Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
177. Ferdinand III. an Trauttmansdorff, Nassau, Lamberg, Krane und Volmar Linz 1646 Februar 27
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Linz 1646 Februar 27
Ausfertigung: GehStReg Rep. N 96 Fasz. 68 unbezeichnete pars nr. 15 = Druckvor-
lage – Kopie: Ebenda Fasz. 68 pars 5 nr. 9 – Konzept: RK , FrA Fasz. 51b fol. 65–129.
Gutachten der dep. Räte, s. l. 1646 Februar 3 und 4, und Conclusum des Geh. Rats,
Linz 1646 Februar 13 und 15, zu nr. 63 Beilage [ 1 ]: RK , FrA Fasz. 52d fol. 1–66’
Mit diesem Gutachten beginnen am ksl. Hof in Linz die Beratungen der Repliken der
Kronen und der reichsständischen Forderungen, aus denen die drei großen Instruktionen
hervorgegangen sind (nrr. 177, 178 und 188). Daher gehen diesem Ga. Überlegungen
voraus (fol. 1–6’), die sich nicht mit den Gravamina befassen und sich zwar noch im
Konzept, aber nicht mehr in der Ausfertigung der Instruktion finden. Nachdem die
Räte darauf hingewiesen haben, daß der franz. Versuch, unmittelbar mit den Reichs-
ständen zu verhandeln, aus staatsrechtlichen und politischen Gründen unbedingt unter-
bunden werden müsse, stellen sie sich die Frage, wie auf die Repliken zu duplizieren sei.
Sie kommen dabei zu dem Schluß, daß sich die Feinde in drei Punkten einig sind: 1. die
Verhältnisse im Reich so wiederherzustellen, wie sie vor dem Krieg gewesen sind, 2. die
Gravamina jetzt beizulegen, 3. ohne Satisfaktion keinen Frieden zu schließen. Da auch
die ksl. Räte in diesen Punkten das Haupthindernis des Friedens sehen, wollen sie jeden
für sich ausführlich beraten. Dabei soll mit den Gravamina begonnen werden, da
Amnestie und Satisfaktion sachlich von ihnen abhängen; da zu hoffen sei, daß die Pro-
testanten nach dem Vergleich der Gravamina die ksl. Politik unterstützen werden; und
schließlich, weil Trauttmansdorff einen solchen Verhandlungsmodus befürwortet hat.
Ab fol. 6’ ist das Ga. mit der Instruktion bis auf wenige, angemerkte Stellen identisch.
Notwendigkeit des Gravamina-Vergleichs. Ort der Gravamina-Verhandlungen. Geistlicher
Vorbehalt. Verzicht auf die am 12. November 1627 protestantischen Mediat- und Imme-
diatstifter . Titel, Investitur und sessio und votum protestantischer Stiftsinhaber. Kaiser-
liche Erbuntertanen. Schlesische Protestanten. Protestanten am Reichshofrat und Reichs-
kammergericht . Kalvinisten.
Hinweis auf nr. 154.
Und fallen demnach bey dem puncto der vergleichung der gravaminum
nachfolgende fragen ein:
1. Erstlich ob wir solchen vergleich befördern sollen?
2. Wo und an welchem orth?
3. Wie weit und auf was weiße?
Und zum vierten, mit was vor behuetsambkeit und sicherheit die promo-
tion diser erledigung der gravaminum geschehen solle, damit wider etlicher
catholischen obstrepieren, gleichwol die mechtigisten und die haubtsachlich
auch die religion in acht nemmen unß assistenz thuen und einig mit unß sein,
in guetem vernemmen erhalten können werden.
Anlangendt nun die erste frag, wöllen wir zwar der catholischen antwortt
und meinung, auch wessen sich die ständt selbst sich miteinander güet-
lichen vergleichen möchten, soviel müglich zuwartten. Im fahl aber wider
verhoffen solche sich gar zu lang verziehen möchte, so werden wir auf die
letst nit umbgehen können, das werekh sebst an die handt zu nemmen, und
kan man unß auch darunter nicht verdenkhen, weil unser hohes tragendes
Kayserliches ambt erfordert, friedt und recht im Reich soviel alß müglich
zu befürdern und die hindernus desselben auß dem weeg zue raumen. Es
weisen auch die exempla voriger Römischer Kaiser aus, das dergleichen von
ihnen geschehen und, wan die stände sich ihrer gehabten differenzien unter-
einander selber nicht vergleichen können, das die Römische Kaiser selbst ins
mittel kommen und den sachen einen solchen außschlag geben, wie sie es
der zeit nach pro salute publica Imperii nöttig und rathsamb funden; und
wan wir mit disem werkh erst auf die stende warthen wollen, biß sie sich
darunter verglichen, würdt unß der weeg abgeschniten werden, entlichen
zum frieden zu gelangen, dan fast unmüglich scheinet, das die ständt hier-
unter miteinander sich sobaldt solten vereinigen.
So werden sie auch von den cronen gleichsamb studiose in diversas partes
distrahiert, die protestirende von Schweden, ut urgeant hoc opus, nec desi-
stant , die catholische aber von den Franzosen, ne cedant und wir a Pontifice,
ne consentiamus; welches alles dahin außlaufft, damit wir und unnser
hauß darüber und die religion gar undergehen.
Die obiectiones, so des bischoffs zu Oßnabrugg gnaden darwider eingefürt,
seindt von unserm gesandten, dem graven von Nassaw, gar wohl abgeleint
und beantworttet worden , seindt auch auß des graven von Trautmans-
torffs schreiben an graven von Wolkhenstein sub dato ersten Februarii
noch klärer widerlegt . Dargegen des churfürsten aus Bayern liebden er-
innerung , so dieselbe durch ihre abgesandte an bemelten graven von Traut-
manstorff zu thuen befohlen, und sie in dessen abwesenheit bemeltem
graven von Nassaw und dem Volmar inhalts ihrer relation , wie auch das
schreiben, so besagtes churfürsten liebden baldt darauf an den graffen von
Trautmanßdorff selbst gethan , vil ein anders und nemblich so viel zu ver-
stehen gibt, das man ob defectum virium et ob morae periculum alle hin-
dernus deß fridens auß dem weeg reümen und denselben schleünig ohne
lengere hinderhaltung dessen, was man kan und soll bewilligen, befördern
soll. Zudem, so hat Churmainz und Bayern auf die vorher mit ihnen be-
schehene communication unserer Kayserlichen antwort auf der Schweden
proposition, darinnen die vergleichung der gravaminum bey gegenwertigen
tractaten fürzunemmen, eingewilliget, außtruekhlich approbiert und guet-
geheissen
widerumb zuruekhzuenemmen suechen.
Man kan sich auch auf der Franzosen consolation, das sie in disem punct
denen catholischen noch etwas helffen wollen, im geringsten nicht ver-
lassen , aldieweil notorium, das sie crafft aufgerichter bündtnus denen
Schweeden und protestierenden hierinnen nit contradicieren dörffen, auch
der nechstverstorbene könig eben dannenhero des churfürsten zu Sachssen
liebden von schließung deß Pragerischen friedens durch den baron de
Roorte
sie zu versicherung ihrer religion und geistlichen güetter begeren würden,
nicht allein im Reich, sondern auch in unsern erbkönigreich und ländern
helffen zuweeg zu bringen, eyfferig dehortieren lassen und seinem sohn in
seinem testament die conservation der protestierenden in Teütschlandt alß
eines sichern fundamenti seines königlichen status gar beweglich eingebun-
den , geschweigendt, das die foedera Gallo Suecica haubtsachlich auf erhal-
tung der protestirenden fundiert.
So haben auch die königlich Franzößische abgesandten sub his ipsis tracta-
tibus nicht allein den interpositoribus, sondern auch unseren Kayserlichen
abgesandten selbst zu underschiedtlich mahlen angedeüttet, das man sich
vor allen dingen mit den protestirenden vergleichen müeste, wie sie dan
aniezt dasselbe in der replica einbringen, dannenhero man nichts daran
gewunnen, das sie es in ihrer proposition anfenglich außgelassen, dan es nur
eine vergebliche loekhspeiß gewest, die catholische umb desto mehr an sich
zu ziehen, wie wir dan alles dasiehnige, was die Franzosen in contrarium
anderstwo ad partem außgeben, samb sie sich hierunter permissive halten
und zu einem mehrern nicht, alß nur etwan zu prorogierung der im Prage-
rischen frieden für die stifft gesezten jahr, verstehen wolten, für ein lauter
artificium achten, unß und die catholische zugleich von dem weeg zum
frieden zu verfüehren unnd continuierliche divisiones zu befürderung deß
kriegs im Reich zu erhalten.
Und kan auß dem, das wir unß die beförderung dises vergleichs zuforderst
lassen angelegen sein, bey denen katholischen keine ungleiche meinung
wider unß mit fueg und billigkeit verursacht werden, weil wir darunter
nichts alß die beschleünigung des fridens, darnach iederman und die catho-
lische selbst also hoch verlangt, suechen, und doch entlichen alles nur an
deme gelegen, wessen wir unß darüber resolvieren werden.
Quo in loco nun fürs andere dise vergleichung zu befürdern, halten wir auß
denen von unsern Kayserlichen gesandten angefüerten rationibus gleich-
fahls darfür, das solches werde zu Oßnabrugg geschehen müessen, und ist
nicht vonnöthen, das alle oder die meiste catholische stende destwegen sich
von Münster dahin begeben, sondern sie können dasselbe durch einen gerin-
gen außschus leichtlich verrichten, zumahl wan unsere Kayserliche gesand-
ten selbst ins mittel tretten, und, wie vorhin gemelt, das werkh befördern
helffen. Es hat auch unser gesandter, der graff von Nassaw, die obiection
deß bischoffs zu Oßnabrugg liebden, samb die protestirende daselbst denen
catholischen mit der Schweeden gegenwart gar zu starkh würden überlegen
sein, mit deme gar wohl beantworttet , das doch die protestirenden der
Schweeden beystandt überall sowohl zu Münster alß zu Oßnabrugg in disem
punct an der handt haben würden.
zu Münster verhanden, nit erhalten werden, so würdt gleichwol dahin zu
sehen sein, das die ständt zu Oßnabrug nit praeteriert bliben, sonder beeder
orthen deliberiert und unvernommen eines oder andern theils zum entlichen
schlues nit gegriffen wurde, alle separation der ständte desto sicherer zu
verhüetten.
Anbetreffendt dan zum dritten, wie und welcher gestalt die vergleichung
der gravaminum an seiten unserer in materialibus ipsis et in ordine ad
pacem zu befördern, so bestehen die materialia dißmahl haubtsachlich auf
disen puncten: 1. den geistlichen vorbehalt, 2. den mediatstifften, 3. den
erbunderthanen, 4. unsers reichshofraths und cammergerichts bestellung,
5. ob die Calvinisten im religionfriedt einzunemmen; und ist zu hoffen,
wan die protestirende in disen puncten nur etwas satisfaction erlangen, das
man sich im überigen leicht miteinander werde vollents vergleichen können,
zumahlen so viel syncerationes gegen unsern Kayserlichen gesandten von
ihnen destwegen geschehen, das gleichwol darauf ein reflexion zu machen,
sonderlich auch, das sie nit weniger alß die catholischen des kriegs sehr
müedt, der Schweeden und Franzosen joch zum theil empfunden, zum theil
noch weiter förchten.
Belangendt nun den ersten puncten, den geistlichen vorbehalt, so seindt
darbey drey fragen zu erwegen:
1. Ob man ihnen die totalcassation desselben vorbehalts bewilligen und
consequenter den begerten zutritt auch zu denen erz- und stiffter, die sie
noch nit haben, gestatten und die destwegen darwider an underschiedlichen
orthen gemachte statuta und juramenta, capitularia aufheben solle. Dan das
ist ihr principalgravamen und petitum, und darauf stelt der Salvius inhalts
deß mit dem Crane gehabten discurs die haubtsatisfaction.
2. Wan solches nicht sein köndte, ob man ihnen dan nicht auf das wenigste
die versicherung deriehnigen erz- und stifft, die sie bereit vorlengst und
noch den zwölfften Novembris stylo novo anno 1627 inhanden gehabt, auf
mehrere jahr hinaus oder gar auch biß zu entlicher vergleichung der religion
bewilligen solle.
3. Wie es auf solchen fall mit der intitulatur, belehnung, session und voto
auf gemeinen reichsversamblungen, visitations-, revisions- und deputations-
tägen zu halten und was sonsten für cautelen dabey zue gebrauchen.
