Acta Pacis Westphalicae II A 2 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 2: 1644 - 1645 / Wilhelm Engels mit einem Nachtrag von Karsten Ruppert
50. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1644 Dezember 9
Münster 1644 Dezember 9
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 403–406’, 411, praes. 1644 Dezember 19 =
Druckvorlage–Konzept: ebenda Fasz. 92 III nr. 475 fol. 648–652 – Kopie: Den Haag
A IV 1628 nr. 16.
Erste Propositionen. Forderungen der französischen Bevollmächtigten nach Restitution des Kur-
fürsten von Trier und nach Teilnahme aller Reichsstände an den Verhandlungen. Bf. Franz Wil-
helm von Wartenberg. Anreise bayerischer Bevollmächtigter.
Wir haben nr. 38 samt beigebundener neugefertigter Vollmacht am 6. Dezember
erhalten. Hinweis auf das in nr. 44 erwähnte Versprechen der französischen Bevoll-
mächtigten auf Herausgabe ihrer Proposition. Immassen auch der herr nuncius
noch am sambstag abendts zuvor, als wir ine durch mein, grafens von Nassau,
secretarien
befragen lassen, und uns zu entbotten, das er von einiger verenderung nit
wüste, sondern es hete bey beschechener abred allerdings zu verbleiben,
und wolte uns deßwegen ersuecht haben, mit unserer proposition nit zurugg-
zehalten. So haben nit weniger die Franzößischen gwalthabere selbst gegen
dem herrn bischoff von Oßnabrugg in irer gegen demselben abgelegter
visita angezeigt und vertröstung gethan, das sie mit irer proposition
der abred gemess auf die bestimbte zeit unfelbar einkommen wolten, dann
sie heten zu beschliesßung dess fridens ein so volkomnen gwalt, dergleichen
einigem Franzößischem gesandten in dergleichen zueständten zuvor nie-
maln were ertheilt worden. Und heten sie auch erst neulich von der königin
bevelch bekommen, sich an beschliesßung dess fridens nichts hinderen
ze lassen, mit disen außgetruckhten particularien, ob sie wol verspüren
müest, das die gesandten in beschechner widersprechung der worten „dell’
Imperatore et delle due corone“ auf der cron hocheit gesechen, so wurde
iren doch nit lieb sein, wann umb solcher subtiliteten willen die handlungen
solten verlengert oder wol gar zerschlagen werden, mit angehenckhtem
erinneren, sie solten sich dergleichen sachen nit irren lassen, sondern
zum haubtwerckh schreitten. Ohne sey nit, das sie mit einer starcken
proposition aufziechen und starcke begeren fürstellen wurden, man solte
sich aber nit gleich schröcken lassen. Wann man in die handlung komme,
so werden sie es wol was nächers geben. Wie solches alles mit mehrern
umbständten gedachter herr bischoff uns selbst referiert und erzehlt hat,
das wir also in desto sicherer hoffnung gestanden, es werde dissorts an ir,
der Franzosen, seiten einiger mangl nit erscheinen.
Hierauf so haben wir auch unsere proposition, darin auch mit guetachten
dess bemelten herrn bischoffs und der Spanischen gesandten dess herzogs
zu Lotringen meldung ze thuen und ein clausulam reservatoriam wegen
Eur Kayserlichen Mayestät und dem reich gebürender elterer ansprachen
an die cron Franckreich anzuhencken rathsamb befunden worden, laut der
abschrifft numero 1, wie zugleich die Spanischen die irig numero 2 bestimb-
ten sontag, den 4. diss, mittags beeden herren mediatoren verschlossen zue-
geschickht. Die Franzosen haben zwar umb 2 uhr hernach auch eine ver-
schlossene schrifft einliferen lassen. Als aber die herren mediatores auf den
abendt uns selbige communiciert, hat sich befunden, das es nichts anders
dann ein protestation seye, das sie nämblich ehe und dann der herr chur-
fürst zu Trier auf freyen fuess gestelt und zu seinen landen freygelassen,
auch alle reichsstände in einer ordenlichen versamblung alhie vorhanden
weren, zu keiner handlung sich einlassen köndten, sondern alßdann erst
ire vorschläg und mitell zum friden, und zwar solchergstalt eröffnen wolten,
das man noch wol schieiniger zu derselben vergleichung werde gelangen
mögen, als man sich anderwerts einbilden thet, wie Eur Kayserliche Maye-
stät aus der abschrifft numero 3 mit mehrerm allergenedigist anzuhören
haben.
