Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
152. Trauttmansdorff, Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Februar 12
Osnabrück 1646 Februar 12
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 29–29’, 42–42’, praes. 1646 Februar 23 =
Druckvorlage – Kopie: Ebenda Fasz. 92 VII fol. 418–418’; KHA , A IV Bd. 1628/39
unfol.; Giessen 206 nr. 274 S. 1478–1481 – Druck: Gärtner VIII nr. 26 S. 168–171.
Amnestieberatungen der Reichsstände. 8. Kur. Oberpfalz. Verhandlungstaktik. Schwe-
dische Satisfaktion.
Dem beiliegenden erzstift-magdeburgischen Votum haben sich die Prote-
stanten im Fürstenrat angeschlossen. Nun ist aber hiraus zu ersehen, wie
weith man bey diesem punct nit allein circa terminum a quo, sondern auch
sogar circa substantialia ipsa noch voneinander ist, indeme die res iudicatae
und transactiones ohne unterschiedt, sie rühren gleich von diesem krieg
oder anders woher, für annullirter und aufgehobener wöllen angeben und
gehalten, auch bey diesem passu der iüngster reichstagsschluß, sodan der
Prager friedenschluß (unangesehen hochgedachte ire fürstliche gnaden
durch deßen disposition zu gemelten ertzstifft gelangt) gantz übern
hauffen geworffen und vernichtet worden.
Ob nun zwar die catholische ständte dergleichen unbilligen fürnhemmen
kheinen beyfall geben, sondern sich einmüthig wiedersetzen und vielmehr
auf die bey gemeinen reichstägen zwischen beeder religionsverwanten sten-
den verbindtlich beschehene abred, daß es bey dhamals geschloßener amni-
stia , unangesehn wohin sich das wanckelbahre glück des kriegs lencken
oder wenden möegte, sein bestendigs verpleiben haben sölte, bewerffen.
Hiebey auch im fürstenrath per maiora wieder die protestirende praevalirn,
weiln iedoch dhagegen zu besorgen, daß sich die protestirende ahn die
außwertiche cronen hencken und vermitls deren assistenz (maßen solches
in bemeltem voto undunckl wirdt zu verstehen gegeben) diese unbilliche
sachen zu behaubten und durchzutringen unterstehen werden, so wirdt es
wol ohne beschwehrnuß nit abgehen, doch zu dern abhelff- und uberwin-
dung aller möeglichster fleiß angewendet werden.
Alß dan auch ich, der graff von Trautmansdorff, für eine notturfft zu sein
erachtet, mich mit denen Churbayrischen der Pfaltzischen und anderer
sachen halben zu underreden, so sein auf mein begehren beede, Churcöll-
nisch- und Bayrische secundarii, der Dr. Buschman und Dr. Crebs, von
Münster anhero khommen, und führt beyverwahrtes prothocoll mit meh-
rerm nach, waß mit denselben in ein und andern verhandtlet und abgeredt
worden.
Demnach es dan nuhmer an deme, daß die Churbayrische uber die Pfaltzi-
sche sachen, bevorab waß den octavum electoratum betrifft, werden müßen
völlig instruirt und plenipotentiirt werden, alß haben Ewer Mayestätt wir
allerunterthänigst anheimbstellen wöllen, obs derselben allergnädigist belie-
big sein möegte, bey der churfürstlichen durchlauchtt in Bayern die gnädi-
giste erinnerung zu thuen, dhamit dieselbe die irige der notturfft nach uber
dies werck wölten instruirn und volmächtig machen.
[B] Extractus protocolli, s. l. 1646 Februar 11. Kopie: RK , FrA Fasz. 51a fol. 34–40’
= Druckvorlage; Giessen 206 nr. 275 S. 1481–1495; KHA , A IV Bd. 1628/39
unfol.; Giessen 210 nr. 25 S. 346–360; RK , FrA Fasz. 91 II fol. 119–125’; Ebenda
Fasz. 92 VII fol. 438–445 – Druck: Gärtner VIII nr. 24 S. 156–165.
