Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
167. Trauttmansdorff an Ferdinand III Osnabrück 1646 Februar 19
–/ 167/–
Osnabrück 1646 Februar 19
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 50b fol. 44–44’, praes. 1646 März 5.
Portugiesen. Ungerechtfertigte bayerische Vorwürfe. Beschleunigung der reichsständi-
schen Beratungen. Vergleich der Gravamina. Bayerische Ansicht über den Gang der Frie-
densverhandlungen.
Hinweis auf Beilage A. Aus Beilage B ist zu ersehen, waß fur ein unver-
hofftes scharffes schreiben die churfürstliche durchlauchtt in Bayern an
mich abgehen lassen und ich heudt empfangen habe.
Wie mir nun fast schmertz- und beschwerlich vorkombt, daß eine so trew-
lich anwendende eyffrige bemuhung zu ihrer churfürstlichen durchlauchtt
dienst und bestem anderer gestalt nicht erkendt wirdt, also hab ich nicht
umbhin gekönt, dieselbe hinwiderumb laut der beylag littera C in eyll zu
beantworten.
A Trauttmansdorff an Nassau und Volmar, Osnabrück 1646 Februar 19. Ausfertigung:
RK , FrA Fasz. 92 VII fol. 478–479a = Druckvorlage – Kopie: RK , FrA Fasz. 50b
fol. 45–47.
Die Schweden haben am 18. Februar nochmals um Geleitbriefe für die Portugiesen
angehalten. Die portugiesische Sache darf nicht auf dem Kongreß verhandelt werden;
falls aber die Spanier einverstanden sind, kann dem Stadtkommandanten in Münster
mündlich angezeigt werden, die Portugiesen nicht zu behelligen.
Negst diesem hat auch ermelter Mylonius eintzige anregung von befurderung der fri-
denßhandlung gethan unnd gemeldt, daß zwaren seine principales bißhero selbst zur
gnuge verspürt, wie eyfferig und ernstlich ich mir die beschleunigung derselben angele-
gen hette sein lassen, theten auch nit zweiffelen, ich würde an mir noch weiter nichtß
erwinden lassen, waß zu befurderung dieses werckhs immer gereichen würde können,
ihres theilß theten sy in gleichmessigen verlangen mit mir zu correspondiren. Nachdem
aber sy die nachricht erlangt, daß man zwar an seithen der ständt in berathschlagung
der cronen replicarum mit der ersten classe schon fertig, aber beederseits zu Munster
und alhie anwesende ständt eine re- unnd correlation veranlast hetten und nun auff
diese weise, da man uber ein iedewedere classem sich allezeit dergleichen re- und corre-
lation vergleichen solte, das werckh langsamb hergehen und viel zeit verlohren würde,
also wolten sy, die Schwedische, darvor halten, steltens auch mir zu bedenckhen an-
heimb, obs nit besser, daß man beederseits zu Munster und alhie in den consultationibus
von einer classe zu der anderen fortfahren und, wan man mit der gantzen sach allerdings
fertig, alßdan die re- und correlation uber alles und auff einmahl vor die handt nehme
unnd sich eines schlusses vergleiche. Ich hab ihm hinwiderumb geantwortet, daß es mir
sehr leidt seye, daß man biß dato in der sachen nit weiter fortkommen können, wir
wolten auch, da es bey unß allein gestanden, zeithero unsere duplicam wohl viermahl
ubergeben und endtlich das werckh schon zum schluß gebracht haben, es seye ihme,
Mylonio, aber bekandt, wan man vil gäst lade, daß man spatt zum essen komme. Sie,
die cronen, hetten alle ständt bey den tractaten haben wollen, musten also auch er-
warthen, waß dieselbige vermög ihres iuris suffragii zu der sach sagen wurden, unsers
theilß wurden wir mit der duplica bald gefast sein, könten auch selbige bald eröffnen,
wan die ständt darwieder nichts sagen theten, alß bey denen es gleichwohl steht, wie
sie sich der re- unnd correlation halber vergleichen wollen. Wir wurden aber auch diß-
orths allen müglichen fleiß anwenden, damit man ie ehender, ie besser zum schluß kom-
men möge. Welches alles Ewer Excellenz unnd der herr dem loblichen churfurstlichen
Mayntzischen directorio (allermassen es hie auch beschicht) zu der sachen fernerer
berathschlagung communiciren wollen.
