Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
112. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1645 März 10
Münster 1645 März 10
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Januar – März 1645 ) fol. 109–113’, 122,
praes. 1645 März 23 = Druckvorlage – Konzept: ebenda Fasz. 92 IV nr. 589 fol. 483–
487’ – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 37; Giessen 205 nr. 124 S. 570–585 – Druck:
Gärtner IV nr. 128 S. 562–572.
Spanische Vollmacht. Kaiserliche Replik auf die französische Proposition. Streitigkeiten zwi-
schen d’Avaux und Servien. Reise Serviens nach Osnabrück. Anreise der Deputierten des schwä-
bischen und fränkischen Kreises. Translation der Reichsdeputation. Exzellenztitel für die kur-
fürstlichen Bevollmächtigten.
Wir haben nr. 102 vorgestern erhalten. Abschrift der spanischen Vollmacht haben
wir mit nr. 104 übersandt. In nr. 107 haben wir berichtet, das die Franzosen zwar
gegen denn Spanischen plenipotentiarien auch ein proposition verfast, sel-
bige aber den mediatoren versiglet übergeben und sich bedingt heten, das
dieselbe ehender nit, dann bis die Spanische ein neüe der verglichnen minuta
gleichlauttende vollmacht eingelifert haben wurden, eröffnet werden solte.
Und obwol die Spanische hierüber sich gegen denn herren mediatoren
undterschidlicher ablainungen vernemmen lassen und vermeint haben, es
solten zum wenigisten ire bereits von neüem in handts habende vollmachten
bis zur ankonfft der weitern umbferttigung für genuegsamb gehalten wer-
den , so ist doch nichts fruchtbarlichs bis anhero außgericht, sondern uns
von denn herrn mediatoren selbst vorgestern angezeigt worden, das die
Franzosen uf irer praetension verharren und sich keinesweegs darvon ab-
wendig machen lassen wolten. Zwar hetten sie, mediatores, sich undterfan-
gen , zwischen disen beeden parteyen wegen deren in der iezigen eingelang-
ten Spanischen vollmacht eraigter difficulteten, sonderlich die clausul, wie
in dess einen oder anderen verordneten mitgesandten abweesen man sich
uf der übrigen handlung zu verlassen, ein gewisses concept zu vergleichen,
darzue sich auch die Franzosen nit ungenaigt erscheinen lassen, damit ent-
zwischen zu eröffnung diser Franzößischen proposition geschritten werden
könte; es hetten aber die Spanischen dargegen eingewendt, das inen dises
zuemuetten darumb beschwärlich fallen thet, dieweil sonder allen zweifel
uf ir beschechen sollicitieren entzwischen vonn königlich Spanischen hof
die neüe umbförttigung der vollmachten nach innhalt dess hievor ad manus
mediatorum depositierten formulars einlangen, und wann sich selbige, wie
leicht zu erachten, dem aniezt neüerdingen aufsezenden verglich ungemäss
erfinden thet, alßdann die Franzosen neüe ursach einer verzägerung ergreif-
fen wurden, darbey sie, mediatores, es auch irestheils heten bewenden lassen
müessen.
Ob dann wol Ewer Kayserliche Mayestät allergenedigister bevelch dahin
gehet, das wir uns über der Franzößischen gevollmächtigten einlangende
proposition, ohne das sie dergleichen auch denn Spannischen hetten zue-
kommen lassen, nit erklären, sondern vorderist auf derselben gleichmäsßige
heraußgebung tringen solten, bis Ewer Mayestät sich über unser ein-
schickende relation inmitlst resolviert haben wurden, so ist iedoch aus unse-
rer negsten relation vom 3. diss zu ersechen kommen, das die uns zuegestelte
Franzößische proposition gar nit uf einige haupttractaten, sondern noch-
mals uf die vorige praeliminareinwendungen und im übrigen uf lautere gene-
raliteten gerichtet seye. Daher auch für ein notwendigkeit gehalten worden,
solche weitschweiffigkeit dem gegentheil durch eine replic, darvon auch ein
eventualentwurff beygelegt war , zu verstehen und mithin sich ferrers in
specie eines mehrern zu erclären anlaaß gegeben werden sollte.