Im Quartier Trauttmansdorffs. Anwesend: Trauttmansdorff, Lamberg, Krane, Busch-
mann und Krebs. Da bei den Beratungen der Reichsstände in den nächsten Tagen unter
dem Komplex der Amnestie auch die Pfalzfrage vorgenommen werden wird, will
Trauttmansdorff sich mit Kurköln und Kurbayern deswegen absprechen. Kurbayern
plädiert zwar für die achte Kur, und dies ist auch dem Kaiser nicht zuwider, doch
müsse man zuvor wissen, ob die Sache bei den Reichsständen schon so weit gefördert,
daß mit deren Zustimmung dazu zu rechnen sei. Kurbayern: Da die Protestanten und
die Kronen für die Restitution des Pfälzers eintreten, ist sie nicht zu umgehen. Daher
sei Bayern in der Form für die achte Kur, daß Bayern praerogativa ordinis gelaßen,
dem pfaltzgraven aber octavus locus eingeraumbt werden sölte. Sie, Churbayrische,
wehren auch auf dies mitl etlichermaßen doch noch nit völlig instruirt, hetten aber bey
denen chur- oder fürstlichen abgesandten noch nichts dhavon angebracht, immitls
iedoch die churfürstliche durchlauchtt nit unterlaßen, immediate selbst mit denen
herren churfürsten, auch theils fürsten, daraus vertreülich zu communicirn. Churmaintz
würde mit irer churfürstlichen durchlauchtt in allem eins sein, ahn Churcölln hete man
nit zu zweiflen, Churtrier habe sich zu München en passant gegen irer churfürstlichen
durchlauchtt mündtlich alles guten erbotten, Chursachßen möegte etwoh affectu
religionis abgehalten werden. Churbrandeburg wiße man interessirt, stündte aber zu
verhoffen, daß die maiora bey dem churfürstlichen collegio auf diese seithen wol
würden zu bringen sein. Die Kurbayerischen werden die Haltung der kurfürstlichen
und fürstlichen Gesandten eruieren.
Ihre excellentz: Es müße das werck vor allen dingen bey chur- und fürsten, sönderlich
denen catholischen, richtig gemacht werden, sonsten würde schwerlich mit der nego-
tiation fortzukommen sein, und wan man dan der mehrern stimben versichert, der vor-
schlag alßdan von denen herren mediatoribus oder dem churfürstlichen collegio, alß
welches vornhemblich hiebey interessirt, herkommen und ahn die Kayserliche
gesandten gebracht werden.
Buschmann: Die Katholischen würden an der Regensburger Amnestie festhalten, die
Protestanten am Amnestiejahr 1618, besonders wegen der Pfalz und wegen Baden-
Durlachs. Die achte Kur werde von allen Betroffenen wohl angenommen werden, da
die Pfalzgrafen wieder zur Kurwürde kämen und Bayern von dem, was es besitze,
nichts verliere. Kurtrier mache zwar seine Erklärung von der vorherigen Einräumung
der Festung Ehrenbreitstein abhängig, da aber dabei die Religion berührt werde, könne
man hoffen, daß es sich nicht separieren werde. Die Einwilligung der Kurfürsten
werde man erhalten, es müsse aber bezweifelt werden, ob sie den Vorschlag zur Lösung
der Pfalzfrage machen würden.
Unde mota quaestio de modo, wie dan dieser vorschlag ahn die Kayserliche gesandten
zu bringen, ob solches vermitls der herren churfürstlichen gesandten oder die herren
mediatorn zu thuen. Da der Vorschlag der achten Kur nicht ohne Änderung der
Reichsgrundgesetze durchzuführen sei, würden die Kurfürsten nicht ohne die anderen
Reichsstände handeln wollen. Die Mediatoren würden wohl die Kronen dabei nicht
übergehen wollen, da der Vorschlag von ihnen in die Proposition gebracht wurde.
Unde conclusum, daß es beßer seie, dies werck durch die herren mediatores bey denen
interessirten negotiiren zu laßen und daß dieser vorschlag alß ein mitl, so von ihnen,
mediatoribus, herkommen ahn die churfürstliche, unvermitls derselben aber, ferners ahn
die Kayserlichen gesandten gebracht werden, wohdurch dan die herren mediatores bey
gutem willen erhalten und zugleich aller unglimpff von dem churfürstlichen collegio
abgewehrt würde.
Quaesitum deinde, quando et quo tempore solches werck per mediatores anzubringen.
Conclusum, sopaldt die materia bey der consultation werde fürkommen und berath-
schlagt werden.
Churbayrischer fragt, wie es dan mit der Obern Pfaltz sölte gehalten werden. Sein
gnädigister churfürst und herr hielte sich diesorts ahn Kayserliche mayestätt und
wurden ihren regreß auf das ländl nhemmen.