Eß will dahero die notturfft erfordern, daß man druber zu Munster die catholische
ständt unauffhörlich antreibe und mit allen dienlichen argumentis bewege, damit sy
sich zu der deputation anhero in puncto compositionis gravaminum unverlengt ver-
stehen. Inmassen ich dan uber dasienige, waß die standt alhie sich wegen furderlicher
beylegung der gravaminum durch den destwegen zu mir geschickhten außschuß ver-
nehmen lassen, die nachricht habe, daß der herr Salvius selbst dieselbe gantz instendig
ermahnt habe, auff dem geistlichen vorbehalt und der amnistia auff anno 1618 so
starckh nicht zu beharren, sondern zu sehen, wie hierin ein temperament gefunden
werden möchte.
B Kf. Maximilian I. an Trauttmansdorff, München 1646 Februar 7. Ausfertigung: TA,
Ka. 109 unfol. = Druckvorlage – Kopie: RK , FrA Fasz. 50b fol. 49–53’; Ebenda
Fasz. 92 VII fol. 447–450; KHA , A IV Bd. 1628/39 unfol.
Rezepisse auf Beilage D zu nr. 108.
Nun khönnet ihr euch dises hochwichtige, gueten theilß auff eywerer getreyeifferigen
und furdersammen negociation beruehendes fridenswerckh so embsig, sorgfältig und vor-
sichtig nicht angelegen sein lassen, daß es nicht ihrer Kayserlichen mayestät dero hoch-
lobliches hauses, des ganzen heyligen Römischen Reichs und aller desselben angewand-
ten ständt vor augen stehende eisseriste gefahr, noth und betrangnuß zum höchsten er-
fordern thue. Wir wollen auch an ewerer bestgemeindten intention und starckher bemü-
hung nochmahlen gantz nicht zweiflen, allein wirdt negst Gottes segen und beystandt
alles an deme gelegen sein, daß man das werckh am rechten orth angreiffen und eines
nach oder mit dem andern also abhandlen und ordenlich ins werckh richten thue, wie
es zu der mehreren ehr des Allerhöchsten, erhaltung der catholischen religion, conser-
vation des Reichs und abwendung so grosser gefahr und unhailß am ersprießlichsten ist,
auch die noth und recta ratio selbsten an handt gibt.
Wir haben zwar empfangen und ersehen, waß fur eine replic die Schwedische pleni-
potentiarii eüch und eyweren mitabgesandten zu Oßnabrugg eröffnet und waß fur eine
abtail- und ordnung sye darin gebraucht, daß sye auch vorderist die vergleichung der
gravaminum, und zwar daß disse gantze handlung nacher Oßnabrugg gezogen werden
soll, begert haben, ob aber solche ordtnung und petition sowohl der catholischen reli-
gion alß sonsten dem gemeinen Reichswesen zu nutz und besten oder nicht vihlmehr
allein zu der cron Schweden und der protestirenden grösseren vortl und dahin gemeint
sey, weiln sye, die Schwedische, wohl wissen, daß man mit den gravaminibus, man
wolle dan ihnen in allem ihres gefallens condescendiren, so baldt nicht an ein orth
khommen, sondern noch vihl zeit darzue gehoren wirdt, daß sye underdessen ihre
gefehrliche dissegni fortsezen und den Kayserlichen erb-, königreich und landen,
denen sye albereith widerumb zum herzen nachen, vollendt den stoß geben, und alßdan
auch die yberige ständt deß Reichs desto leichter in ihre gwaldt bringen könden, lassen
wir dahingestelt sein, und wird es der effectus bald zaigen. Dan daß ihnen ernst seye,
waß sye vorgeben, wan nemblich der punctus gravaminum und amnistiae richtig, daß es
alßdann ihrer praetensionen halber khein so grosse difficultet mehr haben werde, khönn-
den wir so wenig glauben, alß wenig solches auß den postulatis ihrer satisfaction und
ihren bißher sowohl vor alß bey den fridenstractaten gefihrten consiliis und actionibus
abzunemmen ist. Sie verstehen dan es dahin, daß sye den protestirenden under angereg-
tem titul der gravaminum und amnisti ihre wider Gott und das gewissen streitende,
auch zue gänzlicher eversion des catholicismi in dem Römischen Reich angesehene begeh-
ren und neben anderen den catholischen mit unrechtem gewaldt abegetrungne geistliche
stüffter und güeter, in specie auch diejenige, welche sie, die Schwedische, pro satisfac-
tione praetendiern, durchzutruckhen und alßdan von ihnen, den protestierenden, fur
einen danckh zu erhalten, und gleichwohl ihrer Kayserlichen mayestät in dero aigenen
erblanden den friden theur gnueg anzuschlagen, bey sich selbsten albereith geschlossen
und resolvirt haben.
