIII S. 396f. und siehe unten nr. 141.
bereits uf die ratification gebracht gewesen, aber hernach, als Churbayrn
von Cöln raths gefragt und darein nit willigen wöllen, wider zerschlagen
worden. 2. Man habe auf die Franzosen wol aufsechens ze halten, dann
nachdem sie Philipßburg und Mainz einbekommen
an halß über sich gewaxen, und werde dabei nit bleiben, wo man der sachen
nit anderst rath schaffen thet. 3. Mit Schweeden wurde wol frid zu machen
sein, es were umb ein kleinen meerport und darzue gehörigem districtu zu
thuen, wann man mit disen übereinß kommen, wurde man alßdan den Fran-
zosen wol gewachsen sein können. 4. Wann man nur die Spanischen con-
silia sich nit zuvil regieren und einnemmen liesß, dann wo man sich deren
nit entschlagen thet, wurde es gleich wider zu den vorigen terminis gerathen.
5. Es heten die Franzosen vermeint, sie zu bereden, das sie iren sohn nach
Pariß an königlichen hof schicken solt, mit anerbietung stattlicher condi-
tionen; sie hett es aber nit einwilligen wöllen. Verspürte wol, das man ver-
meinte, sie darmit recht zu fäsßlen. 6. Die caussae belli weren die religions-
gravamina und die Pfalzische sachen; das man vermeine, durch einen andern
und particularconvent denn religionsgravaminibus und der Pfalzischen sach
am Kayserlichen hof abzuhelffen
Zu dem Bemühen die pfälzische Sache vom Kongreß fernzuhalten vgl. F. Dickmann S. 378f.
und 568; vgl. auch APW [II A 1 S. 28 Anm. 3] , [S. 55 Anm. 1] , [S. 106 Anm. 1] , [ S. 172] und
[S. 243] . – Die Erledigung der Gravamina war durch Reichsabschied vom 10. Oktober 1641 auf
einen außerordentlichen Deputationstag verschoben worden. Über den Termin wollte man sich auf
dem für den 1. Mai 1642 nach Frankfurt anberaumten Deputationstag, der sich mit der Ver-
besserung der Justiz im Reich beschäftigen sollte, einigen. Vgl. K. Bierther S. 193ff.
caussae belli müessen auf den veranlaasten universalcongressibus tractiert
werden, sonst könte man zue keinem friden gelangen. 7. Es hetten Ewer
Kayserliche Mayestät erst im verwichnen Januario neüe religionspatenten
in dero erbkönigreich Böheimb außgehen lassen und hierdurch dess Tor-
stensohns einfall veruhrsacht, wolte also das persecutionsweesen in religion-
sachen kein endt nemmen. Sie were in irer religion zwar eüferig, wolte aber
dannoch solchergstalt die catholische aus iren landen nit vertreiben, wann
die nur vor sich ruewig bleiben und stillsizen kondten etc. Wir erwarten
über diese Punkte die kaiserliche Entscheidung.
Der Bevollmächtigte des schwäbischen Kreises, Dr. Varnbüeler
Dr. Johann Konrad Varnbüler (1595–1657), württemb. Geh. Rat und Gesandter zum Friedens-
kongreß. Über ihn vgl. ADB XXXIX (1895) S. 496ff. und APW [II C 2 S. 99 Anm. 6.]
mächtigten des fränkischen Kreises, Gobelius
Dr. Tobias Oelhafen von Schöllenbach ( 1601–1666), Syndikus der Reichsstadt Nürnberg,
Bevollmächtigter der Reichsstädte Nürnberg, Rothenburg, Weißenburg und Windsheim, der
fränkischen Grafen und des fränkischen Reichskreises, vgl. ADB XXIV ( 1887) S. 298f. ;
APW [II C 2 S. 22 Anm. 2;] Meiern in J. L. Walther S. 78f. und H. G. Dietz, Die
Politik … S. 127 Anm. 26.
wenig tagen bey uns eingestelt, ire vorträg allein per generalia … gestelt,
sonderlich aber vermelt, wann es mit translation der reichsdeputation sein
richtigkeit gewinnen solt, das sie derselben nit einzegreiffen, sondern allein
zu assistieren begerten.
Oxenstierna ist am Sonntag Abend hier angekommen, wie verlaut, mit den Fran-
zosen von verfasßung und eröffnung irer proposition zu consultieren. Zu-
malen auch eine richtigkeit wegen der cron Schweeden bey Franckreich
außstehender subsidiengelter, so sich uf 1 200 000 reichsthaler belauffen sol-
len, zu treffen. Und ob er sich zwar ansechen lassen, ein guete zeit alhie zu
verbleiben, weil er sein argentaria und tapezerei mit sich gefüert, so bericht
man uns doch, das er gestern schreiben empfangen, darüber er sich gar
unlustig erzeigt und entschlossen hete, heüt oder morgens widerumb zu
verraisen.
B Proposition der französischen Bevollmächtigten an die spanischen Bevollmächtigten, Münster
1645 Februar 24. Kopie: ( lat.) RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( April – Juni 1645) fol.
16–20’. [ Kopie: ( franz.) RK , FrA Fasz. 92 IV ad nr. 622 fol. 586–589; Den Haag A IV
1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 143 S. 696–705.]