Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
175. Ferdinand III. an Trauttmansdorff Linz 1646 Februar 23
Linz 1646 Februar 23
Ausfertigung (H): TA, Ka. 123 fol. 250, eigh. PS fol. 251 = Druckvorlage – Konzept:
RK , FrA Fasz. 26, Konv. C fol. 90.
Bayerisches Drängen auf Satisfaktionsverhandlungen. Französische Satisfaktion.
Bayerische Drohung mit Separatfrieden. Habsburgische Kur. Verhandlungstaktik.
Hinweis auf die Beilagen [1]–[6]. Die Angelegenheit wird beraten; dem-
nächst erfolgen weitere Anweisungen.
PS Hibei die Curmeinzische antwort auf mein handbriefl in puncto octavi
electoratus. Ich weiß nicht, ob er nicht gedacht, der gewallt sich mehs her-
außzulassen .
[1] Memorial Mändls, s. l. 1646 Februar 18
Gutachten der dep. Räte, s. l. 1646 Februar 21, zu Beilage [ 1 ] von nr. 175: RK , FrA
Fasz. 26, Konv. C fol. 43–72 (Reinkonzept) = Druckvorlage; ebenda Fasz. 46g,
Sonderkonv. fol. 355–388 (Konzept).
Es spricht unter anderem Folgendes dafür, die Satisfaktionsverhandlungen mit Frank-
reich jetzt noch nicht zu eröffnen: Die Gravaminaverhandlungen werden schnell abge-
schlossen werden können, da die Protestanten Bereitschaft zum Nachgeben zeigen und
sie sich auch auf Satisfaktionsverhandlungen vor der Erledigung ihrer Gravamina nicht
einlassen werden. Preschen Euer Kaiserliche Majestät in den Satisfaktionsverhandlungen
vor, wird sie die ganze Last alleine tragen müssen. Das Elsaß ist strategisch bedeutsam;
seine Abtretung an Frankreich wird auf Lothringen nicht ohne politische Folgen bleiben
und kann den Ausschluß Spaniens aus dem Frieden präjudizieren. Auf der anderen
Seite ist zu bedenken, daß von den Reichsständen keine Unterstützung der kaiserlichen
Satisfaktionspolitik gegenüber Frankreich zu erwarten ist und das spanische Problem in
die Elsaßverhandlungen mit hineingezogen werden kann. Ausschlaggebend aber dafür,
dem bayerischen Kurfürsten so weit wie möglich nachzugeben, ist, daß es contra stilum
et fundamenta gubernandi bey einem Römischen Kaiser consilia der catholischen chur-
fürsten , bevorab wan denselben sovil catholische fürsten anhengig sein, ganz zu ver-
werffen und der acatholicorum vertröstungen bey sich dergestalt praevalieren zu lassen,
daß man auch nit ein temperament wolte ergreiffen, wardurch der catholischen hoff-
nungen in etwas satisfaction, wo nit totaliter, wenigist extrinsece empfingen. Es kommt
hinzu, daß Euer Majestät in Fragen des Kriegs und des Friedens verpflichtet ist, dem
Rat der Kurfürsten so weit wie möglich zu folgen. Weiterhin plädieren auch die Kur-
fürsten und Fürsten in Münster dafür, die Satisfaktion zugleich mit den Gravamina
vorzunehmen. Auch ist der Friede durch die Befriedigung der protestantischen Grava-
minaforderungen noch nicht erreicht; wie aber dann die katholischen Reichsstände rea-
gieren werden, ist nicht vorauszusehen. In dieser Lage bietet sich als Lösung an, daß
man den punctum satisfactionis pari passu tractieren solle, der churfürst sagt nit, daß
man den Franzosen Elsas, Breißgau, Wallstätt geben solle, sondern bittet, daß man den
Franzosen die gelosia, so sie von den tractaten zu Oßnabrug haben, benemben, sie dar-
durch in ihren praeparatoriis wider das Reich mitigieren und wegen Elsas weder anfangs
gleich alles einwilligen, weder auch abschlagen unnd die tractaten hierdurch totaliter auf-
stoßen sollen, sonder also per gradus gehen, wie vor diesem Euer Kayserlidie Majestät
gesonnen geweßen.
Es ist auch zu bedenken, daß, da Kurbayern einer der wenigen katholischen Reichsstände
ist, der Verhandlungen über die Religionsgravamina nicht grundsätzlich ablehnt, Euer
Majestät zu einer Lösung der Gravaminafragen mit den Katholiken nur über Kurbayern
kommen kann. Kurfürst Maximilian ist daher mitzuteilen, daß Euer Majestät ihren
Gesandten befehlen wird, wegen des Elsaß zu verhandeln.
fol. 12–17’ = Druckvorlage – Kopie: TA, Ka. 123 fol. 257–258, 274–281 –
Druck: Doc. Boh. VII nr. 779 [ Regest ].
Trauttmansdorffs Versuch, das Reich über die Gravaminaverhandlungen zu einigen,
führt zu keinem Erfolg. Er muß jetzt durch ernsthafte und sofortige Satisfaktions-
verhandlungen , besonders mit Frankreich, die Feinde von der Eröffnung des diesjähri-
gen Feldzugs abhalten.
Wenn die Forderungen der Feinde auch hoch sind, so werden sie auf ihrer Erfüllung
doch nicht im ganzen Umfang bestehen. Der Kurfürst empfiehlt bei den Verhandlun-
gen mit den Franzosen per gradus zu gehen und entlichen den Franzosen Preisach biß
ad maiorennitatem regis Galliae zu lassen.
[2] Memorial Mändls, s. l. 1646 Februar 22. Kopie: TA, Ka. 123 fol. 283.
[3] Bericht der kaiserlichen Geheimen Räte über ihre Konferenz mit Mändl, Linz 1646
Februar 21. Kopie: TA, Ka. 123 fol. 285–289 = Druckvorlage; RK , FrA Fasz. 26,
Konv. C fol. 74–87 – Druck: Doc. Boh. VII nr. 783 [ Regest ].
Mändl betonte nachdrücklich, daß Kf. Maximilian die Absicht habe, mit Frankreich
einen Separatfrieden zu schließen, wenn die bisherige kaiserliche Verhandlungsführung,
die vor allem bei den Schweden und Reichsständen ansetzt, nicht aufgegeben werde
und statt dessen die Verhandlungen mit Frankreich über das Elsaß aufgenommen
werden.
[7] Kf. Anselm Kasimir an Ferdinand III., Frankfurt 1646 Februar 19
Bavarica Fasz. 1e fol. 407–409’ = Druckvorlage; TA, Ka. 123 fol. 261–264’.