Daß der catholischen ständt gesandte und abgeordtnete zue Münster bedenckhens tragen,
die abhandlung der gravaminum völlig nacher Oßnabrugg transferieren zlassen, ist
nicht den Frantzösischen plenipotentiarien, welche bißher sich solcher translation nicht
widersetzt oder etwaß mit den catholischen deputirten deßwegen negociirt haben, son-
der ietzgedachter deputirter gethreyen wohlmeinung und gewissenhafften vorsorg zue-
zueschreiben, welche vorhinain sechen und betrachten, wie nachtaillig und schedlich es
der ehr Gottes und der allain seligmachenden catholischen religion fallen wurde, die
gravamina, so man fast numehr in 100 jahren her bey viehlen reichs- und anderen,
aigens deßwegen angestelten conventen nicht vergleichen khönden, einer solchen ver-
samblung, da fast lauter protestierende und neben ihnen des Reichs und der catholischen
religion offentliche feindt beysammen seindt, anzuvertrauen. Wan auch schon die Frant-
zösische plenipotentiarii sich ob dem vorgenommenen modo tractandi formalisieren und
wegen der vergebung der geistlichen stüffter und gietter ungleiches gedenckhen und
reden, auch vielleicht entlich gelegenheit suechen möchten, einige dissension under den
ständen zu erweckhen, wollen sye doch darfür halten, daß ihnen solches so hoch nicht
fur ybel aufzunemmen, sondern genugsambe ursach darzue gegeben worden seye, indeme
man mit den Schwedischen und protestirenden ganz allain und einseitig zue Oßnabrugg
tractieren, sie aber mit ihrer replic, ia die catholische ständt zue Münster selbsten zu-
ruckhstellen und aufs wenigist, wie sye suspiciren, vornämblich suechen thue, ihre ad-
haerenten von ihnen zu abalienirn, inmassen seye dann solches so hoch empfünden, daß
zu besorgen, sie werden erst dahero rechte anlaß nemmen, das fridenwerckh soviel mig-
lich zu steckhen oder ihre praetensiones desto sterckher zu behaubten.