Nun seint zwar Ewer Kayserlichen Mayestät Oßnabruggische gesandten
solchem vorhaben mit uns gleicher, sonst aber der mainung gewesen, das
es allein mündtlich und nit schrifftlich geschechen solte, hingegen aber die
churfürstliche und Spanische deputierte mit uns vor rathsamer erachten
wollen, das solche einwendung der ursachen in schrifften erstattet werden
solte, damit im fahl, wie nit zu zweiflen, die gegentheil ire vermeinte propo-
sition hin und wider außerhalb und innerhalb dess reichs außbraitten, auch
damit einen glimpf, als ob sie an irem ortt ein grossen eingang zum friden
eröffnet hetten, uf sich zu ziechen undterstehen wolten, man auch alsogleich
mit außbraittung der sogestalten replic das widerspil erweisen und darthuen
könte. Derentwegen dann und zu solchem ende beykommendes concept
[= Beilage A ] mit denn churfürstlichen und Spannischen gesandten verein-
bart und verglichen, auch durch uns denn herren mediatores negstvergang-
nen zinßtages, den 7. diss, eingelifert worden. Die haben sich daraufhin am
folgenden tag wider zu uns verfüegt und angezeigt, das sie zwar solche
replic wol aufgesezt befunden, auch darmit zu irer information sonders wol
zufriden weren, sie triegen aber die fürsorg, das die Franzosen aus undter-
schidlichen darinn einverleibten anzügen und ausfüehrungen anlaass und
ursach nemmen wurden, von der haubtsach, darzue sie ohne das keinen
lust heten, abzuspringen und allerhandt nebendisputata zu erwecken, daraus
man sich hernach schwerlich mehr mit guetem glimpf wurde wücklen
mögen. Sie verspürten wol, das Ewer Kayserlichen Mayestät allergenedi-
giste intention wer, das fridenßwerckh möglichist zu beförderen, wie sie
auch biß anhero rüemblich gethan, aber mit diser replic, woferrn die dem
gegentheil also zuegestelt werden solt, wurde es ires erachtens nit gesche-
chen , wie sie dann dessentwegen underschidliche passus angezogen, als das
dem churfürstlichen collegio und dem könig in Dennemarckh das praedi-
catum „serenissime“ geben, gegen dem könig in Franckreich aber außge-
lassen ; das in § quod deinde etc. sich auf schrifftliche und mündtliche denn
mediatoren gegebene information bezogen werde, dardurch sie bey denn
Franzosen in ungleichen verdacht möchten gestelt werden; das die in
§ quamvis etc. außgefüerte information zwar an sich selbst guett, aber dem
gegentheil in forma replicae nit vorzuhalten, sondern allein inen, mediatoren,
heimbzustellen wer; das wegen der confoederierten satisfaction und irer
mit denn Franzosen sambtlicher tractation kein weiter disputat zu erregen;
und entlich, das die vergleichung der ständten in Franckreich iuris suffragii
mit deme, was in Teütschlandt herkommen, außzelassen, weil die Franzosen
solches pro quaestione status anziechen und weitlaüfftige gegenremonstra-
tion darwider uf die baan zu bringen undterfangen wurden. Dem allem
nach sie darfür gehalten hetten, wir möchten inen gleichwol die übergebene
schrifft, mutata inscripta, zu irer besondern nachricht in handen lassen, im
übrigen aber die gegenerclärung uf der Franzosen proposition in mög-
lichister kürze allein per summaria capita begreiffen.
Dise erinnerung haben wir von inen zu danckh angenommen und uns dar-
aufhin gestrigs tags mit denn Churcöllnischen und Bayrischen deputierten
eines andern concepts, wie die abschrifft lit. B. außweiset, verglichen, wel-
ches dann auch, weil sie instendig auf die beförderung tringen thuend, heü-
tigen tags denn herren mediatoren eingehendiget werden soll.
