Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
169. Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 Februar 20
–/ 169/–
Münster 1646 Februar 20
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 52a fol. 73–73’, praes. 1646 März 5 = Druckvorlage –
Konzept: Ebenda Fasz. 92 VII fol. 463–463’ – Kopie: KHA , A IV Bd. 1628/39
unfol.
Katholische Gravamina-Deputation. Protestantische Kompositionsgravamina. Spanische
Friedensinitiative.
Hinweis auf das Schreiben Trauttmansdorffs vom 15. Februar
Beilagen A und B.
A = nr. 165.
B Nassau und Volmar an Trauttmansdorff, Lamberg und Krane, Münster 1646 Fe-
bruar 20. Kopie: RK , FrA Fasz. 52a fol. 74–77’ = Druckvorlage; Giessen 206
nr. 292 S. 1539–1549; Giessen 210 nr. 31 S. 383–393 – Konzept: RK , FrA
Fasz. 92 VII fol. 458–462 – Druck: Gärtner VIII nr. 43 S. 261–270.
Hinweis auf nr. 165. Da wir erfahren haben, daß die Sache besonders an Wartenberg hängt,
sind wir am 18. zu ihm gefahren. Es haben unns aber anfangs ihre fürstliche genaden
gleich beantwortet, das sie von ihrer churfürstlichen durchlaucht zu Cöln den befelch
hetten, darein nit ze willigen, wie sie auch vor ihr aigen interesse solches zuegleich nit
thuenlich finden theten. Alß wür ihme aber weiter zuegesprochen unnd sonderlich zu
erkhennen geben, wie das jedermann die befürderung des friedens verlangte unnd
seiner fürstlichen genaden schon bewußt sein wurde, was ihre churfürstliche durch-
laucht in Beyern dessentwegen erst gestrigen tags unns mündt- unnd schrifftlich vor
starckhe ermahnung hetten thuen lassen , hingegen aber wer bekandt unnd dörffte
kheines weiteren außfüehrens, das einmal ohne erledigung dieser gravaminum khein
frieden im Reich zu verhoffen, mann mache gleich mit denn frembden cronen, was
mann immer wolte. So trüegen wür die fürsorg, wann mann schon sich lang verwaige-
ren thet, so würde es doch zue nichts anders, alß zue weiterer zeitverlierung unnd
mehrere erhizigung der gmüeter dienen unnd mann doch endtlich benöthigt werden,
denn protestierenden so weit nachzuegeben, wie dann bereits in undterschiedtlichen
fählen geschehen wer et cetera.
So hat er, herr bischoff, angefangen, von mittlen ze reden unnd vorgewendet, mann
köndte die deputatos uf nichts sichers instruieren, weil noch unbewußt were, ob unnd
was für compositionsmedia die protestierende uf die baan bringen wurden. Die hetten
anfangs per deputatos alle ihnen, den catholischen, ihre gravamina einliferen lassen,
hingegen weren eben auch per deputatos ihnen der catholischen gravamina behendiget
worden. Wann anyezt die protestierende ihre media vorderist denn catholischen auch
alhie behendigen liessend, so köndte mann sich darüber bedenckhen, die deputandos
instruieren unnd nach Oßnabrugg zu würckhlicher handlung verordnen. Wür haben
allein die verlierung der zeit getrieben unnd das die catholische dißorts vornemblich
auch dahien zue sehen, damit sie den glimbff uf ihrer seiten behalten, nit aber mit fer-
nerer verlengerung zu mehrerem mißtrawen bei dem gegentheil ursach geben möchten.
Unnd dieweil er sich dann nach allen hierunder gewexleten reden uf die gesterigen
montags angesehene consultation der sambtlichen catholischen gesandten bezogen, so
haben wür es auch dahin müessen gestellt sein lassen.