Auf die erste frag, vom geistlichen vorbehalt, ob solcher genzlich aufzu-
heben , ist unnser gnedigste meinung, das man ihnen die totalcassation ge-
meltes vorbehalts nit soll bewilligen, dan sie können solche mit keinem
schein des rechtens im geringsten nicht behaubten, sondern das recht und
die billigkeit ist dißfahls für die catholische geistliche so klar unnd offen-
bar , das, wan dasselbe ihnen und den cronen recht repraesentiert und für-
gestelt werden würdt, so zweiffeln wir nicht, das entweder die protestie-
rende selbst davon fallen oder doch die cronen ihnen offentlich darinnen
keinen beyfall geben werden.
Solches nun zu mehrerer offtbenenter unser Kayserlichen gesandten Infor-
mation , weil die protestirende in ihrer iüngsthin eingereichten schrifft die
argumenta etwas anders alß vor disem inducieren zu entwerffen. Ob wir
zwar nit zweifflen, das die catholischen zue seiner zeit in ihrer antwort
alles werden besser und außfüehrlicher widerlegen, so ist ihr, der protestie-
renden , erstes fundament dises, das im religionfriedt die regul mit Teüt-
schen unbewundenen wortten stünde, das kein standt des Reichs von wegen
der Augspurgischen confession abgetrungen, sondern bey solcher religion,
landt, leüthen, herrligkeiten und gerechtigkeiten ruhiglich und friedlich
gelassen werden sollen. Es lautet aber dise regul in § „Und damit“ et cetera
außtruekhlich von ihren fürstenthumben unnd landen und nicht von den
erz- und bistumben, hohen stifften und unmittelbahren praelaturen, welche
die catholische und geistlichen damahls noch in besiz gehabt, dan also
stehen die formalien desselben „So sollen die Kayserliche Majestätt, auch
wir chur-, fürsten und stände des heyligen Reichs keinen standt des Reichs
von wegen der Augspurgischen confession und derselben lehr, religion und
glaubens halben mit der that gewaltthettiger weiß überziehen, beschedigen,
vergewaltigen oder in andere weeg wider sein conscienz, wissen und willen
von diser Augspurgischen confession, religion, glauben, kirchengebreüchen,
ordnungen und ceremonien, so sie aufgerichtet oder nochmahls aufrichten
möchten (nota bene) in ihren fürstenthumben, lander und herrschafften
dringen, oder durch mandat oder in einiger anderer gestalt beschweren oder
verachten, sondern bey solcher religion, glauben, kirchengebreüchen, ord-
nungen und ceremonien, auch ihren haab und güettern, ligendt und fah-
rendt , landt, leüthen, herrschafften, obrigkeiten, herrligkeiten und gerech-
tigkeiten , ruehiglich und friedlich bleiben lassen, und soll die streittige reli-
gion nicht anders dan durch christliche, freundliche, friedliche mittel unnd
weege zu einhelligem christlichen verstandt und vergleichung gebracht
werden.“
Darauf folgt strackhs ein ander § für die catholische geistliche und welt-
liche , dises inhalts: „Dagegen sollen die stände, so der Augspurgischen con-
fessionsverwandte , die Römisch Kayserliche majestätt unnß und churfür-
sten , fürsten und andere des heyligen Reichs stände der alten religion anhen-
gig (nota bene), geistliche oder weltliche sambt und mit ihren capituln und
anderen geistlichen standts, auch ungeachtet, ob und wohin sie ihre residen-
zen verrukht oder gewendet hetten, gleichergestalt bey ihrer religion, glau-
ben , kirchengebreüchen, ordnungen und ceremonien, auch ihren haab und
güettern, ligendt und fahrendt, landen, leüthen, herrschafften, obrigkeiten,
herrligkeiten und gerechtigkeiten, renten, zinsen, zehenden unbeschwert
bleiben, und sie derselben friedlich unnd ruehiglich gebrauchen, geniessen,
unweigerlich folgen lassen, und getrewlich dazue verholffen sein, auch mit
der that oder sonst in unguetem gegen dieselben nichts fürnemmen“ et
cetera.
Waraus dan klar zu sehen, das kein standt dem andern wegen der religion
in seinen landen und gebietten ziel und maß zu sezen befuegt und berech-
tigt , sondern ein ieglicher den andern seines gefallens damit schalten und
walten lassen solle, consequenter so haben die Augspurgische confessions-
verwandte stände gar nicht macht, crafft diser regul den catholischen geist-
lichen ständen in ihren hohen erz- und stifften ordnung fürzuschreiben,
was sie für statuta oder juramenta zu erhaltung der religion bey denen
dombcapitel machen sollen, sondern wie die Augspurgische confessionsver-
wandten in ihren landen und gebietten sich befuegt erachten, zu erhaltung
ihrer religion allerhandt gesez und ordnung aufzuerichten und ihre räthe
und underthanen mit leiblichen ayden darzue zu verstrikhen, also müessen
sie auch solches den catholischen passieren lassen.
Und weil strackhs in § sequenti „Und nachdem“ et cetera außtrukhlich zu
befinden, sie, die protestierende, in ihrer iezigen schrifft auch selbst beken-
nen , „das, bey vergleichung dises fridens, streit fürgefallen, wo der geist-
lichen einer oder mehr von der religion abtretten wurden, wie es der von
ihnen (nota bene) biß dahin besessenen unnd ingehabten erzbistumb,
bistumb, praelaturen und beneficien halber gehalten werden solte, dessen
sich aber beyder religion stendt nicht hetten vergleichen können, sondern
könig Ferdinandt in crafft ihrer Kayserlichen majestätt ihme gegebenen
vollmacht und heimbstellung erklärt und gesezt, daß, wo ein erzbischoff,
bischoff, praelat oder ein anderer geistlicher standt von unserer alten reli-
gion abtretten wurde, das derselb sein erzbistumb, bistumb, praelatur und
andere beneficia, auch damit alle frucht und einkommen, so er darvon
gehabt, alßbaldt ohne einige widerung und verzueg, jedoch seinen ehren
unnachtheilig, verlassen, auch denen capituln und denen es von gemeinen
rechten oder der kirchen und stifft gewonheiten, zugehören, eine person, der
alten religion verwandt, zu erwehlen und zu ordnen, zugelassen sein, welche
auch sambt der geistlichen capituln und andern kirchen bey der kirchen
und stifft fundationen, electionen, praesentationen, confirmationen, alten
herkommen, gerechtigkeiten und güettern, ligent und fahrendt, unverhin-
dert und friedtlich gelassen werden sollen, iedoch künfftiger christlicher
freündtlicher und entlicher vergleichung der religion unvergreifflich.“
Alß folget unwidersprechlich, das diser casus in der fürgesezten regul nicht
begriffen und consequenter aus derselbigen auch nicht zu decidieren, falt
derowegen alsobaldt das erste fundament der protestierenden hinweg.
2. Daß ander ist dises, das sie sagen, es sey dergleichen universalregul,
vermög deren die Augspurgische confessionsverwandten einen freyen
zutritt zu den erz- und hohen stifftern haben sollen, albereit zuvor, in anno
1541, in gleichem mit aufhebung aller widerigen abschiedt 1544, wie nit
weniger 1552 zu Passaw, beliebt worden.
Es befindt sich aber solches nirgendts, sondern vilmehr das gerade wider-
spihl . Dan im Reichsabschiedt anno 1541 § „Und damit“ et cetera so wirdt
von ihrer Kayserlichen majestätt nicht per modum pacti vel conventionis,
sondern mandati Caesarei et constitutionis Imperialis befohlen, daß „der
Nürnbergische friedenstandt
betrengten ursachen, die dazumahl vor augen gewest und deren selbiger zeit
noch viel mehr verhanden wehren, dem heyligen Reich Teütscher nation zu
wohlfarth aufgerichtet, biß zu endt eines generalconsilii oder einer natio-
nalversamblung , oder, so der keins seinen fortgang erreicht auf negstkünff-
tigen reichstag, in allen seinen puncten und articuln von allen theilen festig-
lich und unverbrüchlichen gehalten und volnzogen werden soll“.
In Nürnbergischen friedtstandt aber (welcher anno 1532 dem vorhero zu
Augspurg pro catholica religione ubi ius locorum conservanda et resti-
tuenda gemachten reichsabschiedt zuwider wegen des Türckheneinfahls in
Hungarn und Österreich gemacht worden, damit nur die Augspurgischen
confessionsverwandte zu einer ergiebigen hülff wider gemelten erbfeindt
mit bewogen werden möchten) ist nichts mehr versehen, alß das die Augs-
purgische confessionsverwandten bey ihrer religion und kirchenordtnung
biß zu künfftigem concilio gelassen werden solten.
Und dises hat Kaiser Carl in vorgedachtem reichsabschiedt de anno 1541
umb ebenmessiger hochtringender ursachen willen widerholt, darneben aber
außtruckhlich verordnet, das die clöster und kirchen, welche damahls noch
in esse gewest, unzerbrochen und unabgethan verbleiben, deßgleichen den
geistlichen, so sich der religion halber entsezungen beclagen, ihre renthe,
zinsen und einkommen, (nota bene) soviel sie deren noch in possession sein,
hinfürt unaufgehalten gefolgt werden solten. Es solten auch die protestie-
renden niemandts der andern seiten zu sich tringen, bewegen oder ziehen,
auch des andern theils underthanen in schuez und schüerm nit nemmen,
noch wider ihre obrigkeiten verthedigen in keinen weeg.
„Wo aber iemandts, wer der oder die weren, darwider handlen wurde,
gegen den oder dieselben soll der weeg rechtens vor dem Kayserlichen cam-
mergericht allezeit offen sein. Doch haben ihre Kayserliche mayestätt sich
vorbehalten, über gemelten fridenstandt, so offt solches die notturfft erfor-
dert , iederzeit declaration und erleütterung zu thuen, und was betrifft die
acten und process, so biß dahin in religions- und andern sachen am Kayser-
lichen cammergericht anhengig gemacht und ergangen sein, umb deren
wegen streit gewesen, ob dieselben in dem Nürnbergischen friedenstandt
begriffen oder nicht, haben ihre Kayserliche majestätt dieselben acten und
process zu erhaltung friedensruhe und einigkeit im heyligen Reich Teütscher
nation aus Kayserlicher macht und volkommenheit, biß das gemeine oder
nationalconcilium oder in diser sachen eine gemeine reichsversamblung, wie
obstehet, gehalten wirdt, suspendiert und eingestelt und dabey gnediglich
versprochen, auf der partheyen ansuechen unpartheyische commissarien zu
verordnen, die innerhalb jahresfrist, von selbigem reichstag anzueraithen,
zwischen den partheyen (nota bene) zu güetlicher hinlegung und verglei-
chung ihrer irrung handlen sollen, wo aber die vergleichung nit statt haben
oder erlangt werden möchten, solten die commissarien ihrer mayestet
bericht ihrer handlung mit ihrem guetbedunckhen zuschreiben, darüber sie
ferner declaration thuen wolten, welche handlungen religion- oder pro-
phansachen seyen; dieselbe declaration, solte auch zwischen negstkünfftigen
reichstag wider auf demselben mit rath und guetbedunkhen der reichs-
stende beschehen.
In allen andern articuln aber soll dem angeregten Augspurgischen reichs-
abschiedt de anno 1530 (darinnen nun die alt catholische religion und geist-
lichkeit amplissime verwahrt) hierdurch nichts benommen, sondern derselbe
bey würden und kräfften bleiben.“
Welches wir alles zu dem endt de verbo ad verbum hieher erzelt, damit
man nicht allein sehe, das der protestirenden petitum pro totali abolitione
vilbesagten vorbehalts in disen abschiedt so wenig alß in dem religions-
frieden selbst fundiert, sondern das man auch hieraus eines Römischen
Kaysers macht und gewalt in solchen fällen zu recuperierung und erhaltung
friedt und einigkeit und abwendung grösserer noth und gefahr erkennen
möge.