Sonsten zweiflen wir nicht, ihr werdet vorhero verstanden haben, daß sie, die Frant-
zösische plenipotentiarii, ihre replic wegen der von ihnen auß unwissenheit des Reichs
herkhommen begehrten reichsdeputation gar nicht lang auffgehalten, sondern, da sye
von dem bischoffen zu Oßnabrugg besser informirt worden, selbige alsbaldt eröffnet
haben, dahero nicht sie, sondern die Schwedische und protestierende mit ihrem postu-
lato, daß man die abhandlung der gravaminum allein nacher Oßnabrugg ziehen solle,
den fortgang der tractaten verhünderen, welche, wan sys in den schranckhen des mit
anwendung so viler zeit, mühe und uncostens entlich allerseits verglichenen modi
tractandi et consultandi verpleiben und man ihnen nicht gleich ultro, ehe zuvor mit
der gesambten ständt gesandten und abgeordneten des Reichs herkhommen gemäß
collegialiter communicirt und ein gewisser schluß mit guettem vorbedacht gemacht
wirdt, beyfahl geben thete, wurden vihl ungelegenheiten vermitten und die tractaten
desto mehr befurdert. Es ist zu besorgen, theilß catholische deputirte dörfften es nit
gar zum besten aufnemmen, daß si praeterirt worden und sich dessen bey den Frantzösi-
schen plenipotentiarien, weiln man iederzeit guette hoffnung gehabt, dieselbe werden
bey dem puncto gravaminum der catholischen religion vihl zum besten erhalten, wo
nicht offentlich, iedoch sotto mano beschwähren, und gedachte plenipotentiarii erst
daher ursach und gelegenheit suechen, under den ständen newe differentien zu erweck-
hen, wohl auch etwann zu exaggieren, daß die Kayserlichen commissarii in so wichti-
gen sachen inconsultis statibus vor sich selbst verfahren und statuiren, welches eben
under denienigen beschwärden seye, so des Reichs herkhommen und der ständt freyheit
und privilegien starckh zuwiderlauffen. Wir besorgen, wan mann den Schwedischen in
disen puncten der gravaminum, sonderlich daß solche gänzlich nach Oßnabrugg sollen
gezogen werden, also nach ihrem gefallen deferiert, so werden die Franzosen es alßbaldt
in eine consequentz ziehen und hinwider begehren, daß man den punctum satisfactionis
allein zue Münster tractiern solle, darvon besorglich diejenigen, so darbey vornämblich
interessirt seind, ebensowenig vortel erlangen, alß die catholische bey der translation
der gravaminum nacher Oßnabrugg zu hoffen haben werden.
Unsere meinung gehet aber nicht dahin, daß mann die vergleichung der gravaminum,
weiln es doch nicht wohl mehr sein khan, ganz zuruckhstellen, sonderen daß man den
punctum satisfactionis darneben, unnd zwar alß den nöttigsten, principaliter tractiren
solte, dan gleich wie ihre Kayserliche mayestätt und die catholische zweyerlay gegen-
theil haben, nämblich die inwendige und außwerttige, also ist vonnöthen, soll mann
anderster zu einer bestendigen rhue im Römischen Reich gelangen, daß mit beeden frid
gemacht werde. Darbey zaigt aber die vernunfft selbsten, daß mann vorderist sich
befleissen soll, am ersten mit demienigen sich zu vergleichen, von welchem man die
grösste gefahr zu gewarthen hat, welcher auch ohne die wenigiste beschwährnuß des
gewissens und nachtail der reliogion contentirt und durch dessen accommodation die
andere widersächer mehrers geschwächt werden khönden.