Gestern nachmittag seyend derselben deputati widerumb vor unns erschienen unnd
haben unns angezeigt, wie das mann nit underlassen, die von unns am nechstverwich-
nen sambstag beschechene erynnerung in gesambtem rath aller anweesenden chur-,
fürsten unnd stättischen reifflich ze berathschlagen unnd obwol selbige sambt unnd
sonders gemeint wehren, an sich nichts erwinden ze lassen, damit die streitige religions-
gravamina, soweit es die ehr Gottes, der catholischen kürchen conservation unnd eines
jeden gewissen zuelassen köndt, verglichen wurden, mann auch zue solchem ende nit
ungeneigt, einige deputation nach Oßnabrugg zue mündtlicher handlung mit denn
daselbst versambleten protestierenden abzeordnen, so falle es doch noch derzeit der ur-
sachen nit allein beschwerlich, sondern fast unmüglich, dieweil mann kheine nachricht
hab, ob unnd was für compositionsmitel von den gegentheilen uf die baan gebracht
werden möchten. Nun wehre aber selbige in all weeg vorderist zue wissen nöthig,
damit mann sich darüber catholischentheilß bedenckhen, selbige ein jeder gegen seiner
instruction conferieren unnd alßdann die deputandi nach notdurfft instruiert werden
khöndten. Derentwegen für das bessere gehalten worden, das durch ein glimbffliche
manier gedachte protestierende ihre media compositionis vorderist heraußzegeben be-
handlet werden solten. Dieweil aber solches durch niemandt anderen mit besserem
nachtruckh alß durch Euer Excellenz geschechen khondt, so were der sambtlichen
catholischen gesandten fleissige pitt, das solches ahn dieselbe gelangen wolten unnd
diß alles were also mit einmüetigem schluß verabschiedet worden. Wür haben darauf
geantwortet, das unns zwar lieber zu vernehmben geweßt, wann die bedeüte deputa-
tion ohne ferneren aufschub were geschlossen unnd bewilliget worden, dieweil aber die
meinung anderst fallen, so wolten würs alßbaldt Euer Excellenz überschreiben. Die
wurden auch wie biß daher an ihrem eüfferigisten fleiß ze thuen das geringste nit
erwenden lassen. Neben diesem khöndten wür nit umbgehen, sie nochmahln höchstens
zu ermahnen, das mann doch immitelst unnd biß von Eur Excellenz ein antwort erfol-
gen khönde, in berathschlagung ziehen thue, was mann catholischen theils bey dieser
composition thuen khönde unnd wolle, dann es weren doch diese gravamina kheine
newe sach, sondern solcher gestalt under denn stendten nun lange zeit unnd jahr
getrieben, das mann unschwehr sich werde resolvieren khönden, ob, wie unnd in
wölchen articuln wenig oder viel nachzegeben die acta des zue Franckfurt anno 1631
vorgeweßten compositionstags
erscheinte gnuegsamb, wohin die protestierende mit ihren compositionsmediis zihleten,
were wol zu erachten, die würden anyezt nit viel anderst eingefüehrt werden, also
hete mann schon materiam deliberandi an der handt. Unnser intention were allein, alle
zeitverweilung zuführkhomben, welche niemandt beschwerlicher, alß denn catholischen
stendten selbst fallen thue et cetera.
Hierauf ist vermeldt worden, das zwar dergleichen auch im rath vorkhomben unnd
hat sich der Churbeyerische deputatus selbst vernehmben lassen, das solches im
Beyerischen voto erynnert worden. Es were aber von übrigen allen vorderist der
protestierenden vorschlags zu erwarten geschlossen worden, doch solte nit underlassen
werden, diese unnsere erynnerung denn ubrigen ze referieren unnd zue sehen, ob mann
sich dessentwegen weiter zusambenthuen möchte.
Wür seind auch berichtet worden, das die Churbeyerischen gesandten bei dieser consul-
tation mit remonstration eben derienigen motiven, so in dem churfürstlichen, an Eur
Excellenz abgangenem schreiben begriffen, gar starckh darauff getrungen, das mann
den punctum satisfactionis vor die handt nemben solte. Dieses were aber von kheinem
gesandten secundiert worden.
Nach erlassung der stendte seyend die Spannischen gesandten, Don Saavedra unnd
Dr. Bruin
lischer ordinari ihnen brief aus Spania einkhomben weren, innhalts, nachdem der am
königlichen hof residierende Päbstliche nuncius
bey ihrer königlichen mayestät unnd dero hohen ministris undterschiedlich nach-
gefolgt worden, umb sich gegen der cron Franckhreich mit einer specialproposi-
tion über die friedensmitel vernehmben ze lassen. Hete ihre mayestät endtlich diese
resolution ertheilt, das sie zue bezeügung ihrer begierde zum frieden der königin in
Franckhreich selbst remittieren unnd heimbgeben theten, sie möchte alß eine mitlerin
mit rath ihrer hohen ministris selbst erwegen, was der billicheit gemäß unnd zue erhal-
tung gueter freündtschafft, auch eines bestendigen friedens zwischen diesen beeden
cronen dienstlich sein möcht und solches in ein proposition bringen lassen. Ihre könig-
liche mayestät weren geneigt, sich aller billicheit zue bequemben unnd solchergestalt
darauf zu erzeigen, das mann sehen unnd verspühren solte, sie ihrestheilß den frieden
ohne einigen respect zue befürderen begehrten. Solche resolution hetten sie, Spannische,
auch denn herrn [mediatoren] angebracht unnd sie ersuecht, daraufhin die Franzößi-
schen plenipotentiarios zue befürderung zu ermahnen, inmaassen selbe sich hoch darob
erfrewet unnd erbotten hetten, sobaldt sie des conte d’Avaux widerkhunfft von
Oßnabruckh berichtet wurden, ermeldte Franzößische plenipotentiarios insgesambt
anzuesprechen unnd dahin zue bemüehen, das diese handlungen möchten fortgesezt
werden. Unnd weil sie, Spannische, unns auch angedeütet, das der herr conte
Pineranda sich selbst mit Eur Excellentz ze underreden begehr, so zweiflen wür nit,
sie werden von ihme mehrere particularia zu vernemben haben. Dann wür verspühren,
nachdem ihnen von unns zue gemüeth gefüehrt worden, wann die sachen mit
Teütschlandt solten zum schluß khomben, das alßdann khein müglicheit sein wurde,
die stende wegen der Spannischen sachen zuruckzehalten, das sie solches zue gemüeth
fassen unnd desto ernstlicher zur sachen zue thuen vorhabens seind.
Rezepisse auf nr. 159.