Eben dergleichen und ein anders nicht ist in reichsabschiedt anno 1544 zu
befinden. In welchem Kayser Carl der fünffte in § „Alsz wir aber“ et cetera
et sequentibus vorigen friedenstandt aus ebenmessigen ursachen deß gefehr-
lichen Türkhenkriegs (nota bene) „von obrigkeit wegen und aus Kayser-
licher macht und volkommenheit bis zu einem general oder nationalconsilio
oder zu einem andern reichstag prorogiert und wegen der geistlichen
güetter, welche von den protestirenden biß dahin eingezogen worden, dises
noch darzue verordnet, das den geistlichen stifften, clöstern und heüßern,
ungeachtet, welches theils religion sie sein, ihre renten, zinß, einkommen
und güetter, so in eines andern fürstenthumb oder obrigkeit gelegen, nicht
aufgehalten, sondern solche an das orth, da dasselbe stifft, closter, praelatur
oder hauß gelegen, unweigerlich gefolgt und von dem andern standt oder
obrigkeit getrewlich darzue geholffen werden, doch die geistliche fürsten
und andere stendte, dem Reich ohne mittel und sonst niemandt under-
worffen , sambt ihren zugehörigen güettern, wo die gelegen, hiemit nit ge-
meint sein, sondern ihnen ungeachtet, wohin sie ihre residenzen verrukht
oder gewendet hetten, ihre gült, renth und einkommen ohne hinderung ge-
folget werden sollen“ et cetera. Daß also schon damahls ein underschiedt
zwischen den mediat- und immediatstifft unnd geistlichen gemacht und
eingefüehrt und denen mediatis die einkommen, so denselbigen aus eines
andern standts gebiet gehören, nur an das orth, wo das closter, stifft oder
hauß ligt, denen immediatis und reichsständen an das orth, alwo sie sich
weesentlich aufhalten, folgen zu lassen und dazue zu helffen angeordnet
worden, et paulo post in § „Sonsten“ et cetera stehen dise formalia,
„ausserhalb diser verordtnung soll ein ieder geistliches standts, unange-
sehen welches theils religion er seye, bey allen seinen güettern, einkommen,
renthen, gülten, deren er in zeit des Regenspurgischen abschiedts in possess
und brauch gewesen, ungehindert bleiben und zugelassen werden“.
Welche nun von der Augspurgischen confession in zeit selbigen abschiedts
kein geistliches stifft gehabt oder dessen in possession nicht gewest, der hat
auch in crafft dises abschiedts weiter keins mit fueg und recht praetendie-
ren können und kans noch nicht praetendieren. Dagegen welche von catho-
lischen in dessen besiz und gebrauch gewest, die sein vermög desselbigen
billich auch dabey zu schüzen und handtzuhaben, nisi quatenus et in quan-
tum per posteriores constitutiones aliud sanctum fuerit.
Der Passawische vertrag aber de anno 1552 helt quoad istum punctum auch
nichts mehr als vorige friedtständt, und dabeneben in § „Waß dan folgendts“
et cetera et sequentibus dises in sich, „das bey negstfolgenden reichstag die
vergleichung der religion baldt anfangs fürgenommen und mitler zeit
weder die Kayserliche majestätt noch die churfürsten, fürsten und stände
des reichs keinen standt der Augspurgischen confession verwandt der reli-
gion halben mit der that gewaltthettiger weise oder in andere weeg wider
sein conscienz und willen tringen oder derenthalben überziehen, beschedi-
gen , durch mandat oder einiger anderer gestalt beschweren oder verachten,
sondern bey solcher seiner religion und glauben geruhiglich und friedtlich
bleiben lassen solle“. Deßgleichen die Augspurgische confessionsverwandte
ihr Kayserliche majestätt und die catholischen et cetera allermassen wie
hernach im religionsfriedt die regul gesetzt worden, und folgt darauf diser §
„Was dan auf solchem reichstag durch gemeine stendt sambt ihrer majestätt
ordentlichem zuthuen beschlossen und verabschiedet, das soll hernach also
strackhs und festiglich gehalten, auch darwidern mit nichten gehandelt
werden.“
Auß welchem allem klar zu sehen, das vorhero noch kein einige regul für
die Augspurgische confessionsverwandte in universum gemacht worden, das
sie einen freyen zutritt zu den erz- und hohen stifften haben, sondern viel-
mehr das sie, catholische geistliche, bey denen, welche damahls noch in ihren
handen und posses gewest, geruhiglich und ungehindert bleiben, ihnen auch,
wann sie ihre residenzen anders wohin verrukht hetten, ihre renten und
gefellen aus ihren landen und gebiethen dahin ungehindert folgen lassen
sollen.
Daß dritte fundament ist dises, das auch das churfürstliche collegium anno
1555 beim ersten entwurff des religionfriedens keine enderung begert, noch
begeren können, das die evangelischen ihrer religion zu grossem nachtheil
von obgedachter regula und iure quaesito abschreitten, ihnen selbst und
ihren glaubensgenossen den zugang zu geistlichen würden und nuzungen
versperren und mit unausläßlichem schimpf und gewissensverlezung ihre
religion selbst für eine verwerffliche lehr und causam et modum amittendi
dominia et dignitates machen solten.
Dieses fundamentum kan destwegen nit bestehen, weil noch keine regul pro
intentione protestantium aus vorigen reichsabschieden und Passawischen ver-
trag erwiesen worden, weniger das ihnem ein ius quaesitum zu deniehnigen
erz- und stifftern, welche die catholischem zur selben zeit noch innengehabt
und besessen, zugestanden, sondern das widerspihl; und ist alhier die frage
nicht pro protestantibus de amittendo, sondern adquirendo utili dominio et
dignitate ecclesiastica; man versiert respectu ihrer nicht in retinendae, sondern
in adipiscendae possessorio; de retinendis illis dignitatibus et bonis wirdt man
bey der andern frage reden, aber pro catholicis were diß argument viel
besser zu gebrauchen, dan dieselbe laborieren in hoc passu einig und allein
pro conservando suo iure tam in possessiorio quam petitorio, das sie vor je
walten hergehabt und seither dem Passawischen vertrag biß dato noch
erhalten haben, das wollen sie ihnen nicht nemmen lassen, und sie thuen
daran nicht unrecht. Wir seindt auch alß Römischer Kayser verbunden, sie
dabey soviel alß müglichen zu schüzen, dan in allen vorigen friedtsstenden,
wie auch in dem Passawischen vertrag und dem religionsfriedt stehen
überal dise verbündtliche wort bey der freystellung der religion das „in all-
weeg nach außweißung des heyligen Reichs rechten, ordnungen, abschieden
und aufgerichten landtfrieden ein ieder sich gegen dem andern an
gebührenden ordentlichen rechten begnüegen lassen solle, alles bey
fürstlichen ehren, wahren wortten und vermeidung der pöen in dem aufge-
richten landtfrieden begriffen“.
Zum vierten argumentieren die protestirenden also, obgleich etliche bey
aufrichtung deß religionsfrieden erinnert, man möchte zu dem wortt
„standt“ das wörttlein „weltlich“ hinzusezen, so hetten sie doch solche resti-
tution nicht erhalten, sondern es were auf der evangelischen remonstration,
das solich begeren den reichsabschieden de anno 1541 und 1544 strackhs
entgegenlieffe, bey der generalitet deß wortts „standts“ gelassen worden.
Wir wissen unß zwar nicht zu entsinnen, wie es eigentlich in facto mit
disem begehrten zusaz hergangen. Es sey aber damit beschaffen, wie es
wolle, so ist dessen weitter unnöttig gewesen, weil gleich darauf der geist-
lichkeit durch den gemachten vorbehalt gnuegsame sicherheit für die
damals noch überige erz-, stifft und bistumb ist geschehen und in vorigen
reichsabschieden nichts darwider eingefüehrt.
Zum fünfften sagen sie, es sey solches alles und anders mehr, alß anno
1583 Gebhardus, archiepiscopus et elector Coloniensis, darumb das er die
Augspurgische confession angenommen, zu nicht geringem schimpff und
praeiudiz Kayserlicher majestätt und des Reichs auf befelch des Pabst seines
erzstiffts und churdignitet entsezt worden, allerhöchstgedachte Kayserliche
mayestätt von Churpfalz, Sachssen und Brandenburg mit so stattlichem
grundt zu gemüeth gefüehrt worden, das sie es, wie Thuanus
Jacques Auguste de Thou (1553–1617), latinisiert Thuanus, Rat, später Vizepräsident
des Pariser Parlements, Berater Heinrichs III. und Heinrichs IV., nach dessen Tod er
sich ins Privatleben zurückzog. Sein Hauptwerk ist die Historia mei temporis, die von
1543–1607 reicht und ab 1591 bis 1620 (postum) erschien, vollständig aus dem Nach-
laß erst 1733 in London herausgegeben. Vgl. NBG XLV Sp. 255–262.
beantwortten können, sondern alß für einen scopulo stillschweigendt für-
bey passiert.
Nun seindt die acta der zeit nicht verhanden, das man auß denselben sich
ob disem handel recht umbstendtlich informieren köndte; man hat aber
umb solche nach Wien und Prag geschriben. Es werden aber die catholi-
schen und sonderlich die Churcöllnische abgesandte solches gnug erleutern.
Unterdeß so haben wir beym Thuano nachschlagen laßen und befunden,
das derselb in bemeltem 1583. jahr dißes hiervon berichtet: „Quod Impera-
tor frustra tentato Gebhardi animo per Andream Gaillium
Andreas von Gail (1526–1587), 1567 Reichshofrat, 1583 Kanzler des Kurfürstentums
Köln. Vgl. ADB VIII S. 307–311 .
miserit Jacobum Curtium
declararet, petierit, et cum videret, nihil hactenus legatis missis profectum,
sed res in dies exacerbari, tertio Joannem Preimerum Stubingi regulum
ad eum ablegaverit, et omissa novae religionis professione ac matrimonii
quaestione, de quibus tam coram Deo quam universis Imperii principibus
causam aliquando dicturus sit, hac unum urserit, ut iuxta Imperii decretum
in pace religionis sancitum“ (Daß ist eben diser vorbehalt gewest) „quando
a religione maiorum defecerit, dignitate cederet. Nam ferendum sibi non
esse, ut ipse eiurata catholica religione alteriusque facta professione archie-
piscopatus ac septemviratus dignitatem retineat propositumque illud ini-
quum suum opibus ac sanguine propugnare niteretur. Proinde eum hortari,
ut dioecesin absolutis a iure iurando sibi praestito populis omnesque eius
proventus tanquam suae maiestatis ac sacri Romani Imperii beneficia
resignet, et arma deponat, nec conscientiam suam violenta atque iniusta
bonorum possessione, quae ad eum minime pertineant, oneret pertinaciaque
sua et intempestiva contumacia bellum funestum sibi et patriae in Ger-
mania excitet.“
Underdeßen (schreibt Thuanus weiter) habe der Pabst ihne „tanquam
publicum sectarium multis criminibus contaminatum ac periurum ecclesiae-
que Romanae perduellem“ excommuniciert und, alß die protestirende
churfürsten bey ihrer Kayserlichen majestätt angehalten, „ut Caesar auc-
toritatem suam interponeret, neque rem ad internecinum bellum adduci aut
externum militem in Imperium introduci pateretur“, hetten ihre Kayser-
liche majestätt darauf in schrifften geantwortet, „se postulatis illorum
abunde satis fecisse incusata obiter Gebhardi audacia et pertinacia, qui non
contentus novo more religionem mutasse et septemviralem dignitatem
eiurata maiorum religione armis retinere, in animum induxerit, dioecesin
spoliaverit, ab Andino
nihilominus optasse semper antea et nunc et cupere, ut res amice
componatur. Verum obstare, quod Gebhardus a pontifice proscriptus et
dignitate ecclesiastica omnino privatus sit, ita ut eius acta inposterum sint
irrita; nec ignorare ipsos (nota bene) quid Imperii constitutiones, quid
nationis Germanicae pacta cum sede Romana in huiusmodi causis statuant:
consultum tarnen sibi videri, ut quamprimum coram sua Caesarea maie-
state [!] delegatis aliisque pari numero septemviris et Imperii principibus
res disceptetur, et quid aequum iustumque fuerit, decernatur. Interim
pontificis sententiam in eum latam non spectare septemviralem dignitatem,
sed munus ecclesiasticum, cuius rei cognitio iuxta praememorata pacta ad
pontificem pertineret.“
(Nota bene!) Auf welches nach mehr ahngezogenen Thuanischen relation
die churfürstlichen gesandten dißes ahm meisten urgiert, was von der
Pabstlichen excommunication gemeldet: „Id enim, si locum haberet, procul
dubio bellum funestissimum in Germania excitatum iri. Nam novum hoc et
numquam auditum exemplum in Imperio, ut Pontifex ignato Caesare, in-
consultis tam ecclesiasticis quam caeteris septemviris pro sua libidine
archiepiscopum ac septemvirum inauditum loco ac dignitate submoveat. In
tali casu petenti auxilio se sine flagitio deesse non posse. Itaque orare tertio,
ut Caesar suas partes interponat, archiepiscopum per vim spoliatum restitui
iubeat, vim hostilem utrimque prohibeat, ne novus malo more in eius locum
deligatur, impediat. Nihil ad hoc caput“ (inquit Thuanus) „Caesar, quod
tanquam scopulum praetervectus est, respondit, sed amicum colloquium, ut
in superioribus litteris, rursus inculcavit, dum interim omnia ad novam
electionem instigantibus ipsius legatis Coloniae parabantur.“ Hactenus
Thuanus.