Ihre excellentz: Pfaltz würde anderergestalt ad octavum electoratum nit assumirt
werden, er nhemme dan zugleich auch die zahlung der angewanten kriegskösten auf
sich und würdte ihme sölches per modum conditionis sine qua non außgedingt werden,
bleibe also Churbayern biß dhahin, daß solche refusion beschenen, in possession der
Oberpfaltz. Ihr mayestätt würden es nit dhahin khommen laßen, daß ihro sölche
uncösten zu übernhemmen sölte aufgetrungen werden. Die pfaltzgraven haben diesen
krieg und alles unheil verursacht, seie auch billig, daß sie den schaden tragen.
Circa punctum satisfactionis ist gefragt worden, ob die abgesandte kheine nachricht
hetten, warauf endtlich die cron Franckreich bey diesem passu bestehen würdte.
Haben nichts gewißes anzuzeigen gewust, der Churbayrische aber fast starck darauf
bestanden, daß man denen cronen müße satisfaction geben; Franckreich daßienig
laßen, waß sie einhaben und praetendirn und sich darüber ie ehender, ie lieber ercleh-
ren . Seie beßer zurückzulaßen, alß alles in gefahr zu setzen. Würde man selbigs werck
biß zu bevorstehender compagnia außstellen, so würde sich die cron Franckreich
alßdan mit demienigen, wohmit man irer itzo ledig werden könte, nit begnügen laßen,
sondern weiters umb sich greiffen und das gantze Römische Reich dhabey in gefahr
stehen, daß Reich habe kheine mitl mehr, krieg zu führen. Sie, Churbayrische, heten
solches den chur-, fürsten und stendten gnugsamb remonstrirt, man müße frieden
haben, es leide, wehr dha wölle.
Excellentissimus dominus comes: Es seie nit gut, daß man dergleichen discurs laße
außkommen, würden darnach ahn die außwertiche cronen gebracht und soviel desto
mehr dieselbe in ihren unbilligen vorhaben gesterckt und die sach eben durch derglei-
chen discurs schwehrer gemacht. Kayserliche Mayestätt würden so unschüldigen
ertzfürstlichen pupillen daß ihrige nit vergeben, wüsten auch nit, warumb dieselbe
allein und für andere leiden sollen. Es würden sich wol noch mitle finden, diesen
feinden zu begegnen, wan mans recht angrieffe. Man sölte nur die compositionshandt-
lung befordern und die stendte under sich waß mehr vereinbahren, so würden dieselbe
mächtig gnug sein, sich von dieser feindtsgefahr zu entbrechen, bedörfften deswegen
keine sonderbare kriegsverfaßung. Mit papyr und dinten oder mandatis avocatoriis
würden sie diese feindte ruinirn können. Man gehe aber gar zu langsamb mit dieser
sach umb, sein gantze achte wochen in aufsetzung der refutation und antwort auf der
protestirenden gravamina zugebracht worden, dha solches in weenig tagen beschehen
können. Jetzt vertue man in Münster die Zeit mit der Diskussion über den Ort, obwohl
sich die Protestanten, die Schweden und der Kaiser schon einig seien, die Gravamina in
Osnabrück abzuhandeln; daher sollen die Katholiken unverzüglich einen Ausschuß
nach hierher abordnen. Krebs und Buschmann betonen, daß der Widerstand der
Reichsstände in Münster dagegen sehr groß sei. Man neige zu abwechselnden Verhand-
lungen an beiden Orten, wobei die Protestanten zuerst nach Münster zu kommen
hätten.
Quaesitum secundo. Waß zu thuen seie, wan die Schweedische von irer praetension
wegen Pommeren nit abstehen, sondern selbigs landt behalten wölten. Die herren
abgesandten haben sich darüber nit herauslaßen wöllen und ist nur in discursu vermel-
det worden, daß man die nachrichtung hab, daß die Schweedische entlich auf Vorder-
pommern und beede ertz- und stiffter Bremen und Verden fallen würden.
Die beiden Gesandten baten Trauttmansdorff, nach Münster zu kommen, vor allem,
um den Franzosen ihren Argwohn zu nehmen. Trauttmansdorff erwiderte, er wolle
zuerst das werck mit der vorstehenden compositionshandlung zum standt pringen
helffen und sich alßdan ungesaumbt naher Münster erhebn. Ersuchten nochmals die
abgesandten, zielstrebig zu verhandeln; was sie versprachen.