Acta Pacis Westphalicae II A 4 : Die kaiserlichen Korrespondenzen, Band 4: 1646 / Hubert Salm und Brigitte Wübbeke-Pflüger unter Benutzung der Vorarbeiten von Wilhelm Engels, Manfred Klett
331. Trauttmansdorff, Nassau und Volmar an Ferdinand III Münster 1646 September 4
Münster 1646 September 4
Ausfertigung: RK FrA Fasz. 52a fol. 111–111’, 114–114’, 112–112’, PS fol. 113, praes. 1646
September 20 = Druckvorlage – Kopie: KHA A 4 nr. 1628/41 unfol.; Giessen 207 nr. 266
S. 1001–1009 – Konzept: RK FrA Fasz. 92 X nr. 1414 fol. 249–250’, 247–247’ – Druck:
Blum, Anlage 12, 371–376 (ohne das PS).
Aushändigung der ultima generalis declaratio an die Mediatoren. Mediatoren: Zehn franzö-
sische Gegenforderungen. Französische Verschleppungstaktik?
PS Kurfürstenrat zu Pommern.
Zufolg dessen, was Eur Kayserlicher Mayestät wir in nr. 326 allerundertheni-
gist berichtet, haben wir selbigen nachmittags die bedeüte schrifft denn her-
ren mediatoren zuegestelt, mit ersuechen, das sie darauf mit denn Franzößi-
schen herren plenipotentiarii handlung pflegen wolten, uf das dieselben sich
darüber erclären und, was man von inen in eim und anderm zu gewartten,
zugleich semel pro semper heraußgeben thüend, man auch daraufhin mit
inen zum verglich gelangen möchte.
Und nachdem gleichwol hiebey unser mainung nit gewesen, das dise schrifft
denn Franzosen außgehendigt, sondern bey denn mediatoren in deposito ver-
bleiben und sie, Franzosen, dess innhalts allein durch münndtlichen vortrag
verständigt werden solten, so haben sich ermelte mediatores benommen,
deme also nachzukommen und, auf welche puncten die Franzosen das placet
geben theten, solches ad marginem zu annotieren. Über welchen sie sich aber
mehrers zu bedencken begerten, davon möchte inen ein abschrifft per extrac-
tum zuegestelt werden.
Hierauf haben beede mediatores mir, grafen von Trautmanßdorf, am ver-
wichnen sambstag abendts [ 1. September] relation gethan, das sie bereits dem
herzog von Longavilla und conte d’Avaux, weil Servient in beglaitung seines
weibs
sich dann benommen, folgenden tags solches alles zugleich mit ihrem collega,
dem conte Servient, zu communicieren, beynebens aber begert, weil in unse-
rer schrifft die cession über Pignerol und Moyenvic außgelassen, wir wolten
solche gehörigen orts einverleiben, zumalen von dem capitl 3 et 4 abschrifft
erfolgen lassen, damit sie sich desto besser darauf von puncten zu puncten
erclären köndten
Dazu gehört die undatierte, eigenhändige, unterzeichnete Notiz Chigis an Volmar von [ 1646
September 1] ( RK FrA Fasz. 92 X fol. 210): Desiderant domini Gallici plenipotentiarii per
extensum capitulum tertium et quartum. Aberat dominus Servien, cum quo crastina de-
creverunt rem communicare. Visitavimus dominum comitem a Trautmansdorff, qui visus
est assentiri desiderio dominorum Gallorum et ut suppleatur circa Pinerolum et Moienvi-
cum, quorum non erat in scripto facta mentio. Placeat Vestrae Excellentiae cum eo de
iisdem agere ac rescribere, ne in longum protrahatur negotiatio. Volmar vermerkte auf dem
Blatt: Iussu domini comitis Trautm[ ansdorff] utrumque factum, 2. Septembris 1646.
In den ksl. Akten sind nur die vollständigen Texte der ultima generalis declaratio einschließ-
lich des Passus betr. Pinerolo und Moyenvic erhalten (vgl. die Angaben zur Aktenüberlieferung
bei nr. 326 Beilage A). Der auf den 31. August datierte, den Mediatoren am 2. September
übergebene, nur die Kapitel 3 und 4 der ultima generalis declaratio umfassende, ksl. Schrift-
satz findet sich in den Akten, die Chigi als Vermittler sammelte: Chig. lat. Q III 58 fol.
292–297. Zwei Tage später, am 4. September, ließ Trauttmansdorff den offiziellen Text des
ksl. Angebots hinsichtlich Pommerns (Art. 13 des ksl. Textvorschlags für das IPO) den Medi-
atoren übermitteln ( Repgen, Satisfaktionsartikel, Anm. 59).
hoffnung gestanden, es solte daraufhin ohne weiter aufzügliches einstrewen
zur handlung fürgeschritten werden.
Gestrigen tags aber berichten uns die mediatores, das der Franzosen antwortt
und erclärung uff nachfolgenden puncten bestuende:
Erstlich begerten sie, das wir unser schrifft anderst und mit außlasßung der-
ihenigen puncten, so sie mit denn Schweeden unnd protestierenden abzu-
handlen haben wurden, im übrigen also einrichten wolten, auf das sie solche
denselben vorweisen köndten ohne verdacht, als wann sie sich gegen uns uff
erlangte satisfaction solchergstalt wider dise ire alliirte verbunden heten. Und
köndten wir deswegen Spania und Lothringen allein bey deme verbleiben las-
sen, das wir selbige in unserm tractat einschliessen theten, deßgleichen sie
auch auf ihrer seiten mit Schweeden und Hessen Cassel thuen wolten. Die
ursach aber dises begerens sey, das inen der Schweedische resident Rosenhaan
albereit fürgeruckht, das sie mit uns in geheimem tractat stüenden und bereits
geschlossen heten, welches dann auch der Salvius zu Oßnabrugg gegen dem
grafen von Lamberg und sogar die particularia außgeschlagen haben solle,
welches aber von uns alspald widersprochen worden, sintemaln sich derglei-
chen in dess grafen von Lamberg von seiner mit dem Salvio gehaltener con-
versation abgangnem schreiben das geringste wortt nit befindet .