Auß welcher relation, wann die gleich allerdings ganz richtig und voll-
kommen were, dennoch nit zu vernemmen, daß wir den geistlichen vorbe-
halt mit stillschweigen übergangen und desselben impugnation alß einen
unbeweglichen anstoß fürbey passirt hetten, sondern vielmehr dieses, das
sie solchen standthafftig manutenirt und allein dasjhenige, was contra
excommunicationem Pontificam pro dignitate et iuribus Imperii movirt und
die betrohung de futuro bello selbiges mahls an sein orth gestelt verbleiben,
underdessen aber rem ipsam tractiren und an des abgewichenen churfürsten
statt die wahl eines catholischen und zwahr herzog Ernsten in Bayern
Ernst Hg.v. Bayern (1554–1612), 1581 Fürstbf. von Lüttich, 1583 Ebf. und Kf.v.
Köln, 1585 Fürstbf. von Münster. Vgl. NDB IV S. 614f.
desßen würckhliche immission befürdern lassen, wie solches alles hernach
weitter vom Thuano umbstendig beschrieben würdt.
Dagegen hat man auf catholischer seithen dieses zue opponiren, daß kaisers
Rudolphi resolution und antwort, so er ieztbemellten dreyen herrn chur-
fürsten
fochten , anno fünfzehenhundertneünzig, den siebenundzwainzigsten Julii,
ertheilt, diese wortt in ihrem munde führet: „Ihre Kayserliche majestätt
köndten in dem religionfrieden und dessen begrieff keinen underschiedt
machen und müessten derowegen auch die articul des geistlichen vorbe-
hallts für einen articul und theil deß religionfriedens hallten, weil auf diese
ganze verfassung nichts davon außgeschlossen, ihre Kayserliche majestätt
einen leiblichen aidt geschworen, deren auch eben dieses alles bey ihrer
königlichen wahl durch des heyligen Reichs churfürsten ohne einige auß-
nahmb und reservation fürgehallten worden seye, darbey es ihre Kayser-
liche majestätt nunmehr pflichten halben billich auch verbleiben liessen.
Dahero dann auch die supplicirende chur- und fürsten vernünfftiglich ab-
nemmen köndten, wie wenig ihrer Kayserliche majestätt gebühren wollen,
daßihenige, waß in beyden stifften Cölln und Straßburg diesem vorbehalt
zuwider fürgenommen worden, guetzuehaissen, und daß es auch zue denn
erfolgten thadthandlungen und weitleüffigkeiten nimmer kommen were, da
man sich beiderseits deß religionfriedens hette erinnern und demselben ge-
strackhs nachgehen wollen.“
6. Sexto sezen die protestierende zue evertirung dises vorbehalts, es be-
müehten sich die catholischen exceptionem a regula beyzubringen, daß die-
selbe nur von weltlichen ständten zu verstehen, dann von den geistlichen
were in § „Und nach dem“ et cetera gar ein anders verordnet, welchen sie
den geistlichen vorbehallt nennen thetten. Nun seye gewisßlich, sichtbar
und greifflich, daß dieser § ganz unverbindtlich were und vim legis nie-
mahls gehabt hette, dan was in vorigen reichsabschiedten ia eben in hac
ipsa constitutione pacis religionis in genere verwilliget und verordnet, daß
khein standt umb der Augspurgischen confession willen sein landt und
herrligkeit verliehren solle, daß soll dieser paragraph corrigiren und respec-
tu der geistlichen ständte ein anders ordnen, da doch in ipso contextu des-
selben außtruckhlich stehet, daß die ständte sich hierinnen nicht verglei-
chen können, weil dan einem yeden, der von Teütschen sachen nur ein
wenig wissenschafft tregt, nicht unbekhandt und aus iezt herausgelassener
Kayserlicher resolution, artikel 5, mit mehrerm zue sehen, daß im Reich
keine newe gesäz gegeben, noch die alten interpretirt werden können, es ge-
schehe dann mit einwilligung der gesambten reichsständte. Darzue noch
dieses kommen, das anno funffzehnhundertzweyundfunffzig zue Passaw
verglichen worden, es solte in religionssachen daß mehrere nicht gelten,
darmit khein theil des überstümmens sich nicht zu befahren haben und nun
ad validitatem actus cuiusque nicht allein voluntas, sondern auch potestas
erfordert würde, so folge unwidersprechlich, das, ob es wohl bey einrück-
hung dieses paragraphs und vermeinten vorbehallts könig Ferdinando und
denen catholischen stendten am willen nicht ermanglet, doch gleichwol
potestas ipsorum sich dahin nicht erstreckht, die reichssazung und religions-
friden ihres gefallens ohne einwilligung der evangelischen, welche dieser
paragraph fürbey und nach dem religionsfriedt bestendig widersprochen, zu
restringiren und zu ändern, sondern was solcher gestalt geschehe, und also
auch diß reservatum were an sich selber null und nichtig.
Hierauff köndte nun zwahr wohl gesagt werden, daß wo kheine regul in
contrarium gemacht, da darff es auch kheiner exception, und es ist schon
zur gnüege demonstrirt, daß weder im religionsfriedt, noch den vorigen
reichsabschieden, noch auch bey dem Passawischen vertrag einige solche
regul gemacht worden, das die Augspurgische confessionsverwandten crafft
derselben befuegt weren, auch die hohen erz- und stüfft, so die catholische
damahls noch in ihrem würckhlichen besitz gehabt, zuekommen, sondern
vielmehr daß gerade widerspühl, dahero auch die catholische kheine excep-
tion für sich absonderlich dociren dürfften, weil aber die protestierenden
mehr angezogenen § „Und damit“ et cetera schon damalß bey aufrichtung
des religionfriedens, eher man sich desselben noch genzlich verglichen hat,
insoweit extendiren, daß sie nicht allein dieihenigen stüfft, so sie schon zur
selbigen zeit zue sich gezogen gehabt, behalten, sondern auch andere darzue
adquiriren. Die catholischen aber entgegen solches nit gestatten noch ein-
gehen wollen, sondern sich deßhalben zu verhüettung dessen und mehrern
bezeigung ihres widerwillens durch den folgenden § „Und nachdem“ et
cetera außtrückhlich verwahren lassen, so khan man solchen paragraph gar
wohl für eine limitation oder exception de regula passiren lassen, unnd ist
hierbey allein die frag, ob ihr Kayserliche majestät genugsamb befuegt
gewest, denselbigen paragraph und vorbehalt dem religionsfrieden also ein-
zuruckhen und ob die catholische dardurch also verwahrt sein, daß sie sich
krafft desßen wider der protestirenden praetension zue diesen erz- unnd
stüfftern mit fueg und recht erwehren können.
Die antwort beruhet kürzlichen auf dem, ob die protestierende vorher ein
ius gehabt zue diesen erz- und stüfften et quia affirmantibus probatio
incumbit, so müessen sie dasselbig vor allen dingen demonstriren, quod non-
dum est factum. Dagegen so ist oben clärlich außgeführt (und werden es die
catholischen ohne allen zweiffel noch besser außführen), daß sie keines
gehabt, sondern ihnen, den catholischen, vielmehr ein ius contrarium be-
haubtet und überall daß uti possidetis ita possideatis neben andern mehr zu
vorbehallten. Ist auch notorium, daß dergleichen erz- und stüffter nur für
catholische geistliche fundirt unnd außgesezt, daher die protestierende
ihnen erst bey dem religionsfrieden ein new ius erworben, die catholischen
aber dasselbe keinesweges eingehen wollen und deßwegen streitt entstan-
den , dessen beide theil sich miteinander selber nicht vergleichen können.
Wo nun khein theil dem andern weichen will, da hatt billich daß oberhaubt
vigore supremae in omnes partes rei publicae dignitatis et potestatis den
außschlag zu machen, damit friedt und recht erhalten werde, massen bey
vorgehenden friedenständte der religion, so maistentheils ex plenitudine
potestatis Caesareae ohne der catholischen stendt allgemeinen einbewilli-
gung in favorem protestantium pro conservatione pacis publicae gemacht,
geschehen ist. Es hatt auch ein yeder theil, solang dergleichen außschlag
nicht geschicht, guet fueg und macht, sein ius per protestationem oder sonst
zue reserviren und dessen sich zue seiner zeit gebürlich zu gebrauchen. Nun
hat der Kaiser dißfalls den außschlag gegeben, und zwar noch milder und
glümpflicher, alß sonst dem rechten nach geschehen dürffen. Dann ihre
Kayserliche majestät auf ihr, der protestirenden, ersuchen diese drey addi-
tiones zugethan: 1. daß sich die ständte miteinander nicht vergleichen
können, 2. daß den geistlichen ihr abtritt soll an ihren ehren unnachthailig
sein, 3. daß dieser außschlag künfftiger religionsvergleichung soll unschäd-
lich sein. Die catholischen haben denselben vorbehalt mit ieztgedachtem
zuesaz angenommen unnd in den religionfriedt sezen lassen, auch hierdurch
ihr ius per modum sanctionis publicae gnuegsamb verwahrt und vorbe-
hallten . Die protestierende haben solchen außschlag gleichfalls in religion-
friedt kommen lassen und ist von ihrer contradiction, protestation oder
reservation darwider im religionfriedt nicht ein jota zu befinden, sondern
dagegen nach dem allen in § „Solches und jedes“ et cetera diese clausula
solennis hinzuegesezt worden, „daß Kayserliche majestät alles und jedes, so
obgeschriben und (nota bene) in einem jeden articul nambhafft gemacht
und sie anrühret, bey ihren Kayserlichen und königlichen würden unnd
wortten für sich und ihre nachkommen stett, vest, unverbrüchlich und
aufrichtig halten und vollziehen, dem strackh unwaigerlich nachkommen
und geloben und darüber iezt oder künfftiglich weder auß vollkommenheit
oder unter einigen andern schein, wie die nahmen haben möchten, nichts
fürnehmen, handlen oder außgehen lassen, noch yemandt andern von ihret-
wegen zue thuen gestatten wollen und sollen“. Unnd in paragraphis sequen-
tibus stehet der chur-, fürsten und stände zuesag „für sich, ihre nachkom-
men und erben bey fürstlichen ehren und würden, in rechten gueten trewen
und im wortt der warheit, auch bey trew und glauben (und also an aidts
statt) soviel einen jeden betrifft oder betreffen mag, (nota bene) wie allent-
halben obstehet (und consequenter auch obangeregten vorbehalt) steth,
vest, auffrichtig und unverbrüchlich zu hallten, und dem getrewlich und
unwaigerlich nachzukommen und zu geleben“.
Es folget auch strackhs in § „Verrner verpflichten“ et cetera eine mutuable
verbündtnus zwischen ihrer Kayserlichen majestät und den ständen zue
allen theilen, daß sie einander wider denihenigen, der ihrer ainen oder
andern wieder diesen frieden und desselben inhallt belaidigen wurde, mit
der thatt getrewlich helffen und beyspringen wolten, und in paragraphis
sequentibus würdt dem cammergericht anbefohlen, daß sie sich demselbigen
gemäß verhalten, auch denen anrueffenden partheyen hierauff gebührliche
hülff des rechtens ertheilen sollen. Sie haben sich auch zue dem ende einer
besondern executionsordnung dabey verglichen, wie der lenge nach aus sol-
chem reichsabschiedt zue sehen.
Und in fine dessen haben sie die subscription und volziehung ohne alle fer-
nere beding und außnahmb mit widerholung obiger zuesag angehenckht,
wie sonst gebräuchlich.
