Acta Pacis Westphalicae II A 3 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 3: 1645 - 1646 / Karsten Ruppert
110. Trauttmansdorff, Lamberg und Krane an Ferdinand III Osnabrück 1646 Januar 22
Osnabrück 1646 Januar 22
Ausfertigung: RK , FrA Fasz. 51a fol. 21–21’, praes. 1646 Februar 3 = Druckvorlage
– Kopie: Ebenda Fasz. 92 VII fol. 282; KHA , A IV Bd. 1628/39 unfol.; Giessen 206
nr. 238 S. 1356–1357 – Druck: Gärtner VII nr. 99 S. 649–651.
Kaiserliche Antwort auf die Repliken. Pfalz. Schweden zur französischen Satisfaktion.
Rezepisse auf Weisung von 1645 Dezember 26
nrr. 84 und 104. Da die Protokolle über die mündliche französische und die
schwedische Replik auch vorgestern ahn beeden maalstetten denen stendten
ad deliberandum zugestelt worden und es dan ahn deme, daß dhahin wirdt
müssen gedacht werden, wie man sich an seithen Ewer Majestätt mit einer
gegenerclehrung loco duplicae darüber herauszulaßen. Alß erwarten wir
gehorsambst, waß unß diesorts von Ewer Mayestätt allergnädigst wirdt
wöllen befohlen werden, wöllen aber immitls den sachen auch alhie nach-
dencken und was das werck, sönderlich die compositionshandlung der
gravaminum under den stendten (ohne welche allem ansehen nach khein
friedt zu verhoffen), zu befördern, angelegen sein laßen.
Hinweis auf Beilage [ 1].
[1] Extractus protocolli, Osnabrück 1646 Januar 20. Kopie: RK , FrA Fasz. 51a fol.
22–25 = Druckvorlage; Ebenda Fasz. 91 II fol. 27–30’; Ebenda Fasz. 92 VII fol.
278–280; Giessen 206 nr. 239 S. 1358–1365 – Druck: Gärtner VII nr. 91
S. 569–575.
Auf Befehl Trauttmansdorffs habe ich, Krane, mich zu den schwedischen Gesandten
mit dem Auftrag, besonders zwei Punkte zu beachten, begeben: erstlich, bey dem
puncto amnistiae der Pfaltzischen sach zu gedenckhen und zu erforschen, warauf
endtlich die Schweedische bey selbigem passu beharren wöllen. Zum andern, bey
dem puncto satisfactionis den discursum auf die frag zu richten, ob die Schwee-
dische bey der Frantzosen beharrenden unbilligen praetension, dha sich dieselbe
mit der beschehenen offerta der drey stiffter und anderen stücken alß Pignarol,
Moyanwück et cetera nit befriedigen oder begnügen laßen wölten, zu abseitiger hand-
lung einlaßen wölten. Ich habe nur mit Salvius geredet, der die pfälzische Sache als
Quelle des Krieges bezeichnete, ohne deren Beilegung durch die völlige Restitution der
pfälzischen Erben, auch in die Kurwürde, es im Reich keinen beständigen Frieden
geben könne. Das unentschuldbare Verbrechen des Vaters könne man die unschuldigen
Kinder nicht entgelten lassen und wölte sich die lex Iulia maiestatis gegen ein so
großes hauß, wie daß hauß Pfaltz seie, nit practisirn laßen. Die cron Franckreich
würde bey diesem passu biß die völlige restitution, etiam quoad electoratum, erhoben,
nit abweichen, hette solchs dem könig in Engellandt
khönten propter interesse religionis nit außetzen. Durch die paritet der votorum von
beeden religionen im churfürstencollegio müste die religion in Teutschlandt erhalten
werden. Die ständte des Reichs bestünden auch darauf, und würden sie, Schweedische,
noch täglich deswegen von denselben angelauffen. Churbayern selbst fienge ahn zu
weichen und habe lauth auß Lintz de dato 19/29. Decembris anni praeteriti
eingelangten schreiben durch seinen aldha gehabten gesandten Mandl schon de octavo
electoratu insinuiren laßen; soviel desto weeniger habe man Kaiserlicher seithen ursach,
sich hiebey aufzuhalten. Es heten sich auch Kayserliche mayestätt deswegen einigs lasts
nit zu befahren, Churbayern habe selbige lande so lang genoßen, daß wol daraus
bezahlt seie. Der würde auch seine expensas nit so hoch liquidirn können alß außgege-
ben würde. Ein thaler habe selbigs mahl zehen gegolden und waß dergleichen mehr
gewest.
Ich bestritt den Kronen das Recht, sich um die Pfalzfrage zu kümmern. Frankreich
habe schon immer und auch nach seinem Bündnis mit Schweden selbigs Pfaltzisch
weesen zum höhisten improbiert und auf dem Frankfurter Konvent von 1634
jeden Preis vermieden, den Pfalzgrafen als Kurfürst anzuerkennen. Auch Gustav
Adolf habe die pfälzische Sache niemals als Kriegsgrund angezogen. Salvius wies
darauf hin, daß sich die Lage geändert habe und die Reichsstände mit den Kronen
darin einig seien, daß der Pfalzgraf restituiert werden müsse.
Wie wir zu dem andern discurs khommen, hat sich der Salvius nit herauslaßen wöllen,
sondern geantwortet, daß das werck zu wichtig und von mehrerm nachdencken seie.
Man würde erst wißen müßen, waß man ihnen Schweedischen pro satisfactione offe-
rirn wölte. Es sein die cronen starck miteinander verbunden und dern foedus also be-
schaffen, daß es nit nötig zu renovirn, sondern, solang Franckreich mit der versproche-
nen zahlung in termino zuhalte, solang seie die cron Schweeden zur assistentz verbun-
den. Franckreich zahle iährlich ahn die cron Schweeden viermahl hundertund-
achtzigtausendt reichsthaler, halb in Junio und halb zu außgang des jahrs und seie
ultimo Decembris iüngsthin der cron Schweden zweymahl hundertundviertzigtaußendt
reichsthaler verfallen. Franckreich habe bey diesem krieg ein groses aufgesetzt, würde
waß dhagegen haben wöllen, hetten zwar ire gedancken auf den Rheinstromb und das
regnum Austrasiae gerichtet, würden sich aber noch wol weisen laßen. Man wolle doch
Elsaß denen churfürsten in Bayern geben, warumb nit dan der cron Franckreich.
Replicui, daß mir von dergleichen sache nichts vorkommen und könte es nit glauben,
daß es fundament habe. Kayserliche majestätt würden ein so ansehentlichs stück von
iren ertzhauß nit zurücklaßen. Franckreich würde man uber dasienig, warzu man sich
erbotten, ferners nichts geben. Seie prima et ultima oblatio. Niemand habe Frankreich
Ursache gegeben, viel in den Krieg zu investieren. Man hoffe, daß Schweden lieber
Separatverhandlungen führe, als Frankreich in einer so ungerechten Sache zu unter-
stützen , die auch durch den Wandel der Lage nicht gerecht werde. Salvius meinte, man
müsse abwarten. Es wurde auch noch über das französische Ansuchen bei den Reichs-
kollegien wegen einer Deputation und die Zurückhaltung der französischen Replik
gesprochen; darüber ist schon in den Relationen berichtet worden.