Wir haben eüch und anderen unsere gedanckhen und die aisseriste gefahr, darinnen
daß heilige Römische Reich steckht zum thail beraiths in unserem vorigen schreiben
selbsten der notturft nach eröffnet, zum thail durch unsere gesandte zue Münster
mündtlich mit mehrern außführung eröffnen lassen; und dasienig hieran gethan, waß
wir darfir gehalten, das wir gewissens und unserer schwähren pflicht halber zue thuen
schuldig seyen, und miessen numehr den effect dem lieben Gott und dem khünfftigen
außgang heimbstellen. Allain khönden wir lenger nicht hinumb, unß numehr und hiemit
eventualiter zue verwahren, auf den fahl das fridenswerckh allerhandt respect halber
noch lenger verzogen und die feindtsgefahr, welche unß am meisten yber den halß
khommet, nicht zeitlich durch diejenige mitel, welche ihr an handt und von ihrer
Kayserlichen mayestät in eurem gewalt habt, abgewendet werden, das wir des laidigen
erfolgs nicht erwarthen, sonder unß ernstlich angelegen sein lassen wollen, wie wir
deren ainst auß dieser noth und gefahr aufs best alß miglich eluctiren khönden. Dan
ob wir zwar niemand maß und ordnung zue geben haben, noch begehren, ob und wie
einer oder der ander sich und daß Reich salviern oder vollendt zu grundt richten lassen
woll oder nicht; so khönden wir iedoch fir unsern theil in unserm gewissen nicht
befünden, wie wir es unserer schwähren pflicht halber gegen Gott und der werthen
posteritet zu verantwortten haben, das wir umb anderer verzügligkeit willen unsere
liebe angehörige und anverthraute landt und underthanen zueglaich mit andern in das
vor augen stehende eüsseristes zeitliches und zumahl wegen höchst periclitierender reli-
gion in ewiges verderben und undergang stürzen lassen sollen, sonder wir werden bey
diesem extremae necessitatis casu wider unseren willen gezwungen und getrungen, unß
und sye beyzeiten, allweil res noch integra ist, durch anderwerte verandtworttliche
mitel, so guet wir khönden, zue retten und vor angedeütem unhayl zu erhalten. Wir
thuen aber hiemit in omnem eventum vor Gott, dem gantzen Römischen Reich, ia der
gantzen erbaren weldt bestermassen protestiren und sye selbsten zu gezeugen nemmen,
das wir an allen weiters entspringenden ybel und deß Reichs besorgenden gänzlichen
undergang khein schuldt tragen, sondern die eusseriste nott und gefahr an allen orthen,
wo und wie wür khöndt, zeitlich genug mit höchster sorgfalt und gethreyistem eyfer
inständig und unablässig erinnert haben. Gestalten wir unsere gesandte albereith ex-
presse instruiert haben, das sye auf angeregten fahl der längeren protraction des fridens,
dise unnsere endtliche entschuldigung und protestation aller gehörigen und nothwendi-
gen orthen von unsertwegen gleichfahls vorbringen und einwenden sollen. Und obwoh-
len ihr euch vielleicht aniezo gedanckhen oder hoffnung schöpffen möchtet, das wir
unsers der churdignitet halber hirunder versirenden interesse halber solche resolution
zu werckh zu sezen bedenckhen tragen werden, so versicheren wir euch jedoch bestän-
dig, das wir nicht gedenckhen, unß diesen respect an unserer auß noth gefaster resolu-
tion hindern zu lassen, zumahlen wir ohnedas nicht sehen, waß unß dergleichen digni-
tet ohne landt und leüth nuzen oder wie alßdan wir oder andere, sogleich mit zu
grundt gangen, unß nur bey dem blossen titul manuteniren, geschweigendt mit einigem
bestandt zu dem verlohrnen restituieren khönden oder werden. Wir sezen aber nochmah-
len zu euch daß guette verthrauen, ihr werdet angeregter massen ohne einigen längern
verzug cum effectu remedieren, und euch mit der schwähren verandtworttung deß son-
sten unfelbarlich erfolgenden unhailß selbsten nicht beladen wollen, gestalten ihr auß
mitkhommenden beylagen ersehen khöndet, waß unß von der ie mehr und mehr zue-
nemmenden gefahr deß beschwährlichen kriegsstatus im Reich fir weitere avisen einge-
langt seindt.
Daß sonsten unsere gesandte zue Münster, wie euch der Volmar geschriben, selbsten
gegen ihme bekhent haben sollen, daß das mehriste in compositione gravaminum
bestehen thue, khombt unß desto befremblicher vor, weiln wir zum öfftern ihnen ein
anders demonstrirt und anbefohlen, dahero wir nicht underlassen haben, ihren bericht
hieriber zu begehren.
C Trauttmansdorff an Kurfürst Maximilian I., Osnabrück 1646 Februar 19. Kopie: RK ,
FrA Fasz. 50b fol. 55–57 = Druckvorlage; Ebenda Fasz. 92 VII fol. 471–474’;
KHA , A IV Bd. 1628/39 unfol. – Konzept: TA, Ka. 109 unfol.
Mit schmerzen habe ich Beilage B empfangen.