Alles dieses ist in folgenden reichsabschieden anno funfzehenhundertsiben-
undfunffzig , funfzehenhundertnewnundfunffzig und funfzehenhundert-
sechsundsechzig
Vgl. [ nr. 87 Anm. 16 ] .
anderweit solenniter bestettiget. Dahero de validitate huius reservati ganz
khein zweiffel überig bleiben kan, dann solang die protestierende nicht
darthuen und beweisen können, das ihnen der zutritt zue denen erz- und
stifften im Passawischen vertrag und religionsfridt außtrückhlich zugelas-
sen , so lange können sie sich über diesen vorbehalt mit fug und billigkeit im
wenigsten beschweren, sintemahl die catholischen durch dessen observanz
nichts anders alß die conservirung dessen, waß sie noch zeit deß Passawi-
schen vertrags und religionfriedts gehabt und ihne ohnedaß von alters her
von Gott und rechts wegen zuegestanden, suchen thuen, derowegen sie dan
billich dabey handtzuhaben und zue schuzen sein. Es haben auch die pro-
testierenden in dergleichen sachen nirgendt anderstwo her einige praeten-
sion wider die catholische geistliche und weltliche, alß obs dem
Passawischen vertrag und religion zue fundiren [!]. Dan alle vorige rechten
und reichsconstitutionen seindt ihnen schnurstrackhs zuwider, ausserhalb
waß etwan nur ad certum tempus für friedtstende gemacht worden, zumahl
die clausula derogatoria in dem religionfriedt § „Und soll alles“ et cetera
angehengt mit diesen wortten: „Daß alles, daß in vorigen reichsabschieden,
ordnungen oder sonst begriffen und vorsehen, so diesem friedtstandt“ (nota
bene) „in allem seinen begriff, articulen und puncten zuwider sein oder ver-
standen werden möchte, demselbigen nichts benemmen, derogiren noch ab-
brechen , auch dagegen keine declaration oder etwas anders, so denselbigen
verhindern oder verändern möchte, nicht gegeben, erlangt, noch angenoh-
men , oder ob es schon gegeben, erlangt oder angenohmen wurde, dennoch
von unwürden und unkräfften sein und darauf weder inn noch ausser rech-
tens nichts gehandelt oder gesprochen werden solte.“
7. Zum siebenden negiren die protestierenden, daß sie diesen puncten könig
Ferdinando heimbgestellt und sagen, es seye solches dem buchstaben des
religionfriedens und denen reichsactis ganz entgegen, dann die bezeigten
clärlich, daß die evangelische in dise dinge nie gewilliget, sondern allezeit
widersprochen, unnd könig Ferdinandus hette auf Kayserliche heimbstel-
lung und gewalt denselben also hineingesezt, welche gewält und heimbstel-
lung aber dieses nicht würckhen köndte, daß seine königliche maiestet
invitis statibus ein gesäz fürschreiben können. Ohne sey zwar nicht, die
evangelischen hetten sich vernehmen lassen, sie könten ihrer Kayserlichen
majestät weder maaß noch ziehl geben, waß sie aus heimbstellung ihrer
Kayserlichen majestät thuen oder lassen wolten, aber strackhs darauf und
in eodem scripto hetten sie mit außgetruckhten wortten sich bedingt, sie vor
ihre persohn khönten in das reservatum nicht bewilligen, und weil sie ia
endtlich das factum inserendi reservati nicht wehren können, hetten sie
zum wenigsten nur die wortt zu mildern gebetten, darmit aber so wenig in
diß reservatum eingewilliget, alß einer pro confesso zu hallten, wann er
seinen gegenpart bäthe, er möchte das übergebene libell ändern und die an-
zügliche verkleinerliche wortt außlassen. Die in fine des religionfriedens
befindliche assecuration und subscription aber beruffe sich auf daß, was
obstehet. Nun stehe oben in contextu deß religionfriedens, das die evangeli-
sche in das vermeinte reservatum nicht gewilliget, welchen dissensum sie
auch bey allen künfftigen reichsversamblungen und andern bequemben
gelegenheiten eyfferig widerholet hetten.
Waß nun die angezogene heimbstellung anbelangt, würdt zwar in dem
religionfriedt deutlichen nicht gesezt, das solche von den ständen sey ge-
schehen und können die wortt desselben hiebey nur von des Kaisers voll-
macht angezogen und verstanden werden. Man hat aber auch bey berath-
schlagung des edicts, soviel aus denen damahligen reichsacten unnd proto-
collen befunden, daß die protestierende gleichwol zuelezt wie die
catholischen hierinnen ganz nicht weichen, sonder lieber den friedt zer-
schlagen lassen wollen, ihrer königlichen maiestet den außschlag heimb-
gesetzt . Inmassen auch vorhero aufm reichstag zue Regenspurg anno
fünffzehenhundertvierundvierzig besage des § „Alß wir aber“ et cetera
geschehen ist, da sie alle drey damalß gar starckh controvertierte
haubtarticul (1) von vergleichung der religion, (2) von friedt und (3) von
recht der Kayserlichen majestät gehorsambist heimbgestellet und favora-
bilem sententiam erlangt. Weil aber diß in gegenwerttigem fall nicht genueg
sein möchte, sie notorie dißfalls zu überweisen, so bedunckhet unß, es seye
dis pro catholicis genug, das die protestierenden aniezt in ihrer eigenen
schrifft bekennen, es hetten sich die evangelische vernehmen lassen, sie
köndten ihrer königlichen majestät weder maaß noch ziehl geben, was sie
aus heimbstellung ihrer Kayserlichen majestät thuen oder lassen wolten.
Dann hoc ipso haben sie plenitudinem potestatis Caesareae in hoc ancipiti
casu determinando erkent und nur allein darbey ihren dissensum angezeigt,
das sie darinen nicht, wie etwo sonst in andern puncten ist geschehen, per
modum pacti et conventionis mutuae außtrückhlich eingewilligt, aber als
im Kayserlichen gesäz und ordnung gleichwol stehen und dem religion-
frieden einverleiben lassen. Darzue es ihres theils deßwegen sovil weniger
eines außtrückhlichen consensus bedürfft hat, weil der Kaiser oder anstatt
dessen könig Ferdinandt, sein vielgeliebter bruder, unser hochseeligster
uranherr, mit belieben der catholischen dißfalls kein newe gesäz gemacht,
sondern das alte, so von vielen hundert jahren hero und seit das
die christliche catholische religion in Teütschlandt kommen und die erz-
und hohe stüfft darauf gewiedmet worden, im brauch gewest, nur confirmirt
und die straff, welche sonst wider desselben übertretter aufgesezt, in
gratiam confessionis Augustanae ad dictorum statuum und uf ihr eigenes
ansuchen zue befürderung desselben friedenschlusses allergnedigst gemil-
dert hat. Welch ansuchen vielmehr demihenigen petito gleich zu achten,
welches ein beklagter thuet, wan er die pöen der übertrettung, so der cläger
in libello sucht, zue moderiren bittet. Dan hierdurch bekent er sich ad
factum ipsum sambt dem iure, so darauff verordnet. Es seye aber auch
damit beschaffen, wie es wolle, so ist übrig genueg, das der geistliche vor-
behalt mit solchen außgetrüekhten wortten im religionfriedt kommen und
bey dessen endtlichen volziehung und subscription auch publication palam
nicht widerrueffen worden.
Es stehet auch in contextu deß religionfriedts nit, daß die protestirende
nicht eingewilliget, sondern das die stände beider religion sich desselben
nicht vergleichen können, und destwegen könig Ferdinandus uf die Kayser-
liche vollmacht und heimbstellung solches also gesezt und erclert. Derwegen
ist mehr offt gemelter vorbehalt ein recht substantialstuekh deß religion-
friedts worden, und weil die stände sich nach solchem und bey der unter-
schrifft geminato verpflichtet, alles das, was obstehet, in allen und ieden
steiff und vest zu halten, so ist diese ihre obligation auch auf denselben
vorbehalt billich zu extendiren, ingleichen alle die nachfolgende versiche-
rung de anno 1557, 1559 und 1566 et toties quoties, non obstante prote-
statione ante vel post facta, quia haec tanquam facta contraria nil potest
operari et alias iuris recepti est, quod protestatio conservet tantum ius,
quod quis in ante habuit, non autem adquirat id, quod quis non habuit.
8. Zum achten opponiren sie, daß Kaiser Ferdinandus primus sich anno
funfzehenhundertsiebenundfunffzig, den siebenzehenden Februaris, erboten,
solcher widersprechung eingedenckh und gestendig zu sein, welches aber, wie
es noch in facto zu beweisen stunde, dennoch, wans gleich also fürgangen
were, die sach nicht besser machen können, als sie zuvorhin geweßen, nec
enim sequitur si pars appellat contra ius vel sententiam latam et iudex
dicat, se istius recordari velle, parti appellanti per hoc novum ius contra
sententiam adquiritur, sed vetus tantum quatenus obtinuit, servatur.
9. Letzlichen so berueffen sie sich uf weylandt Kaisers Maximiliani secundi
resolution de anno funfzehenhundertsechsundsechzig, darinnen ihre Kayser-
liche majestät diesen punct noch für strittig gehalten, der in Gottes nahmen
auf andere fuegsambe tractaten zu verschieben und neben andern unver-
glichenen religionspuncten zur christlichen vergleichung zu tringen seye.
Wir haben aber auf gehabte fleissige nachfrag von solcher resolution die
wenigiste nachricht bey den verhandenen reichsacten und registraturen
selbigen jahrs oder sonsten finden können, posito aber, das dieselbige in
warheit so ergangen, so sehen wir nicht, wie solche zu cassirung undt auff-
hebung deß geistlichen vorbehalts was dienen könte. Dan obgleich die pro-
testirende denselben strittig gemacht und Kaiser Maximilian solchen stritt
zu einer künfftigen vergleichung remittirt, so folgt darumb nicht, daß der
vorbehalt unterdessen aufgehebt und die catholische darzwischen ihrer erz-
und stiffter entsezt, sondern vielmehr, daß sie nach außweißung des reichs-
abschiedts de anno funfzehenhundertvierundvierzig in § „Welche stendt
aber“ et cetera in fine ibi, „doch sollen die, so der underhaltung halben der
ministerien angefochten werden“ et cetera, wie auch nach verordnung deß
landtfriedens und aller anderer rechte pendente lite dabey geschuzt und
erhalten werden sollen.
10. Zum beschlueß führen sie noch diß motiven ein, das die reichsabschiede
daß fundament deß innerlichen friedens und wohlstandts deß Römischen
Reichs darauff sezen, daß kein standt, er sey geistlich oder weltlich, umb
der Augspurgischen confession willen beschwert, verachtet oder seiner
landt und herrligkeiten beraubt werden solte.
Daß ist an ihme selber wahr, aber daraus folgt bey weitem nicht, das
darumb die protestirende daneben befuegt weren, die hohen erz- und stifft,
welche zumahl die catholische noch in zeit deß Passawischen vertrags und
religionfriedens innen gehabt und besessen, an sich zu ziehen und ihrer
religion anhengig zu machen, sondern sowohl also sie begehren in ihren
fürstenthumben, landen und gebietten ihre religion und kirchengebreüchen
ruehiglich undt friedlich zu geniessen und alles, was derselbigen zu nachtheil
eingeführt werden könte, zu verhüeten, also seindt sie schuldig, solches auch
denen catholischen, geistlichen und weltlichen, für die catholische religion
zu gönnen, wie es dan in dem Passawischen vertrag § „Es sollen auch“ et
cetera und im religionfrieden § „Dagegen“ et cetera und allen vorigen
friedtstendten und abschieden außtrückhlich so versehen ist; und hierauff
so bestehet aigentlich die conservation deß landt- und religionfriedens, auch
der allgemeine friedt und wohlstandt deß Römischen Reichs, solang man in
der religion sich nit verglichen hatt. Dan wan die Augspurgische confes-
sionsverwandten nach und nach die noch übrigen erz- und stüffter an sich
ziehen und zu ihrer religion bringen wolten, wurde es zwar baldt in
Teütschlandt mit der heyligen catholischen religion und folgents mit dem
Kaiserthumb, durch welches doch die Teutsche nation nun von so viel hun-
dert jahren hero vor allen andern in der weltt in groß aufnemmen kommen,
gethan und geschehen sein, zu welchem unheil es doch die Augspurgische
confessionsverwandte stende zu noch mehrerm unheil und verderben ihres
selbst eigenen vatterlandts verhoffentlich nicht wurden kommen lassen.
Und dieweil nun diesem allen nach die protestirende khein einig saates
fundament zu impugnirung, weniger zu evertirung dießes vorbehalts haben,
so können wir salva pace publica Imperii et religionis mit ehrn und guetem
gewissen nicht sehen, das wir demselbigen zu nachtheil und entgegnen
etwas einbewilligen und nachgeben, weniger darzue cooperiren solten, daß
die catholischen, wie sie die protestirenden in conclusione dießes erstens
gravaminis gebetten, davon abstehen und die protestirenden hinforth zu
deren erz- und stifftern, die sie, die catholische, noch bis anno sechzehen-
hundertsiebenundzwainzig , den zwelfften Novembris stylo novo, un-
verruekht in ihrer handt und bey der heyligen catholischen religion
erhalten, admittiren, auch die gescherpfften iuramenta und statuta endere
und bey eheister sedisvacanz Augspurgische confessionsverwandte zu erz-
und bischoven oder praelaten wöhlen möchten, sondern wir seindt alß
advocatus ecclesiae undt weltlich oberhaubt den catholischen hierinnen zu
assistiren und die unbillichkeit dieses begehrens und daß dasselbe nicht zu
innerlichen friedt und wohlstandt deß heyligen Römischen Reichs, sondern
zu dessen endtlichen verderben und untergang gerichtet, wohl zu repraesen-
tiren , die protestirende auch beweglich erinnern und ermahnen zu lassen
schuldig, das sie selbst davon abstehen und es bey gedachtem vorbehalt
geruhiglich verbleiben lassen. Sonsten und wan man dieses essentialstuekh
fallen oder nicht in acht genommen werden solte, sehe man nicht, wessen
die catholische sich deß religionfriedts oder auch eines weitern vergleichs
über denen übrigen gravaminibus zu erfrewen und zu getrösten hetten;
zumahl sie ohnedas in Prager friedenschlueß bereit gar viel auf eine lange
zeit hinaus umb deß verhofften friedens willen zuruekhgelassen und doch
darauff der übrigen in rhue und sicherheit bißhero nicht geniessen können.