Wir tragen aber wol die vorsorg, es werde bey dem gegentheil wenig fruch-
ten , und sie nichtsdestweniger auf iren vorigen principiis verharren, auch
nichts haubtsächliches an die handt nemmen wollen, bis die von inen ein-
geladene reichsständt vorhanden seyn; nit darumb, das sie alßdann ein
mehrern ernst zu erzeigen begeren, sondern das sie durch solche beyzie-
chung alles in mehrer weitlaüfftigkeit stecken und inmitlst ire vorgenomne
anschläg besser ins werckh sezen mögen. Dann wir haben die vertraute
nachricht, das diser außgefallenen proposition halber zwischen beeden
Französischen plenipotentiariis starcke entzwayung vorgeloffen, indeme der
d’Avaux sich darauf bezogen, das die Schweedische ime neülich zu Oßna-
brugg solche starcke ursach vorgehalten, derentwegen er nit rathsamb fin-
den köndt, noch derzeit mit einiger proposition heraußzugehen, hergegen
aber der Servient vorgewendet, sie hetten von Pariß bevelch, lenger darmit
nit inzuhalten, weren also mehr demselben als der Schweeden guetachten
zu gehorsamen schuldig. Und als darauf der d’Avaux geantwortet, deme
were zwar also, wann man aber ie ein proposition thuen wolt, so müeste man
zum haubtwerckh selbst greiffen, dann diß wer der königliche bevelch.
Darzue sich Servient doch auch nit verstehen wöllen, sondern mit diser
aniezt eröffneten praeliminarproposition aufgezogen kommen wer, welches
der d’Avaux entlich iedoch mit protestation, und das es wider sein willen
sei, hete geschechen lassen. Und seint im ubrigen die zänckische handlungen
zwischen disen beeden gesandten so starckh fürgebrochen, das sie auch
fast gegeneinander zu straichen kommen wöllen; derentwegen der d’Avaux
nach Pariß ganz beweglich umb sein oder dess andern erlaßung geschriben
auch sich rund erclärt haben solle, neben ime ferrers in diser commission
sich nit gebrauchen zu lassen, welches alles beede herren mediatores also
zu sein und das sie eben diser vorlauffender ungelegenheiten halber selbst
nach Pariß geschriben hetten, sich gegen uns vernemmen lassen. Waraus
dann clärlich erscheint, das mit disen leüten nichts bestendigs gehandlet
werden mag. Und geben dieihenige Franzößische ministri als secretaire
Brasset und ir historicus Gothofredus, wie sie ine nennen, selbst verschi-
dener ortten aus, es wurde der Servient allein durch den cardinal Mazzarino
undterhalten, damit er alle fridenshandlungen schwär machen und verhin-
deren solte, welches er dann auch redlich laisten thut.
Der Servient hat sein raiß nach Oßnabrugg wider seines collegae wissen
und willen vorgenommen, ist vorgestern abents wider alherkommen, und
soll dise raiß, wie herr bischoff von Oßnabrugg vermeint, darumb ange-
sechen gewesen sein, umb die Schweeden zu befridigen, das die proposition
wider ire mit dem d’Avaux gemachte conclusion beschechen wer. Ander-
werts aber will darfür gehalten werden, er hette mit denn Schweeden ge-
handlet , den Torstensohn zu vermögen, das er seinen zug gegen den Rhein-
stromb nemmen solt.
Ewer Kayserlichen Mayestät sollen wir auch gehorsamist anzudeütten nit
undterlassen, das uns glaubwürdige nachricht eingelangt, als solten dess
Schwäbischen und Fränckischen craiß deputierte bereits zue Franckfurth
durch und auf den weeg hieher begriffen, auch von iren committenten auß-
trückhlich bevelcht sein, sich alhier von denn consultationibus nit auß-
schliessen ze lassen, sondern denselben cum iure suffragii beyzupflichten.
Nun stehen wir nit wenig ahn, was in der sachen zu thuen, in erwegung,
noch derzeit uns nit bewust, das andere craiß dess reichs sich zu dergleichen
craißdeputation entschlossen hetten. Also in abweesen der übrigen allein
mit diser zwayen craisen deputatis einen legitimum imperii conventum zu
formieren unsers gehorsamisten erachtens denn reichsconstitutionibus nit
gemäss sein will, so wissen wir beynebens noch nit, was uf Ewer Kayser-
lichen Majestät an die Franckfurtische reichsdeputation vom 13. Januarii
negsthin ergangne resolution
Ferdinand III. an die kaiserlichen Kommissare in Frankfurt, Linz 1645 Januar 13. Kopie:
RK , FrA Fasz. 48b fol. 9–12 (als Beilage zu einer Weisung Ferdinand III. an Lamberg und
Krane, Linz 1645 Januar 13. Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 48b fol. 8–8’ – Kopie: Giessen
205 nr. 67 S. 281 – Druck: Gärtner IV nr. 31 S. 126–127; mutatis mutandis an Nassau
und Volmar. Ausfertigung: Den Haag A IV 1628 nr. 16 – Konzept: RK , FrA Fasz.