Nun gebührt mir nicht, mit einem so hohen churfürsten deß Reichs und ihrer Kayser-
lichen mayestät, meines allergnedigsten herrns, so nahen anverwanthen bluedtsfreundt,
mich in disputat einzulassen, khan aber gleich anfangs Eur Churfürstlichen
Durchlaucht gehorsamst versicheren, wan ich mit denjenigen, welche bey deroselben
mich ihrer aigensinnigkheit und passion nach angeben, zu thuen hette, das ich selbige
gewiß eines anderen verweisen khöndte und Eur Churfürstliche Durchlaucht hoffent-
lich meiner mit diser remonstration in gnaden verschont haben wurdten. Im massen ich
dieselbe hiemit in warheitsgrundt undterthenigst berichte, das man bißheriges alhie
verbleiben nicht aus meiner wahl und wilkhur, nicht wider die catholische religion,
sondern aus noth und bevorab zu gewün- und vereinigung der ständt und die
gemüetter widerumb zu gewinnen, beschehen. Wie sich dan die protestirendte erst
neülicher tage, alß sy mich durch einen außschuß ersuchen lassen, die
deputation der chatolischen ständt anhero zu befördern, außtruckhlich vernehmen
lassen und mich versichert, das sy auf den extremiteten nicht beharren, in acht tagen
die gravamina vergleichen und hoffen wolten, auf Ostern den friden geschlossen zu
haben. Ja, die Schwedische gesandten selbst haben die protestirendten erst neulich
widerumb ermanth, wegen deß geistlichen vorbehalts und der amnistiae auf anno 1618
hierauf nicht zu bestehen, sondern auf ein temperament gedacht zu sein, damit man
desto ehender zum beschluß khomen möge. Auß disem fundament, sowohl alß der
vorhero von Eur Churfürstlichen Durchlaucht mir repraesentirten und auf dem verzug
ligender gefahr, und damit man diß ohrts den chatolischen die moram protractae pacis
nicht aufbürdete, hab ich so instendige ahnman- und erinerung gethan, daß dieselbe
sich doch hierinnen uberwinden wolten, ein deputation ratione compositionis grava-
minum anhero zu thuen und dise zwahr ganz unverfenglich und anfenglich nur zu
hören, was für temperamenti die protestirendte ins mittel bringen und vorschlagen
möchten; wan ihnen, den chatolischen, solche sodan nicht beliebig sein wurden, stunde
doch gleichwohl bey denselben, widerumb auf und darvon zu ziehen. Ob nun dem
friden mehr vorträg- und ersprießlich, disen weeg abzubrechen, die protestirendte, in-
deme sy sich mit den chatolischen zu vergleichen suchen, in der vorigen uneinigkheit
zu erhalten und hierdurch wohl gar zur desperation zu bringen und hingegen sich ahn
die Franzosen, die zue oppression deß heiligen Reichs Teütscher nation und ver-
hinderung deß fridens nichts unversuchter lassen, ja, den Türckhen selbst zu disem
endt wider die Christenheit concitirt haben, zu henckhen und von denselben einige
bestendige rettung zu hoffen, lasse ich zu menigliches und bevorab zu Eur Churfürst-
lichen Durchlaucht höchst vernunfftigem nachdenckhen gestelt sein. Wie disem allem
aber, so hat man doch hierbenebens auch nit undterlassen, denen Franzosen undter-
dessen nit allein die unbilligkheit ihrer praetensionen durch die mediatores und meine
collegas zu Münster bey gehabten occasionen zu remonstriren (massen ich dan zu
solchem endt und sy zu ainem anderen zu disponiren, albereith vor etlich wochen auf
Münster gereist were, wan mich nit meine bißherige leibsindisposition neben denen
negotiis darvon abgehalten und wider meinen willen verhindert hette), sondern in
puncto beeder cronen replicarum die consultationes in allen dreyen reichsräthen so
weith fortgesezt, das die ständt alhie und zu Münster die erste classem bereits
absolvirt, und es darmit auf der re- und correlation bestehet. Demnechst man der von
ihnen selbst also beliebten ordtnung nach ad secundam und also ad satisfactionem
coronarum schreitten, disen punct neben denen gravaminibus vornehmmen, auch in
allem anderen weder zeit verliehren, noch mühe und arbeit spahren wirdt, damit man
ehendter, je besser zum schluß khommen möge.