Welches alles obbemelte unsere Kayserlichen gesandten besagten protesti-
renden beweglich zu gemüeth zu führen hetten. Es were auch dieses alles
denen cronen, und zwahr den Schwedischen abgesandten durch unsere
Kayserlichen gesandten, den Franzosen aber durch die mediatores eyfferig
und beweglich fürzustellen, damit sie gleichwohl sehen und erfahren kön-
ten , auß was redlichen, bestendigen ursachen wir und unser hochgeehrtister
herr vatter, in Gott ruhendt, und alle unsere löbliche vorfahren sich in
diesem punct der catholischen bis anhero angenommen und darüber zu den
waaffen grieffen und daß dagegen die beede cronen, sonderlich aber die
cron Franckreich, alß eine christliche catholische cron nicht befuegt, denen
protestirenden hierinnen wider den claren buchstaben deß religionfriedens
beyzustehen. Auch ihre Pabstliche heyligkeit umb soviel desto mehr ursach
haben, die cron Franckreich davon abzuhalten, wie dan auch durch den
Venetianischen ambasciador denn Schwedischen, daß sie in diesem pasß
nachgeben und die protestirenden nicht darauff besterckhen wollen, alles
fleißes zu
2 ersuchen] Fol. 45 fährt das Gutachten an dieser Stelle fort: Dan wan Euer
Kheyserliche Majestät in dießem punct, darinnen sie notorie iustissimam causam fur
sich haben et ecclesia catholica, sich standthafft für die catholischen erweißen undt
nicht weichen, in andern aber, wo die protestierende ihre praetension besser bescheinen
kinden [ ursprünglich: wo man nicht so wohl fundirt], den protestierenden etwas nach-
geben thuete [!], so werden sie beide theil an sich behalten undt mit den kronen desto
leichter zum frieden gelangen.
Anlangendt die andere frag, ob dan den protestirenden nicht dieiehnige
erz- und stiffter, so sie biß anno sechzehnhundertsiebenundzwainzig, den
zwelfften Novembris, in handen gehabt, nicht nur auf mehrere jahr hinaus,
wie unß albereit vor diesem aus bewegenden ursachen eingerathen worden
und Franckreich
7 an die handt gegeben hatt] Das Gutachten fährt fol. 45’ an dieser Stelle fort: auch
auf weiterer conferenz mit den theologis beruhet. Ein Zusatz der nach dem Theologen-
Ga. v. 16. Februar (vgl. [ nr. 180 Anm. 3 ] ) hinfällig geworden war.
künfftiger vergleichung der religion und also gleichsamb in perpetuum, wie
die cron Schweden haben will, zu lassen und sie destwegen genuegsamb zu
versichern. So wolten wir zwahr gehrn vor allen dingen der catholischen
guettachten und waß sie hierinnen thuen und lassen wollen, erwartten,
dann es sehr bedenckhlich, ihnen darunder fürzugreiffen, zumahlen man
noch ungewiß, ob der effect deß angezielten friedens darauff erfolgen und
sie bey den übrigen geruehig bleiben möchten, auch in quaestione, mit was
behuetsambkeit ein und andern auß dergleichen vorgrieffe besorglichen
inconvenientien zu begegnen möchte sein, mit mehrerm vorgesehen wirdt
werden. Weil aber auß allen umbstenden erscheinet, das es darmit sehr
langsamb und schwehr hergehen wirdt unnd ein iede stundt deß verzugs
dem allgemeinen frieden, darnach iederman, auch die catholische selbst, so
hoch schreyen und rueffen thuen, sehr hinderlich und nachtheilig ist, so
erfordert die notturfft, daß wir diesen sachen für unnß selbsten waß
mehrers nachdenckhen und darüber ein gewisse resolution nemmen, wessen
wir unß endlich, wan der friedt hieran hafften wolte, darauff erclären
möchten.
Nun erinnern wir unnß zwahr gar wohl, das unß durch gegebene guett-
achten gerathen worden, daß wir nochmals versuchen solten, ob es nur bey
einer prorogation derer im Prager friedenschlueß gesezten vierzig jahr, als
etwan noch auf andere vierzig und also auf achtzig oder auch auf hundert
jahr hinaus von dato iezt bemelten Prager friedens möchte verbleiben, die-
weil unß aber auß andern angezogenen ursachen dienlicher zu sein, an die
handt gegeben worden, daß es besser sey, daß diese prorogation biß zu endt-
licher religionsvergleichung
dießes nit mißfallen lasßen. Werden demnach unsere Kayserlichen gesand-
ten , wan diese sach an sie kommen wirdt, dieser unserer resolution zu
inhaeriren wissen, daß wir nemblich nachgeben und bewilligen, daß dieieh-
nige erz- und stiffter, so die protestirende albereit den zwelfften Novem-
bris anno sechzehenhundertsiebenundzwainzig in handen gehabt, solche
ihnen biß zu güetlicher christlicher vergleichung in der religion überlassen
sein sollen, welches wir aber mit dieser außtrücklichen condition und
beschaidenheit eingehen und nachgeben, wan die protestirende es in dem
übrigen bey dem geistlichen vorbehalt bewenden lassen und man vermitels
dessen zu einen gemeinen friedenschlueß gelangen könte, auf welchem fahl
dan auch ein richtige verzeichnus mit beeder theil belieben und consens
aufzurichten, was für erz- und stifft den Augspurgischen confessionsver-
wandten gelassen wurden und hingegen den catholischen verbleiben, damit
heut und morgen super quaestione facti desto weniger gestritten werden
möchte.
Und dießes alles neben andern unß hierzue bewegenden ursachen, auch
dernthalben, weil wir erwegen, daß fast in vorigen friedtstandt in effectu
der protestirenden bereit vorlengst diese erz- und stiffter auf ein perpetuum
hinaus vergeben worden, also daß wir denen catholischen mit einer lengerer
prorogation mehrers nicht, alß was vorhin schon weg, vergeben thuen. Sol-
ches kürzlichen unsern Kayserlichen gesandten zu dero nachrichtung zu
erkhleren, damit sie sich auff alle begebenheiten, sonderlich gegen den
catholischen ständen, bedienen mögen, ist zu merkhen, daß der erz- und
stiffter, so hierunter begriffen werden, zweyerley seindt: theils seindt
albereit vor dem Passawischen vertrag und religionfriedt, theils nach dem-
selben erst eingezogen worden. Wegen der ersten ist in den vorigen friedt-
ständen und reichsabschieden de anno 1541 und 1544 ein recht uti possi-
detis , ita possideatis wegen solcher stifft, wie oben schon gemeldet, bis auff
ein khünfftiges general- oder nationalconcilium oder einen andern reichstag
und vergleich gemacht und solches hernach durch den Passawischen vertrag
und religionfrieden perpetuirt und bis zu endtlicher vergleichung der spal-
tigen religion verlengert worden. Dahero werden sich die possessores künff-
tig wieder der catholischen ansprüch mit diesem uti possidetis et cetera
schüzen, etliche auch temporis longissimi praescriptionem opponiren, zu ge-
schweigen , daß etliche ständt mit den geistlichen sich über etliche derglei-
chen stifft schon lengst vertragen haben und deßwegen den reichsabschiedt
de anno 1544 § „Welche ständt aber“ et cetera furwenden möchten, darin-
nen diese wortt begriffen: „Welche ständt sich der geistlichen gütter,
renthen und zinsen halben schon vertragen hetten oder nochmals guetwillig
vertragen wurden, die solten darbey bleiben.“
Und obzwar dieses alles mit deme abzuleinen, daß in mehrbemeltem
reichsabschiedt de anno 1544 § „Und darmit“ et cetera et § „Doch sollen“
et cetera ein unterscheidt zwischen den mediat und immediat geistlichen
ständen (alß auch oben schon erinnert) gemacht worden, dergestalt und
also, daß yenen ihre rentten, zinsen und güder an das orth, wo ihr stifft,
closter oder hauß gelegen, diesen aber an das orth, wohin sie ihre residenzen
verruckt hetten, gefolgt werden sollen, so möchten doch die protestirende
dargegen sagen, daß hierdurch dasyehnige, was sie zur selbigen zeit darvon
albereit in ihren handen und besiz gehabt, nicht auffgehoben, sondern den
catholischen allein dasyehnige, was sie noch in zeit vorhergangenen ab-
schiedts de anno 1544 possidirt, gelassen worden; es seye auch in dem reli-
gionsfriedt wieder diesen aussaz außdrukhlich ein anders nicht verordnet.
Derowegen musse es bey vorigem abschiedt verbleiben und könte der geist-
liche vorbehalt, do er auch gleich in seinem esse bliebe, de praeteritis nicht,
sondern allein de futuris interpretirt und verstanden werden, masßen dann
derselbe außtrückhlich allein de futuris casibus nach dem buchstaben reden
thue.
Es ist zwar im religionfriedt stracks nach mehrgemeltem vorbehalt § „ Die-
weil aber“ et cetera auch ein unterscheidt zwischen den hohen immediat
und andern mediatstiftlichen und geistlichen güttern zu finden, in deme
daselbst gesezt wirdt, daß, „weil etliche ständt und deroselben vorfahren
etliche stifft, clöster und andere geistliche güetter eingezogen und dieselben
zu kirchen, schuelen, milten und andern sachen angewendet, solche einge-
zogene gütter (nota bene), welche denenyehnigen, so dem Reich ohne mittel
unterworffen und reichsständt sein, nicht zuegehörig und deren possession
die geistlichen zeit des Passawischen vertrags oder seithero nicht gehabt, in
diesen friedtstandt mitbegriffen und bey der verordnung, wie es ein yeder
standt darmit gemacht, gelassen und dieselben ständt derenthalben weeder
innerhalb noch ausserhalb rechtens, zu erhaltung eines bestendigen ewigen
friedens nicht besprochen noch angefochten, auch cammerrichter und bey-
sizer dieser eingezogenen und verwendter güetter halben keine citation,
mandat und process erkhennen sollen“.
Daraus dann, argumento a contrario sensu de sumpto, nicht unbillich kan
geschlossen werden, ergo seindt die hohen und immediatstifft und geistliche
güetter, welche den reichsständen zuegehören, nicht darmit begriffen, son-
dern darvon außgenommen, massen auch die catholische eines theils in
ihren schifften, sonderlich aber die authores libri Dillingensis, super compo-
sitione pacis religiosae, capitulum 8, quaestio 55, numeri 1 et 2 solches also
concludiren und vermeinen, daß dahero die Augspurgischen confessions-
verwandten schuldig, den catholischen alle dergleichen stiffter und clöster,
welche ihnen vor dem Passawischen vertrag entzogen, zu restituiren. Aber
man hat mit solchen leuthen zu thuen, die sich gar nicht oder doch sehr
schwerlich mit dem lautern claren buchstaben des religionfriedens, ge-
schweig dann per argumenta illativa a contrario sensu desumpta, wollen
bedeuten lassen und eher man sie hierinnen mit recht überweisen und exe-
cutiren köndte, so muste zuvorhero daruber eine rechtliche decision er-
gehen , welche doch ebenso schwer, alß das edict gegen dieselbe zu behaub-
ten , fallen wurde. Wie man dann auch bey berathschlagung des edicts und
dessen execution, ungeachtet man darfur gehalten, daß sie zu dergleichen
hohen stifftern ebensowenig recht alß zu den andern hetten und damals die
Kayserliche und catholische macht viel stärkher an der handt gewest, sich
dennoch nicht hat unterstehen wollen, selbige hohe stifft und beneficien,
die vor dem Passawischen vertrag eingezogen worden, in anspruch zu
nehmben und die execution darauff zu decerniren, sondern man hat alles
nur auff dieyehnige richten lassen, welche erst nach dem Passawischen ver-
trag wegkommen.
Wir erinnern uns zwar auch dieses, daß im Prager frieden § „Anfenglich“
et cetera et paragraphi sequenti „Waß aber anlangt“ et cetera zwischen den
mediat und immediat, stifftlichen und geistlichen güttern auch ein unter-
scheidt gemacht und wegen der mediatgütter, welche schon vor dem Passa-
wischen vertrag oder religionfriedt eingezogen, dis versehen, daß es der-
selben halben durchaus bey dem claren buchstaben des religionfriedts aller-
dings verbleiben, „der immediat stifftlichen und geistlichen gütter halben
aber, welche vorhin eingezogen, sowohl auch deryehnigen wegen, die erst
nach demselben in der Augspurgischen confessionsverwandten gewalt kom-
men , die seyen gleich mediat oder immediat, dieses verglichen worden, daß
ihnen dieselben alle miteynander, so viel sie deren anno 1627, den 12.