Zum anderen, sagten die Franzosen, were in unserem aufsaz die demolition
der statt Neüburg und Bennfelden, wie auch der freye pasß und repass durch
Zabern außgelassen.
Dritens köndten sie nit gestatten, das die Franzößische guarnigion in Philipß-
burg zugleich auch dem bischoff und capitul zu Speyr geschworen sein soll,
erbietten sich doch, das ir könig repromittieren werde, alles dasihenig, was
dem bischoff und capitul außbedingt und vorbehalten, getreülich zu observie-
ren und handtzuhaben.
Zum vierten vermeinten sie nit, das der Undterelsäsßische adl dem Reich
ohne mitel undterworffen und vorbehalten sein solte.
Zum fünfften solten Eur Kayserliche Mayestät auf das Elsass nit nur vor sich
und dero hauß, sondern auch im namen dess Römischen Reichs renuncie-
ren.
Sechstens köndten sie nit verstehen, warumb dieihenige ständt, so von denn
bisthumberen Metz, Tull und Verdun lechen tragen, für unmitelbare reichs-
ständt eximiert werden sollen, weil sie vermeinten, dieselben undterthanen
der stiffter weren, consequenter auch an die cron Franckreich kommen müe-
sten.
Zum sibenden, die recompens vor ire furstliche durchlaucht erzherzog Ferdi-
nand Carl zu Insprugg betreffend, blieben sie uf denn drey millionen livres,
doch vermeinten die mediatores, es möchte noch auf die 4 millionen zu brin-
gen sein. Was aber die schulden anlangte, da were ir mainung nit, das ver-
sprochne gelt dem erzherzog einzuliferen, sondern umb so vil schulden und
sonderlich derentwegen die Vorderösterreichischen lande den Schweizeren
verhafft seyn, zu bezahlen.
Zum achten, wegen bezahlung dess feindtlichen kriegsvolckhs, da begerte
zwar Franckreich irestheils Eur Kayserlicher Mayestät nichts zuezumueten,
die difficultet aber stüende auf abfertigung der Schweedischen soldatesca und
wer ein gefehrliche sach. Begerten von uns allein ein consilium, wie wir ver-
meinten, das deren abzuhelffen.
Zum neünten, die Eur Kayserlicher Mayestät wieder den Türckhen ver-
sprochne hilff verstüenden sie allein ad praesentes motus et semel pro sem-
per.
Letstlich, wegen der Marpurgischen successionsach, vermeinten sie, das dise
controversia vor die fürsten dess Reichs neben Eur Mayestät und beeder cro-
nen plenipotentiarien gezogen und durch dises mitel erledigt werden solte,
derentwegen sie mit denn Schweeden reden wolten. Waß aber die Hessen
Casselische satisfaction wider Churmainz, Cöln, auch den abbt zu Fulda an-
langte, giengen die Franzosen nochmaln dahin, das die der frau landtgräfin
noch ein sechßmonatliche contribution aus denn innhabenden quartieren mit
schliesßung dess fridens bewilligen sölten. Es erwinde aber noch an deme, ob
sie, landtgräfin, darmit sich werde abfertigen lassen und nit vilmehr auf ein-
behaltung landt und leütt beharren wollen.
Wür haben zwar in genere denn herren mediatoren uf dise vorgebrachte
puncten ein und andern bericht gegeben und remonstriert, das aus allem di-
sem verlauff unschwer abzunemmen, die Franzößische plenipotentiarii allem
ihrem uns hievor angefüegten versprechen zuwider das ganze werckh nur auf
den langen banckh zu spihlen und einigen ernst zu beschliesßung eines fri-
dens nit zu erzeigen begehrten, dan sie ia kein ursach heten, aniezt erst eine
anderwertige verfasßung unserer schrifft zu begehren. Wir wolten uns aber
darauf bedenckhen und heüt dato uns weiter erclären, wie wir auch zu thuen
im werkh seyn
verenderung außzurichten anderst, als das sie, gleich wie mit unserer allerer-
sten declaration
und sich nichtsdestweniger zu abhandlung solcher conditionum erbotten,
aber hernach gegen denn Schweeden vermeldt haben, das wir zwar undter-
schidliche mehr conditiones fürgesezt, sie hetens aber als ihrer alliance zuwi-
der verworffen, auch aniezt verfahren und das geringste an demihenigen, so
sie so vilfältig vertröstet haben und noch täglich gegen denn catholischen hin
und wider vertrösten thuend, nit praestieren werden.
PS Wir haben nr. 310 empfangen, und waß darin wegen von denn Churbran-
denburgischen gesandten gesuechter interposition gegen denn Schweedischen
plenipotentiariis angeregt würdet, ist seither das im fürstenrath hierunter
controvertierte conclusum mit denn churfürstlichen allerdings conformiert ,
also der sambtliche schluss dahin gestelt worden, das mit diser intercession
bis zu erlädigung der gravaminum eingehalten werden solle.