Das sonst die Französische plenipotentiarii umb willen ich mich dahie die zeithero
befunden und die ständt miteinander undter sich und volgents dieselbe insgesambt mit
ihrer Kayserlichen mayestät zu vergleichen, erst rechte anlaß nemen möchten, das
fridenswerckh so vil möglich zu stärckhen oder ihre praetension desto stärckher zu
behaupten. Da bin ich meines thails vorhin allzeit der mainung gewesen, das, wie die
Franzosen bißhero nichts undterlassen, was zu verhinder- und verlengerung des fridens
immer hat gereichen khönnen, sy solches nochmals und bey allen vorfallendten
gelegenheiten nit undterlassen werdten, so lang und vil man ihnen nit die occasion der
innerlichen trennung der ständt benemmen thuet, und sy alßdan erst von ihren
unbillichen petitis abstehen und den friden mit ernst begehren werdten, wan sy sehen,
das die ständt undter sich verglichen und mit ihrer Kayserlichen mayestät vereiniget
sein werdten.
Ob sonst die Franzosen mit zuruckhhaltung ihrer replicarum oder die Schweden und
protestirendte mit ihrem postulato, das man die abhandlung der gravaminum allein
hieher, nacher Oßnabruckh, ziehen solle, den fortgang der tractaten verhindert haben,
solches lasse ich dahin gestelt sein. Mir werdten sowohl die herrn mediatores, auch meine
mit- und andere churfürstliche gesandten, alß auch die Schwedische plenipotentiarii
und hiesiger ständt deputirten das zeugnis geben miessen, das ich das werckh allerseits,
sowohl zue Münster ratione extraditionis replicae Gallicae, alß alhie ratione compo-
sitionis gravaminum, wie nicht weniger das beeder orthen alßbaldt ad consultationem
replicarum unverlengt geschritten und also die tractaten desto mehrers befördert und
zum schluß gebracht werdten möchten, zum eüfferigisten getrieben, sonsten ist es nichts
frembdes, das man bey so wüchtigen tractaten baldt danckh, baldt undanckh verdient
und eine aufrichtige intention auß mangl gnuegsamer information zu zeiten ungleich
aufgenohmmen wirdt. Inmassen ich durch meine gegenwarth und bißheriges alhier ver-
pleiben nichts anders und hoffentlich nicht ohne nuzlichen frucht, so sich in khurzem
im werckh erzeigen wierdt, gesuecht und intendirt hab. Alß die hießige ständt zu
voriger und bestendiger devotion gegen ihrer Kayserlichen mayestät gueten verstandt
und einigkheit, mit dennen chatolischen chur-, fürsten und ständen und hierdurch die
Schweden (welche ohne erörtterung der gravaminum zu kheiner weitteren handlung
verstehen wollen) zu annembung billichmessiger fridensmittel zu disponiren, in parti-
culari aber Eur Churfürstliche Durchlaucht bey der churdignitet in dero hauß und
dero Obernpfalz, biß Eur Churfürstliche Durchlaucht würckhliche satisfaction be-
schehe, zu erhalten. Will also nicht hoffen, das mir hierdurch und da ich mir dißes
alles ohne verliehrung einiger zeit, auch unerachtet meiner leibsindisposition eüsseristen
khräfften nach, hab angelegen sein lassen, die schwere verantwortung der verzögerung
deß fridens und alles darauf ervolgenden unhails beygemessen wirdt khönnen werdten.
Solte ich aber in diser meiner threugemainten intention, welche vast von allen chur-
und fürsten approbirt wordten, wider alle zuversicht so starckh geirrt haben, wirdt es
nir hoffentlich leicht zu verzeichen sein.