Novembris stylo novo, innengehabt, besessen und gebraucht, nichts außge-
nommen , wie es auch genennet werden möchte, ohne einigen anspruch und
zuespruch auff 40 jahr hienaus, von dato solches friedens anzuräiten, geru-
higlich verbleiben sollen“. Daraus dann sicherlich zu schliessen, daß nach
verflüssung solcher 40 jahren die catholischen zu solchen hohen immediat-
stifftern ohne unterscheidt, sie seyen vor oder nach dem Passawischen ver-
trag oder religionfriedt ihnen von abhanden kommen, ihren zuspruch un-
verlohren hetten. Aber eben der ursachen halben seindt etliche protesti-
rende mit solchem Prager frieden desto übler zufrieden, dringen iezt auff
einen andern schlueß, daß sie vermeinen, es seye ihnen ihr ius zu den alten
stifften dardurch etwas schwerer gemacht worden, und wans ümb und ümb
kombt und man soll die sachen erst mit recht außtragen, so werden sie die
vorigen exceptiones opponiren.
Soviel dann die newen anlangt, die erst nach dem Passawischen vertrag
denen catholischen entzogen worden, so ist zum theil in quaestione facti
bey der execution des edicts zweifel furgefallen, welche eigentlich darfur
zu achten. Dann die protestirende in etlichen sich darauff berueffen, daß
dieselben schon vor dem Passawischen vertrag und religionfriedt in ihren
gewalt kommen wehren. Zum theil ist diese quaestio iuris movirt worden,
ob der geistliche vorbehalt auch auff dieyehnigen zu extendiren, die sich
mit consens der thumbcapitul selbsten reformirt, dann weil derselbe in dis-
positivis verbis nur in singulari numero von einem erzbischoff und praela-
ten rede und denen capituln nicht außtruckhlich befehle, alßbalt einen
andern an desselben stell zu erwehlen, sondern es ihnen nur zuelasse und
also in ihren freyen willen stelle, so haben sie vermeint, daß selbige erz-,
stiffter und bißthumb nicht darein gehörten, obgleich sonst der geistliche
vorbehalt nicht angefochten werden köndt.
Nun lassen wir es zwar allerdings bey dem verbleiben, was damals fur
recht und billich ist geachtet worden, nehmblichen, daß solcher einredt
ungehindert der geistliche vorbehalt auch auff dieselben erz- und stiffter
zu verstehen, dann was einem ex collegio tanquam collegae ius gemein ver-
botten wirdt, daß ist auch denen andern weder in gesambt noch sonders
zuegelassen, et quia unus ne dum plures conservare possunt ius ecclesiae, so
hat der andern abfall dem gemeinen recht und vorbehalt nichts derogiren
können. Es ist aber endtlichen darüber dieser unselige krieg entstanden und
durch den Prager frieden alle execution, sowohl der alten alß newen erz-
und bisthumb eingestelt und ihnen, den protestirenden, versprochen worden,
solche bis auff 40 jahr hienauß geruhiglich zu lassen, und damit nach ver-
flüssung solcher 40 jahr die liebe posteritet ümb dieser strittigkheit willen
nicht abermals in unruhe und weiterung gerathe, so soll noch vor außgang
der bewilligten 40 jahren durch zuesammensezung friedtliebender ständt
von beyden religionen, in gleicher anzahl, alle eüserste bemühung angewen-
det und hierzue in nechsten zehen jahren wenigst der anfang gemacht wer-
den , ob die sach ümb angeregter geistlicher gütter halber mit beyder theil
belieben auff einmahl zu grundt verglichen werden köndte. Wurde aber
solches nicht erfolgen, so solle nach außgang der bemelten 40 jahren yeder
theil in demyehnigen rechten stehen, welches er den 12. Novembris stylo
novo anno 1627 gehabt, sich desselben, so guet oder schwach es dazu-
mahl gewesen, gütlich oder rechtlich zu gebrauchen und soll deßwegen
kein theil wieder den andern unerkhandten ordentlichen rechtens zu den
waffen greiffen, die Römisch Kayserliche mayestät auch solches andern zu
thuen nicht gestatten, weniger fur sich die ständt damit beschweren.
Solche vergleichung ist nun albereit durch yungsten reichsabschiedt de anno
1641 angefangen und zu Frankfurth, zwar bey nechstgehaltenem deputa-
tiontag , auff einen andern convent gegen 1. May daselbst wiedereinzukom-
men , außgesezt, inmittelst aber zu den allgemeinen friedenstractaten eben
zu dem endt remittirt, daß man sich dieser strittigkheit halben endtlich und
zu grundt und also in perpetuum hienaus, so lange der religionfriedt bleibt,
vertragen möchte. Khan man sich dann nicht vergleichen, so haben die pro-
testirende nach außgang der 40 jahren eben die exceptiones, die sie zuvor-
hin gehabt und anfangs, daß wir in dießen sachen fur uns selbsten und
allein an unserm Kayserlichen hoff nichts decidiren können, wie es dann im
Prager frieden § „Und behalten“ et cetera außtrückhlichen versehen, daß
ihre Kayserliche mayestät alßdann etliche chur-, fürsten und ständt des
Reichs von gleicher anzahl beyderseits religionsverwandten darzue ziehen
sollen (wo es anderst noch darbey verbleiben und nicht durch die aniezt
von denen protestirenden begehrte newe tribunalia auch dieser weeg denen
catholischen ganz abgeschnitten werden möchte). Darnach so werden sie die
obgedachten quaestionen facti et iuris wiederholen und sich an das Kayser-
liche edict und die darinnen gemachte decissiones, alß welche erst nach
anno 1627 außgegangen und alßbalt in stritt gezogen worden, nicht verbin-
den lassen, endtlichen in passibus dubiis auff einem allgemeinem reichstag
provociren und von dannen aus ein einhellige resolution begehren; alßdann
dergleichen resolution, da ihnen solche nicht annehmblich fallen möchte,
eben wie vor diesem und bißhero die vergleichung der religion verhindern
und furwenden, es seye noch kein ordentlich recht wieder sie ergangen und
consequenter könne man auch, nach inhalt des Pragerischen friedenschlues-
ses , wieder sie mit keiner execution verfahren, weniger zu den waffen
greiffen, damit sie auff solche weiß ewig und so lange es ihnen nur gefellig
ist, bey allen diesen erz- und stifften bleiben mögen.
Über dieses so ist Chursachsen wegen seiner inhabenden stiffter Mörßburg,
Meissen und Naumburg contra viam facti schon in anno 1620 zu Mül-
hausen durch einen churfürstlichen collegialschlueß
contra viam iuris bey dem Prager frieden durch einen sonderlichen recess
auff 50 jahr versichert. Churbrandeburg hat seine stiffter Havelberg und
Leubus mehrern theils vor dem Passwischen vertrag bekhommen; Magde-
burg und Bremen stehen neben andern mehr, alß Camin wegen Pommern,
Schwerin wegen Mechelburg, Minden, Verden, Oßnabrugg im Niedersäch-
sischen und Westphalischen cräiß in der Schweeden handt und stehet dahin,
ob sich solche recuperiren lassen werden.
Vor das andere so sehen wir nicht, wie man rebus ita stantibus prout nunc
stant, den protestirenden dieselben erz- und stiffter mit gewalt auß banden
bringen oder ihnen dero weitere versicherung werde füglichen abschlagen
können. Dann sie werden sich mit den außländischen cronen, wo sie es
nicht albereit gethan, wieder alle kunfftige ansprüch vor sich selbst auff ein
perpetuum hienaus versichern und ehender vollendts alles auff die spize
sezen, alß von dießen erz- und stifftern weichen. Entgegen und wann sie
hierinnen von uns und denen catholischen eine mehrere versicherung be-
khommen , so ist zu vermuthen, daß sie sich der andern halben, welche die
catholische bis auff annum 1627, den 12. Novembris stylo novo, in ihrem
besiz erhalten, desto mehr zufrieden geben und auff dieselbe den geistlichen
vorbehalt ohne einig weiter disputat pahsiren lassen werden, massen dann
dasselbe also außdrukhlich conditionirt werden köndte. Und weil bey vori-
gen viel bessern zeiten, da die Kayserliche und catholische macht bey
weitem nicht so sehr geschwecht gewest, dennoch allein umbs Türkhen
willen denen protestirenden ihre religion und was sie dazumahl in zeiten
des Passawischen vertrags und religionsfriedts von den geistlichen güttern
in handen gehabt, gleichsamb auff ein ewiges hienaus versichert worden, so
stehen wir in etwas an, ob man dasselbige aniezt in dem, was ihnen doch
schon ohne das in effectu so lang hienauß verschrieben ist und ohne grossen
gewalt nicht genommen werden khan, so hoch difficultiren solte. Nicht daß
man es von rechten wegen schuldig wehre, sondern daß es eine andere be-
schaffenheit mit diesem alß mit yehnem hat und daß es ratio status et
publicae tranquillitatis erfordert, daß man von seinem rechten etwas wei-
chen thue. Dahero dann Ludovicus Molina
transactionem et compositionem diesen unterscheidt machet, „quod saltem
transactio sit de re dubia, compositio autem de re certa, quando una pars
alteri ad evitandum maius periculum de iure suo cedit et non nunquam ali-
quid remittit, sine ulla compensatione“. Und weil wir auß allen ümbstän-
den vermerkhen und besorgen, daß ohne dergleichen composition und re-
mission der friedt nicht zu erheben, auch aus verlengerung des kriegs, im
fall man sonderlich auff dieser seiten mit den waffen besser nicht wurde
gefolgen können, noch die protestirende zufriedengestelt oder auff das
wenigste einig speciem realis compositionis ihnen gezeigt haben, viel ein
grösserer verlust von landt und leuthen und consequenter auch der religion,
alß alle die vorbemelten erz- und stiffter werth sein, zu gewarten; ya cron
und scepter sambt den übrigen erz- und stifftern darüber in malora gehen
möchten. Dahero wir nit unrecht zu thuen vermeinen, wann wir nach dem
exempel unserer löblichen vorfahren unsere Kayserliche hoheit und
authoritet interponiren und auß Kayserlicher macht und volkhommenheit
diesen streit, wann sich die ständt selber nicht darumb vergleichen, derge-
stalt auffheben und accommodiren, daß die protestirende, bey dem, was
sie schon haben und dessen sie in anno 1627, den 12. Novembris stylo
novo, in besiz gewest, bis zu endtlicher vergleichung der religion gelassen
und darüber durch einen algemeinen friedenschlueß bey gegenwertigen
tractaten, so auff künfftigem reichstag durch einen allgemeinen reichs-
abschiedt zu confirmiren, genugsamb assecurirt und versichert werden
möchten.
Und irret nicht, daß etwan hierduch etliche stifft und bisthumb gleichsamb
auß der reichsmatricul kommen möchten. Dan die protestirenden begehren
solche vom Reich weiter quoad temporalia zu lehen zu nehmben und also
bey der reichsmatricul unzertheilt zu lassen. Andere, die ihre stifft vor dem
Passawischen vertrag bekhommen, thuen dieselbe mehrerntheils mit ihrer
contribution vertretten. Es khan sich auch Bäbstliche heyligkheit und die
catholische kirch über diesen nachlaß nicht beschweren, dann wir und unser
hochlöbliches erzhauß haben nun von mehr dann hundert jahren her die
Bäbstliche authoritet und christliche catholische kirch wieder den erbfeindt
christliches nahmens, auch unterschiedtliche kezereyen und spaltungen in
und ausserhalb Deutschlandt mit darsezung guets und bluets so eyferig und
bestendig manutenirt und beneficirt, daß wir darüber iezt ümb cron und
scepter vast periditiren müssen. In welchem fall kein einiger theologus, wie
solches der Bäbstliche nuncius zu Münster laut unserer gesandten vorhin
eingeschickter relationen selbst bekhennet , uns ein gewissen machen khan,
daß wir nicht pro conservatione nostra dasyehnige, was wir ohnedas nicht
wieder in den schoß der kirchen bringen können, dahinden lassen und den
possessoribus 〈versichern〉 möchten. Wie dessen genugsambe exempla zu
zeiten Käiser Justiniani und anderer bey der Gothen und Wenden einfall
in Italien verhanden, da sich der Römische stuel selbst der Gotthen könige
und gewalthabern submittirt und darüber das occidentalische Käiserthumb,
bis es durch Käiser Carl den grossen
etlicher massen wieder auffgerichtet, zu trimmern und zu boden
15 gehen lassen] Das Gutachten fährt fol. 58’–59 fort: Und dieses were den catholi-
schen anfangs vertreülich anzedeütten, folgendts auch den protestierenden. Jedoch ver-
stehen die gehorsamste rhäte dieses alles mit dieser condition und bescheidenheit, das
ihre Kayserliche majestätt dasselbige nachgeben und eingehen solten, wan die pro-
testierende es in dem übrigen bey dem geistlichen vorbehalt bewenden liessen und man
vermittelst dessen vollendts zu einem gemeinem friedenschlueß gelangen köndte. Auff
welchen fall dann auch ein richtiges verzeichnüs mit beyder theil belieben und
consensu auffzurichten, was fur erz- und stifft denen Augspurgischen confessions-
verwandten gelassen wurden und hingegen den catholischen verbleiben, darmit heudt
oder morgen super quaestione facti desto weniger gestritten werden möchte
Die Entscheidung des Kaisers lautet (fol. 59): wegen deryehnigen erz- und stiffter, so
entweder vor dem Passawischen vertrag und religionsfrieden oder darnach von den
protestirenden eingenommen worden und sy dieselbige den 12. Novembris anno 1627
in possessione gehabt, sollen denselben, wan si es im ubrigen bey dem geistlichen vorbe-
halt bewenden lassen, bis auf eine christliche, guetliche vergleichung in religion in
handen gelassen werden.
lassen.