Ab diser unverhofften schrifft haben wir und die Spanischen, wie billich,
in namen unserer aller- und genedigisten herren uns zum hohsten beschwärt
befunden und heten wol verhofft, die herren mediatores solten vor ainiger
communication denn Franzosen solches beginnen vor sich selbst zu gemüett
gefüert, und wie gar es der abred nit gemess wer, zu erkennen geben haben.
Weil es aber nit beschechen, haben wir damals allein mit wenigem die erai-
gende ungebür geandet und uns der sachen weiter nachzugedencken benom-
men, wie wir dann gleich dess andern tags den herrn bischoff zu uns zu
kommen ersuecht und, waß darüber ze thuen sein möcht, mit ime berath-
schlagt. Der sich auch dessen, und das es sogar wider ir, der Franzosen, ime
selbst gegebene weitlaüffige vertröstung außgeschlagen, nit genuegsamb
verwunderen können, mit vermelden, er hete sich dessen nimmermehr
gegen inen versechen. Nun haben wir zwar den schluss mit ime gefast,
waßgestalten wir uns zu denen mediatoren verfüegen und inen die uner-
heblicheit diser eingewendten anmuettungen besstermassen für augen stel-
len auch erinneren solten, die Franzößischen gesandten mit mehrerm zue-
sprechen zu vermögen, das sie ire parola besser in obacht nemmen, ein pro-
position zum haubtwerckh verfassen und heraußgeben wolten, damit man
dermahleinist nach so langer zeitverliehrung zu denn fridenshandlungen
selbst fürgehen könte. Sie haben aber dessen nit erwartet, sondern seint
noch selbigen tags auf den abendt zu uns kommen und haben uns und denn
Spanischen, welche uf ir begehren sich auch bei uns eingefunden hatten,
nachlengs angezeigt, was sie denn Franzößischen gesandten bey einliferung
unserer propositionum vorgehalten auch von dennselben widerumb zur
gegenantwort empfangen hetten. Daher wir dann auch anlaass genommen,
unsere beschwärung vorderist mehrers außzefüehren auch der gegenpart
gebrauchte vermeintliche behelff bestermaassen und also zu widerlegen,
das sie solches zu guetem benüegen angenommen und sich erbietig gemacht,
noch weiters in die Franzosen zu sezen und, wo immer möglich, sie zu
rechter handlung zu vermögen, wie dann Eur Kayserliche Mayestät den
ganzen verlauff aus mitkommendem extractu prothocolli numero 4 aller-
genedigist anzuhören geruchen wollend.
Nun stehet es noch auf erwarttung der Franzosen weiterer erclärung, und
ob sie sich entlich der gebür bequemmen werden oder nit, da wir gleichwol
mit mehrermeltem bischoff von Oßnabrugg in berathschlagung gezogen,
im fahl die Franzosen mit irer accommodation noch lenger zurugghalten
oder sich deren ganz verwaigeren solten, ob nit alßdann vonnöthen sein
würde, das wir per expressam denn herren mediatoren anzeigen theten, wie
das Eur Kayserliche Mayestät benötigt seyen, wegen diser hinderhaltigkeit
und ermangleten zuehaltens ein offenliche protestation außgehen ze lassen
und aller welt vor augen zu stellen, das die gegenpart nichts dann alle hin-
dernus zue antretung der fridenshandlung suechen thet, dann nit zu zweif-
len, das denn Franzosen solche commination zimlich tieff einschneiden
wurde, sonderlich wann sie sechen solten, das inmitlst die Schweedische
plenipotentiarii zu Oßnabrugg auch zu einiger principalhandlung fürge-
schritten weren, wie wir es dann an unserm ort für rathsamb und zu erwec-
kung mehrern glimpfs für Eur Kayserliche Mayestät sehr vorstendig und
dienstlich erachteten, gedachter herr bischoff auch und zugleich die Spani-
schen mit uns einstimmen thuend.