47b fol. 4 – Kopie: ebenda Fasz. 92 IV nr. 552 fol. 322); weitere Kopien: RK , FrA
Fasz. 92 IV ad nr. 552 fol. 323–325’; Den Haag A IV 1628 nr. 16; Giessen 205
nr. 68 S. 282–291; Kurköln VI 242a fol. 39–42 (= Beilage 20 des Diarium Warten-
berg – Druck: Gärtner IV nr. 32 S. 127–133. Ferdinand III. wies seine Kommissare an,
der Reichsdeputation zu erklären, daß es allen Reichsständen freistehe, Deputierte zu den Frie-
densverhandlungen zu schicken und den kaiserlichen Gesandten zu assistieren. Am 6. Februar 1645
machten die kaiserlichen Kommissare der Reichsdeputation ihre Proposition; vgl. Meiern I
S. 347 (= I 4, 8).
tation vor ein schluss gefast worden oder werden möcht; dann solte es uf
die völlige translation hieher ausschlagen, wie wir vernemmen, das man
guetentheils darauf tringen thue, und es volleicht omnibus consideratis
nach iezigen schwären läufften wol das beste sein derfft, so wer alßdan sehr
bedencklich, wider alles herkommen under dieselben auch die craißdepu-
tationes einzumischen und entzwischen, bis die reichsdeputation anlangen
thet, selbige in possessionem consultandi et votandi kommen ze lassen. Wir
haben gleichwol dise frag auch den herren churfürstlichen deputatis vor-
getragen und ir guetachten darüber anzuhören begert, die haben sich aber
darüber noch ferrer zu bedencken genommen, weil sie das werkh nit weniger
als wir zimblich beschwärlich finden, und uns dabey angezeigt, ob solte zu
Franckfurth im churfürstencollegio per maiora die translation selbiger
reichsdeputation nach Cölln geschlossen worden, Churbayrn aber der
mainung sein, solche eindweder aufzeheben oder gar hieher zu transfe-
rieren . Demnach piten Eure Kayserliche Mayestät wir allerunderthenigist
uns hierüber mit negstem dero genedigiste resolution zuekommen zlassen.
Was die Churbrandenburgische gegen disen landen eingeschickhte reütterey
anlangt, seint dieselbe seither zu Soest, im landt von der Marckh, einkom-
men , aber derentwegen an uns weiters nichts gelangt worden.
Mit dem praedicat der churfürstlichen deputierten wegen dess worts „ excel-
lenz “ ists zwar in deren zwischen uns und den Churbayrischen vorgangnen
visiten bey unsern gethanen bericht
Vgl. [ nr. 104. ]
wie auch folgendts die Spanische und der Venetianische potschaffter inen,
Bayrischen, ebenmäsßig dises praedicat nit gegeben, und herr bischoff von
Oßnabrugg mir, grafen von Nassaw, ausgedeüttet, als heten die Franzosen
sich auf uns bezogen, und er dahero vermeint, wir solten es inen, Churbay-
rischen , nur vor einmahl geben, dahergegen sie erbiettig weren, uns des-
selbig ieweils nachzugeben, so hab ich ime hingegen, was Ewer Kayserliche
Mayestät uns dessentwegen in eventum vor resolution ertheilt hetten, ange-
füegt ; dabey es bis anhero verblieben.
B Replik der kaiserlichen Bevollmächtigten auf die französische Proposition, Münster 1645
März 7. Kopie: RK , FrA Fasz. 49a, Konv. A ( Januar – März 1645 ) fol. 120–121’ –
Druck: Gärtner IV nr. 129 S. 572–577; Meiern I S. 369–371 ( = I 4, 26 ). [ Konzept:
RK , FrA Fasz. 92 IV nr. 583 fol. 464–466’ – Kopie: Den Haag A IV 1628 nr. 37;
Giessen 205 nr. 125 S. 585–592. ]
Vgl. APW [ II C 1 S. 543. ]