Anlangendt die dritte frag de titulo, investitura, sessione et voto und waß
sonsten für cautelen darbey zu gebrauchen, da erinnern wir unß, waß unß
diß orths für ein guettachten geben worden , vermainen auch, daß auß
denen darinnen angezogenen ursachen, denen protestirenden dieselbe zu
erhaltung deß gewünschten fridens entlich auch zu verwilligen, iedoch mit
folgenden cautelis und conditionibus:
Erstlich, daß dieiehnigen, welche von ihren inhabenden erz- und stifftern die
intitulatur, belehnung oder indult, session und votum suechen wurden, sich
bey unß hierzue durch einige electiones der postulationes der dombcapitel
eines ieden orths legitimiren solten, damit gleichwol der adel und graduirter
standt in selbigen erz- und stifftern erhalten, die stifft nicht erblich ge-
macht und der christlichen kirchen oder dem Reich ganz entzogen würden.
Zum andern, daß auch hinfüro kheiner sich dergleichen erz- und stiffter
ohne der dombcapitel vorgehende election oder postulation underfangen,
auch ein ieder seine wahl oder postulation inner jahr und tag, nach dem
solche geschehen ist, bey unnserer Kayserlichen reichshofcanzley gehorsa-
mist intimiren und darüber ein Kayserliches indult anstatt der belehnung
(weil dise auß mangel einer canonischen wahl und Päbstlichen confirmation
ihnen nicht gegeben werden khan) suechen, auch gegen desselben ertheilung
unß die huldigung pro temporalibus praestieren; und solle demiehnigen, der
also postuliert oder eligiert, der titul postulierter oder eligierter zu erz- oder
bistumb
14 gegeben werden] Im Gutachten folgt hier eine weitere Bedingung (fol. 60): Drittens,
daß wo catholischen bey solchen erz- und stifften vorhanden, solche bey ihrer gerech-
tigkeit gelassen und von der wahl nicht ausgeschlossen, auch wann catholische subiecta
etwan gewählt würden, selbige umb ihrer religion willen darvon nicht verdrungen
werden sollen, allermaßen in dem Pragerischen friedenschluß versehen.
Auf diesem Titel bestand laut Marginalie auf fol. 59 der K. ausdrücklich; vermutlich,
so argumentieren zumindest die Theologen am 16. Februar (vgl. [ nr. 180 Anm. 3 ] ), aus
kanonischen Bedenken.
Drittens, daß zu den reichsversamblungen von solcher erz- und stiffter
wegen allezeiz etliche thombherrn neben anderen räthen zu bekleidung der
begerten session und stimb, pro conservatione status ecclesiastici, geschickht
und abgeordnet werden möchten.
Viertens, daß denen capitulationen dises allezeit einverleibt und ein ieder
erwöhlter oder postulierter zu erz- oder bischoff darauf veraidet werden
solte, solchen erz- und stifft, darzue er eligiert oder erfordert worden,
kheines weegs erblich zu machen, sondern iederzeit dem dombcapitel eine
freye wahl und
23 postulation zu lassen] Das Gutachten fährt fol. 60–60’ fort: Sechstens wehren die
ursachen dessen allem dem nuncio apostolico und zugleich auch summo Pontifici zu
remonstriren. Und ihre Bäpstliche heyligkeit dabey umb ihre Kayserliche mayestät
umb soviel desto mehr entschuldigt zu halten, beweglich zu ersuchen, nicht zweifelndt,
dieselbe wurden es pro communi orbis christiani salute et tranquillitate propter summum
periculum morae nicht wohl improbieren können.
liche gesandte bey fortsezung der tractaten alles in fleisßige obacht zu nem-
men wissen werden.
Folget nun der punct wegen der mediatstifft, welcher doch von dem vor-
gehenden meistentheils dependieren thuet. Und obgleich der protestirenden
motiven, warumb sie derselben mediatstifft reformierung und einziehung
für rechtmesßig halten, leicht zu refutieren, so lassen wir doch geschehen,
daß zu stillung des kriegs umb abwendung grössern unheils all dieiehnigen,
so sie schon eingezogen und in anno 1627, den 12. Novembris stylo
novo, innen gehabt, gleichfahls biß zu einer völligen vergleichung der reli-
gion in handen gelassen werden, die andern aber, so noch unversehrt (deren
doch wenig sein), sovil alß müglich ist, zu reserviren und destwegen gleich-
fahls eine specification aufzurichten, darmit es also beiderseits beym uti
possidetis ab anno 1627, den 12. Novembris stylo novo, sein verbleiben
habe.
Sovil den punct wegen der erbunderthanen betreffen thuet, ist in vorigen
unsern instructionen , warumb die protestirenden sich deren wider ihre
obrigkheiten nicht anzunehmen, genuegsamb außgeführt. Warauf wir unß
dann berueffen und lassen es allerseits darbey bewenden; werden auch,
waß unß und unses hauß erbunderthanen anlangt, darvon nicht weichen.
Waß etwann sonsten die catholischen, in sonderheit etliche geistliche, von
ihrer underthanen wegen selbst thuen möchten, sonderlich wegen Hildes-
heimb , Münden, Oßnabruckh und Erfurth, welche sich destwegen mit den
Schweeden schon lengst verbunden und denselben im krieg angehangen,
dahingestelt sein [sic!].
Da auch etwaß in den tractaten wegen der stendt in Schlesien in puncto
religionis moviert werden möchte, sollen unsere Kayserliche gesandte auf
vorige unsere in diser sach gegebene resolutiones
dabey bewenden lassen, dann wir unß in unßern eignen Schleßischen für-
stenthumben die enderung der religion so wenig nemmen lassen, alß wenig
es andere chur- und fürsten in ihren chur- und fürstenthumb gestatten. Und
wirdt man unß alß oberherzogen in Schlesien, bevorab in Schlesien in
unßern fürstenthumben, nit nehmen wollen, daß wir andern fürsten in
23 Schlesien zuelassen]. Das ursprüngliche Votum der Räte (fol. 61’–62’) lautete: Wegen
Schlesien möchts etwa sonderlich hart halten, weil Chursachsen in krafft habender
vollmacht, anstatt voriger Kayserlichen mayestät hochlöblichster gedechtnüs, fürsten
und ständen die freyheit der Augspurgischen confession, wie sie dieselbe zuvor gehabt,
in anno 1621 außtruckhlich versichert und ihre Kayserliche mayestät allergnedigst
bestettiget, auch daß demselben zuentgegen ihrer etliche hernach beschwert, Chur-
sachsen sambt der cron Schweden sich ihrer anderweit hart angenommen und ihnen
uffs newe die assecuration ihrer religion versprochen. Und obwohl drüber endtlich bey
dem Prager frieden eine gewisse declaration von ihrer Kayserlichen mayestät besche-
hen , welche ständt und wie bey ihrem exercitio gelassen werden solten, so hat doch
Chursachsen solche nicht annehmben, noch darbey acquiesciren wollen, sondern es
dahin gestelt sein lassen.
Es haben auch fürsten und ständt, so der Augspurgischen confession zuegethan, sich
dessen bey dem Schwedischen reichskanzler Ochßenstern bekhlagt und unter anderm
außtrucklichen gegen ihm bedingt, daß, ob sie gleich dieselbe declaration annehmen
theten, daß es doch auß noth geschehe und ihnen deswegen künfftig solte unschädtlich
sein.
Derowegen stehet zu gedenkhen und mit der königlichen Böhmischen hofcanzley zu
erwegen, wessen man sich endtlich wegen ihrer dißfals resolviren und erkhleren
möchte, sonderlich weil auch die Schweeden dieses ganze landt für ihre satisfaction
begehren.
Mit den übrigen Schlesischen fürstenthumben bleibt es bey deme, waß
ihrentwegen in puncto religionis verglichen. Ob aber auch die Calvinisten
ihre underthanen reformiren khönnen, lassen wir an sein orth gestelt.
Waß dann den punct der reichshofraths- und cammergerichtsbestellung be-
trifft , da bleibt es bey voriger unserer resolution , daß wir nemblich zum
reichshofrath eine gewisse anzahl der Augspurgischen confessionsverwand-
ten ziehen, die religionssachen allezeit durch pares numeros utriusque reli-
gionis iudiciren und, wo die vota paria oder aequalia seindt und casus dubii
super interpraetatione legum sive constitutionum Imperii fürfiellen, diesel-
ben auf ein allgemeine reichsversamblung, wie beym cammergericht
breüchlich, weisen. Beym cammergericht aber vier praesidenten, der zween
catholisch, die andere zween Augenspurgischen confession verwandt, ein-
führen , deßgleichen mit der cammergerichtscanzley Churmäinz gewehren
lassen.
Waß schließlichen die Calvinisten anlangen thuet, so ist zwar diser punct
auf der catholischen und anderer stendt belieben gestelt. Demnach aber zu
besorgen, daß man damit nit gelangen, sondern dardurch abermahls die
handlung steckhendt und ruckhhaltendt machen werde, und gleichwol in
vorigen unß gegebenen guetachten wichtige motiven deducirt, warumb wir
unß diß orths zeitlich ercleren sollen, so thuen wir solche unsere erclerung
dahin stellen, daß wir unserstheils gnedigist zufriden, daß die reformirten
in den religionfriedt khomen und aller dessen commodorum und gerechtig-
kheiten , quoad effectum futurum, wie auch quoad praeteritum, salvis
tractaten den Augspurgischen confessionsverwandten zu guet und zum
besten möcht erhandelt und beschlossen werden, ruhiglich geniessen solten;
iedoch daß sie dagegen auch daßienige praestieren, waß andere derselben
confession zugethane stendte zu leissten schuldig und verbunden sein.
28 verbunden sein] Im Gutachten fol. 63’–fol. 66’ folgen noch einige Überlegungen
über das verhandlungstaktische Vorgehen. Den Gesandten wird empfohlen abzuwarten,
bis die katholischen Reichsstände ihre Stellungnahme in puncto gravaminum vorgelegt
hätten. Sollten die Katholiken weiterhin hinhaltend agieren, dann sollten die Gesand-
ten auf sie einwirken, indem sie ihnen sowohl die kaiserliche Position beim Geistlichen
Vorbehalt als auch das Prinzip kaiserlicher Gravamina-Politik unterbreiten, nämlich
dort, wo der Relgionsfriede klar, auf ihm zu bestehen, wo nicht, lieber etwas nachzu-
geben , als alles auf die Spitze zu treiben.
Die Gesandten sollen versuchen, ob sich die Protestanten mit einer Verlängerung der
Frist des Prager Friedens zufrieden geben, falls den protestantischen Administratoren
dafür Titel, Indult und sessio gegeben wird. Die Kontakte zu den Katholiken und den
Protestanten in der Gravaminamaterie, wie zu den Kronen wegen ihrer Satisfaktion,
sind gleichzeitig aufzunehmen.
Die Kff. von Sachsen, Bayern und Mainz sind auf die Linie der ksl. Gravamina-
Politik zu bringen.
Und diß ist, waß wir unnßern Kayserlichen gesandten in puncto gravami-
num anzubefehlen gnedigist vor nothwendig erachtet, damit sie unser
intention wissen, der allergnedigsten zuversicht, unnsere gesandten werden
gestalten sachen bey denen catholischen und uncatholischen nit zu lang-
samb und nit zu fruhezeittig sich zu interponiren und mit ihren officiis der-
massen in daß mittel khommen, daß man zu ein güettlichen und ehisten
vergleich dermaleins gelangen; zu welchem endt dann unsere gesandten
neben anderen catholischen sich forderist der churfürsten, dann auch der
vertrautesten fürsten assistenz werden zu gebrauchen wissen.