Sodann was denn herren churfürsten von Trier anlangt, können wir zwar
gar nit verantworttlich finden, das disen Franzößischen gesandten einigen
currier, was condition der auch sein möchte, zu demselben abzeschicken
von uns einiger pasß solte ertheilt werden, da sie aber demselben durch
die ordinaripost die vor ine erlangte salvos conductus zueschicken wolten,
sechen wir gleichwol auch nit, wie inen solches zu verwehren, sie wolten
sich dann mit deme contentieren lassen, das Eur Kayserliche Mayestät
gleich immediate von hof aus hochgedachtem herrn churfürsten ein neü-
außgeförttigten salvum conductum in voriger formb wolten zuekommen
lassen, inmaassen der herr bischoff von Oßnabrugg vorschlagen thut. Und
dieweilen dann dieses Churtrierische disputat nunmehr auf die baan gebracht
auch darüber, es geschehe gleich, wann es wölle, ein handlung würdet
getroffen werden müessen, bitten wir um Übersendung der in unserer Instruktion
angekündigten Akten oder um Verhaltungsmaßregeln.
Was wir sonst wegen dess bischoffs zu Oßnabrugg tractaments in unserer
vom 2. diß abgangnen relation gehorsamist referiert, dabey last ers noch
verbleiben, und thuet sich dess aufwarttens seiner trabanten und hactschier
im ausfahren nirgendts gebrauchen. Von deren Brandenburgischen und
anderer churfürstlichen gesandten ankonfft haben wir noch nichts vernom-
men, ausserhalb das der bischoff von Oßnabrugg mich, grafen von Nassau,
berichtet, es weren von Churbayrn bereits zween gesandten uffm weeg, und
ime von seiner churfürstlichen durchlaucht zuegeschriben worden, solches
denn Franzößischen gesandten anzezeigen. Welches er aber nit thuen wolte,
weil die sachen in anderm standt, und die Franzosen dannenhero ursach
nemmen möchten, desto mehr alles auf die lange banckh zu spilen.
1 [Sacrae Caesareae maiestatis plenipotentiariorum propositio pro ineunda pace uni-
versali, Münster 1644 Dezember 4] fehlt.
[ Kopie:
Vgl. APW [II C 1 S. 441 (7–9] ).
nr. 16; HStA Düss., Kurköln VI 242a fol. 1–2 ( = Beilage 1 des Diarium Warten-
berg ) – Druck: Meiern I S. 317–318 ( = I 3,52); Bougeant-Rambach II S. 136–137.]
2 [Proposicion de los plenipotentiarios de Espagna sobre el tractado …, Münster 1644
Dezember 4] fehlt.
[ Kopie
Vgl. APW [II C 1 S. 441] ( 10–15).
Den Haag A IV 1628 nr. 16; HStA Düss. Kurköln VI 242a fol. 3–3’ ( = Beilage 2
des Diarium Wartenberg) – Druck: Meiern I S. 318–319 ( = I 3,53 N 1) ( span.);
( lat. Übersetzung) Meiern I S. 319–320 ( = I 3,53 N 2).
3 Proposition der französischen Bevollmächtigten, Münster 1644 Dezember 4. Kopie: ( lat.)
RK , FrA Fasz. 47a, Konv. B fol. 407–407’, 410–410’; ebenda fol. 408–409’.
[ Kopie
Vgl. APW [II C 1 S. 428] ( 44)– 429 (1).
( franz.); ebenda Fasz. 154 fol. 190–191 ( lat.); Den Haag A IV 1628 nr. 16 ( franz.);
HStA Düss. Kurköln VI 242a fol. 5–5’ ( franz.) ( = Beilage 3 des Diarium Warten-
berg ) – Druck: ( franz.) Meiern I S. 320–321 ( = I 3,54); ( dt.) Londorp V 2 S. 919–
920.]